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Normale Version: Pilgern macht lebendig...
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sound of silence

Hallo zusammen,

im Sommer habe ich einen Pilgerweg auf den Spuren von Franziskus durch Umbrien geplant.
Es ist ganz erstaunlich, wie dieses Vorhaben mein Leben heute schon verändert.
Zunächst ist da eine große Dankbarkeit und Vorfreude, dieses Abenteuer erleben zu dürfen, aber auch ein sehr bewußter Umgang mit den Dingen des Alltags, die schon bald nicht mehr selbstverständlich sein werden.
Es tut mir gut, ein klares Ziel zu haben. Seit die Idee geboren wurde, lerne ich Italienisch, trainiere meinen Körper und hab mich auf die Suche gemacht nach der Freude Gottes.

Sehr gern würde ich in Austausch kommen mit Leuten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die wissen, dass entscheidende Veränderungen im Leben möglich sind, wenn wir uns auf den Weg machen.

Liebe Grüße

Marie

Lea

Hallo und guten Morgen,
du beschreibst, wie dich die Vorbereitungen schon "jetzt" verändert haben. Dann beginnt die Reise von dem Zeitpunkt an, wenn anfangs erst die Idee davon existiert.
Ich wünsche dir, falls sich hier Menschen einfinden, die eine solche Pilgerreise bereits erleben konnten, regen Austausch....
Eine Radiosendung aus der letzten Woche, blieb mir in Erinnerung, bei der es auch um das Pilgern ging (unter anderen Themen). Dabei wurde ein Klassiker erwähnt, der das äussere wie innere Pilgern beschreibt.

Ein russisches Pilgerleben
Die aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers

so lautet der Titel, erschienen 1870 in Russland.

auch liebe Grüsse
Lea
Hallo,

ich bin wahrlich kein gläubiger Mensch. Aber, pilgern tut wirklich gut.

Schon oft konnte ich erleben, wie positiv sich Menschen vor und während
einer Pilgerreise entwickeln.

Selber war ich schon oft in Lourdes und nutzte es als auftanken meiner
geistigen Kräfte.

Kleiner Tipp an alle: Man muss nicht in die Ferne schweifen und sog.
Pilgerwege gehen, um den selben Effekt zu haben.
Oftmals reicht es aus, wenn man z. B. den Weg zum Bäcker bewusst geht
und einmal die Woche bewusst einen Spaziergang in der Natur macht.

() Tao-Ho
Die 'Aufrichtigen Erzählungen' sind ein wunderbares Buch christlicher Spiritualität - auch für Nicht-Orthodoxe :icon_wink:;
als spezielles 'Pilgerbuch' ist es mir weniger in Erinnerung als als 'Klassiker' der Mystik.
Guten Tag Marie!

Darf ich fragen, wie weit geht der Weg, geht es zu Fuß oder mit dem Fahrrad, gehst Du alleine oder mit einer Freundin oder mit einer kleineren oder größeren Gruppe und wie lange wirst Du unterwegs sein? Gibt es mehrere Etappen oder wird ein Stück Weg auf ein mal gegangen?

Ich persönlich pilgere die letzten Jahre zwei mal pro Jahr zu Fuß, jetzt in der Christi Himmelfahrtswoche zu Fuß nach Trier zum Apostelgrab des hl. Matthias(7 Tage nur hin) und im Sommer zum Marienwallfahrtort Kevelaer(3 Tage hin + 3 Tage zurück bei einem Tag aufenthalt).

Vor einigen Jahren sind mal zwei Leute aus der Trier-Gruppe mit dem Fahhrad von Aachen nach Santiago de Compostella gepilgert. Eine solche Erfahrung habe ich noch nicht gemacht.

Es freut mich, zu lesen, daß da ein Mensch ist, dem schon die Vorfreude so groß ist, daß sie ein Leben verändert und auch Dankbarkeit bringt.

