Religionsforum (Forum Religion)

Normale Version: Methoden der Geisteswissenschaften
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.

Syncro

Hallo liebe Community,

ich muss ein Referat über das Thema "Methoden der Geisteswissenschaften" halten. Mein Lehrer meinte dabei, das ich dabei die Hermeneutik, die historisch-kritische Methode, sowie die Phänomenologie als Methoden erläutern soll.
Habe mein Referat wiefolgt aufgebaut:
1.Definiton über Geisteswissenschaften(GW)
2.Geschichte und Bedeutung heute der GW
3.Vergleich zu Naturwissenschaften
erwähne hier den Gegensatz "Verstehen und Erklären"
habt ihr noch weitere Gegensätze, Unterschiede?

4.Methoden
Dabei ergaben sich bei mir dann folgende Fragen:
Prinzipiell kann man doch die Hermeneutik gar nicht von der historisch-kritischen Methode und der Phänomenologie trennen, da sie ja die Grundlage jeder Geisteswissenschaft ist(hermeneutischer Zirkel)?! Laut der Aussagen meines Lehrers habe ich gedacht, dass diese Methoden unabhänig voneinander wären.
Im Internet steht auch das Hermeneutik nicht gleichzusetzen mit Exegese ist, da die Hermeneutik nur die Grammatik für die Sprache ist. Wie kann ich das verstehen?
Was sind weitere Grundelemente der Hermeneutik? Habe hier nur den hermeneutischen Zirkel.
Meine letzte Frage ist nun, wie man die historisch-kritische Methode und die Phänomenologie erläutern kann, als "eigenständige" Methode der GW?

Ich weiß, dass das viele Fragen sind. Aber das Thema ist doch schon sehr komplex.
Vielen Dank schonmal im voraus.

MfG
Vielleicht helfen Dir ein paar Anmerkungen zu Deinen Fragen, die hier kaum erschöpfend behandelt werden können, weiter:

Syncro schrieb:1.Definiton über Geisteswissenschaften(GW)

"Geisteswissenschaften" ist eine spezifisch deutsche Sammelbezeichnung für historisch-philologische Disziplinen, heute sind auch Sozialwissenschaften (Kulturwissenschaft, Kulturantrhopologie, etc.) eingeschlossen.

Zum philosophischen Begriff wurden "die Geisteswissenschaften" durch W. Dilthey, der 1883 mit seiner "Einleitung in die Geisteswissenschaften" den Versuch unternahm, dem Begriff Inhalt und Gestalt zu geben.


Syncro schrieb:2.Geschichte und Bedeutung heute der GW

Geschichte als (Geistes-)Wissenschaft findet genau genommen erst ab dem 18. Jh statt. Wer am Anfang der modernen Geschichtswissenschaft gestanden hat, darüber lässt sich streiten. Wenn man einen Namen nennen will, bietet sich dafür Leopold von Ranke an. Auch Schiller und Herder können in diesem Zusammenhang genannt werden (Kulturbegriff, Geschichte als Kulturwissenschaft).

Verfachlichung der Geschichtswissenschaft ab etwa 1750. Reinhard Kosellek führte dazu den Begriff der Sattelzeit (etwa 1750-1850) ein. Herausbildung der historischen Hilfswissenschaften (Chronologie, hist. Geographie, Numismatik, Heraldik, etc.).

Für alles, was an von der Antike an bis in die frühe Neuzeit "Historiker" genannt wird, wäre die Bezeichnung "Historiograph" zutreffender.

Was ist zur Bedeutung der Geschichtswissenschaft zu sagen?

Sich mit Geschichte zu beschäftigen, ist ein Versuch, die Welt besser verstehen zu lernen!

Aber Vorsicht: Dinge zu verstehen, heißt nicht, für das, was geschehen ist, Verständnis aufzubringen. Geschichtliches Wissen klärt auf, macht uns aber nicht zu aufgeklärten Menschen! Die Beschäftigung mit Geschichte bringt Wissen hervor, schafft aber keine Werte.

