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Die Kinder des Uranos, oder "Was tat Ham dem Noah an?"
#4
(27-09-2016, 15:56)Ulan schrieb: ... Bei einigen Geschichten ist diese Tendenz zur Vermenschlichung aber weitaus vollstaendiger. Um solch ein Beispiel soll es hier gehen.
Nach ueberstandender Sintflut war Noahs Zeit auf Erden noch nicht vorbei. Genesis 9 berichtet uns folgende Geschichte:
Zitat: schrieb:20 Noach wurde der erste Ackerbauer und pflanzte einen Weinberg.
21 Er trank von dem Wein, wurde davon betrunken und lag entblößt in seinem Zelt.
22 Ham, der Vater Kanaans, sah die Blöße seines Vaters und erzählte davon draußen seinen Brüdern.
23 Da nahmen Sem und Jafet einen Überwurf; den legten sich beide auf die Schultern, gingen rückwärts und bedeckten die Blöße ihres Vaters. Sie hatten ihr Gesicht abgewandt und konnten die Blöße des Vaters nicht sehen.
24 Als Noach aus seinem Rausch erwachte und erfuhr, was ihm sein zweiter Sohn angetan hatte,
25 sagte er: Verflucht sei Kanaan. Der niedrigste Knecht sei er seinen Brüdern.
26 Und weiter sagte er: Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems, Kanaan aber sei sein Knecht.
27 Raum schaffe Gott für Jafet. In Sems Zelten wohne er, Kanaan aber sei sein Knecht.

Dies ist eine Geschichte, die die Herkunft der Voelker der Erde erklaeren und gleich noch den Kanaanitern eins auswischen will. ... Wenn man die Geschichte liest, kommen einem gleich zwei Fragen:

  1. Was ist so furchtbar daran, dass Ham seinen Vater nackt sah? Waren die Schreiber der Bibel derart schamhaft? Und warum steht so etwas in der Bibel?
  2. Warum um Himmels Willen wurde Canaan an Stelle seines Vaters bestraft, obwohl er doch gar nichts getan hatte?
Zur Frage Nummer 1 stimmt das mit der Schamhaftigkeit wohl fuer spaetere Zeiten, aber ein kurzer Blick auf die Sprachgepflogenheiten des AT zeigt uns, dass etwas anderes dahintersteckt (Leviticus 20). Die Einheitsuebersetzung sagt woertlich:
Zitat: schrieb:17 Nimmt einer seine Schwester, eine Tochter seines Vaters oder eine Tochter seiner Mutter und sieht ihre Scham und sie sieht die seine, so ist es eine Schandtat. Sie sollen vor den Augen der Söhne ihres Volkes ausgemerzt werden. Er hat die Scham seiner Schwester entblößt; er muss die Folgen seiner Schuld tragen.

Die Luther-Uebersetzung hat weniger Manschetten, uns zu sagen, um was es hier geht:
Zitat: schrieb:17 Wenn jemand seine Halbschwester nimmt, seines Vaters Tochter oder seiner Mutter Tochter, und sie miteinander Umgang haben, so ist das Blutschande; sie sollen ausgerottet werden vor den Leuten ihres Volks. Er hat mit seiner Schwester Umgang gehabt; sie sollen ihre Schuld tragen.
"Jemanden nackt sehen" ist also die AT-Umschreibung fuer sexuellen Umgang. Ham hat sich also an dem vollkommen betrunkenen Noah vergangen, und Noah hatte allen Grund, sauer zu sein.

  • - mir schien immer beim Spontan-Lesen, dass Ham nicht nur hinsah, sondern es gewissermassen haemisch lachend den Bruedern erzaehlte, wie hilflos besoffen ihr "immer-gerechter (eintraechtiger) Alter" da lag - weil dann die Brueder doch ausdruecklich taktvoll eben nicht hinsehn, waehrend sie den Vater wieder zudeckten.
  • - Jemanden so zu beschaemen (dass derjenige erblasst) gilt im Judentum als eine ebenso-schlimme Tat wie versuchter Totschlag, und das Familien-Oberhaupt braucht doch grad in so einer Wieder-Aufbau-Situation seine Selbst-Achtung fuer sie alle. Dass Noah sich betrank, geschah - dem Text nach - ja arglos, in Unkenntnis des Rausches von Wein.
