(28-11-2008, 18:34)Petrus schrieb: [ -> ]Ich habe Deine WORTWAHL "dümmlich" unangemessen gefunden.
Nein, darauf hattest Du Dich mitnichten beschränkt. Du hattest mir einen persönlichen Angriff vorgeworfen. Damit hätte ich mir allerdings einen durch nichts zu rechtfertigenden Übergriff zuschulden kommen lassen. So einen Vorwurf mag ich nicht auf mir sitzen lassen.
Zitat: Im Übrigen ist längst nicht jede meiner Äusserungen die eines Moderators. Auch als User darf ich meine Meinung sagen, oder?
Hatte ich ausdrücklich die Art kritisiert, wie Du Dein Moderatorenamt wahrnimmst? Mal sehen. Wie schrieb ich doch so richtig? "Laß also gefälligst die einseitigen Parteinahmen und setze Dich sachlich mit den Beiträgen und fair mit den Diskutanten auseinander." Das gilt doch wohl für alle hier und nicht nur für Moderatoren. Weshalb fühlst Du Dich also
als solcher angesprochen? Bitte schön cool bleiben!
Aber eigentlich hat dieser Thread ja ein ganz anderes Thema. Dazu noch folgendes:
Es stimmt, daß bereits im Koran davon die Rede ist, Thora und Evangelium seien von Juden und Christen entstellt (h.arrafa, Infinitiv und Fachterminus: tah.rîf)) worden. Wobei eigentlich offen bleibt, ob sich die Entstellung auf den Text selbst oder auf seine Interpretation bezieht. Daß die Parallelen zwischen Bibel und Koran rein textlich oft nicht miteinander kompatibel sind, war schon damals allen klar, aber das hat, so weit ich sehe, in frühislamischer Zeit kaum Anlaß zu Polemik gegeben. Für die Gegenwart ist es ein bißchen schwierig, von verfestigten Positionen zu reden, denn das würde voraussetzen, daß man miteinander redet oder sich doch zumindest intern eine Meinung gebildet hat. Das entspricht aber nicht der Art, wie Muslime und Christen bzw. Juden miteinander leben oder gelebt haben. Das ständige Durcheinander von friedlicher Koexistenz und Reibereien zeigt ja auch, daß die Bilder, die man voneinander hat, selten wirklich tragen und man immer wieder genötigt ist, seine Meinung über die anderen zu revidieren, sei es zum Positiven oder zum Negativen.
Davon sind die Stereotypen bezüglich der heiligen Schriften nicht ausgenommen. Ebensowenig glauben alle oder auch nur fast alle Muslime, der Bibeltext sei verfälscht wie alle oder auch nur fast alle Juden oder Christen meinen, der Koran rufe zur Gewalt gegen andere auf. Das ist ja das Schöne an der Begegnung der Religionen, daß darin nicht bloß Risiken, sondern auch große Chancen liegen, und daß diese Chancen gelegentlich sogar ergriffen werden. Schon immer haben Muslime sich nicht einfach damit begnügt, zu behaupten, der Bibeltext sei verfälscht worden, sondern sie argumentieren direkt
anhand des überlieferten Bibeltextes gegen die theologischen Lehren, die Juden und Christen aus diesem Text herleiten. Das empfinde ich manchmal als sehr holzschnittartig, und ich mag es auch nicht sehr, wenn jemand mit viel Überlegenheitsgehabe versucht, mir aus der Bibel die Widersinnigkeit meines christlichen Glaubens zu beweisen. Aber oft genug regt diese Außenperspektive mich auch dazu an, eigene Positionen neu zu überdenken (schon allein, weil ich sie nun anderen erklären muß, die sie völlig ablehnen und die ich auch ganz bestimmt nicht überzeugen kann und folglich auch nicht will). Das bereichert mein Verständnis meines eigenen Glaubens.
Und nicht zuletzt sehe ich auch zunehmend die Erkenntnis, daß der Koran als historisch zu lesende Sammlung von Diskursen auch genau die Situation meint, in die jeweils hineingeredet wird. Das kann bedeuten, daß die Gegner von damals nicht die von heute sind. Daß z.B. Christen sich die Trinität ganz anders vorstellen, als sie im Koran wiedergegeben wird (schließlich betrachten wir Maria ja nicht als göttliche Person), wissen viele Muslime auch und ziehen daraus den Schluß, es werde wohl im damaligen Arabien eine christliche Sekte gegeben haben, die derartige Lehren vertrat. So eine Gruppierung (die Kollydianerinnen) gab es auch tatsächlich, und vielleicht hat sie ja sogar die Vorlage für die Christentumskritik im Koran geliefert. An solchen Stellen lernen Muslime in der Tat, zwischen damaligen Gegnern und heutigen Gesprächspartnern zu unterscheiden.
Die Stereotypen sind also immer im Fluß gewesen, und natürlich haben Muslime hier noch ebenso viel zu tun wie wir anderen auch. Aber wir tun niemandem einen Gefallen, wenn wir das nicht sehen, sondern die Vorurteile der Allophoben in den jeweiligen Reihen bedienen.
Gruß
Matthias