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Normale Version: Was sind "geheiligte Räume"
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sweetyyy

Hallo an alle!
Ich muss in meinem Religionskurs ein Portfolio über "geheiligte Räume" erstellen. Obwohl wir dieses Thema schon lange im Unterricht besprechen, bin ich immer noch der Meinung, dass ein geheiligter Raum AUSSCHLIEßLICH in einer Kirche oder ähnlichen Gebetsstätten zu finden ist.

Ich würde gerne auch andere Meiungen in mein Portfolio aufnehmen, also bitte um Antwort:
1) Was ist für euch ein "geheiligter Raum" (eure Wohnung, ein besonderer Raum, weil dort etwas Besonderes passiert ist.....) ?
2) Wo ist er zu finden und warum ist er für euch "heilig"???

Bitte auch eure Religionszugehörigkeit mit angeben und nach Möglichkeit das (ungefähre) Alter.
sweetyyy schrieb:Obwohl wir dieses Thema schon lange im Unterricht besprechen, bin ich immer noch der Meinung, dass ein geheiligter Raum AUSSCHLIEßLICH in einer Kirche oder ähnlichen Gebetsstätten zu finden ist.
Hmm, zum einen gibts für mich gar keine WIRKLICH sakralen oder heiligen "Räume". Wenn etwas heilig ist, dann Gott oder ihm nahe Menschen.
Zum anderen erinnere ich an Martin Luther: "Heilig/ dein Gott ist, woran dein Herz hängt" Das könnte so alles für lebenswichtig gehaltene sein, von Haus über Auto bis Musik bis Computerchats oder besondere Lebensformen.

Du setzt Deine Auffassung so auffällig in Gegensatz zu langer Besprechung im Schulunterricht: Was ist denn dort Konsens über heilige Räume"? Du hast übrigens verschwiegen, welcher Konfession der Unterricht und Du bist ...

Fritz

sweetyyy

Ich bin in Russland orthodox getauft worden und demnach relativ strenggläubig erzogen worden. Nun bin ich aber in einer evangelischen Gemeinde. Mein Religionsunterricht ist also auch evangelisch.

Und zu den Unterrichtsinhalten:
Joa wir haben uns viel darüber unterhalten was denn für uns selbst „heilig“ ist, haben und auch Bilder von Kirchlichen Räumen angesehen und über ihre Wirkung und auch ein bisschen über die kirchliche Geschichte gesprochen. Haben außerdem eine Kirche und ein Kloster besucht und über die Innenausstattung und über die Unterschiede dieser Räume gesprochen. Es lief aber irgendwie immer darauf hinaus, dass alle nur die Kirchen als „heilig“ empfunden haben und es überhaupt keinen Sinn gemacht hatte über dieses Thema zu reden.
Hm - zu dem Thema fallen mir gerade zwei Stellen aus dem NT ein -
Mt 18 schrieb:20Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
Joh 4 schrieb:21Jesus sprach zu ihr: Weib, glaube mir, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berge
noch zu Jerusalem den Vater anbeten werdet.
...
23Aber es kommt die Zeit, und sie ist jetzt schon da, dass die wahren Anbeter werden den
Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit; denn der Vater will haben, die ihn also anbeten.

Für mich persönlich ist ein 'geheiligter Ort' einer, wo jemand religio betreibt - in welcher
Konfession auch immer. Für mich z.B. der Meditationsplatz in meiner Wohnung...
(Ich bin über 60 und konfessionell ungebunden, stehe aber dem Buddhismus und Taoismus nahe)

Lea

Hallo sweetyyy,
grüße dich herzlich.

Im Gegensatz zu dir, erlebe und lebe ich "Heiligkeit" und geheiligte bzw. sakrale Räume nicht nur ausschliesslich in besonderen, dafür ausschliesslich erbauten Räumen - siehe Tempel, Kirche, Synagoge - sondern in vielfältigen Gattungen. Denn: Schöpfung hat mit Raumschaffung zu tun.

Die bekannten Räume wie Kirche, Tempel und Synagoge sind ja Zeichen und Ausdruck, in Gemeinschaft das Heilige zu feiern, zu heiligen, was wir Schöpfung, den Einen, Gott- Allah-Alaha usw...benennen. Natürlich sind diese Räume und Orte Rückzugsort und Meditationsraum für jeden Menschen, den es dazu drängt; diese Räume bieten sich gerade dazu an: sie stehen mitten in den alltäglichen Wegen (siehe Stadt, Dorf oder in den Landschaften) und entziehen sich doch der Alltagsgeschäftigkeit und Trubel.

