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Normale Version: Glaubensinhalt bzw. Glaubenslehre
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agnostik

Was ist denn heute noch der Glaubensinhalt/die Glaubenslehre der evangelischen Kirchen in Deutschland?

Seit meiner Konfirmation hat sich da ja einiges geändert.

Was ist z. B. noch Lehrmeinung aus dem Glaubensbekenntnis?

Bei der Erarbeitung des ökumenischen Textes war es nicht möglich, zu einer gemeinsamen Übersetzung des Adjektivs catholica zu gelangen. Dies wurde auch von evangelischer Seite kritisiert.

Die ökumenische Übersetzung ist auch als Ganzes in die Kritik geraten, da in dieser Textfassung zentrale Lehraussagen der Kirche, wie die Höllenfahrt Christi sprachlich vermieden werden und sie daher „nicht frei von sinnverändernden Übersetzungsfehlern“ sei.

Einige Aussagen, die dem historisch-kritischen Denken zuwiderlaufen, sind ebenfalls in die Kritik geraten (z. B. Jungfrauengeburt).


Mich interessiert da besonders der Teil mit dem historisch-kritischen Denken.

Auch die Frage, ob es noch Lehrmeinung ist, dass

- Jesus der einzige Sohn Gottes ist
- dass er für unsere Sünden gestorben ist - also um uns vor Bestrafung zu retten. Wenn ja - ist diese Bestrafung (egal wie sie aussehen mag) ewig oder temporär ?

- Wenn ja - stimmt noch die Aussage Luthers: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerettet werde ohne des Gesetes Werke, allein durch den Glauben.
Glaubensbekenntnis: In anderen Ländern bleibt es bei dem latein-abgeleiteten Wort catholica = allgemein. Nur in Deutschland heißt es an dieser Stelle "christlich", weil halt in D "katholisch" = römisch katholisch gedacht wird.

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Die ökumenische Übersetzung ist auch als Ganzes in die Kritik geraten, da in dieser Textfassung zentrale Lehraussagen der Kirche, wie die Höllenfahrt Christi sprachlich vermieden werden und sie daher „nicht frei von sinnverändernden Übersetzungsfehlern“ sei.
Ansonsten gibt es m. W. keine Kritik. "hinab gestiegen in das Reich des Todes", ist genauso korrekt übersetzt wie "hinabgestiegen zur Hölle". Letzteres wird aber in der dt. Sprache falsch interpretiert.

Jungfrauengeburt: Mir ist nicht bekannt, dass es da eine verbindliche, protestantische Haltung gibt. Speziell im Rheinland wird das symbolisch betrachtet, also als besondere Verehrungsform der Mutter Jesu. Die jüdische Tradition kennt den Titel der "Jungfrau" für die Mutter des soeben gekrönten Pharao. Vermutlich kommt daher diese Art der Verehrungsform.

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Auch die Frage, ob es noch Lehrmeinung ist, dass

- Jesus der einzige Sohn Gottes ist
Das kommt darauf an, was gemeint ist. Die rheinische Haltung ist der jüdischen weitgehend angepasst. Rabbi Jesus ist so von der Gottesvorstellung durchdrungen, dass beide gewissermaßen synonym verwendet werden. Der verkündete Jesus ist die oberste Leitung unserer Kirche.

Etwas Anderes ist die Frage, ob Jesus Geschwister hatte. Das ist m.W. biblisch belegt, ohne dass ich jetzt sagen könnte, wo.

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- dass er für unsere Sünden gestorben ist - also um uns vor Bestrafung zu retten. Wenn ja - ist diese Bestrafung (egal wie sie aussehen mag) ewig oder temporär?
Die so genannte Sühnopfervorstellung wird an die jüdischen Opfervorstellungen angepasst. Danach ist zu unterscheiden (engl.) "victim" und "sacrifice". Jesus ist "victim" römischer Verwaltung, sei es mit oder ohne Zutun der jüdischen Obrigkeit. Das "sacrifice" ist aber eine Heiligung seiner ganzen Verkündigung, sein ganzes Leben, nicht nur seine Hinrichtung und der Weg dahin („victim“).