Syncro schrieb:3.Vergleich zu Naturwissenschaften
erwähne hier den Gegensatz "Verstehen und Erklären"
habt ihr noch weitere Gegensätze, Unterschiede?

Am Beginn der modernen Geschichtswissenschaft hieß es:

Verstehen kann man Geschichte nur, wenn man gesetzmäßige Verläufe annimmt und seinem historischen Denken zugrunde legt. Davon waren die meisten Historiker des 18. u. 19. Jhs überzeugt. Ranke und Zeitgenossen gingen davon aus, dass Geschichte gesetzmäßig verläuft. Solches Denken ist auch noch bei Max Weber vorzufinden, der bei seinem "Entwurf einer historischen Methodik" die Vorstellung von historischen Gesetzmäßigkeiten zur Erklärung historischer Zustände heranzieht.

Die Geschichtswissenschaft wurde vor allem als philosophische Disziplin gesehen. Lehrstühle für (Universal-)Geschichte waren für die Lehrenden oft nur eine Durchgangsstation zu den sogenannten "großen Fächern" wie Theologie, Rechtswissenschaften und Philosophie.

Geschichtsphilosophie zielte auf die Erklärung der gesamten Weltgeschichte ab. Sie erlebte zwischen 1750 – 1850 ihre Blütezeit.

Heute wird Geschichtswissenschaft in anderer Form wahrgenommen.

Geschichte ist nicht ein Ablauf gesetzmäßig bestimmter Prozesse, sondern: Geschichte findet statt. Die Abläufe kann man beschreiben, bewerten, Ursachen suchen, finden und untersuchen.

Gesetzmäßigkeiten in historischen Abläufen sucht und beschreibt heute niemand mehr.

"Naturwissenschaften" ist der Oberbegriff für jene Wissenschaften, die sich unter Berücksichtigung empirischer Methoden mit der Erforschung der Natur, ihren Gesetzen und den Voraussetzungen für ihre technischen Anwendungen beschäftigen.

'Syncro schrieb:4.Methoden
Dabei ergaben sich bei mir dann folgende Fragen:
Prinzipiell kann man doch die Hermeneutik gar nicht von der historisch-kritischen Methode und der Phänomenologie trennen, da sie ja die Grundlage jeder Geisteswissenschaft ist(hermeneutischer Zirkel)?! Laut der Aussagen meines Lehrers habe ich gedacht, dass diese Methoden unabhänig voneinander wären.
Im Internet steht auch das Hermeneutik nicht gleichzusetzen mit Exegese ist, da die Hermeneutik nur die Grammatik für die Sprache ist. Wie kann ich das verstehen?
Was sind weitere Grundelemente der Hermeneutik? Habe hier nur den hermeneutischen Zirkel.
Meine letzte Frage ist nun, wie man die historisch-kritische Methode und die Phänomenologie erläutern kann, als "eigenständige" Methode der GW?

Ich weiß, dass das viele Fragen sind. Aber das Thema ist doch schon sehr komplex.

Hermeneutik ist die Kunst (und die Lehre) vom Verstehen.

Hermeneutik setzt die Differenz von Eigenem und Anderem voraus. Die Aufgabe der Hermeneutik besteht grundsätzlich, den Sinngehalt des Fremden in das eigene Verständnis zu übertragen.

Wenn man heute von Hermeneutik spricht, ist die Lehre vom Verstehen "als Methodik der Geisteswissenschaften" (Emilio Betti) und der Interpretation gemeint.

Was ist unter historisch-kritisch zu verstehen?

Die historisch-kritische Bearbeitung eines (geschichtlichen) Sachverhalts hat vorerst einmal mit der vollständigen Erfassung des Quellenbestandes zu beginnen.

Die Beurteilung ist "historisch", wenn möglichst alle erhaltenen Überreste (Sach- und Textbestände), so wie sie auf uns gekommenen sind, begutachtet, verglichen und bewertet werden, sie ist "kritisch", wenn versucht wird, Fehler in der Chronologie, sonstige historische Ungenauigkeiten, kulturgeschichtliche Ungereimtheiten, etc. festzustellen und zu beschreiben.