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Papst sein bis zum bitteren Ende : ein überlebtes Kirchenprinzip
#1
Guten Tag,

... im Februar ist es 5 Jahre her, dass Papst Benedikt XVI abgedankt hat. Das dies als Novum historisch gewertet wird kann ich einerseits durchaus verstehen. Auf der anderen Seite ist es aber doch auch so, dass zu Recht von Vatikankritikern beanstandet wird, dass ein Papstamt bis zum bitteren Ende geführt wird.

Es ist löblich, dass Papst Benedikt die Amtsfähigkeit als Grund angeführt hatte um abzutreten. Diesen Zeitpunkt hat sicherlich Papst Johannes Paul II verpasst seinerzeit. Dieses abschreckende Beispiel hat Ratzinger zu dieser Entscheidung sicherlich auch motiviert.

Ich finde es aber seltsam, dass auch heute noch die Absetzung eines Papstes aus gesundheitlichen Gründen nicht durch die Kurie beschlossen werden kann. Eine derartige neue Vorschrift ist m. E. längst überfällig, gerade wegen der hohen Verantwortung die das Amt insgesamt mit sich bringt.
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#2
(26-02-2018, 18:34)Kreutzberg schrieb: Ich finde es aber seltsam, dass auch heute noch die Absetzung eines Papstes aus gesundheitlichen Gründen nicht durch die Kurie beschlossen werden kann.
Und ich finde es seltsam, dass es heutzutage überhaupt noch einen Papst gibt.
Viele Grüße
Rudi
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#3
Die Tradition wird für die Berechtigung des Papsttums auf Lebenszeit gerne angeführt. So gesehen ist diese Praxis vermutlich aus der Gewohnheit entstanden. Allerdings gab es ja auch Fälle bei denen der Papst zum Rücktritt gezwungen wurde.

Ich denke, dass Benedikt XVI hier einen Paradigmenwechsel eingeleitet hat. Insofern hier der Rechtsrahmen verändert werden wird, dass ein Papst von der Kurie auch zum abdanken gezwungen werden kann ist diese Phänomen ohnehin bald Geschichte.

> schade : ich habe den Eindruck, dass dieses Thema von geringem Interesse ist ... ?!
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#4
Nun, was erwartest Du denn. Im Prinzip ist die Frage doch nur fuer aktive Katholiken interessant; alle anderen halten das Amt in seiner derzeitigen Form doch sowieso meist fuer aus der Zeit gefallen, ob es nun bis zum Tode ausgelebt wird oder mit dem Ruhestand endet.

Rein von der "Markenidentitaet" der Katholischen Kirche wuerde ich jedoch zu bedenken geben, dass das Festhalten an Traditionen ihr herausstechendes Merkmal ist. Insofern muss die Kirche bei Aenderungen immer sehr vorsichtig agieren, damit sie die Traditionalisten nicht vergraetzt und bei der Stange haelt. Ich selbst halte zwar eine Modernisierung inhaltlich fuer geboten, aber die Kirche muss ja ihren Mitgliedern gefallen und nicht mir; und da sehe ich den Modernisierungsspielraum der RKK als sehr eng an.
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#5
ULAN : auf den ersten Blick hat Du zwar recht, aber Du machst dennoch einen wichtigen Fehler.

Du vergisst, dass die Struktur der RKK in Deutschland sich schon gewandelt hat. So fordern Fördervereine als auch das Zentralkomitee der Katholiken mehr Mitsprache bei den Bistümern ein. Den meisten Katholiken geht es darum gerade wegen der Entstehung der Großkirchen eine "neue" bzw. "spürbare" Nähe von Amtsträgern - Laien und Pfarrmitgliedern zu erreichen. Die Traditionalisten welche Du hier anführt sind inzw. zu einer echten Minderheit geworden. Sollte ich mich irren weise mich gerne mal zurecht.
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#6
Die deutschen Mitglieder der RKK sind nicht die RKK. Den Laienbewegungen steht die Bewegung der Zentralkirche entgegen, und die hat sich gerade unter den letzten Paepsten wieder in Richtung "autoritaer" gewandelt. Lokale Einflussnahme auf Aemterbesetzung wurde von Rom abgestellt, gewisse Oeffnungen in der Liturgie (z.B. eine Rolle fuer Maedchen) verboten. Die Duldung dieser Laienvereine ist nur Schein; sie duerfen zwar existieren, aber sie werden wohl groesstenteils ignoriert.
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#7
Es wird sich sicher noch zeigen, ob Papst Benedict XVI ein Signal gesetzt hat und Papst Franziskus im hohen Alter es ihm nachtun wird. Ungeachtet dessen könnte sich aber noch eine andere Änderung vollziehen die medial nicht im Blickpunkt steht. Wenn Aufgaben und Befugnisse vom Papst schleichend an die Kurier abgetreten werden ist das Kirchenoberhaupt von der Last seines Amtes ja teilweise schon entlastet. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass diese Umstrukturierungsmaßnahme sogar schon begonnen hat.
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#8
(28-02-2018, 12:58)Kreutzberg schrieb: Die Tradition wird für die Berechtigung des Papsttums auf Lebenszeit gerne angeführt. 
(...)

> schade : ich habe den Eindruck, dass dieses Thema von geringem Interesse ist ... ?!