Was die „Bestrafung“ angeht, gibt es natürlich die evangelikale Haltung, dass nicht vergebene Sünden zu ewiger Verdammnis führen. Auf der anderen Seite wird in der Rheinischen Kirche jede Angst machende Theologie abgelehnt. Daher gilt eine Erlösung von aller irdischer Schuld und damit Gottferne im Endgericht als sicher, auch wenn dies dem Gedanken einer ausgleichenden Gerechtigkeit widerspricht. Insofern nehmen wir die christliche Idee ernst, dass nicht nur der Mensch seinen Mitmenschen lieben soll, sondern dass Gott dies auch aus Barmherzigkeit tut.

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- Wenn ja - stimmt noch die Aussage Luthers: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerettet werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.
Ich wüsste nicht, warum nicht. Der „Glaube“ ersetzt als Letztinstanz jedes Regelwerk. Das ist ja selbst atheistischer Konsens, dass es nicht reicht, Gesetze und Regeln strikt und stur anzuwenden und einzuhalten, sondern der Achtung, Solidarität und allgemeinen Gerechtigkeit dem Mitmenschen gegenüber unterzuordnen. Und genau das meint: Glaube (i. S. des Apostels Paulus und in Folge Luthers)

Das war’s erst mal ohne längeres Quellenstudium. Das das alles nicht so einfach ist, wie ich es nunmehr dargestellt habe, sei zugegeben. Für spezielle Fragen, muss ich bei anderen Leuten nachfragen oder –lesen.

agnostik

Ist das oben zitierte jetzt die allgemeine Lehrmeinung der EKD oder ist es spezifisch die der EKR?

Ist es das, was die angehenden Pfarrer an den Unis (generell) beim Studium der Theologie lernen?

Polski

Wenn ich die ev. Kirche in Berlin sehe, dann habe ich manchmal das Gefühl, das die an gar nichts mehr glauben was ursprünglich mal mit evangelisch assoziert wurde....
(06-11-2010, 00:37)Polski schrieb: [ -> ]Wenn ich die ev. Kirche in Berlin sehe, dann habe ich manchmal das Gefühl, das die an gar nichts mehr glauben was ursprünglich mal mit evangelisch assoziert wurde....

und letzteres wäre?

als gewesener diaspora-evangele finde ich es immer interessant, von eingefleischten katholen zu hören, was evangelisch sei

agnostik

(06-11-2010, 09:53)petronius schrieb: [ -> ]als gewesener diaspora-evangele finde ich es immer interessant, von eingefleischten katholen zu hören, was evangelisch sei

Nun, von dem, was ich im Religionsunterricht in der Schule und 2 Jahren Katchumenen- und Konfirmandenunterricht vor 60 Jahren gelernt habe, ist das, was Ekkard oben geschrieben hat, auch sehr weit entfernt.

Ich nehme mal an, dass es auch nicht den jetzigen Lehrinhalten der protestantischen Kirchen außerhalb von Deutschland entspricht.

Es scheint sich da - weitgehend unbemerkt - eine neue protestantische Konfession entwickelt zu haben.

agnostik

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Glaubensbekenntnis: In anderen Ländern bleibt es bei dem latein-abgeleiteten Wort catholica = allgemein. Nur in Deutschland heißt es an dieser Stelle "christlich", weil halt in D "katholisch" = römisch katholisch gedacht wird.

Ja, das ist klar


(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Die ökumenische Übersetzung ist auch als Ganzes in die Kritik geraten, da in dieser Textfassung zentrale Lehraussagen der Kirche, wie die Höllenfahrt Christi sprachlich vermieden werden und sie daher „nicht frei von sinnverändernden Übersetzungsfehlern“ sei.

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Ansonsten gibt es m. W. keine Kritik. "hinab gestiegen in das Reich des Todes", ist genauso korrekt übersetzt wie "hinabgestiegen zur Hölle". Letzteres wird aber in der dt. Sprache falsch interpretiert.

In den anderen Sprachen aber auch!

