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Normale Version: kerygmatischer Christus
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Nschotschi

Also, wir haben letztens (naja, is doch schon etwas länger her^^) den kerygmatischen Christus im Unterricht gehabt. Leider bin ich da nicht ganz durchgestiegen. Wie ich es verstanden habe ist das das, was die Menschen nachträglich in die historische Person Jesu "hineininterpretiert" haben.
Nur was genau wurde denn jetzt reininterpretiert? Ist etwa all das, was fundamental für meinen Glauben ist nur von irgendwelchen Leuten gekommen? Gab es denn einfach nur eine Person die Jesus hieß, da und dort hinlief und schließlich am Kreuz starb, aber nichts was darüber hinaus ging? Wurde alles andere nachträglich dazugedichtet?

Ich bin jetzt wirklich in einer Krise und kapiere eigentlich gar nichts mehr. Im Religionsunterricht muss ich immer wieder feststellen, dass SAchen, an die ich seit meiner Kindheit glaube eigentlich gar nicht so gemeint sind.

eine verwirrte und wissbegierige Schülerin
(10-05-2009, 16:06)Nschotschi schrieb: [ -> ]Also, wir haben letztens (naja, is doch schon etwas länger her^^) den kerygmatischen Christus im Unterricht gehabt. Leider bin ich da nicht ganz durchgestiegen. Wie ich es verstanden habe ist das das, was die Menschen nachträglich in die historische Person Jesu "hineininterpretiert" haben.

Hallo Nschotschi,

herzlich willkommen!


Kerygma (griech. Heroldsverkündung, Keryx = antiker Kultbote)

Dass der biblische Jesus wenig mit einer historisch greifbaren Person gemein hat, ist seit D. F. Strauß, jedenfalls aber seit A. Schweitzer und R. Bultmann Bestand der kritischen "Leben-Jesu-Forschung". Die moderne Theologie ist sich dieser Problematik bewusst, sie zeigt recht wenig Interesse am historischen Jesus. Eine Position, die nicht so neu ist, wie es den Anschein hat. Schon Paulus hat festgehalten, dass es nicht nötig ist, Christus nach dem Fleische zu kennen (2Kor 5,16). So ist also der "kerygmatische Christus", der historisch nicht zu hinterfragen ist, Gegenstand der Verkündigung vom Handeln Gottes in der Welt, dem Kerygma des NT, geworden.

MfG E.

Nschotschi

macht man es sich da nicht etwas zu einfach, in dem man einfach sagt das er nicht zu hinterfragen ist?
(10-05-2009, 18:12)Nschotschi schrieb: [ -> ]macht man es sich da nicht etwas zu einfach, in dem man einfach sagt das er nicht zu hinterfragen ist?

Du aber hast nach dem "kerygmatischen Christus" gefragt! Ich habe keine Meinung abgegeben, sondern die Frage beantwortet.

Im "Kerygma" von Kreuz und Auferstehung Christi wird nicht von einem historischen Ereignis berichtet, sondern die Botschaft vom Handeln Gottes verkündet.

Man kann, so wie es die Evangelikalen tun, alles für bare Münze nehmen, was in der Bibel steht. Von der Erschaffung des ersten Menschenpaares aus Lehm und einem Rippenstück, bis zur Jungfrauengeburt und anderen wunderlichen Dingen, die uns in den verschiedenen Berichten weisgemacht werden sollen. Nur wer begnadet kritikunfähig ist, wird damit zufriedenzustellen sein.

Wenn man das nicht will, muss man den historischen Jesus vom "kerygmatischen Christus" trennen.

Wer an die biblischen Geschichten historisch-kritisch herangeht, wird eine Menge an Ungereimtheiten vorfinden, die sich nicht nur in den Wundergeschichten erschöpfen. Ein mythologischer Christus ist von solchen Fragen unberührt.
Hallo Nschotschi,
ich möcht das, was Epicharm geschrieben hat ausdrücklich untertreichen. Ich denke, jene Glaubenskrise, von der Du schreibst, bleibt keinem Christen erspart.

(10-05-2009, 16:06)Nschotschi schrieb: [ -> ]... kerygmatischen Christus im Unterricht ...
... was genau wurde denn jetzt reininterpretiert? Ist etwa all das, was fundamental für meinen Glauben ist nur von irgendwelchen Leuten gekommen? Gab es denn einfach nur eine Person die Jesus hieß, da und dort hinlief und schließlich am Kreuz starb, aber nichts was darüber hinaus ging? Wurde alles andere nachträglich dazugedichtet?
Glaube ist die eigene Reaktion auf ziemlich alles, was wir im Laufe des Lebens als "Lebensregeln" oder "Werteordnung" kennen lernen, und was uns vorgelebt worden ist. Deshalb ist buchstäblich nichts jener Glaube, den die unmittelbaren Schüler des Rabbi Jesus in sich getragen haben mögen. Im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass der Glaube zu jener Zeit völlig anders war - viel mystischer, ganzheitlicher, unmittelbarer von Gott als einer persönlichen Beziehung ausgehend und weitgehend unbelastet vom Wissen um die objektiven Zusammenhänge der Welt.

Es sind also nicht "irgendwelche Leute, die irgendetwas erzählt haben", sondern Menschen, die jenen Glauben bezeugt haben, den wir im NT lesen.

Und wir wiederum reagieren darauf mit unserem eigenen Glauben, soweit wir Christen sind oder gerade dabei sind, zu werden. Dasselbe würde gelten, wenn wir dem Rabbi Jesus heute persönlich begegneten.

Sofern wir keine Historiker sind, sondern unser Thema der Glaube an die Verkündigung dieses "Meisters" (und Messias) wäre, dann würden wir auch vom Handeln Gottes in unserem Leben schreiben, und wir würden die Bedeutung des Meisters für uns und unsere Gemeinde beschreiben, kurz genau so, wie es im NT steht.