(24-07-2009, 10:52)Ekkard schrieb: [ -> ] (23-07-2009, 19:59)DureeTotale schrieb: [ -> ]Nun ja, da haben sich die Autoren der biblischen Schöpfungsgeschichte wohl ein wenig vertan, denn eigentlich muss es richtig heißen: "Und der Mensch schuf sich Gott nach seinem Bilde."
Duree Totale, wenn du Dinge nicht verstehst, dann kannst du fragen. Es ist einfach deine nihilistische und/oder materialistische Einstellung, die den Menschen qua Weltanschauung an die Spitze definiert. Klar, dann und nur dann kann man solche Aussagen machen. Nur diese Aussage ist eine Glaubensaussage, die für Andersdenkende vollkommen irrelevant ist.
Inwiefern ich den Menschen an welche "Spitze" definiere, müsstest du erst mal darlegen, nicht nur behaupten.
Natürlich ist mir sehr bekannt, dass es zu den zentralen Glaubenssätzen unserer christlichen Zeitgenossen gehört, das Übel der Welt dem angeblichen und natürlich verderblichen Drange des Menschen anzuhängen, "wie Gott" sein zu wollen bzw. sich für das Höchste/Bedeutendste Wesen der Welt zu halten, welche Attitüde darum natürlich jedem Atheisten per se angehängen muss...:icon_cheesygrin:
Dass dieses Selbstbild des Menschen sehr verbreitet ist, ist völlig unbestritten, dass es aber vor allem dasjenige von Nicht-Rechtgläubigen sein soll, ist eine Platitüde fern jeglicher Realität! Man sollte daher einmal untersuchen, welche Ursachen es hat. Zu diesem Zwecke zitiere ich hier einmal deine Interpretation der in Rede stehenden Schöpfungsgeschichte des Menschen:
(24-07-2009, 10:39)Ekkard schrieb: [ -> ]Zunächst einmal: Der genaue Text 1. Mose 1, 26-27 lautet (Lutherbibel 1912).
Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.
Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.
Der Berichterstatter war ja nicht dabei, als "Gott sprach" (Vergangenheitsform). Wovon wird hier also gesprochen?
Meine Antwort wäre: Vom Glauben, von der Stellung des Menschen, von seiner Fähigkeit, an der Schöpfung teilzunehmen (zu "schalten und walten", wie Buber&Rosenzweig den Text übertragen). In diesem Sinne hat Gott ein Geschöpf gemacht, das
1. über sich und seine Situation nachdenken kann
2. teilnimmt am Verlauf der Schöpfung, nachdem Gott den Anfang gemacht hatte.
3. sich vom Tierreich abhebt,
4. dabei aber das bleibt, was auch für die vorher aufgezählten Tiere gilt: männlich und weiblich.
Also, außer, dass der Mensch nun eben mal männlich und weiblich ist, hebt ihn alles andere vom Tierreich, mithin also von allem sonstig Lebendigen und der Welt als solcher ab. Er ist nicht ein Teil der Welt, sondern als etwas ganz Besonderes von Gott in diese hinein geschaffen worden, mit wichtigen Attributen, die ansonsten nur noch Gott zukommen, wie "über sich und seine Situation nachdenken können", "am Verlauf der Schöpfung teilnehmen können", "schalten und walten" können usw. Gott ist zwar natürlich die Spitze von allem, aber gleich danach kommt der Mensch. Und schließlich: Diejenigen Menschen, welche einen guten Draht zur Gott-Spitze haben, sind dann natürlich (wenigstens) die Gleicheren unter den Gleichen.
Es lässt sich wirklich keine nachhaltigere Kultivierung menschlicher Hybris gegen die ihn umgebende Welt denken als derartige Glaubenssätze, welche den Menschen, der um seine allseitige Beschränktheit sehr wohl weiß, als eine von allerhöchster Allmachts- und Schöpfungsstelle eingesetzte Stellvertreterinstanz predigen.
Die geistigen Auswirkungen solcher Anmaßung sind überall dort zu spüren, wo derartige Verkündigungen Teil der religiösen Kultur und damit der Kultur schlechthin sind, also z.B. im Einflussgebiet des semitischen Monotheismus (Judentum/Christentum/Islam), und zwar meist auch dann, wenn die betreffenden Menschen im eigentlichen Sinne gar nicht mehr gläubig sind.
Was immer du nun unter einer "materialistisch/nihilistischen Einstellung" subsummieren magst: Der naturalistische Zugang zur Welt, also einer, der sich bei seiner Interpretation der Welt allein auf das gründet, was dem Menschen an Erkennbarem nachweislich und repropduzierbar empirisch zugänglich ist, lässt für irgend welche Hybris des Menschen gegen andere Lebewesen im Besonderen bzw. gegen die ihn umgebende Welt im Allgemeinen auch nicht den kleinsten Spielraum, und zwar vor allem deshalb, weil völlig offen und unwiderlegbar zu Tage liegt, dass der Mensch nichts anderes als ein Teil dieser Welt ist...!
(24-07-2009, 10:52)Ekkard schrieb: [ -> ] (23-07-2009, 19:59)DureeTotale schrieb: [ -> ]Es ja doch ganz offensichtlich, dass alle wesentlichen Eigenschaften, welche Gott in der Bibel beigelegt werden, sofern sie irgend einen Bezug zur nachvollziehbaren Realität und einen verständlichen Inhalt haben, solche sind, die man vom Menschen kennt.
Mit welcher Berechtigung sprichst du deine Glaubenssätze, als seien sie allgemein gültig?
Ich behaupte mit dem gleichen Recht: Nein, Gott ist größer als alle unsere Vorstellungen. Einige mögen offenbar werden; der unendliche Rest ist uns unzugänglich.
Ich rede nur von jedermann nachprüfbaren Tatsachen. Man muss sich doch nur einmal anhören, wenn Gläubige von Gott reden. Da ist Gott z.B. eifersüchtig, liebend, auf Rache und Vergeltung aus, gerecht, barmherzig usw., die Liste ließe sich fast endlos fortsetzen: Alles Attribute, welche man Menschen beilegt, also - welch Überraschung - diejenigen, die dem Menschen "offenbar werden"...
Oder aber Gott ist allmächtig, allwissend, unzeitlich, ewig usw., auch diese Liste ließe sich fast endlos fortsetzen: Alles Attribute, welche vom Menschen mit keinem sinnvollen Inhalt versehen werden können. Das wären dann der "unendliche Rest", welcher dem Menschen "unzugänglich" ist, weil er "größer als alle unsere Vorstellung" ist...
Bei allem Respekt: Aber die von vorne bis hinten rein menschliche Herkunft solcher Konstrukte ist doch nun wirklich völlig unübersehbar!
(24-07-2009, 10:52)Ekkard schrieb: [ -> ]Deshalb scheint Gott die von dir plakatierten Eigenschaften zu haben. Tatsächlich ist aber vom Menschen und nicht von Gott die Rede.
Ganz genau das ist doch meine Rede...!