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Religion und Psychoanalyse
#1
Aus psychoanalytischer Sicht sind alle Bewusstseinsphänomene durch unbewusste Faktoren beeinflusst. Die Höhe des Anteils dieser Faktoren an der Entstehung der Phänomene wird von den diversen psychoanalytischer Schulen unterschiedlich eingeschätzt. Die Lacan-Schule, der ich in diesem und anderen Punkten folge, geht davon aus, dass das Bewusstsein überhaupt keinen Einfluss auf seine Inhalte (jene Phänomene) hat. Aber auch unter der Prämisse eines gewissen Grades der Kontrolle überwiegt der Einfluss unbewusster Faktoren den Einfluss des Bewusstseins bei weitem. Von daher können alle Bewusstseinsphänomene auf ihre unbewussten Quellen hin analysiert werden - auch und ganz besonders die religiösen Vorstellungen.

Freud hat im Hinblick auf Juden- und Christentum schon früh erkannt, dass zwischen Zwangsneurosen und jüdisch-christlichen Vorstellungen signifikante Parallelen bestehen. Für Freud hat die Zwangsneurose Züge einer Privatreligion und Juden- und Christentum Züge einer kollektiven Zwangsneurose. Als strukturelle Basis der monotheistischen Gottesverehrung machte er den Ödipuskomplex aus.

 
Einige Anhänger von Freud, z.B. Theodor Reik, Ernest Jones, Otto Rank und Erich Fromm, arbeiteten Freuds Ansatz unter bestimmten Aspekten weiter aus. Freuds Anwendung des Ö-Komplexes auf die Gottesverehrung übernehmend, sieht Reik in der Gottesverehrung einen unbewussten Hass auf die übermächtige Vaterfigur am Werk. Dieser Hass wird aus Angst vor göttlicher Strafe auf angebliche ´Feinde´ des Vatergottes umgelenkt (projiziert), was den typisch monotheistischen Fanatismus und Hass auf Ungläubige erklärt, der in polytheistischen Kulturen völlig unbekannt war.
 
Die Tatsache, dass in Religionen wichtige Gottheiten eine Vater- oder Mutterfunktion innehaben, berechtigt eine Anwendung psychoanalytischer Kategorien bei der Untersuchung unbewusster Entstehungsfaktoren. Von muslimischer Seite wird zwar gerne betont, dass Allah keine Vaterfigur sei, was aber nicht zutrifft. Allah ist funktionell ganz klar eine Modifikation der Vaterfiguren ´Jahwe´ und ´Christengott´.
 
Da die frühesten (archaischen) Gottheiten zunächst ausschließlich weiblich waren und nach Installation erster männlicher Gottheiten diesen noch lange funktional überlegen waren, spielt natürlich auch weibliche Gottesaspekte (mütterlich und sexuell) eine erhebliche Rolle bei der Analyse religiöser Vorstellungen. Sie sind auch aus der jüdisch-christlichen Phantasiewelt nicht verschwunden, sondern nach dem Prinzip der Wiederkehr des Verdrängten in bestimmten Phänomenen erkennbar. Ganz deutlich ist das bei der Marienfigur, die im Spätmittelalter fast noch inniger verehrt wurde als ihr imaginärer Sohn. Da der maskuline Monotheismus eine Dämonisierung des Weiblichen impliziert (begonnen bei Eva), ist die Marienverehrung als Symptom der Manifestation einer frühkindlichen Bewusstseinsspaltung zu diagnostizieren, welche das Weibliche in das ´Gute´ und das ´Böse´ dissoziiert, was sich im Mittelalter in der Idealisierung der Maria und der gleichzeitigen Verteufelung von als ´Hexen´ verfolgten und extrem sadistisch ermordeten Frauen zeigt (analytisch fassbar als Projektionen der ´guten´ und der ´bösen Brust´im Sinne Melanie Kleins, wie im Apokalypse-Thread von mir vorgestern ausgeführt).
 
Als thematische Einführung soll das reichen.
 
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#2
Danke! Dass Religiosität auf unbewussten gehirnphysiologischen Vorgängen beruht, ist im Grunde unübersehbar, vor allem, wenn man sich die vernunftwidrige, teilweise "betonierte" Inbrunst anschaut.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Auch von mir danke für die fundierten und interessanten Ausführungen.

Meine Fragen:

Bei welchen Symptomen bzw. beim Vorliegen welcher Kriterien geht man von einer Behandlungsbedürftigkeit aus?