Das Thema ist sehr interessant.
Die Idee "Papst auf Lebenszeit" ist staatsrechtlich gesehen eine monarchistische Idee, konkret eine Wahlmonarchie

Wie alles, hat auch die Wahlmonarchie ihre Vor- und ihre Nachteile:

Nachteil:  Der Monarch kann schwer abgesetzt werden. Eigentlich nur durch Putsch, und ein solcher ist nur bei offenkundiger Geisteskrankheit, offenkundiger Arbeitsunfähigkeit durch Alter oder Krankheit, offenkundiger Schädlichkeit erfolgversprechend. Solange sich der Monarch nur halbwegs an die Spielregeln hält, ist eine kaschierte Geisteskrankheit, allgemeine Gebrechlichkeit und Senilität, Reiseunfähigkeit, Unfähigkeit länger als eine halbe Stunde zu stehen oder zu sitzen, unchristliches Verhalten, schwerer Alkoholismus, kein Anlaßfall für einen Putsch.

Vorteil:  Mit der Papstwahl endet das Konkurrenzverhalten der Bischöfe. Vor der Wahl ist Konkurrenzverhalten wünschenswert, es dauert ja nur kurze Zeit. Dann muß aber damit Schluß sein, ein weiteres Konkurrenzverhalten wäre schädlich.


Selbstverständlich wäre es möglich, das Prinzip der Wahlmonarchie dahingehend zu modifizieren, daß man vor der Papstwahl sagt, mit 80 ist Schluß.
Aber dies ist auch kein Allheilmittel, denn jede Jahreszahl der zwangsweisen Pensionierung ist willkürlich. Der eine funktioniert bis 85 sehr gut, ein anderer ist bereits mit 70 ausgemergelt

Schädlich wäre es, die Möglichkeit der Absetzung durch einfache oder qualifizierte Mehrheit der Bischöfe zu schaffen.
Da würden sich gleich nach der Papstwahl Phalanxen bilden. Abgeblitzte Kandidaten würden, anstatt zu arbeiten, Gefolgsleute um sich scharen, gegen den amtierenden Papst intrigieren, Psychiater kaufen, etc 
Der Vatikan könnte zur Schlangengrube mutieren.
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#9
Die Abdankung von Papst Benedikt XVI zeigt den praktischen Weg innerhalb des aktuellen Rechtsrahmens. Eine Änderung des Kirchenrechts ist zwar derzeit nicht absehbar, aber der Mitgliederschwund zeigt ja ganz andere, wesentlich relevantere Probleme auf. Vor diesem Hintergrund stellt sich vielmehr die Frage wie man die Regionalkirchen stärken kann. Das hätte mittelfristig wahrscheinlich eine indirekte Schwächung des Papstamtes  zur Folge. Diese Punkte könnten m. E. die Zukunft bestimmen.
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#10
(15-08-2018, 16:57)Kreutzberg schrieb: . . . stellt sich vielmehr die Frage wie man die Regionalkirchen stärken kann.  Das hätte mittelfristig wahrscheinlich eine indirekte Schwächung des Papstamtes  zur Folge. 

Meinst Du Regionalkirchen oder Nationalkirchen ?

Gefährliches Thema für die weltweite katholische Kirche . . .
Siehe das Beispiel der Church of England
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#11
Ich bin mir nicht sicher, ob die Negativ-Schlagzeilen im anglikanischen Sprachraum ein eigenes - spezielles Problem darstellen, welches losgelöst von der Weltkirche gesehen werden muss. Die Entwicklungen dort (siehe auch Irland-Votum !!!) finden in dieser Art und Weise meines Wissens in anderen Regionen unseres Globus doch nicht statt.

"its only a special problem of England & Co."
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#12
Hier liegt ein Mißverständnis vor. Ich meinte nicht auf das heutige England.
Ich bezog mich auf die Zeit von Henry VIII als eine Regionalkirche (Nationalkirche?) entstand 

Dies tat der kath Kirche nicht gut - insofern meine ich, wäre es ein gefährliches Spiel, wenn der Papst heute irgendwelche regionalen Nationalkirchen stärken würde

Es ist Aufgabe des Papstes, die Herde zusammenzuhalten

Dabei kann er auf Extrawünsche einzelner "Regionen" keine Rücksicht nehmen. 

Abgesehen davon sind solche Extrawünsche (beispielsweise in Deutschland) gar nicht die Wünsche der deutschen Katholiken. Der schweigende Teil der Katholiken in Deutschland will ja gar nicht die Verwirklichung der meisten Ideen, die in Deutschland von lautstarken "Neuerern" gefordert werden.

Ich denke, viele tausend deutsche Katholiken (auch jugendliche) sind konservativ und wollen eh keine Änderung.
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#13
Wir wissen nicht ob Papst Benedikt XVI mit seinem Rücktritt ein neues Signal gesetzt hat. Sollte Papst Franziskus diese Geisteshaltung übernehmen könnte eine neue Tradition entstehen die hoffentlich einmal in einer zeitlich begrenzten Amtszeit münden wird.

Ein freiwilliger Rücktritt spricht zumindest für ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, welches Franz-Josef Ratzinger bewiesen hat. Das wurde bisher nicht so richtig gewürdigt.
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