  • Sex oder dergleichen hinzu zu spekulieren ist wohl eine Zeitgeist-Sache der jeweiligen Ausleger. (Dem Text nach ist der Greis Noah doch mehr als ur-alt, "501" schanah, jedenfalls Grossvater - aber Sohn Ham auch schon "100" schanah und soeben 4-facher Vater. Also ich weiss nicht - ein homosexuelles Vergnuegen kann da doch wohl nicht "aufgereizt" worden sein...)
  • Parallel dazu greift der auch "immer gerechte" Abraham-Neffe Lot nach seiner Rettung aus Sodom und anschliessender Flucht aus dem "winzigen" Ort, den er noch hatte frei-bitten koennen, in der Eremitage lebend, auch entnervt zu Alkohol bis zur Bewusstlosigkeit, und an ihm suendigen seine 2 (grad zu Witwen gewordenen) Toechter, mir schien, dass eben grad die Eintraechtigen es nicht so gut vertragen, wenn sie allein ausgespart werden, waehrend um sie herum die Ungerechten untergehn. Immer wieder verlangen ja mittel-gerechte Normalos, man solle sie von "den" (ihnen gegenüber oder generell) eklatant-Ungerechten notfalls gewaltsam befreien.
  • - all dies war vor der Thorah-Gebote Verkuendigung. Bei ihrem Verbot des Inzests ist "Aufdecken der Scham" erkennbar ein Euphemismus fuer etwas, wie das, was der Wuerde des Hauses Jakob passiert war durch den Erstgeborenen, aeltesten Sohn Ruben (einer Nebenfrau seines Vaters, Bilha, Mutter von 2 seiner eignen Brueder, beizuschlafen) - der dafuer vom Land-Erbe des Hauses Jakob ent-segnet wurde)

@ ... der eigentliche Text besagt, dass Noah das selbst merkte, was in dieser Situation erklaerlich ist. Das ist uebrigens keine moderne Interpretation. B. Sanhedrin 70a ...:
Zitat: schrieb:"Und er wusste, was sein juengster Sohn ihm angetan hatte." - Rav und Schmuel unterscheiden hier. Einer sagt, er "kastrierte" ihn, der andere sagt, dass er ihn "sexuell missbraucht" hatte.
.... Canaan war nicht der einzige Sohn des Ham, sondern der vierte (Genesis 10): 
Zitat:6 Die Söhne Hams sind Kusch, Ägypten, Put und Kanaan.
... Die Midrasch ha-Gadol zu Genesis 9:25 sagt:
Zitat:Der Herr, gesegnet sei Er, wollte vier Soehne fuer Noah bereitstellen, die die vier Winde der Erde erben sollten. - Ham sagte: Ich werde meinen Vater kastrieren, so dass er keinen vierten Sohn produzieren wird, damit dieser nicht die Welt mit uns teilen wird.
Genesis Rabbah 36:7 erklaert weiter:
Zitat:Du hast verhindert, dass ich einen juengsten Sohn zeuge, der mir dienen wuerde. Deshalb wird der gleiche Mann seines Bruders Sklave sein.... Du hast verhindert, dass ich einen vierten Sohn zeugte, deshalb verfluche ich Deinen vierten Sohn.
(... )
  • Die Lehre aus beiden Beispielen (Noah und Lot) sah und seh ich darin, dass es keine Welt aus Nur-Gerechten geben kann, ob es einer nun wie Patriarch Noah (den rein rechnerisch Abraham noch kennengelernt haben koennte) "500 Jahre" geschafft hat oder wie Vater Lot, ein "gestandenes Leben lang" - Tage danach, als dies ihnen "attestiert" werden konnte, kann auch denen Ungerechtigkeit zu tun passieren, da meine ich bei Noah die Entsegnung des (theoretisch-rechnerisch grad auf der Arche geborenen Babys) Ham Sohns Kanaan, das ist unfair, zur Person-ungerecht, das Baby kann nicht schon selbst gegen seinen Haus-Vater oder sonstwen gesuendigt haben.
  • Im Hamurabi-Gesetz Babels war analoge Sippen-Haftung noch normal, baute ein Baumeister ein Haus und es fiel dann auf die Bauherrn zusammen, dann haette 1 Sohn des Bau-Beauftragten sterben muessen falls es 1 Sohn des Bausherrn erschlagen haette, oder die Ehe-Frau (falls dessen Ehe-Frau) oder der Baumeister selbst, falls der Bauherr-selbst dadurch umkam. Dies galt in der noachitisch-heidnischen Welt schon als absolut massvoll, wo man 1 Familie gemeinsam als 1 Rechts-Person auffassen konnte, es hafteten ja auch Haus-Vater und Hausmutter fuer 1 ganzen Haushalt (incl eigenbehörigem Personal) als vertrags-faehige "juristische Person" im Perser- und im Roemer-Reich nach aussen hin fuer alles, was jemand aus diesem Haushalt anderen an Unrecht getan hatte.