Wenn es in der psychoanalytischen Literatur so viele Stimmen gibt, die Religiösität als ein psychisch erklärbares und teilweise sogar behandlungsbedürftiges Phänomen darstellen, warum wird dies in der Öffentlichkeit nicht viel stärker publiziert? Fürchtet man die Reaktion entsprechend einflußreicher Interessengruppen oder gibt es erhebliche fachliche Gegenmeinungen?
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#4
Wie vielleicht bekannt, gehöre ich der Evangelischen Kirche im Rheinland an. Sehr zum Erstaunen und Ärger Vieler lehnen wir Frömmelei, Extremismus, wörtlich-Nehmen, Ideologie und geistige Engführung ab. Gerade hier in meiner Heimatgemeinde leben viele christliche Physiker und Ingenieure, die natürlich erkannt haben, dass das Wesen des Christentums nicht der "Freund im Himmel" sein kann. Was alte Texte da beschreiben, sind Glaubensbekenntnisse derer, die sich damals Gedanken gemacht haben, ohne die Welt wirklich zu kennen. Wir wissen relativ dazu viel mehr - auch, was die Unmöglichkeit von Vorhersagen betrifft. 'Konform' nennt uns deshalb "Naturalisten". Für Gemeindeglieder der liberalen Art kommt es im Grunde nur auf die Gemeinde und deren Gemeinschaftlichkeit an. Sie unterstützen die vielfältigen Hilfsprojekte im Sinne der Nächstenliebe.

Deswegen behaupte ich gerne, christlicher Atheist zu sein. Denn für mich haben die alten Symbolgestalten (Gott, Engel, Teufel, Serafinen, ...) keinerlei Bedeutung mehr außer einer gewissen Selbstverpflichtung hinsichtlich persönlicher Verantwortung. Letztendlich hat der Glaube keine andere Aufgabe, als das Zusammenleben mental vorzubereiten. Schafft er das nicht, taugt er nichts, egal wie "fromm" sich jemand gebärdet.

Jetzt wird deine Frage nach der Behandlungsnotwendigkeit natürlich insofern problematisch, als kein Kirchenglied sich als behandlungsbedürftig sieht. Denn die Kirche (in Form der Synoden) gibt ja die Lehre vor und 'heiligt', was "geschrieben steht". Ich könnte mich also sehr viel strenger an die Mythologie anlehnen - und viele tun das auch. Aber gerade die protestantischen Kirchen üben sich hier in Toleranz zwischen liberal bis strenggläubig ("fromm"). Niemand wird "therapiert".

Ich persönlich bin von Frömmigkeit bzw. frommer Strenge irritiert, weil der Bezug zu einem Mythos so gewertet wird, als sei sein Inhalt genauso wahrnehmbar (messbar, nachweisbar), wie Dinge, die in einem Physik- oder Biologiebuch stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
(06-05-2017, 23:17)HJS6102 schrieb: Bei welchen Symptomen bzw. beim Vorliegen welcher Kriterien geht man von einer Behandlungsbedürftigkeit aus?

Ab wann wird denn Religiosität deiner Meinung nach 'behandlungsbedürftig'?

Ich denke, dass dies nur dann gegeben ist, wenn jemand in gewaltbereiten Fundamentalismus abgleitet, und den Bezug zu seiner Lebensrealität verliert. Und das ist dann m.E. eher eine Pervertierung von Religiosität.


Allerdings definiere ich Religiosität auch nicht als Wörtlichnahme von Mythen die letztlich eine Verwechslung von Glaubensaussagen mit Tatsachenbehauptungen darstellt.
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#6
(07-05-2017, 00:53)Ekkard schrieb: Ich persönlich bin von Frömmigkeit bzw. frommer Strenge irritiert, weil der Bezug zu einem Mythos so gewertet wird, als sei sein Inhalt genauso wahrnehmbar (messbar, nachweisbar), wie Dinge, die in einem Physik- oder Biologiebuch stehen.

Nunja, so etwas wie 'Menschenwürde' ist genausowenig messbar oder nachweisbar wie die Inhalte religiöser Mythen, dennoch teile ich die diesbezügliche 'Frömmigkeit' (wie sie im deutschen Grundgesetz verankert ist), und sehe darin auch keinerlei 'Behandlungsbedürftigkeit'.
Menschenwürde existiert zwar nur 'kulturell', ist aber nur deshalb keineswegs weniger wichtig als die Dinge, die in einem Physik- oder Biologiebuch stehen.