Interessanterweise heißt es jedoch in dem wohl älteren "altrömischen Glaubensbekenntnis" Das Altrömische Glaubensbekenntnis (Romanum) ist eines der ersten überlieferten Bekenntnisse im Christentum, aus dem sich später das Apostolische Glaubensbekenntnis entwickelte. Ursprünglich griechisch verfasst, wurde es von Rufinus von Aquileia ins Lateinische übertragen am dritten Tag auferstand von den Toten,

Ist auch eher nachvollziehbar, sollte es selbst für Leute sein, die an die Hölle glauben. Dahin kommt man ja nicht auf jeden Fall mal erst - also warum sollte gerade Jesus dahin niedergefahren sein? :bduh:

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Jungfrauengeburt: Mir ist nicht bekannt, dass es da eine verbindliche, protestantische Haltung gibt. Speziell im Rheinland wird das symbolisch betrachtet, also als besondere Verehrungsform der Mutter Jesu. Die jüdische Tradition kennt den Titel der "Jungfrau" für die Mutter des soeben gekrönten Pharao. Vermutlich kommt daher diese Art der Verehrungsform.
Nun ja - wenn sie vom Heiligen Geist geschwängert wurde, war sie bei der Geburt wohl noch Jungfrau auch im gängigen Sinn. Und die Empängnis durch den Heiligen Geist bleibt ja auch in der ökumenischen Fassung bestehen.

Ich verstehe nicht, dass dieser Aspekt so wenig im Mittelpunkt der Diskussionen steht, gerade in den Diskussionen mit den Moslems. Es kann doch eigentlich von ihrer Seite nichts dagegen sprechen, dass Gott durch seinen Geist in Marias Gebärmiutter einen embryo geschaffen hat, der sich dann auf natürliche Weise weiter entwickelte. Das wäre ja keine Zeugung im landläufigen Sinne und würde die Besonderheit Jesu, die ja auch von den Moslems anerkannt wird, erklären.

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Auch die Frage, ob es noch Lehrmeinung ist, dass

- Jesus der einzige Sohn Gottes ist

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Das kommt darauf an, was gemeint ist. Die rheinische Haltung ist der jüdischen weitgehend angepasst. Rabbi Jesus ist so von der Gottesvorstellung durchdrungen, dass beide gewissermaßen synonym verwendet werden. Der verkündete Jesus ist die oberste Leitung unserer Kirche.

Das von mir fett markierte verstehe ich nicht.

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Etwas Anderes ist die Frage, ob Jesus Geschwister hatte. Das ist m.W. biblisch belegt, ohne dass ich jetzt sagen könnte, wo.

Das finde ich auch in jedem Zusammenhang unwichtig - solange es jüngere waren Icon_smile


(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- dass er für unsere Sünden gestorben ist - also um uns vor Bestrafung zu retten. Wenn ja - ist diese Bestrafung (egal wie sie aussehen mag) ewig oder temporär?[/quote

[quote='Ekkard' pid='95710' dateline='1288984624']
]Die so genannte Sühnopfervorstellung wird an die jüdischen Opfervorstellungen angepasst. Danach ist zu unterscheiden (engl.) "victim" und "sacrifice". Jesus ist "victim" römischer Verwaltung, sei es mit oder ohne Zutun der jüdischen Obrigkeit. Das "sacrifice" ist aber eine Heiligung seiner ganzen Verkündigung, sein ganzes Leben, nicht nur seine Hinrichtung und der Weg dahin („victim“).

Na gut - aber das beantwortet die Frage nicht.

War das "sacrifice" - ob Leben und Tod oder nur Tod - notwendig dafür, dass wir von unseren Sünden erlöst werden - in welcher Weise auch immer?

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Was die „Bestrafung“ angeht, gibt es natürlich die evangelikale Haltung, dass nicht vergebene Sünden zu ewiger Verdammnis führen. Auf der anderen Seite wird in der Rheinischen Kirche jede Angst machende Theologie abgelehnt. Daher gilt eine Erlösung von aller irdischer Schuld und damit Gottferne im Endgericht als sicher, auch wenn dies dem Gedanken einer ausgleichenden Gerechtigkeit widerspricht.

Dazu dieselbe Frage: Wäre das auch so, wenn Jesus nicht gelebt hätte/gestorben wäre?

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Insofern nehmen wir die christliche Idee ernst, dass nicht nur der Mensch seinen Mitmenschen lieben soll, sondern dass Gott dies auch aus Barmherzigkeit tut.

Dann wäre also ein sacrifice gleich welcher Art nicht nötig gewesen?

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- Wenn ja - stimmt noch die Aussage Luthers: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerettet werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Ich wüsste nicht, warum nicht. Der „Glaube“ ersetzt als Letztinstanz jedes Regelwerk. Das ist ja selbst atheistischer Konsens, dass es nicht reicht, Gesetze und Regeln strikt und stur anzuwenden und einzuhalten, sondern der Achtung, Solidarität und allgemeinen Gerechtigkeit dem Mitmenschen gegenüber unterzuordnen.

