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Normale Version: „Wer ist die, die aus der Steppe heraufsteigt, auf ihren Geliebten gestützt?“
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„Wer ist die, die aus der Steppe heraufsteigt, auf ihren Geliebten gestützt?“ Hoheslied 8,5 Einheitsübersetzung

Eine spannende theologische Frage
Gibt's im Hoheslied irgendwelche theologischen Fragen?

Zwar gab's darueber immer schon muessige Spekulationen, da das Buch ja aus irgendeinem Grund in der Bibel gelangt ist; aber ich denke nicht, dass der Text irgendeinen theologischen Hintergrund hat und nur mit der Sammlung von den koeniglichen Texten, die es in die Bibel geschafft haben, irgendwie mit reingerutscht ist, weil's gefiel.

Ansonsten halt die Standardauslegung: es geht um die heilige Hochzeit, und die Frau ist Inanna/Ischtar, der Geliebte dann Dumuzi/Tammuz. Spaetere Juden und Christen belegten dann damit ihre Lieblingsthemen (Volk Israel/Gott bzw. Kirche/Jesus). Da Gott in dem Text nicht vorkommt, ist das relativ beliebig. Lies rein, was Du willst.
(...) (verächtliche Anrede gelöscht/Ekkard)

Lies bitte: "Die ganze Schrift ist von Gott eingegeben." 2. Timotheus 3:16

Was nu?

Und so viel ich weiß, hat der berühmte jüdische Schriftgelehrte Schammai im Jahre 90 ebenfals gesagt, daß es sich beim Hohelied nicht um leichte erotische Literatur handelt, sondern um verschlüsselte politische Messages. Die ominöse Frau die aus der Steppe "heraufsteigt" und ihr ominöser Geliebter sind rabbinische Codes

Genau so wie die ominöse "Hure die an den Wassern sitzt" in der Geheimen Offenbarung
Der Hauptproponent war aber Hillel

Und seine heutigen Schüler! Das heißt die Schüler der Nachfolger des Hillel.
Auch das Judenchristentum (die 12 Apostel waren allesamt tanachkundige Juden) beschäftigte sich mit der spannenden Thematik, aber nach der Verstoßung der als Pazifisten diffamierten Judenchristen aus dem Judentum nach dem gescheiterten Bar-Kochba-Aufstand wurden nur mehr Heiden missioniert und die Kenntnis der hebräischen Sprache und Kultur ging verloren.
 

Es gibt aber auch die Theorie, daß "Schulamit" äquivalent mit "Schunammit" wäre, und manche gehen so weit, sie (die "Schulamit") mit der "Abishag", die nach dem Tod von König David im Gerichtshof von Jerusalem eine wichtige, letztlich unklare Rolle spielte, zu identifizieren.
Also was Politisches

Und daß die, die aus der "Steppe" heraufsteigt, eine lang geplante geheime Organisation ist, natürlich für Nicht-Schriftgelehrte bis zur Unkenntlichkeit verschleiert.
Das althebräische Wort für "Frau" ist zweideutig - es hat neben der Bedeutung "weiblicher erwachsener Mensch" die Zweitbedeutung* "Sekte"

Diese Zweitbedeutung zieht sich sogar ins griechischsprachige Neue Testament, für Griechen unverständlich, aber da ja die 12 Apostel allesamt Judenchristen waren, machte ihnen das nichts. Sie verstanden selbstverständlich die Zweitbedeutung.

Siehe die Bibelstelle im NT: "Sie hatten sich nie mit Frauen befleckt"
Geheime Offenbarung 14:4
Selbstverständlich waren da keine "weiblichen erwachsenen Menschen" gemeint, sondern Sekten

Ich fand diese vielen Zweitbedeutungen in der Bibel zufällig bei einem Pragbesuch: In der Nähe des alten Judenfriedhofs (wo Rabbi Löw begraben ist), gibt es einen jüdischen Bookstore. Dort beim schmökern fiel mir ein leider sehr teures Buch (Sonderdruck für Wissenschaftler) in die Hände, wo ich auf diese Übersetzungs Spezialitäten des Bibelhebräischen aufmerksam gemacht wurde. Leider kaufte ich es nicht

Das ist natürlich alles sehr Dilettantenhaft - ich wollte nur die Forschungsrichtung anzeigen.
Wir alle sind ja keine hebräischen Schriftgelehrten


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*) So wie es eine Besonderheit der Deutschen Sprache ist, daß das Wort "Mutter" zweideutig ist - es hat hier neben der Bedeutung "weiblicher Elternteil" die Zweitbedeutung "Das mit einem Innengewinde versehene Gegenstück einer Schraube"
Ein Franzose oder Engländer kennt diese Zweitbedeutung nicht!
(18-12-2022, 14:22)Sinai schrieb: [ -> ]Lies bitte: "Die ganze Schrift ist von Gott eingegeben." 2. Timotheus 3:16

Was nu?