Ich denke, dass man Religion auf dieser Ebene sehen muss, und nicht als Sammlumg von Tatsachenbehauptungen naturwissenschaftlicher Art.


Ob Theist oder Atheist, letztlich geht es um ein Bekenntnis zu einem kulturellen Weltbild mit einem Moralkodex und gemeinschaftlichen Bezugspunkten, die durch mehr oder weniger traditionsreiche Vorstellungen (Mythen) dargestellt werden.
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#7
(07-05-2017, 01:54)Mustafa schrieb:
(06-05-2017, 23:17)HJS6102 schrieb: Bei welchen Symptomen bzw. beim Vorliegen welcher Kriterien geht man von einer Behandlungsbedürftigkeit aus?

Ab wann wird denn Religiosität deiner Meinung nach 'behandlungsbedürftig'?

Dies ist eine medizinische Frage, daher enthalte ich mich einer Meinung und frage die Spezialisten. Ich habe ja auch keine Meinung dazu, ab wann eine bakterielle Infektion behandlungsbedürftig ist (z.B. ab wann Antibiotika zu nehmen sind).
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#8
(07-05-2017, 02:31)Mustafa schrieb:
(07-05-2017, 00:53)Ekkard schrieb: Ich persönlich bin von Frömmigkeit bzw. frommer Strenge irritiert, weil der Bezug zu einem Mythos so gewertet wird, als sei sein Inhalt genauso wahrnehmbar (messbar, nachweisbar), wie Dinge, die in einem Physik- oder Biologiebuch stehen.

Nunja, so etwas wie 'Menschenwürde' ist genausowenig messbar oder nachweisbar wie die Inhalte religiöser Mythen, dennoch teile ich die diesbezügliche 'Frömmigkeit' (wie sie im deutschen Grundgesetz verankert ist), und sehe darin auch keinerlei 'Behandlungsbedürftigkeit'.
Menschenwürde existiert zwar nur 'kulturell', ist aber nur deshalb keineswegs weniger wichtig als die Dinge, die in einem Physik- oder Biologiebuch stehen.

Ich denke, dass man Religion auf dieser Ebene sehen muss, und nicht als Sammlumg von Tatsachenbehauptungen naturwissenschaftlicher Art.

Nein, muss man nicht.. So wenig, wie man Menschenwürde nicht von irgendwelchem kulturellen Subjektivismus abhängig machen "muss".

Und aber genau das ist das Problem mit den Religionen, wie mit allen anderen Ideologien auch.
Wer kein "Russe" ist, ist nur ein halber Mensch und wer nur einen halber Mensch ist, ist kein Moslem, Christ, Orthodoxer Jude.. usw. usf.

Oder andersherum:

Wenn man die Menschenwürde nicht messen kann, dann kann man sie auch von nichts anderem abhängig machen und schon gar nicht von irgend welchen Idealisierungen kulturellen und weltanschaulichen Identifikationen.

Nur der Mensch selbst kann sich in seiner Würde als Mensch erkennen  oder leider eben, all zu oft auch nicht.

Aus diesem Grund und aus keinem anderen sonst, ist der Glaube an einen Gott/Allah kein Garant dafür, mit wem wir es zu tun haben.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#9
OT-Beiträge entfernt.

Bitte beim Thema bleiben!
MfG B.
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#10
(06-05-2017, 23:17)HJS6102 schrieb: Bei welchen Symptomen bzw. beim Vorliegen welcher Kriterien geht man von einer Behandlungsbedürftigkeit aus?

´Behandlungsbedürftigkeit´ ist im psychologischen Bereich ein dehnbarer und mit Vorsicht anzuwendender Begriff. Klare Kriterien sind meiner Meinung nach (1) der subjektive Leidensdruck einer Person und/oder (2) objektiv antisoziale Verhaltensweisen seitens einer Person, die auf einer Neurose oder Borderline-Störung oder Schizophrenie basieren. Offen antisoziale Effekte sind hauptsächlich von Borderline- und Schizophrengestörten zu erwarten, Neurosen sind mehr privater Natur. Ein subjektiver Leidensdruck, verbunden mit der Einsicht in die Notwendigkeit psychologischer Hilfe, ist eine Voraussetzung für ein positives Therapieresultat, die bei Borderline- und Schizophreniegestörten aber eher selten gegeben ist.