Das, was Du oben aufführst, sind aber auch "Gesetze"

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Und genau das meint: Glaube (i. S. des Apostels Paulus und in Folge Luthers)

Über Paulus kann ich da nichts sagen - den kenne ich eigentlich eher nur vom weghören Icon_lol

Aber bei Luther bestimmt nicht. Woraus schließt ihr das?

Die eigentliche Frage ist jedoch: wird er auch ohne Glauben gerettet? Egal, was er angestellt hat?

(05-11-2010, 21:17)Ekkard schrieb: [ -> ]Das war’s erst mal ohne längeres Quellenstudium. Das das alles nicht so einfach ist, wie ich es nunmehr dargestellt habe, sei zugegeben. Für spezielle Fragen, muss ich bei anderen Leuten nachfragen oder -lesen

Übrigens: das sind ernsthafte Frage - nicht in Fragen gekleidete Gegenargumente Icon_smile

Karla

(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Einige Aussagen, die dem historisch-kritischen Denken zuwiderlaufen, sind ebenfalls in die Kritik geraten (z. B. Jungfrauengeburt). [/i]

Mich interessiert da besonders der Teil mit dem historisch-kritischen Denken.


Ich habe den Eindruck - korrigiere mich, wenn es nicht stimmt -, dass Du "Lehrmeinung" mit historisch-kritischer Forschung verwechselst.

Die historisch-kritische Forschung ist eine wissenschaftliche Methode, die es auch außerhalb der Religonswissenschaft gibt; mit ihr werden generell historische Texte untersucht.

"Lehrmeinungen" können daraus nicht entstehen, denn die wissenschaftliche Methodik ist von ihrem Selbstverständnis her ergebnisoffen.

"Die Jungfrauengeburt" kann also nur insofern Gegenstand wissenschaftlicher Textanalyse sein, als in den - teilweise divergierenden - Texten zum Beispiel versucht wird zu rekonstruieren, wie dieser Begriff in der damaligen Zeit gemeint war, wie er im Original verwendet wird etc. Und ob er da überhaupt vorkommt.


Wonach Du fragst, sind Lehrmeinungen der Kirche.
Studieren tun aber die angehenden Theologen an der Universität.
Das gilt es auseinanderzuhalten.

Feste Lehrmeinungen gibt es meines Erachtens in der evangelischen Kirche nicht.
Es ist dem Pfarrer also weder verboten, Ergebnisse historisch-kritischer Methodik zu verwerfen noch sie für überzeugend zu halten.
Und diese ganze Bandbreite finden wir in dem Gesamt der Kirchen, die sich auf die Reformation beziehen.


(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]Auch die Frage, ob es noch Lehrmeinung ist, dass

- Jesus der einzige Sohn Gottes ist


Hier würde die historisch-kritische Forschung als erstes untersuchen, wie "Sohn Gottes" in den Originaltexten - also innerhalb des damaligen kulturell-jüdischen Denkens - gemeint war.

Und es würde überprüft werden, ob Paulus da anders dachte als die Evangelisten, ob Johannes anders dachte als die übrigen Evangelisten etc.
Und so wird in der Tat dargelegt, welche "Theologie" die einzelnen Evangelisten jeweils vertreten.

Was die Pastoren anbelangt, so geben sie ebenfalls verschiedene Antworten auf die obere Frage. "Lehrmeinungen" gibt es auch hier nicht. Die einen sagen - und kommen damit vermutlich dem ursprünglich jüdischen Verständnis am nächsten - dass "wir alle" Söhne (und Töchter) Gottes sind.

Die anderen betonen mehr, dass Gott nur als Mensch Gott sein kann, und andere betonen wieder anderes.


(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- dass er für unsere Sünden gestorben ist - also um uns vor Bestrafung zu retten. Wenn ja - ist diese Bestrafung (egal wie sie aussehen mag) ewig oder temporär ?


Hier gilt Analoges. Es ist überhaupt erst einmal zu untersuchen, was genau die verschiedenen biblischen Bücher darüber aussagen, wie es damals verstanden wurde.
Das betrifft vor allem das "Buch der Offenbarung", dem viele Höllenvisionen entnommen wurden und vermutlich damals in ganz anderem Sinne verstanden wurde.