  • ------------------- (Man sieht es auch an Formulierungen wie "ich und mein Haus" (treten z.B dem Christentum bei, hierarchisch-analog weiter oben: 1 Koenig Chlodwig als Nations-Vater laesst sich taufen - alle Franken sind Christen (die Einzelheiten werden nachgeholt). - So ganz aus den Köpfen ist es ja heut noch nicht raus, Individuen zu ignorieren und auf pauschal-Zusammenfassungen hin zu urteilen und ggf Vergeltung oder wenigstens "Fremd-Schaemen" zu fordern)
  • - Auch nach Empfang der Thorah-Gebote, die in diesem Punkt schon zur individuellen Haftung fortgeschritten sind, riss das erweiterte Buessen-Lassen der Kinder und Kindes-Kinder immer wieder ein, zumal die ganze Voelker-Umgebung darin kein Problem sah, und man sich ja auch sehr gerne Verdienste eines Vor-Vaters jahrhundertelang als "Kroenung" fuer sich ausleiht - erst Israels Propheten verdeutlichen, dass kein Sohn fuer Suenden des Vaters buessen muss und jeder selbst verantwortlich ist, fuer das, was er /sie-persoenlich tat /sagte.
  • Das regte ja auch die von Dir zitierten Ausleger an, in Richtung "Sohn des Vaters Ham" mit zu ueberlegen, ob analog etwas mit einem Sohn des Noah durch das "Anschauen und beschaemend weiter-Proklamieren" des hilflos bloss-liegenden Vaters Noah "verblümt" ausgesagt worden sei - Ham ist ja 1 Noahs Sohn (der mittlere Aufgezaehlte) und hat sich hier Haus-disziplinarisch besehn selbst als "pietaetlos" disqualifiziert, und wird ja doch weder enterbt noch verstossen (noch etwa zur Strafe geblendet oder der Sprache beraubt, was ja alles in der Menschheit auch schon vorgekommen sein soll)
  • - wenn also dessen Baby (incl. dessen Völker-Nachkommen) bei den Bruedern (incl deren Voelkern) dienen soll, ist ja ein Dienstleistungs-Beruf nicht das groesste aller denkbaren Nachteile angesichts einer neu aufzubauenden Menschenwelt. (protestierte - laut Text - daraufhin etwa dessen Vater Ham? - nein) - aber Vorsehungs-bezueglich (evtl um Noah auch in diesem Punkt als "gerechtesten" zu qualifizieren, der die Gnade fand, die immer in den Augen G0TTES strahlte, nur dass seit Adam vor ihm niemand danach suchte?) wird Noah hier zum "Seher", denn spaeter tritt Volk Israel ja eben in Kanaans Land-und-Dienste-Position zu "7/12" ein, nachdem Schems Volk Israel 4 Generationen lang bei Hams 2.Sohn-Nation Mizrajim gedient hatte.