Vorgesagtes gilt ganz allgemein, also auch für Neurosen, die einen deutlich religiösen Kontext haben. Das religiöse Weltbild einer Person darf nicht per se schon Kriterium für Behandlungsbedürftigkeit sein; erst wenn der subjektive Leidensdruck zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit führt und/oder wenn sich die Person objektiv antisozial verhält, ist die Person bzw. ihre Symptomatik als behandlungsbedürftig einzuschätzen.

Natürlich ist auch der Begriff des ´objektiv Antisozialen´ mit Bedacht anzuwenden. Gesellschaftliche Regeln und Werte sind weitgehend kulturabhängig. Was in einer Kultur sozial ist, mag in einer anderen antisozial sein. Naheliegendes Beispiel sind einige muslimische Verhaltensweisen und Anschauungen, die den juristischen und moralischen Kriterien im menschenrechtlich ausgerichteten westlichen Kulturkreis klar zuwiderlaufen. Ich nenne nur die Frauenunterdrückung. Ist eine solche Haltung und Praxis, inbesondere vor dem Hintergrund der grund-islamischen Dichotomie von Gut (Allah) und Böse (Satan), als geistig-seelisch gesund anzusehen oder nicht? In Europa ist es gegenwärtig verpönt, diese Frage zu verneinen. Ich persönlich verneine sie. Argumente dafür gibt es zuhauf. Die Frage der Behandlungsbedürftigkeit stellt sich hier aber auf einer ganz anderen Ebene, da - psychoanalytisch gesehen - nicht das einzelne muslimische Subjekt, sondern sein Weltbild ´pathologisch´ ist. Dieses Weltbild beruht der Ideologie des Mohammed, die im Koran schriftliche Gestalt angenommen hat. Ab 610, ab seinem 40. Lebensjahr, kam es bei Mohammed zu einschneidenden Veränderungen in seiner Persönlichkeit. Er verfiel körperlich, vernachlässigte sein Äußeres, aß kaum etwas, irrte im mekkanischen Umland umher und behauptete, von "Visionen" heimgesucht und von schreienden Felsen und Steinen bedroht zu werden. Man sah ihn, vor Angst schlotternd, in Höhlen herumsitzen. Kurz bevor er sich aus Verzweiflung von einem hohen Felsen stürzen wollte, hörte er jemanden, der sich "Allah" nannte, zu ihm sagen, dass er erwählt sei, die "Wahrheit zu verkünden".

Schon Theophanes Confessor, ein byzantinischer Historiker um 800 CE, vermutete eine epileptische Erkrankung bei Mohammed, da nicht nur Halluzinationen, sondern auch die überlieferten körperlichen Begleiterscheinungen von Mohammeds "Visionen" für Epilepsie typisch sind. Moderne Theorien erwägen als Ursache eine Temporallappenepilepsie oder Dysfunktionen des retikulären Systems im Zwischenhirn oder Acromegalie mit einem guten Schuss Paranoia. Diese Acromegalie (= Gigantismus) entsteht durch einen Tumor in der Hypophyse unterhalb des Gehirns und führt zu starken Störungen des Hormonhaushalts und die wiederum zu Halluzinationen und physischen Symptomen, wie sie bei Mohammed vorlagen.

Möglicherweise war bei Mohammed aber eine nicht physiologisch bedingte Schizophrenie gegeben, die zu Wahnvorstellungen führte, wie sie heutzutage aus zahllosen klinischen Fällen bekannt sind. Man nennt das eine "paranoide halluzinative Schizophrenie". In vielen Fällen geht diese Erkrankung mit der Fähigkeit einher, sich im Alltag durchaus normal bzw. den Konventionen der Umgebung entsprechend zu verhalten und zu behaupten. In Phasen des psychotischen Schubs können sich abgespaltene Persönlichkeitsanteile als vermeintlich externe Stimmen manifestieren (bei Mohammed zunächst Allah und dann, während der Koran-Diktate, der Erzengel Gabriel), die für den Betroffenen absolut echt wirken. Nicht nur die Stimmen, sondern auch die mitgeteilten Inhalte sind dann nur Produkte des eigenen Unbewussten.

Auch neurotische und Borderline-Elemente sind im Islam erkennbar, wenn man ihn durch die atheistisch-psychoanalytische Röntgenbrille betrachtet. Die massive Gut-Böse-Dichotomie ist typischerweise ein Borderline-Symptom, wie ich a.a.O. schon schrieb. Die diversen Rituale sind ähnlich wie zwangsneurotische Symptome Abwehrmechanismen gegen andrängende Schuldgefühle, die aus unbewussten Wünschen und Phantasien resultieren, die dem islamischen Dogma zuwiderlaufen.