Da ich in dieser Hinsicht frei von dogmatischen Zwaengen bin, muss mich dieser Paulus-Satz bei einer Betrachtung der Bedeutung eines Textes nicht weiter interessieren. Insofern bleibe ich bei meiner Aussage: der Text hat seinen Ursprung wohl als Lied fuer die "Heilige Hochzeit". Da die Zeiten, als der Koenig mit der Hohepriesterin der Koenigin des Himmels (wie sie die Bibel nennt) in der Ackerfurche den Beischlaf zur Befruchtung des Landes durchfuehrte, irgendwann vorbei waren (heutzutage sprenkelt der Priester seinen Kram einfach so ueber die Felder), wurde halt nach neuen Verwendungszwecken gesucht. Anscheinend war der Text zu beliebt, um einfach zu verschwinden. Der Text wurde wohl bis in hellenistische Zeiten umgeschrieben, so dass wir den heutigen Reigen von Liebesliedern haben.

Das ist also allein Dein Problem, nicht meins.

(18-12-2022, 14:22)Sinai schrieb: [ -> ]Und so viel ich weiß, hat der berühmte jüdische Schriftgelehrte Schammai im Jahre 90 ebenfals gesagt, daß es sich beim Hohelied nicht um leichte erotische Literatur handelt, sondern um verschlüsselte politische Messages. Die ominöse Frau die aus der Steppe "heraufsteigt" und ihr ominöser Geliebter sind rabbinische Codes

So viel ich weiss, sprach sich Schammai dagegen aus, diesen Text in den Kanon aufzunehmen. So "ominoes" war das halt gar nicht. Die eigene Vergangenheit war den Gelehrten halt manchmal dann doch schlicht peinlich, und dann wurde ueber andere tiefere Bedeutungen fabuliert, wobei die Texte auch neuen Zeiten angepasst wurden.

Anscheinend eignet sich ein Text, der seine religioese Bedeutung schon vor Jahrtausenden verloren hatte, besonders gut dafuer, die eigenen religoesen Ideen auf ihn zu projizieren, da das Fehlen religioeser Elemente einem da voellig freies Spielfeld laesst.
(19-12-2022, 10:42)Ulan schrieb: [ -> ]Da ich in dieser Hinsicht frei von dogmatischen Zwaengen bin, muss mich dieser Paulus-Satz bei einer Betrachtung der Bedeutung eines Textes nicht weiter interessieren. Insofern bleibe ich bei meiner Aussage: der Text hat seinen Ursprung wohl als Lied fuer die "Heilige Hochzeit". Da die Zeiten, als der Koenig mit der Hohepriesterin der Koenigin des Himmels (wie sie die Bibel nennt) in der Ackerfurche den Beischlaf zur Befruchtung des Landes durchfuehrte, irgendwann vorbei waren (heutzutage sprenkelt der Priester seinen Kram einfach so ueber die Felder), wurde halt nach neuen Verwendungszwecken gesucht. Anscheinend war der Text zu beliebt, um einfach zu verschwinden. Der Text wurde wohl bis in hellenistische Zeiten umgeschrieben, so dass wir den heutigen Reigen von Liebesliedern haben.

Paulus war aber schriftgelehrter Jude, ein Sadduzäer namens Saulus oder wahrheitsgemäß Schaul
Der wußte schon aus seiner vorchristlichen Ausbildung Bescheid über Moische, daß dieser in aller Weisheit Ägyptens (insbesondere auch Hieroglyphen) ausgebildet worden ist!

Übrigens sagte Prof. Jan Assmann (Ägyptologe), daß die 2 Cherube auf der Bundeslade dem mosaischen Bilderverbot krass zuwiderlaufen und nur als Hieroglyphen zu verstehen sind.

Die Bibel (AT und NT) ist kein seichtes Sammelsurium von irgendwelchen archaischen volkstümlichen Märchen - da wäre der Staat Israel heute nicht da!
(19-12-2022, 10:49)Sinai schrieb: [ -> ]Paulus war aber schriftgelehrter Jude, ein Sadduzäer namens Saulus oder wahrheitsgemäß Schaul
Der wußte schon aus seiner vorchristlichen Ausbildung Bescheid über Moische, daß dieser in aller Weisheit Ägyptens (insbesondere auch Hieroglyphen) ausgebildet worden ist!