  • - Ham kann sich Völker-historisch wohl kaum beschweren: sein 1.Sohn Kusch wurde ein Volk, mit dem sich Israel immer ganz gut stand, schliesslich noch zu Aethiopien, 3'000 Jahre (bis vor wenigen Jahren) Kaiserreich auf gewaehlt-juedischer Religions-Basis - und 1 Mann Nimrud aus Kusch gründete die Reichs-Assyrer, im Gebiet-und-Erbe vorheriger, evtl ausgestorbener, semitischer Assyrer, nun analog zum sumerischen 5-Staedte-Bund, nachdem er es in der Babel-Region (bibl. Schinear) so gesehn hatte, wie ein Vorbild fuer Therach, Vater Abrahams, der in Ur gelernt habend die Neu-Aramaer (auch im Gebiet-und-Erbe vorheriger), zum Gross-Reich machte. - Sein 2.Sohn Mizrajim erbrachte das grosse, kultur-schoepferisch noch heute faszinierende 3'000 Jahre Reichs-Wesen Aegyptens moeglich - sein 3.Sohn Put diedelte etwa (nimmt man an) im heutigen Horn von Afrika von Somalia aus besehn, Export-produktiv, fuer aegyptische Begriffe ein traumhaft reich beguetertes Land - und ("das arme Ding"?) 4.Sohn Kanaan, unter dessen Namen führt die heutige Archaaeologie die "legendaeren" Toepfe-und Wein-Haendler, die schon prae-dynastisch die Nil-Kultur Aegytens mit den Euphrat-Kulturen verknuepften, viel Know-how einbrachten (fuer seine "angewandte Magie" noch im Kaiser-Rom begehrter als Perser und Babylonier), ein fuer seine kaufmaennischen Dienste hoch-funktionelles Zaehl-Alphabeth verbreiteten (dem auch das Hebraeische entstammt) - aber zur Zeit Abrahams durchaus schon als moralisch und agrarisch verkommenes Gebiet erlebt wird, in welchem die Unsitten der 5 (elamitischen) Kolonie-Staedte um Sodom gedeihen konnten (er und auch Isaak fuehlen sich im Lande Kanaans so eingeschuechtert, dass sie in Aegypten und bei aegyptisch-verwandten Erst-Philistern erst aufgeklaert werden muessen, dass man seiner bisherigen Ehefrau und seines Lebens sicher bleiben kann, wenn man Landesgast bei denen ist.)
  • - Kanaan kuemmerte dies wohl nicht, fruchtbar-sein-koennende Lande brach liegen zu lassen, es vertrieb Menschen, die es zum Bluehen bringen koennten. (Mehrmals muessen sie damals aus Hunger ins Nachbarland ziehn, obwohl damals erst kaum eine Tausendschaft Leute, wo unter guter Regie spaeter mehrere Millionen Menschen in genau diesem Gebiet ein gedeihliches Auskommen finden koennen)   
  • - ich meine, man sollte auch erwaegen, inwiefern man hier, beim Lesen des kurzen Berichts ueber Noah auf allerlei Weiterungen folgernd, die nicht geschrieben ueberliefert sind, entgleist, falls man auch nicht danach sucht, dass immer Wohlwollen in den Augen G0TTES bereitliegt, das wäre also ein "adamitischer Pessimismus", Reminiszenz aus den Zeiten vor Noah her. - Gewiss, er war taktlos verletzt worden, er stand noch im Schock über 2 Peinlichkeiten: wie es ihm passieren konnte, so schamlos herumzuliegen, und dass dies auch noch unnötig herum-erzaehlt worden war - und war eventuell noch halb im Kater von diesem Rausch, doch "selbst-gerecht" kann man seine Reaktion auch nicht nennen: sein Sohn Ham hatte ihn 1 "loyalen Sohn" gekostet, koennte man sagen, naemlich sich aus dieser Rolle (die den eignen Eltern immer einen "Flair" lassen wuerde, nie "irgendwer" zu sein) weg-entfremdet (es ist nicht wirklich einleuchtend, dass Noah noch einen 4.Sohn zu bekommen beabsichtigt haette, wenn die, die er hatte, schon "100" schanah her waren - von einer Frau des Noah, die man auch dazu gebraucht haette, ist auch ueberhaupt keine Rede, vielleicht war sie schon so lange her und verstorben - im Bericht heisst es von den 9 Patriarchen vor Noah, dass es von jedem noch Soehne und Toechter gab, relevant ist der Generations-Ueberlieferer-Sohn, bei Noah sind es "nur die 3", alle ueberliefern)
  • - nebenbei: hier entsegnete Hausvater Noah jemanden (biblisch der erste Mensch, von dem das berichtet wurde), einfach ein Mensch, nicht G0TT - mehr Probleme sind aber zwischen ihnen auch nicht berichtet worden, die Völker-Tafel nimmt ihren Lauf, unter Vater Noahs Aufsicht wohl, er lebt ja nach der Flut noch bis in Abrahams junge Jahre hinein (rechnerisch), also so tragisch nahm er diese Beschaemung nicht, dass ihn etwa des Schlag getroffen haette  - Kanaan wird spaeter auch nicht allzu loyal mit seinen Hamiten-Verwandten sein, aber auch nicht ausschliesslich den Semiten und Japhthiten dienen 
  • - erst dem Abraham wurde versprochen, er werde ein Segen vieler Voelker sein -  
Schalom - Pax - Salaam
mfG (/*_*\)
WiT
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RE: Die Kinder des Uranos, oder "Was tat Ham dem Noah an?" - von WiTaimre - 04-10-2016, 03:50

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