Ich wünsche Dir viele gute Erlebnisse und Erfahrungen, die Dich als Mensch und vielleicht auch im Glauben weiterbringen und ein schöne, anstrengende und erholsame Zeit bei der Pilgerung, Gesundheit und das die hoffentlich nur positiven Erahrungen zumindest genauso in Dein zukünftiges Leben ausstrahen wie es jetzt die umfangreiche Vorbereitung tut.

Gruß
Gerhard
Mit "Etappen" meine ich dieses Jahr ein Stück des Weges zu gehen und nächstes Jahr an der Stelle weiterzugehen, wo man dieses Jahr aufgehört hat usw.

Mit "ein Stück des Weges" meine ich, zum Beispiel die letzten 100 KM zum Ziel zu gehen.
Tja, auch Kevelaer ist toll und die Kirchen dort sind einfach nur wunderschön...
Aber, man muss nicht unbedingt von Kirche zu Kirche pilgern, um seinen
Frieden (oder was auch immer) zu bekommen.

Pilgern hat mittlerweile leider einen grossen Touch ins Kommerziale bekommen.
Da kann man den schönsten Rosenkranz kaufen, dort gibt es die feinste
und sauberste Herberge, und dort drüben gibt es feine Heiligenbildchen...

Kaufen hier und kaufen da - dabei braucht es nur einen schönen Wald- oder
Feldweg, Vogelgezwitscher und eine gute selbergemachte Jause.

Fertig ist das wöchentliche Pilgern. Ich brauche seit langem keinen
St. Jakobs-Weg um zu mir zu finden und Frieden zu haben.

*lach* gerade sagt mir qilin: "wer weiss ob  Gott gerade dann auf diesem
oder jenem Pilgerpfad spazieren geht?"

() Tao-Ho

sound of silence

Hey, das sind ja eine Menge interessanter Antworten.
Schön, dass ich hier offenbar auf ein sehr reges Forum gestossen bin.

Für meinen Weg gibt es einen Pilgerführer "Franziskusweg", dem ich weitgehend folgen möchte. Der Weg klappert viele kleine Orte ab, an denen Franziskus war und ist 350 Kilometer lang. Dafür plane ich drei Wochen.

Ich war schon sehr oft in Umbrien, um in franziskanischen Gemeinschaften mitzuleben und habe mich einfach in den Landstrich verliebt. Außerdem fasziniert mich die Figur des Franziskus.

Vielleicht habe ich Glück und finde Begleitung, aber zunächstmal rechne ich nur mit mir selbst. Das ist für mich auch nicht das Wesentliche.
Das Wesentliche ist für mich die innere Offenheit, mich auf dieses Abenteuer einzulassen, mich von mir aus auf Gott zuzubewegen...
Klar ist das im Alltag genauso wichtig und möglich, doch sehn ich mich nach einer Auszeit, die unter einem spirituellen Vorzeichen steht. Bisher habe ich dass z.B. in Taizé gesucht und auch gefunden, nur diesmal möchte ich auch körperlich unterwegs sein.

Wunderschön finde ich auch, dass das Pilgern eine sehr interreligiöse Sache ist, das alle Weltreligionen miteinander teilen. Diesen Gemeinsamkeiten traue ich besonders.

Pace & Bene

Marie

Lea

qilin,
das Buch wurde als Klassiker geistlicher Literatur bezeichnet, deine Erinnerung passt schon. Du erwähnst es in lobender Weise, daher nehme ich an, du hast es selber gelesen.

Lea

Tao-Ho, hallo :)
kann dir nur zustimmen. Pilgern hilft bestimmt, inneren Frieden zu finden. Frieden mit sich und seinen Mitmenschen, so, als ob sich der Mensch in seinen richtigen Rhythmus einpendelt.
Das Pilgern kenne ich auch von den buddhistischen (im Zen) Mönchen, die von Berg zu Berg, von Kloster zu Kloster pilgern, meistens nachts - der Kälte und Dunkelheit trotzend. Soweit mich meine Erinnerung nicht täuscht, heisst das auch "Bergpilgern" (?).
Jede Medaille hat zwei Seiten, auch das Pilgern!