Die gleiche Problematik findet sich natürlich auch in den beiden anderen monotheistischen Religionen, auf denen der Islam bekanntlich basiert. Nehmen wir vor allem das Christentum zu der Zeit, als es sich noch frei entfalten, d.h. den ihm angelegten Sadismus und Masochismus, basierend auf einigen Aussagen im NT und auf den Lehren des Augustinus, uneingeschränkt ausleben konnte. Wir sollten das Christentum nicht nach seiner heutigen Erscheinungsform beurteilen, sondern nach seiner Entwicklung bis zur Zeit der Aufklärung. Denn wie heißt es so schön in Mt 7,16:


Zitat:An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.


(06-05-2017, 23:17)HJS6102 schrieb: Wenn es in der psychoanalytischen Literatur so viele Stimmen gibt, die Religiösität als ein psychisch erklärbares und teilweise sogar behandlungsbedürftiges Phänomen darstellen, warum wird dies in der Öffentlichkeit nicht viel stärker publiziert? Fürchtet man die Reaktion entsprechend einflußreicher Interessengruppen oder gibt es erhebliche fachliche Gegenmeinungen?

(1) ´Religion´ ist kein einheitliches Phänomen. Zwischen dem Buddhismus und dem Monotheismus liegen Welten.

(2) Die religionskritischen psychoanalytischen Untersuchungen sind der Öffentlichkeit ungehindert zugänglich. Bekannt ist vor allem Freuds Ansatz, während Reik, Jones, Rank, Fromm usw. eher in Fachkreisen geläufig sind. Das liegt natürlich am inhaltlichen Anspruch der Texte, die gute psychoanalytische Grundkenntnisse voraussetzen.

Irgendwelche "Reaktionen" von Interessengruppen sind dabei kein Thema. Worin sollten diese bestehen, und welche Gruppen meinst du? Vermutlich die Kirchen, die aber keinen Einfluss auf die Programme wissenschaftlicher Verlage haben. "Erhebliche" fachliche Gegenmeinungen? Da wäre als Stimme von einigem Gewicht höchstens C.G. Jung zu nennen, der Religion nicht per se, wie Freud, sondern nur unter bestimmten Bedingungen als pathologisch ansah. Nun ist aber auch Jungs eigener Ansatz sehr umstritten, ich selber halte nicht viel davon.
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#11
(06-05-2017, 15:12)Tarkesh schrieb: Für Freud hat die Zwangsneurose Züge einer Privatreligion und Juden- und Christentum Züge einer kollektiven Zwangsneurose.

Branko Bokun behauptete ähnliches von den Männerbünden:

11
Meine entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen
und das sich daraus ergebende Gedankenmodell mögen Ihnen unkonventionell,
ja gänzlich neuartig erscheinen.
Folgen sie mir trotzdem
- dann wird Ihnen meine Theorie zu ebenso ungewohnten wie nützlichen Einsichten verhelfen.

14

Das Spiel ist eine zufällige, flexible, forschende Tätigkeit,
es bereichert die Erfahrung und das Verstehen ...

14

Nun könnte man fragen,
weshalb es innerhalb unserer ... von Natur aus verspielten und fröhlichen Spezies
so viele ernste und schwermütige Menschen gibt.
Was hat eine glückliche, schäkernde, liebenswürdige und harmlose Spezies
zu einer unzufriedenen, oft depressiven und aggressiven gemacht?
17
Die Antwort lautet: männliche Jugendliche.

17f

Durch ihre Jugendrevolutionen ersetzten sie die natürliche,
auf die Mutter-Kind-Beziehung basierende Ordnung durch ihre eigene.
Diese Jugendrevolutionen fanden in dem Zeitraum
von zwölftausend bis zweitausend Jahren vor unserer Zeitrechnung statt ...
Seit Beginn jener Ära wurde die Menschheit durch Banden regiert,
Banden einsamer, jugendlich unreif denkender Individuen.