Deine Fantasien ueber Paulus interessieren mich hier nicht weiter, und das tangiert auch gar nicht, was ich gesagt habe.

(19-12-2022, 10:49)Sinai schrieb: [ -> ]Übrigens sagte Prof. Jan Assmann (Ägyptologe), daß die 2 Cherube auf der Bundeslade dem mosaischen Bilderverbot krass zuwiderlaufen und nur als Hieroglyphen zu verstehen sind.

Gehoert dies in die Kategorie "Sinai fantasiert mal wieder Aussagen von Jan Assmann herbei"? Ueblicherweise verkaufst Du uns Assmanns Zitate aus Werken anderer Autoren, wie dem von Freud, als seine eigenen Aussagen. Das mosaische Bilderverbot galt damals, als die Bundeslade existierte, nicht. Dass sich in der Bundeslade tatsaechlich mal eine Jahwe-Statue befand, ist heutzutage auch eine gaengige Annahme. Einige der in der Bibel vorgeschriebenen Tempelgeraete hatten bildliche Darstellungen, z.B. die Stierfiguren, die das Wasserbecken auf ihrem Ruecken trugen. Was Du da machst, sind unhistorische Rueckprojektionen spaeterer juedischer Vorstellungen auf Zeiten, in denen diese noch gar nicht existierten.

(19-12-2022, 10:49)Sinai schrieb: [ -> ]Die Bibel (AT und NT) ist kein seichtes Sammelsurium von irgendwelchen archaischen volkstümlichen Märchen - da wäre der Staat Israel heute nicht da!

Seicht nicht, aber "Sammelsurium irgendwelcher archaischer volkstuemlicher Maerchen" trifft es eigentlich ganz gut. Die Bibel verarbeitet viele Legenden und Erzaehlungen ihres Entstehungsraumes. Dazu kommen noch hoefische Gesaenge, Geschichten, und spaeter natuerlich auch Chroniken. Natuerlich wurden diese, je nach religioesem Geschmack, entsprechend editiert.

Die Geschichte hinter den Geschichten ist halt manchmal sehr interessant. Die sumerischen Wurzeln hinter einigen Liedern des Hoheslieds wurden festgestellt. Bei anderen Dingen ist es halt spekulativer. Selbst ein orthodoxer Rabbi hat mal festgestellt, dass die Bundeslade dem Reisethron des Ramses gleicht, inklusive gefluegeltem Aufsatz. Dass hinter dem Buch Esther ein babylonischer Mythos ueber Ischtar und Marduk steckt, ist auch die beste Erklaerung, dich ich kenne.  Eine neuere Idee, die durchaus etwas fuer sich hat, ist, dass es sich bei Salomo eigentlich um den assyrischen Herrscher Salmanassar III. handelt, zu dessen Zeit das Koenigreich Juda aus dem Schatten der Geschichte trat. Geschichten wandeln sich halt mit jeder Neuerzaehlung.
@Sinai
Spams entfernt!
Vom Hohelied zur Uzi-Maschinenpistole und zu Kampfpanzern.
Irgendwelche Themen zu eröffnen, um danach lustig drauflos zu spammen, zieht über kurz oder lang wieder eine längere Sperre nach sich.
Na gut, ich will es nun ohne Ausschmückungen und Beispiele versuchen:

Ich finde keinen Beweis (nur Spekulationen) daß die angebliche "Geschichte hinter den Geschichten" (Ulan) in der Bibel sumerische Wurzeln hätte, oder daß in der Bibel uralte Mythen Mesopotamiens tradiert würden.

Und als "Sammelsurium irgendwelcher archaischer volkstuemlicher Maerchen" kann ich sie auch nicht sehen, da doch nun Jahrtausende danach scheinbar aus dem Nichts ein Militärstaat Israel entstanden ist

.
Und besteht bereits eine Konvention, dass die frappante Ähnlichkeit der Flutgeschichte in der Genesis mit der Flutgeschichte im Gilgamesch Epos darauf zurückzuführen wäre, daß das Gilgamesch Epos das ältere sei ??