Will ich etwas gutes für die Gesundheit tun, dann betreibe ich Sport. Wandern, Gehen, Pilgern - wie auch immer, ist nicht nur gut für die Gesundheit, wenn man sich Zeit nimmt, kann man intensiv die Natur erfahren.

Geht es aber um den seelischen Frieden, um die Erfüllung, um das Streben, Christus nahe zu sein, so kann man tausende von Kilometern pilgern und monatelang fasten, und man wird den Sinn eines Christus nie erfahren!
Gleiches gilt für die scheinheiligen Fronleichnahmsprozessionen.

Christis erfährt man dort, wo das Elend und die Not am grössten ist. Dort ist Christus zu hause!
Wer das sagt? Ich sage das!!!
:shhh:
Quetsche2000 schrieb:...Dort ist Christus zu hause! Wer das sagt? Ich sage das!!!
Toll! Endlich hast du es uns auch wissen lassen!
[Bild: jubel.jpg]
Nun wird Jesus das auch so sehen, denn auf dich hört er ja!
Lea schrieb:Tao-Ho, hallo :)
kann dir nur zustimmen. Pilgern hilft bestimmt, inneren Frieden zu finden. Frieden mit sich und seinen Mitmenschen, so, als ob sich der Mensch in seinen  richtigen Rhythmus einpendelt.
Das Pilgern kenne ich auch von den buddhistischen (im Zen) Mönchen, die von Berg zu Berg, von Kloster zu Kloster pilgern, meistens nachts - der Kälte und Dunkelheit trotzend. Soweit mich meine Erinnerung nicht täuscht, heisst das auch "Bergpilgern" (?).

Hallo Lea,

da verwechselst Du sicher etwas. Die tibetanischen Mönche pilgern schon mal
und es gibt auch buddhistische Pilgerwege (gerade dort oder in Japan).

Aber im Zen ist unser Leben ein Pilgerweg und das Ziel ist der Augenblick.

Wir sollen loslassen - auch von Riten und kleinen Ritualen. Im Zen findet
man in jedem Augenblick (wenn man ihn richtig zu nehmen weiss und vor
allen Dingen nicht daran anhaftet) wunderbar zu sich selbst. Man lernt
nicht zu Gott oder so zu finden, sondern man lernt sich und die anderen
Menschen so zu nehmen wie es ist. Man lernt das Leben anzunehmen.

Bergpilgern gibt es also nicht wirklich. Aber es gibt Mönche, die nennen
sich selber Hauslos und die wandern einfach nur so von Ort zu Ort
und von Kloster zu Kloster.

Aber es gibt (nun endlich wieder) in China auch Einsiedlermönche (und
Nonnen) die das Leben in totaler Abgeschiedenheit leben. Sie bauen sich
kleine Hütten, pflanzen einen Garten zum Überleben an, sammeln Holz für
den Winter und leben so perfekt (Eusa_angel mehr oder weniger) Wu Wei.

Hoffe damit alles  beantwortet zu haben.

Gepilgert im christlichen Sinne bin ich immer eigentlich nur, weil ich mit alten
und kranken Menschen zu tun hatte. Die habe ich kostenfrei auf ihren
Reisen gepflegt und somit an einigen Pilgerfahrten teilgenommen.

Für meinen inneren Frieden reicht mir aber ein Waldweg völlig aus. Oder
ein Bergretreat (meditieren und Bergwandern).

