28-11-2008, 01:13
(27-11-2008, 18:44)Offen schrieb: [ -> ]Mohammed gilt als der grösste aller Propheten, und man weiss dass er den Koran „gesprochen“, aber nicht geschrieben hat.
Der Koran wurde über Jahre mündlich weitergegeben, bis sich das heutige Buch herauskristallisierte.
Wie ist der Koran entstanden?
Zum Zeitpunkt des Todes von Mohammed lag der Koran in schriftlicher Form nicht vor. Stimmt! Dass ein guter Teil der Suren noch zu Lebzeiten Mohammeds notiert wurde, dürfte auch feststehen! Darüber ist sich die seriöse Koranwissenschaft heute weitgehend einig. Wahrscheinlich ist, dass die Männer, die zu Mohammed in enger Beziehung standen, große Teile des Korans auswendig wussten.
Unter Mohammeds Nachfolger, Abu Bakr (gest. 634), sagten sich einige Stämme wieder vom Islam los. In den sehr blutigen Kämpfen, die gegen die Abtrünnigen geführt wurden, kamen viele dieser Korankenner ums Leben. Abu Bakr war in Sorge, dass das Wissen um den offenbarten Text verloren gehen könnte, und er befahl, den Koran schriftlich festzuhalten.
So wird die Vorgeschichte der ersten Koranredaktion von az-Zuhri, dem bedeutenden Gelehrten (gest. 741), überliefert. Von ihm erfahren wir auch, dass Zaid b. Tabit (gest. 665), der Mohammed als Sekretär diente, die Aufgabe übernahm, die Texte zu sammeln und aufzuscheiben. Wir erfahren weiters, dass die Textfragmente von gegerbten Häuten, Holzstücken, Palmblättern, weichen Steinen, Knochen, etc. und "von den Herzen der Männer" stammten.
"Von den Herzen der Männer", das heißt, ein Teil des Textes war schon zur Zeit der ersten schriftlichen Fassung des Korans Überlieferung. Bei den Gelehrten der Zeit nach Mohammed, die sich mit den Worten und Taten des Propheten beschäftigten und diese als Norm für eine gottgefällige Lebensführung ansahen, herrschte recht lange die Meinung vor, dass die mündliche Überlieferung, die möglichst viele Männer auswendig können und weitergeben sollten, der schriftlichen vorzuziehen sei.
Ob die Textsammlung durch Zaid b. Tabit zum Abschluss gekommen war, verrät az-Zuhri nicht. Jedenfalls steht fest, dass zur Herrschaftszeit von Umar (gest. 644) und auch der des Utman (gest. 656) verschiedene Textfassungen vorlagen, z. B. auch jene des ´Abdallah b. Mas´ud, der die Utman’sche Fassung lange nicht anerkennen wollte.
Welcher Herkunft der Text war, den der Kalif als den einzig wahren gelten lassen wollte, steht nicht eindeutig fest, doch es darf angenommen werden, dass es auf Grundlage der Sammlung des Zaid b. Talib zu Textabstimmungen gekommen war und sich Kalif Utman und seine Vertrauten auf einen verbindlichen Textbestand geeinigt hatten.
Schließlich blieb nur des Kalifen Einheitskoran übrig. Alle anderen Textsammlungen mussten auf seinen Befehl vernichtet werden.
Es stand nun zwar ein "textus receptus" zur Verfügung, doch waren damit nicht alle Probleme aus der Welt geschafft. In den unpunktierten Grundtexten, die aus den schriftlichen Urquellen stammten, war nicht einmal der Konsonantenbestand eindeutig. Dazu kommt, dass die arabische Konsonantenschrift die kurzen Vokale nicht berücksichtigt, woraus weitere Zweifel an so manchen Wortbedeutungen entstanden. Dies führte schließlich zu den bekannten verschiedenen Lesarten des Korans.
MfG E.
Quellen:
W. M. Watt, Der Islam, Bd I
Tilman Nagel, Der Koran, Einführung – Texte – Erläuterungen