Religionsforum (Forum Religion)

Normale Version: Papst selbst stellt Unfehlbarkeit in Frage
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Ein Studienkollege, der jetzt in Österreich wohnt, hat mich auf einen erstaunlichen Bericht im ORF aufmerksam gemacht:

religion.ORF.at
Dokument: Vatikan: Vorschläge für Papst-Amt für alle Kirchen
13.06.2024
"Der Vatikan hat Vorschläge für ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papst-Amtes gemacht, wonach der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte.
Die erste Änderung betrifft eine neue Lesart der Lehren des Ersten Vatikanischen Konzils. Dieses hatte 1870 die dogmatische Unfehlbarkeit des Kirchenoberhaupts verkündet."

In seiner Begeisterung für die ÖKUMENE stellt Papst Franziskus das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes zur Diskussion

Bei einer Aufhebung des Unfehlbarkeitsdogmas könnte er dann wahrscheinlich wirklich als so eine Art von "Ehrenoberhaupt" (schon wegen der großen Zahl von Katholiken) von vielen anderen christlichen Religionsgemeinschaften akzeptiert werden

Und er gibt damit - ohne es zu wollen - vielen kritischen Katholiken die Freiheit, so manche Vorstellungen von Papst Franziskus in Frage zu stellen und dann öffentlich zu diskutieren

Offenbar hat er ein Kalkül angestellt: die Möglichkeit zu einem Ehrenoberhaupt versus den Verlust der obersten Instanz in Religionsfragen

Die Möglichkeit, als eine Art von "Ehrenoberhaupt" auch von vielen anderen christlichen Religionsgemeinschaften akzeptiert zu werden, ist ihm allzu verlockend

Sehr interessant und spannend


Schon 2017 sagte Papst Franziskus:
"In einem Interview mit der Wochenzeitschrift DIE ZEIT sagte Franziskus: „Ich sehe mich nicht als etwas Besonderes. Ich bin Sünder und bin fehlbar.“30

30 Papst Franziskus im Interview mit DIE ZEIT (9. März 2017)."

Zitiert nach:
Verlag Herder
Päpstliche Unfehlbarkeit: Warum eine kritische Revision  jetzt notwendig ist
herder.de › ... › 143 (2018) › Heft 7/2018
In einem anderen Thred erwähnte ich die Bestimmungen, die den Papst betreffen:

Christentum und >Theologie > Immer mehr Pensionistenjobs in der Kath Kirche > Beitrag #10
(13-08-2024, 15:54)Sinai schrieb: [ -> ]"Zumindest theoretisch kann jeder ledige, getaufte männliche Katholik zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt werden, der mindestens 35 Jahre alt ist. Das ergibt sich aus dem ersten Paragrafen von Canon 332 des Codex Iuris Canonici."
Kath.ch
Wer kann Papst werden? - Kath.ch
kath.ch › newsd › wer-kann-papst-werden

Hier hat Kath.ch vom "ersten Paragrafen von Canon 332 des Codex Iuris Canonici" geschrieben.
Neugierig geworden, habe ich nun den Canon 332 f des Codex Iuris Canonici gefunden:

The Holy See
vatican.va › cic_libro2_cann331-335_ge
EKTION I DIE HÖCHSTE AUTORITÄT DER KIRCHE (Cann. 330 – 367)
Can. 333
§ 3. Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde.

Hier geht es zwar nicht um ein Dogma, sondern nur um ein Urteil oder ein Dekret des Papstes.
Auch hier ist der Papst die oberste Instanz, es gibt weder Berufung noch Beschwerde

Wenn Papst Franziskus auch diesen Paragraphen aufheben will, dann stellt sich automatisch die Frage, bei wem man dann Berufung erheben oder Beschwerde einlegen kann

Da müsste dann eine Berufungsinstanz installiert werden.

Wie ist vorzugehen, wenn der Beschwerdeführer aber auch nicht mit dem Urteil dieser neuen Instanz zufrieden ist ?

Kann er sich dann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden ?
Wenn etwa einem portugiesischen Bürger das letztinstanzliche Urteil in Portugal nicht gefällt, kann er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden
Papst Franziskus müsste - wenn es ihm mit einer Novellierung der Papstrechte ernst ist - diese Bestimmung noch in den Codex Iuris Canonici aufnehmen lassen.
Der Heilige Stuhl hat ja bereits Beobachterstatus im Europarat
Was soll denn da ein weltliches Gericht entscheiden? Hier geht's um Glaubensfragen, und das muss die Kirche selbst loesen.

Das mit der Unfehlbarkeit war ein grosser Fehler des 19. Jahrhunderts. Das wieder zu korrigieren, waere aus vielen Gruenden wuenschenswert. Franziskus spricht nur aus, was eh jeder weiss.
(13-08-2024, 18:22)Sinai schrieb: [ -> ]wonach der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte

selten so gelacht...

welchen grund dafür sollten diese anderen haben? fehlbare oberhäupter haben sie doch eh schon
(13-08-2024, 20:28)Sinai schrieb: [ -> ]Can. 333
§ 3. Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde.

(13-08-2024, 22:32)Ulan schrieb: [ -> ]Was soll denn da ein weltliches Gericht entscheiden? Hier geht's um Glaubensfragen, und das muss die Kirche selbst loesen.

Zur Beachtung: § 3 Can. 333 regelt ein Urteil oder ein Dekret des Papstes. Hier geht es nicht um das Unfehlbarkeitsdogma in religiösen Belangen

Beispiel Dienstrecht: ein Schweizergardist, der aus welchem Grund auch immer, durch ein weltliches Urteil oder Dekret des Papstes entlassen wird, kann nicht dagegen berufen

Dies ist aus rechtsstaatlicher Sicht wenig zufriedenstellend . . .
(13-08-2024, 20:28)Sinai schrieb: [ -> ]§ 3. Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde.
Wer Urteile oder Dekrete oder sonstige Äußerungen des Papstes ernst nimmt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.
(14-08-2024, 00:26)exkath schrieb: [ -> ]
(13-08-2024, 20:28)Sinai schrieb: [ -> ]§ 3. Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde.
Wer Urteile oder Dekrete oder sonstige Äußerungen des Papstes ernst nimmt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.

Na entschuldige Mal!
Wer durch ein Urteil (Entlassung aus der Schweizergarde) oder Dekret (keine Beförderung des Scheizergardisten) des Papstes benachteiligt wird, soll das nicht ernst nehmen ?

Da sind oft massive wirtschaftliche Folgen damit verbunden (Einkommensverlust, Verlust der Dienstwohnung, Verlust der Krankenversorgung, etc) - und in so einem Dienstrechtsverfahren samt angekoppeltem Wohnrechtsverfahren soll man nonchalant schweigen ?
Doch zurück zum Thema: "Papst selbst stellt Unfehlbarkeit in Frage"

Man darf nicht jedes Wort von Papst Franziskus auf die Waagschale legen, Deutsch ist nicht seine Muttersprache.

In diesem Sinn muss man fairerweise auch sein Interview mit der deutschen Zeitung bewerten:

Beitrag #1
(13-08-2024, 18:22)Sinai schrieb: [ -> ]"In einem Interview mit der Wochenzeitschrift DIE ZEIT sagte Franziskus: „Ich sehe mich nicht als etwas Besonderes. Ich bin Sünder und bin fehlbar.“

Wer weiß, was er sagen wollte? Vielleicht meinte er, dass er ein Sünder ist und fehlerhaft

Das hätte mit der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubensfragen nichts zu tun
Das Thema wurde in das Unterforum "Religions- und Kulturgeschichte" verschoben.