() Tao-Ho
Hallo Tao-Ho,

Du hast insofern sicher recht als dieses 'Nacht-Pilgern' nicht üblich ist -
mir ist die Sache irgendwann mal untergekommen, habe aber wie gesagt
nur einmal gehört davon...
Die 'Pilgerschaft' der Zen-Mönche in Japan und noch viel mehr im alten
China war praktisch immer mit einem ganz konkreten Ziel verbunden -
meist mit der Suche nach dem Meister/Lehrer, der sie zur 'Erleuchtung'
führen, oder diese bestätigen und vertiefen sollte. Manche haben auch
fast ihr ganzes Leben als unsui ['Wolke-Wasser', wegen ihres unsteten
Lebens] verbracht - ich denke da z.B. an den 'Laien Ho' [Pang-yün, 740
- 811], meinen 'Lieblingsheiligen'... :icon_wink:
Die 'Hauslosigkeit' war die Lebensweise der Mönche im Urbuddhismus in
Indien, die überhaupt keinen festen Wohnsitz hatten, sondern das ganze
Jahr bettelnd unterwegs waren, nur in der Regenzeit für wenige Monate
Hütten bauten - das war aber in China und Japan kaum möglich. Dass
die meisten Klöster ausschließlich von Spenden lebten, war ja der Anlass
für die Buddhistenverfolgungen in China, von denen nur die Zen-Mönche
ausgenommen waren, weil die seit Pai-chang selbst für ihren Unterhalt
arbeiteten...


@Lea:

Ja, die 'Aufrichtigen Erzählungen' habe ich gelesen und auch mehrfach
verliehen oder verschenkt - die sind für Christen wie für Buddhisten
gewinnbringend zu lesen :icon_biggrin:

Lea

Nun habe ich in meinem Archiv nachgesehen. Eine kleine Korrektur zum Thema Pilgern im Zen-Buddhismus: Dieses Pilgern (der Mönche) dauert zwischen 100 und 1000 Tage. Die Mönche unterziehen sich dabei einer strengen Fastenzeit von 9 Tagen, ziehen nächtens durch die Wälder, von Hügel zu Hügel, Kloster zu Kloster und treffen zwischen 2.00 Uhr und 4.00 Uhr im Haupttempel ein. Dieses Pilgern nennt sich "Gipfelpilgern" und nicht, wie von mir im Gedächtnis behalten "Bergpilgern". Dieses Gipfelpilgern findet (in dem Fall) um die Stadt *Kyoto statt. Dazu ein Auszug, aus der Textbeilage zu Tôsha Suihô´s "Die vier Jahreszeiten in Kyoto".

"Kaihô (Gipfelpilgerweg)
Der Tempel Myoodo ist das Zentrum der Gipfel-Übung (Kaihogyo). Dieser Tempel wurde vor 1130 Jahren auf kaiserlichen Wunsch gegründet und wird zu den fünf großen alten Tempeln in Enryakuji-Komplex gezählt.
Das Gipfelpilgern ist eine religiöse Übung, bei der, mit diesem Tempel als Stützpunkt, insgesamt tausendmal ein 30 km langer Weg über die Gipfel der Umgebung zurückgelegt wird, wobei man von den insgesamt 1000 Tagen neun Tage lang sich besonders strenger Kasteiungen unterzieht, indem man völlig auf Essen, Trinken, Schlafen und Hinlegen verzichtet.
Die ganz in Weiß gekleideten, mit einem Stab in der rechten Hand und einem Rosenkranz in der linken über die Bergwege eilenden Pilger lassen uns die Härte der religiösen Übung und die Stille des Nichtdenkens empfinden.

Dieses Pilgern gibt es als Variante auch in anderen Teilen Japans. Das Pilgern ist eine von vielen spirituellen Übungen im Zen.
Gläubige pilgern zu den buddhistischen Tempeln, ähnlich, all den anderen Gläubigen aus den unterschiedlichsten Religionen, welche sich zu Orten hingezogen fühlen, um in Andacht, im Gebet oder einfach des Pilgerns wegen (Weg) Heil zu finden.
Das ist religionsübergreifend und verbindet die Religionen miteinander.

Lea

*Kyoto ist das kulturelle und spirituelle Zentrum Japans.
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