Pastoren/Pfarrer der Evangelischen Kirche haben alle ein Theologiestudium an der Universität durchlaufen und sind mit sämtlichen - natürlich stets vorläufigen - Resultaten auch der historisch-kritischen Forschung konfrontiert worden.

Dass sie diese später im Berufsstand gänzlich ablehnen und zu einer wörtlichen Lesart zurückkehren, halte ich für unwahrscheinlich - zumal sie ja nun Griechisch und Hebräisch können und nicht mehr naiv die Lutherübersetzungen wörtlich nehmen können.
Eher würden sie dann wohl die Kirche verlassen und sich Gemeinden anschließen, die die Verbalinspiration der Bibel behaupten.

Gerade über die Opfertheorie gibt es zahlreiche und verschiedene Ansichten. Das wurde früher in diesem Forum hier auch schon extensiv diskutiert; aber die damaligen Beträge sind bei einem Forumcrash unlesbar geworden, leider.
Aber beide Ansichten werden in den Kirchen vertreten.


(05-11-2010, 15:13)agnostik schrieb: [ -> ]- Wenn ja - stimmt noch die Aussage Luthers: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerettet werde ohne des Gesetes Werke, allein durch den Glauben.


Wenn man nachweisen kann, dass Luther das gesagt oder geschrieben hat, dann stimmt die Aussage (noch). Icon_smile

Ob Luther Recht gehabt hat damit oder nicht, war, vermute ich, schon immer kein Dogma, sondern eben seine Meinung.
Die von Dir aufgeworfene Frage - allein durch den Glauben oder nicht - ist eine seit Jahrzehnten, vielleicht seit Jahrhunderten diskutierte Frage. Der eine Pfarrer sagt so, der andere so.

Wichtig ist hier auch, dass man Luthers "allein durch den Glauben" auch in seinem eigenen Kontext betrachtet. Der Spruch wird meist ganz anders benutzt als Luther das meinte.
Auch hier gilt die historisch-kritische Methode: nichts aus dem Zusammenhang reißen.

agnostik

Es scheint also so zu sein, dass heute die Aussage: "ich bin evangelisch" nur noch bedeutet, dass man Mitglied der EKD ist. Über den Glaubensinhalt sagt es nichts aus.

Nur - ich denke, irgendetwas muss den Kindern im Religions- und Konfirmandenunterricht doch gelehrt werden.

Mit diesen Inhalten würde ich mich schon zufrieden geben - oder ist auch da der Brauch, das was der Lehrer/der Pfarrer selbst meint, als evangelischen Glauben zu lehren?

alwin

Ob Jesus Geschwister hatte (was anzunehmen ist), ist für eine Glaubensaussage bzgl. seiner Lehre völlig unwichtig. Oder welche Fragen sollten sich da ergeben?

Gruß

Karla

Die evangelische Kirche ist als Abspaltung der römischen Kirche entstanden. Das bedeutete vor allem: was die Kirchen als Dogmen festsetzen, ist für den einzelnen Gläubigen nicht gültig.

Und ich wüsste nicht, dass das nicht noch immer gilt.

Was seit damals sonst noch geschah - immerhin ist es über 500 Jahre her - steht auf einem Sonderblatt.

Auch die katholischen Theologen stehen in der Regel auf dem Boden der historisch-kritischen Forschung.
Das, was sie glauben, ist davon unbetroffen.


(06-11-2010, 17:40)agnostik schrieb: [ -> ]Es scheint also so zu sein, dass heute die Aussage: "ich bin evangelisch" nur noch bedeutet, dass man Mitglied der EKD ist. Über den Glaubensinhalt sagt es nichts aus.


Es ist zu hoffen, dass erst die Religionen, dann eventuell alle Menschen, die existentielle Fragen haben, nach und nach verstehen, dass die Fragen ähnlich sind, die Antworten nur verschieden ausgedrückt werden.


(06-11-2010, 17:40)agnostik schrieb: [ -> ]Nur - ich denke, irgendetwas muss den Kindern im Religions- und Konfirmandenunterricht doch gelehrt werden.


Darauf kann ich nichts Konkretes antworten.
Ich kenne nur einige junge Leute, die nicht religiös erzogen wurden, aber nach dem Konfirmandenunterricht den "Glauben" interssant fanden. Offenbar hat man ihnen etwas gesagt, was sie ergriffen hat. Und ich vermute, dass waren keine Glaubensdormen.