19

Bei den von Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft ausgeschlossenen Jugendlichen
entstanden zusätzliche Ängste. Sie ergaben sich aus der Einsamkeit
und waren deshalb besonders schlimm für jemanden,
den die Natur eigentlich für ein Leben in der Gemeinschaft geschaffen hatte

23
In seiner Phantasie ersetzte der Jugendliche

sein unzulängliches, schwaches Ich durch eine Ich-Idee, ein idealisiertes Soll-Ich.
Nachdem er sein idealisiertes Ich erfunden hatte, berauschte er sich daran,
denn es liegt in der Natur des Schöpfers, sich in seine Schöpfungen zu verlieben.
Mit Hilfe der Eigenliebe wurde das Ich des Jugendlichen schließlich zum Zentrum des Alls.

30

Durch gewisse abstrakte Ideen oder Meinungen vereint,
schlossen sich die wurzellosen Jugendlichen also zu Banden zusammen
und zwangen ihre Denkweise, ihre Meinungen und Verhaltensweisen
den sozialen Gruppen auf.

38

Die Jugendlichen begannen dann, sich nach Besitz zu sehnen.
Sie wollten die Personen und Dinge, in die sie sich verliebten, besitzen.
Mit Besitz hofften sie, ihre mangelnde Zugehörigkeit und ihre Einsamkeit auszugleichen.
Durch ihre Isolation richteten sie nun ihr ganzes Augenmerk auf den Besitz
und schufen eine Intimbeziehung, einen engen Umgang mit ihren Besitztümern.
Sie begannen, ihrem Besitz gleichsam zu gehören, und dies machte sie zu Sklaven der
Besitztümer
.
Nicht das Privateigentum hat den Menschen entfremdet
... sondern entfremdete Menschen erfanden Privateigentum und persönlichen Reichtum

38

Im neuen Zeitalter, also jener Ära, die durch die Jugendrevolution eingeleitet wurde,
trat nun der Konkurrenzkampf an die Stelle des früheren natürlichen Zusammenhaltes
unter den Mitgliedern einer sozialen Gemeinschaft,
und zwar begann das Konkurrenzdenken mit den selbstgeschaffenen Ängsten
oder mit den Gefühlen der Verwundbarkeit.

41f

Da der unreife Geist den natürlichen Prozeß des Reifens gehemmt oder ganz unterbunden hatte,
schuf er sich seine eigene Art von Reife.
Hauptziel der Jugendlichen war es, erwachsen zu erscheinen...
Entsprechend ihren eigenen Vorstellungen von Reife blieb es nicht aus,
daß die Jugendlichen begannen, Rollen zu spielen, zu posieren, sich zu verstellen,
sich angeberisch oder übertrieben feierlich zu geben.

33f

Bei jugendlich-unreifer Mentalität kommt es zu einem weiteren seltsamen Phänomen
- zu eingebildetem seelischem Leiden.
Ein solcher Mensch leidet, wenn seine Eitelkeit bedroht, angegriffen und verletzt wird.

BUDDHA hat wohl zu Unrecht menschliches Leiden auf Unwissenheit zurückgeführt

er hätte es der Eitelkeit und Anmaßung zuschreiben sollen,
die erst dann auftreten, wenn wir glauben,
besser Bescheid zu wissen



QUELLE:

BOKUN, B.(1986):

Humor therapy in cancer, psychosomatic diseases, mental disorders,
crime, interpersonal an sexual relationships.-
5. Auflage 1997 (Wer lacht, lebt), 223 S., Ariston







Zitat:Die massive Gut-Böse-Dichotomie ist typischerweise ein Borderline-Symptom

eine prinzipielle Zweiteilung ist typerischerweise
platonisch (Idee VERSUS Schattten)
oder kantisch (Apriori VERSUS Aposteriori)

beide Philosophen waren Männerbündler
(und KANT war extrem unreif)




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#12
Offtopic von Sinai entfernt.
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#13
(06-05-2017, 15:12)Tarkesh schrieb: Aus psychoanalytischer Sicht sind alle Bewusstseinsphänomene durch unbewusste Faktoren beeinflusst.

zwischen bewusst und unbewusst
steht vorbewusst

'vorbewusst' bedeutet,
daß man etwas irgendwann erlernt hat,
daß man dieses Etwas aber so gebraucht,
als ob es angeboren sei



wir sprechen fließend unsere Muttersprache,
obwohl wir sie erlernt haben

wir spüren kleinste Veränderungen im Tonfall, in der Wortwahl oder in der Satzstellung
und wissen sofort,
wie die Aussage dadurch anders gemeint ist

wir rekonstruieren automatisch unvollständige Aussagen,
weil wir gelernt haben,
wie jemand tickt,
der so und so spricht
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