zu 1.
Geheiligte Räume, sakrale Räume sind für mich in vielfältiger Weise existent und erlebbar. Dazu gehören, die oben aufgezählten Räume (Kirche usw...), aber auch meine Privaträume, die mir heilig sind. Nicht jeden Besucher würde ich in mein spezielles Zimmer hineinlassen.
Auch Beziehungen (Freundschaft) sind mir geheiligte Räume. Ich gehe soweit, dass jede Freundschaft ein eigener heiliger Raum wird - d.h. dieser Raum bleibt lebendig und wächst mit der Zeit (Vertrauen, Treue, Offenheit, Zärtlichkeit, Zuhören...); auch ist es seine Natur, einmalig zu sein und in alle Ewigkeit zu bleiben.
Besondere Räume sind auch Ehe und Familie.
Das Gebet

zu 2.
Heiligkeit entzieht sich vordergründig dem Alltäglichen und steht doch in deren Mitte. Aus dieser Mitte heraus schöpfen Menschen Kraft und Halt, so denn sie sich dafür öffnen (wollen).
Dieser heilige Raum befindet sich sowohl im Inneren des Menschen, wie auch in den Räumen, wo Menschen zusammenkommen, um sich dem zuzuwenden.
Warum sind mir diese Räume oder Raum wichtig ist? Sie sind Kraftquellen, ja Lebensquellen. Lichte Räume und schöpferisch zugleich.
Sie erinnern an die Heiligkeit des Lebens.

Lea

Den Berg Athos kann man als heiligen Ort nennen, sein Titel lässt sogar darauf schliessen: "der heilge Berg Athos".
Um einen kleinen Abstecher in die Orthodoxie zu machen, die Ikonenmalerei russischer Mönche. Traditionel fasten Mönche und ziehen sich zurück, um erst dann eine Ikone zu malen. Auch das ist ein "heiliger Raum" in der Zeit des Malens.

t.logemann

Hallo sweetyyy,

ich denke, es hängt davon ab, welchem religiösen Umfeld man sich zugehörig fühlt. Für Muslime ist selbst der Wüstenboden - oder das Strassenpflaster - auf dem sie ihre 5 täglichen Pflichtgebete beten, mindestens ebenso momentan heilig, wie die Kaaba in Mekka oder ein beliebige Moschee. Für Christen sind im Regelfall nicht nur Kirchen heilig, sondern auch "Wunderstätten" wie z.B. die Wallfahrtsorte des Katholizismus. Ebenso haben Hindus und Buddhisten Wallfahrtsorte, die nicht unbedingt auch mit einem Tempel versehen sein müssen. Wir Baha`i haben neben unseren "Häuser der Andacht" auch die Grabmäler unserer Religionsgründer als heilige Stätten - ursprünglich waren auch die Wohnhäuser/Geburtshäuser unserer Offenbarer Bab und Baha`u`llah mit einbezogen - die wurden aber in der sogenannten "islamischen Revolution" im Iran erst enteignet und dann abgerissen.

Liebe Grüsse
Thomas
Heilige Räume sind die, die mit einer "Aura des Heiligen" umgeben werden, also so von Menschen definiert werden. Ein Schrein in Japan kann heilig sein, ein Kreuz, wenn es geweiht ist, etc. Meist ist dazu ein Ritual nötig (WEihezeremonie o.ä.), manchmal ich eine Naturerscheinung aufgrund ihrer Ausergewöhnlichkeit auch einfach als heilig deklariert (z.B. der Jom kippur). Auf jeden Fall etwas von Menschen so Bestimmtes...

Viele Grüße
Sonne
PS: Du kannst auch dein BAdezimmer für dich für heilig erklären...
Sonne schrieb:PS: Du kannst auch dein BAdezimmer für dich für heilig erklären...

:clap: Bravo, Liebes. Du hast es erkannt.

() Tao-Ho
Lass dir von keiner Kirche aufdiktieren, was heilig ist und was nicht.
Der wahre Glaube kommt von innen heraus!

Für mich ist ein Friedhof etwas besonders, weil es um das Andenken Verstorbener geht, und nicht um materielle Werte.
Ob dieser Ort aber etwas heiliges ist?
Kommt darauf an, wie man heilig definiert.
Den letzten Meinungen, dass die Heiligkeit eines Ortes vom Blick des Betrachters abhängt, möchte ich mich anschließen. Womit ich die Heiligkeit nicht als Illusion abwerten möchte. Ich kenne zwar keine Kriterien, die mich überzeugen, dass bestimmte Orte unabhängig vom Betrachter eher heilig sind als andere, doch das könnte mit gleicher Wahrscheinlichkeit daran liegen, dass eigentlich kein Ort heilig ist und manche nur öfter von Menschen so wahrgenommen werden, oder dass eigentlich alle Orte heilig sind und die meisten davon aber aus bestimmten, z.B. ästhetischen Gründen, seltenst so empfunden werden.
Was davon nun zutrifft, da möchte ich mir kein Urteil drüber erlauben, dafür bin ich mir zu bewusst, nicht wissen zu können, ob überhaupt etwas Göttliches existiert, und dementsprechend schwierig wird es auch mit der Existenz von etwas Heiligem.
[Wo man nun fragen könnte, ob es für etwas Heiliges etwas Göttliches braucht, aber das führt hier wohl eher vom Thema weg.]