Ich sage, es kann genauso gut sein, daß die uralte mündliche Erzähltradition der semitischen Sippen aus weit vorschriftlicher Zeit stammt und erst dann von den Sumerern verschriftet und ins Gilgamesch Epos aufgenommen wurde. Vielleicht gerade über den Umweg der semitischen Akkader, die schriftlos seit urdenklichen Zeiten im Reich der Sumerer gelebt haben

Aber damit beende ich diese Diskussion, da kein Mensch weiß, was in dieser vorgeschichtlichen, weil schriftlosen Frühzeit der semitischen Welt geredet wurde.
Schoen, dass Dir das Gilgamesch-Epos eingefallen ist. Und nein, das ist keine Erzaehlung mit semitischem Ursprung; die Abhaengigkeitsfolge ist hier vollkommen klar. Solche Unterscheidungen lassen sich bereits ganz zu Beginn von Genesis treffen, wo der erste Schoepfungsmythos mesopotamischen Ursprungs ist, der zweite dagegen von einer Steppen- oder Wuestenkultur stammt. Israel hatte immer mit seinen maechtigeren Nachbarn zu tun, die es auch oft genug beherrscht und kulturell beeinflusst haben. Gerade die Oberschichten waren oft mit den Eliten der auslaendischen Herrscher verbandelt, und viele Texte in der Bibel entstammen einer solchen Hofkultur, was die aegyptischen, assyrischen und babylonischen Einfluesse erklaert. Nimm zum Beispiel das Deuteronmium, das einen Staatsvertrag mit Assyrien als Vorlage benutzt hat. Viele Texte im Pentateuch stammen von einer Elite, die in Babylon gepraegt wurde.

Was Sumer als kulturelle Wiege angeht, so wurde dieses Image in der semitischen Welt weitergepflegt, und das auch nachdem Sumer als lebendige Kultur schon lange verschwunden war. Sumerisch war vor Akkadisch die Sprache der Eliten und diente noch bis etwa 100 v.Chr. der kulturellen und literarischen Ueberlieferung. Es geht hier nicht darum, dass ich oder irgendwelche heutigen Gelehrten dem Sumerischen und der sumerischen Ueberlieferung irgendwelche ueberhoehte Bedeutung zumessen wuerden, sondern diese Verehrung war in Vorderasien fuer lange Zeit lebendig. Selbst assyrische Herrscher ueber Israel ruehmten sich, noch die sumerischen Texte lesen zu koennen. Diese Geschichten waren nicht tot. Gebildete Leute ueberall in Vorderasien kannten sie.

Aber zur Frage des Hoheslieds selbst: dazu gibt's einen Artikel von Samuel N. Kramer aus dem Jahr 1962 mit dem Titel "The Biblical “Song of Songs” and the Sumerian Love Songs" (auf Deutsch: "Das biblische Hoheslied und die sumerischen Liebeslieder"), nachlesbar hier:
*https://www.penn.museum/sites/expedition/the-biblical-song-of-songs-and-the-sumerian-love-songs/
(19-12-2022, 11:15)Ulan schrieb: [ -> ]
(19-12-2022, 10:49)Sinai schrieb: [ -> ]Die Bibel (AT und NT) ist kein seichtes Sammelsurium von irgendwelchen archaischen volkstümlichen Märchen - da wäre der Staat Israel heute nicht da!

Seicht nicht, aber "Sammelsurium irgendwelcher archaischer volkstuemlicher Maerchen" trifft es eigentlich ganz gut.


Wenn das deine Meinung von der Bibel ist, warum heißt das dann hier "Religionsforum" und nennt sich nicht Märchenforum ?

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(20-12-2022, 13:49)Ulan schrieb: [ -> ]. . . Abhaengigkeitsfolge . . . Solche Unterscheidungen lassen sich bereits ganz zu Beginn von Genesis treffen, wo der erste Schoepfungsmythos mesopotamischen Ursprungs ist, der zweite dagegen von einer Steppen- oder Wuestenkultur stammt.

( . . . )

Aber zur Frage des Hoheslieds selbst: dazu gibt's einen Artikel von Samuel N. Kramer aus dem Jahr 1962 mit dem Titel "The Biblical “Song of Songs” and the Sumerian Love Songs" (auf Deutsch: "Das biblische Hoheslied und die sumerischen Liebeslieder"), nachlesbar hier:
*https://www.penn.museum/sites/expedition/the-biblical-song-of-songs-and-the-sumerian-love-songs/

Dir empfehle ich das Buch "Und die Bibel hat doch recht" aus 1955 zu lesen.
Und was spezifisch sollte ich aus diesem populaeren Sachbuch des Verwaltungsbeamten und Journalisten Werner Keller entnehmen, das irgendetwas sachdienlich zu dieser Diskussion beitragen wuerde?

Wenn Dich alte Buecher aus den 50ern interessieren, dann versuch's mal mit einem Buch des von mir oben zitierten Ayssriologen: S. N. Kramer: Die Geschichte beginnt mit Sumer. (1959)
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