(06-11-2010, 17:40)agnostik schrieb: [ -> ]Mit diesen Inhalten würde ich mich schon zufrieden geben - oder ist auch da der Brauch, das was der Lehrer/der Pfarrer selbst meint, als evangelischen Glauben zu lehren?


Was meinst Du mit "auch da"? Wo hast Du das beobachtet, dass ein Pfarrer seinen eigenen Glauben als den evangelischen Glauben ausgibt? Mir ist das nie begegnet.

Karla

(06-11-2010, 17:53)alwin schrieb: [ -> ]Ob Jesus Geschwister hatte (was anzunehmen ist), ist für eine Glaubensaussage bzgl. seiner Lehre völlig unwichtig. Oder welche Fragen sollten sich da ergeben?

Für viele ist das aber eine brennende Frage. Jedenfalls dann, wenn Maria mehrere Kinder hatte. Sie kann dann keine Jungfrau gewesen sein.
(06-11-2010, 17:40)agnostik schrieb: [ -> ]Es scheint also so zu sein, dass heute die Aussage: "ich bin evangelisch" nur noch bedeutet, dass man Mitglied der EKD ist. Über den Glaubensinhalt sagt es nichts aus.
Dies ist insofern richtig, als es genügt, getauft zu sein und einer evangelischen Kirche (mit deren Bekenntnisstand) anzugehören, die nicht einmal der Dachorganisation "EKD" angehören muss. Freikirchen gehören ebenfalls dazu.

(06-11-2010, 17:40)agnostik schrieb: [ -> ]Nur - ich denke, irgendetwas muss den Kindern im Religions- und Konfirmandenunterricht doch gelehrt werden.
Aber sicher doch! Dazu gibt es umfangreiches Material, das für Pfarrer und Religionspädagogen zur Verfügung steht. (Punktuelle) Bibelkenntnis, Glaubenswege, Sozialkompetenz (Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Bewahrung der Schöpfung, nachhaltiges Wirtschaften, eine-Welt-Bewegung und viele weitere Themen), Gespräch und Gesprächsführung, Bekenntnisstand der eigenen Gemeinde, kurze Geschichte der Reformation und deren Grundforderungen.

Die hier angeschnittenen Fragen nach dem Sühnopfer und der Erlösung kommen im Grunde als "theologischer Überbau" erst nachrangig vor. Erlösung ist im Grunde Leben der Nächstenliebe (s. Themenbeispiele).

alwin

Karla schrieb:Jedenfalls dann, wenn Maria mehrere Kinder hatte. Sie kann dann keine Jungfrau gewesen sein.
"Jungfrau" ist eine Ableitung aus "junger Frau". Die heutige damit verbundene Interpretation vom biologischen her stand da ursprünglich nicht zur Diskussion, sondern ist aus einem Wahnsinnsgehabe der Nachzeit hinein gekommen.In die gleiche Diskussion geht die Interpretation der unbefleckten Empfängnis, um die Frage gleich vorweg zu nehmen. Auch hineininterpretiert aus dem Gedanken oder dem Empfinden heraus, daß Sexualität eine Gier oder reine Begierde des Menschen sei. Und der ganze Mist ist, wie soll es auch anders sein, in den Kopfen von Männern gewachsen, die mit dem ganzen Kapitel wohl Probleme hatten... War wohl für die Zeit aber normal.

Gruß

Karla

Ich kann mich nur wiederholen, alwin:


(06-11-2010, 18:09)Karla schrieb: [ -> ]
(06-11-2010, 17:53)alwin schrieb: [ -> ]Ob Jesus Geschwister hatte (was anzunehmen ist), ist für eine Glaubensaussage bzgl. seiner Lehre völlig unwichtig. Oder welche Fragen sollten sich da ergeben?

Für viele ist das aber eine brennende Frage. Jedenfalls dann, wenn Maria mehrere Kinder hatte. Sie kann dann keine Jungfrau gewesen sein.


Dass es für seine Lehre "völlig unwichtig" ist, ist Deine Sicht. Andere sehen es anders, und für sie ist es wichtig. Du wirst sie nicht überzeugen können.


Für mich selber tragen diese Erzählungen Legendencharakter, mich muss man nicht überzeugen.
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