Religionsforum (Forum Religion)

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Gundi

Da diese These schon öfters von einigen Usern gebracht wurde und auch in der Philosophie nicht außen vor gelassen wird, würde ich gerne mal eure Meinung dazu hören und stelle daher folgende Frage als Kernidee in den Mittelpunkt:

Wäre die Welt besser ohne Religion?

Als einer der wichtigsten philosophischen Vetreter der Bejahung dieser Aussage gilt sicherlich Karl Marx. In seinen, zu einem Großteil auf den Ideen Feuerbachs aufbauenden, Schriften sieht er Religion ebenfalls als Projektion des Menschen.
Religion ist für ihn ein Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse und zeigt , alleine durch ihr Vorhandensein, das Elend der weltlichen Welt auf.

Das religiöse Elend ist zugleich Ausdruck und Protest gegen das wirkliche Elend.
"Religion als Opium des Volkes"

Richtet der Mensch sich gegen seine falschen religiösen Vorstellungen (Religion als verlorenes Selbstgefühl des Menschen) so richtet er sich damit auch gegen sein weltliches Elend, das ihn erst zu diesen Vorstellungen treibt: "Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks: Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf."
Ein Lossagen von der Religion würde also auch bedeuten einen besseren Zustand in der wirklichen Welt zu erreichen (welcher die Menschen nicht mehr zu Illusionen treibt).

Was meint ihr? Religion als Opium des Volkes?

Wäre schön wenn auch ein paar Gläubige ihre Meinung kundtun würden :shy:

Bin gespannt...

Der-Einsiedler

Die meisten Errungenschaften einer humanen, gerechten Gesellschaft wurden meines historischen Wissens nach GEGEN die Religionen (oder genauer: gegen ihre "Vertreter auf Erden") geschaffen. Und meines Wissens nach sind ein Grossteil der Kriege der letzten 2000 zumindest Kriege gewesen, bei denen "Religion" eine mehr oder wenig grosse Rolle (mit-)gespielt hat. Zumindest sollten diese Fragen bei "institutionalisierten Religionen" bei der Beantwortung dieser Fragen im Hinterkopf behalten werden.

YA-N
(25-04-2010, 00:51)Gundi schrieb: [ -> ]Wäre die Welt besser ohne Religion?

Nein. Die Menschen würden einfach einen neuen Vorwand erfinden, um all das zu tun, was im Namen der Religion getan wurde und wird. Im Guten wie im Schlechten.

Allerdings wäre es gut, wenn man die Religion ab und an der Zeit anpassen würde. Im Moment ist sie oft leider nur eine riesige Bremse, statt ein Licht im Dunkel, wie sie es gerne sein möchte.
Sehe ich auch so. Es wäre schön naiv zu sagen "Alles Schlechte kommt von den Religionen; wenn sie weg sind, geht's allen besser".

Das dicke Problem bei Religionen ist einfach dieser Anspruch auf eine allumfassende, letzte Wahrheit. Sobald jemand meint, im Besitz der Wahrheit zu sein, stuft er sich damit selbst in "göttliche" Höhen, glaubt nun, über alle, die noch nicht die Wahrheit erkannt haben, urteilen zu können.
Ein Außenstehender hat nur 2 Möglichkeiten: er schließt sich dem vermeintlichen Wissenden an, in allen Fragen. Er muss bedingungslos an alles glauben oder er wird dran glauben. Wenn er nämlich ablehnt (2. Option) kommt er im günstigsten Fall als "Sünder" oder "Unwissender" weg, in der Regel wird er aber eher bekehrt, nicht zu letzt mit dem Schwert.

Meinetwegen darf, wer will, gerne jeden Sonntag aufstehen um in ein Steinhaus zu gehen, dort einem alten Mann im Talar zuhören was er über die Welt zu sagen hat und anschließend glauben dass er den Leib eines vor 2000 Jahren verstorbenen Gottes isst.
Solange eben diese Denke ausbleibt, jeden als Sünder zu brandmarken der nicht den selben Regeln folgt.
Ich würde noch einen Schritt weitergehen. Ich stelle die Behauptung auf, dass Religion den menschlichen Fortschritt behindert.
Faktisch hat sie das natürlich getan. Aber ich denke auch das resultiert aus dem Glauben einer einzigen Wahrheit. Wer den Sinn des Lebens gefunden hat, braucht nicht mehr zu suchen. Fortschritt stopp!


