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Enmerkar, Enmerkar-Epos
#1
Nach der Königsliste von ↗Uruk (Sumerisch = Unug) zweiter König der ersten Dynastie von Uruk. Vater des ↗Lugalbanda. Großvater, nach einer anderen Tradition Urgroßvater des ↗Gilgamesch.

Im ↗Epos "Enmerkar und der Herr von Aratta" wird vom Versuch des Königs erzählt, die Stadt Aratta durch List in seine Gewalt zu bekommen1. Sollte sich der Fürst von Aratta2  unterwerfen und Tribut zahlen, werden ihm und der Stadt goldene Zeiten versprochen. Beiden Städten ist ↗Inanna als Stadtgöttin verbunden. Beide Städte eifern um ihre Gunst. Der Herr von Aratta baut Inanna einen Tempel aus Edelstein. Dennoch bevorzugt sie Enmerkar, den Herrscher von Uruk-Kulaba3. Enmerkar will es dem Herrn von Aratta gleichtun und der Göttin einen prächtigen Edelsteintempel bauen. Es fehlen ihm aber das edle Metall und die edlen Steine. Um über beides verfügen zu können, bittet er Inanna,  seine Bemühungen zur Unterwerfung Arattas zu unterstützen. Die Göttin sagt zu.

Enmerkar sendet einen Boten nach Aratta, fordert die Unterwerfung und droht die Zerstörung der Stadt an, sollte sich der Herr von Aratta nicht fügen. Dieser schlägt vor, den Streit nicht durch Krieg zu entscheiden, sondern durch einen Wettstreit zu schlichten. Enmerkar willigt ein. Es werden Rahmenbedingungen vereinbart, unter denen Uruk an Aratta dringend benötigtes Getreide zu liefern habe4. Sollte Uruk die gestellten Aufgaben erfüllen, werde Aratta sich unterwerfen und als Tribut edle Metalle und Steine liefern.

Im Laufe des Wettstreits versuchen beide Parteien der Gegenseite immer wieder unerfüllbare Aufgaben zu stellen und sie auf diese Weise zu übertölpeln, was aber nicht gelingt.

Schließlich wird der Konflikt friedlich beigelegt. Enmerkar bekommt die edlen Metalle und Steine, wie es ihm die Göttin versprochen hatte, aber nicht durch Krieg oder List,  sondern durch Tauschhandel, der zwischen den beiden Städten begründet wird. Im Laufe der Handlung wird auch die Schrift erfunden.

Den historischen Hintergrund für dieses Epos bildet wohl der neidische Blick der babylonischen Stadtstaaten auf den an Luxusgütern reichen Iran. Insbesondere der hochgeschätzte ↗Türkis aber auch der ↗Karneol waren für die babylonischen Herrscher Objekte der Begierde. Der überaus begehrte ↗Lapislazuli, der über den ↗Iran nach ↗Mesopotamien und ↗Ägypten gehandelt wurde, also dem Iran augenscheinlich zur Verfügung stand, wurde allerdings im Badakshangebiet in ↗Afghanistan abgebaut5.


1) Das Thema wird auch im Lugalbanda-Epos und im Streitgedicht "Enmerkar und Suḫkešda'anna" angesprochen. Die Handlungen informieren über die Versuche Uruks, sich der wertvollen Handelsgüter des iranischen Berglandes zu bemächtigen (bzw. sich diese durch Handelsverträge zu sichern). Zeitlich sind die Handlungen im 28. Jh vC zu vermuten. Entstanden sind - bzw. ihre Form erhalten haben - diese literarischen Schöpfungen vermutlich in der Zeit der 3. Dynastie von Ur, also etwa um 2100 vC.
2) Die anderen handelnden Personen werden mit Ausnahme der in die Handlung eingebundenen Götter nicht namentlich, sondern nur in ihrer Funktion benannt.
3) Hier klingt an, dass von einer Zeit die Rede ist, in der die beiden selbständigen Stadtteile Uruk-Eanna und Uruk-Kubala (Uruk-Kullab) noch nicht vereinigt gewesen waren.
4) So verlangt der Herr von Aratta beispielsweise, Uruk müsse das Getreide in Netzen anstatt in Säcken liefern. Enmerkar versucht, diese Aufgabe zu lösen, indem er die Gerste zum Keimen bringt und die Keimtriebe die Körner in den Netzen halten, was Aratta aber als Betrug wertet und erwägt, an Uruk als Gegenleistung falschen Karneol zu liefern.
5) S. C. Schilk. Steine der Freude. DiplArbeit 2009 Wien.


Literatur:
Claus Wilcke. Das Lugalbandaepos, 1969 Wiesbaden, Verl. Harrassowitz (Diss. Heidelberg 1966).
Walter Beyerlin. Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament. 21985 Göttingen, Verl. Vandenhoeck & Ruprecht.
Otto Kaiser Hrsg. Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, 19 Bde, 1994 Gütersloh, Gütersloher Verlagshaus.
Kindlers Literaturlexikon. Lizenzausgabe in 25 Bdn f. Kremayr & Scheriau. Wien, Bde 1 u. 19.




● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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