In meiner persönlichen Wahrnehmung läuft das darauf hinaus, dass ich in jedem Ort das Potenzial sehe, als heilig wahrgenommen zu werden, aber dass es bei den allermeisten Orten für gewöhnlich natürlich nicht der Fall ist. Wäre, überspitzt gesagt, auch ziemlich unpraktisch, wenn man ständig aus der Ehrfurcht vor diversen Orten des Alltagslebens nicht mehr heraus käme *g*
Dass ich das Potenzial dazu trotzdem auch in Orten für vorhanden halte, die ich meistens nicht so wahrnehme, liegt neben der theoretischen Unterscheidungsschwierigkeit, was man nun als heilig gelten lassen will, auch ganz einfach daran, dass meine eigene Wahrnehmung da nicht starr ist. Welche Orte ich wann als heilig empfinde, unterliegt einem Wandel, ohne dass sich dabei meine grundsätzlichen Ansichten ändern würden. So kann ich ein und den selben Ort oft ganz alltäglich wahrnehmen und nur manchmal einen Blick dafür haben, dass ich etwas Heiliges daran empfinde – der Ort ist derselbe, es ist meine Wahrnehmung, die sich ändert.
Das spezifisch „Heilige“ im Unterschied zur alltäglichen Wahrnehmung liegt dabei für mich in dem Eindruck, dass, falls es etwas Göttliches gibt, dieser Ort eine Ahnung davon vermittelt, außerdem in einer gewissen Achtung, die ich vor dem Ort um seiner selbst Willen habe.


Für  deine Statistik: gehöre keiner Religion an und bin 22.
qilin schrieb:Hm - zu dem Thema fallen mir gerade zwei Stellen aus dem NT ein -
Mt 18 schrieb:20Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
Mir geht es so wie Qilin,
ein "heiliger Ort" ist für mich ein Ort, an dem Gott sich offenbart.
Und das tut er in meiner Sicht weniger in Räumen, die von der Welt abschließen oder religiöse Kunst und ähnliche Dekorationen enthalten, als in Räumen, in denen Nächstenliebe praktiziert wird und Menschen dadurch von Leid und Elend erlöst werden.

Also z.B. auf der Straße,
wenn Pater Boff die Straßenkinder anspricht und zu sich in seine Heime aufnimmt. Oder da, wo wir einem Menschen helfen, der mit keiner Hilfe mehr gerechnet hätte. Da, wo wir vergeben, obwohl alles andere erwartet wurde, da wo in der Nazizeit Juden versteckt wurden, obwohl sie den Rettern das Leben hätten kosten können. Kurz: Da, wo Nachfolge Jesu praktiziert wird.

Religiöse Gesänge und Bilder sind zwar schön
und vermitteln uns vielleicht innere Einkehr, haben aber wohl kaum z.B. einen serbisch-orthodoxen Mönch davon abgehalten, nationalistisch die Rache an Kroaten oder Bosniern zu predigen und zu unterstützen, auch nicht den protestantischen nordirischen Pfaffen, seine ständige Hetze gegen die Katholiken auf die Spitze zu treiben.

Solche "heiligen Orte" haben auch Kreuzritter aufgesucht,
die hinterher in Jerusalem bis zu den Knöcheln im Blut der Muslime wateten, ja sie glaubten tatsächlich in ihrem Blutrausch, die "heiligen Stätten" für Gott zu retten.
Da sieht man, welcher Wahnsinn damit verbunden sein kann, "heilige Orte" geographisch und sakramentalistisch festzulegen statt nach der dort sich vollziehenden Liebe Gottes.

Ich denke auch an die Theologie von Pannenberg oder jetzt Hasenhüttl (siehe: Glaube ohne Mythos), wenn sie sagen "Gott ist nicht, Gott geschieht", und zwar in jedem Akt der bedingungslosen Nächstenliebe im Sinne Jesu. Ich würde das zwar nicht ganz so radikal formulieren, aber es hilft viele Perspektiven richtig zu erkennen, z.B. die von "heiligen Orten."

sweetyyy

Wie ich sehe sind hier die Meinungen zu "geheiligten Räumen" sehr verschieden ..
Danke für alle Antworten, denn ihr habt mir sehr geholfen

Und über weitere Anmerkungen würde ich mich natürlich sehr freuen :icon_biggrin:

Fleisch

Was kann denn anderes heilig sein als der Ort, der einem selbst am nächsten steht? Ich bezweifle, dass es psychologisch überhaupt möglich ist, Orte, mit denen man keine schweren Zeiten durchgelebt und an denen man keine freudigen Stunden verbracht hat, höher zu halten als das eigene Zuhause.

Ich schätze Kirchen und andere schöne Bauten, dennoch bleiben sie immer "außerhalb" meines eigenen Lebens.
@ Tao-Ho
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