Allein der Glaube an Transzendenz, gepaart mit wenigen Dogmen, muss den Fortschritt nicht unbedingt behindern. Sobald man aber eben davon ausgeht, eine jenseitige Wahrheit zu kennen, muss alles bekämpft werden, was daran Zweifel sät.
Religion hat auf jeden Fall etliche Jahrhunderte den Fortschritt blockiert, aber dass ist nicht unbedingt ein notwendiges Übel.

Mit Religion Light könnte man ganz gut leben. Das Problem ist nur dass diese liberale Religion Niemanden interessiert. Deshalb wird man entweder Agnostiker/Atheist oder Fundamentalist.
Und da ist für mich der Knackpunkt: ohne Religion gäb's keinen religiösen Fundamentalismus. Solange der nicht in den Griff zu kriegen ist stellt Religion ein Problem dar.
(25-04-2010, 12:00)humanist schrieb: [ -> ]Ich würde noch einen Schritt weitergehen. Ich stelle die Behauptung auf, dass Religion den menschlichen Fortschritt behindert.

Von welchem Glauben/Religion leitest du diesen Gedanken ab?
@ humanist: vielleicht sollte man präzisieren zwischen Glauben und Instituionen des Glaubens (vulgo Religionsgemeinschaften)
Ich schließe mich nidschkis Aussagen an. Hat er gut erläutert.

Als Beispiel kann man den Index der verbotenen Bücher der Kirche im Mittelalter nehmen (Index Librorum Prohibitorum, wenn ich mich nicht irre).

Galilei wurde in seiner Forschung eingeschränkt (geozentrisches Weltbild versus heliozentrisches Weltbild).
Leonardo da Vinci musste teilweise im Geheimen forschen (Stichwort Anatomie).

Und dann natürlich die Bibliothek von Alexandria in der Antike, die von fanatische Christen niedergebrannt wurde.

Schon Nietzsche hat gesagt, das Christentum habe die Wissenschaft bedindert.
Und schon sind es nicht mehr "Religionen", sondern das Christentum. Das ist ein Unterschied.
Es gibt friedliche und weniger friedliche.

Gundi

(25-04-2010, 11:02)Romero schrieb: [ -> ]
(25-04-2010, 00:51)Gundi schrieb: [ -> ]Wäre die Welt besser ohne Religion?

Nein. Die Menschen würden einfach einen neuen Vorwand erfinden, um all das zu tun, was im Namen der Religion getan wurde und wird. Im Guten wie im Schlechten.

Über diesen Punkt sind wir uns, so denke ich, wohl einig.
Wie findet ihr Marx seine Denkweise, dass Religion zugleich Zuflucht ist vor dem Elend der realen Welt und es eine Welt ohne Religion nur dann geben kann, wenn gleichzeitig die unsere Welt gerechter und besser wird?
In welchem Maße ist Religion eurer Meinung nach an gesellschaftliche Verhältnisse gekoppelt?

Gundi

(25-04-2010, 12:00)humanist schrieb: [ -> ]Ich würde noch einen Schritt weitergehen. Ich stelle die Behauptung auf, dass Religion den menschlichen Fortschritt behindert.

Meinst du nur den technischen/naturwissenschaftlichen Fortschritt oder auch andere Arten (z.B. moralischen oder künstlerischen)?
(25-04-2010, 20:22)Gundi schrieb: [ -> ]Über diesen Punkt sind wir uns, so denke ich, wohl einig.
Wie findet ihr Marx seine Denkweise, dass Religion zugleich Zuflucht ist vor dem Elend der realen Welt und es eine Welt ohne Religion nur dann geben kann, wenn gleichzeitig die unsere Welt gerechter und besser wird?
In welchem Maße ist Religion eurer Meinung nach an gesellschaftliche Verhältnisse gekoppelt?

Sehr stark. Siehe hier:
http://religionsforum.de/showthread.php?tid=4156
(25-04-2010, 20:24)Gundi schrieb: [ -> ]
(25-04-2010, 12:00)humanist schrieb: [ -> ]Ich würde noch einen Schritt weitergehen. Ich stelle die Behauptung auf, dass Religion den menschlichen Fortschritt behindert.

Meinst du nur den technischen/naturwissenschaftlichen Fortschritt oder auch andere Arten (z.B. moralischen oder künstlerischen)?

Moralisch auf jeden Fall, da Religionen meist in alter Starre verharren.
Bezogen auf Kunst schwer zu sagen.
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