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Normale Version: Sind wir virtuell?
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Ich - mir - wir - uns? Warum finden wir unser Bewusstsein nicht, auch wenn wir die einzelnen Funktionen in unserem Hirn lokalisieren können?

Stellen wir die Frage anders. Wo finden wir den Frieden in einem Land, wenn es friedlich zugeht? Und wo den Krieg? Ist es wirklich der einzelne Schuss, die einzelne Explosion?
Oder wo in Literatur, Medienwelt oder Internet finden wir Gewissheit für eine Meinung oder Ansicht?
Oder wo ist die Liebe?

Ich denke, so gefragt, erweisen sich alle diese Phänomene als eine Art "virtuelle und durchaus dynamische Welt", zu der jedes Element, seien es Nervenzellen, Funktionsareale, Menschen und sogar Maschinen jeweils nur kleine Informationsbeiträge beisteuern.
Ich behaupte: 'Ich', 'Wir', 'Liebe' oder 'Frieden' sind solche virtuellen Welten, die wir nur verstehen, wenn wir sie als "virtuelle Welt" (analog zu einem Programmlauf) auffassen bzw. in ihrer Anwendung oder im Dialog mit ihnen betrachten.

Oder auf einen PC angewendet: Wenn wir einen Computer aufschrauben, werden wir nur Platinen, Halbleiter, Kupfer oder Schrauben finden, nicht aber den Sinn, der sich uns erst erschließt, wenn wir einen PC anwenden.
Du übersetzt grade Grundpfeiler der buddhistischen Lehre auf moderne Art ;)
... obgleich ich von Buddhismus so gut wie nichts kenne.

alwin

Mußt Du auch nicht. Hier liegt eine Erkenntnislehre vor. Und um Erkenntnisse zu erlangen, ist die buddhistische Lehre keine Voraussetzung. Allerdings können die Techniken zur Erlangung von Erkenntis als Werkzeug behilflich sein.

Gruß

Der-Einsiedler

(12-06-2011, 16:49)Ekkard schrieb: [ -> ]... obgleich ich von Buddhismus so gut wie nichts kenne.

Vielleicht weil die Erkenntnisse des Buddha universelle Erkenntnisse sind. Er selbst sagt das ja auch sehr oft in seinen Reden: Er sei kein Meister, sondern jemand, der seine Erkenntnisse, die für ihn menschliche Erkenntnisse sind, zur Kenntnisnahme und zugleich auch zur Disposition stellt.

Gruss

DE

alwin

Und unabhängig von der buddhistischen Lehre. Aus dem täglichen Leben: Was die Augen "zu sehen" ans Gehirn zu unserer Kenntnisnahme und Interpretation weitergeben, ist im Grunde nur ein Abbild dessen, was die Augen erfassen. Und das muß nicht mit einer realen Wirklichkeit zu tun haben - wir "sehen" es aber dennoch.

Gruß
Richig; damit ist das Dilemma der Erkenntnis deutlich umrissen: Einerseits müssen wir durch das, was wir "sehen" (alle Sinneseindrücke) in einer realen Welt überleben, andererseits ist unserer Bewusstsein Abbildung der Welt, gefiltert und erzeugt durch die Sinne.

Dieses Dilemma erzeugt die scheinbare Erkenntnis, reale Wesen in einer realen Welt zu sein. Bei genauerem Hinsehen sind wir jedoch bestenfalls "Soft- und Firmware".
Anders ausgedrückt, das Ich ist nur das synaptische "Spannungsfeld"?

Der-Einsiedler

(13-06-2011, 13:53)d.n. schrieb: [ -> ]Anders ausgedrückt, das Ich ist nur das synaptische "Spannungsfeld"?

Noch anders ausgedrückt: Das Ich ist eine Illusion.

Gruss

DE

alwin

Solch ein Beispiel sollten die westl. buddhistischen Schulen ihren Schülern "servieren". Da würde sich manche philosophische Fragestunde und Grübelei erübrigen....

Gruß
Während ich folgendem zustimme:
(13-06-2011, 13:53)d.n. schrieb: [ -> ]Anders ausgedrückt, das Ich ist nur das synaptische "Spannungsfeld"?
, halte ich
(13-06-2011, 14:35)Der-Einsiedler schrieb: [ -> ]Noch anders ausgedrückt: Das Ich ist eine Illusion.
für nicht so ganz zielführend. Das liegt an der Begrifflichkeit "Illusion". Das "synaptische Spannungsfeld" kann man sich als eine Abfolge von Schaltzuständen erklären oder veranschaulichen. Hier werden Informationen aus Umwelt und Gedächtnis miteinander verwoben. Bei dem Wort "Illusion" schwingt eine einseitig negative Beurteilung als reines Innenweltphänomen mit. Das aber ist nicht der Normalfall; anderenfalls würden wir nicht lange überleben. "Illusion" ist die landläufige Bezeichnung von Bewusstseinszuständen, die mit einer intersubjektiv mitteilbaren Sicht auf unsere Welt nichts mehr zu tun haben.

Gundi

Erst einmal Hallo an alle die mich noch kennen.
Habe beschlossen wieder mitzumischen und der gute Ekkard hat mich auch gleich freigeschaltet.
Besten Dank dafür!!

(11-06-2011, 17:53)Ekkard schrieb: [ -> ]Ich - mir - wir - uns? Warum finden wir unser Bewusstsein nicht, auch wenn wir die einzelnen Funktionen in unserem Hirn lokalisieren können?

Stellen wir die Frage anders. Wo finden wir den Frieden in einem Land, wenn es friedlich zugeht? Und wo den Krieg? Ist es wirklich der einzelne Schuss, die einzelne Explosion?
Oder wo in Literatur, Medienwelt oder Internet finden wir Gewissheit für eine Meinung oder Ansicht?
Oder wo ist die Liebe?

Ich denke, so gefragt, erweisen sich alle diese Phänomene als eine Art "virtuelle und durchaus dynamische Welt", zu der jedes Element, seien es Nervenzellen, Funktionsareale, Menschen und sogar Maschinen jeweils nur kleine Informationsbeiträge beisteuern.
Ich behaupte: 'Ich', 'Wir', 'Liebe' oder 'Frieden' sind solche virtuellen Welten, die wir nur verstehen, wenn wir sie als "virtuelle Welt" (analog zu einem Programmlauf) auffassen bzw. in ihrer Anwendung oder im Dialog mit ihnen betrachten.

Oder auf einen PC angewendet: Wenn wir einen Computer aufschrauben, werden wir nur Platinen, Halbleiter, Kupfer oder Schrauben finden, nicht aber den Sinn, der sich uns erst erschließt, wenn wir einen PC anwenden.

Hallo Ekkard. Ich finde deine Metapher mit den PC nicht so unbedingt zutreffend bzw. ich verstehe sie vieleicht auch nicht richtig. Was meinst du denn hier mit Sinn? Gerade ein PC ist doch ein Gerät, dass wir begreifen und das daher so funktioniert wie wir es möchten. Ich sehe daher keine Verbindung zu Begriffen wie "Liebe" oder "Ich".

Ansonsten scheint mir deine Ansicht von der "virtuellen Welt" sehr rationalistisch aber durchaus nachvollziehbar.
Dennoch kann ich mich mit ihr nicht hundertprozentig anfreunden. Zum einen, da sie den Menschen theoretisch komplett erklärbar macht (sozusagen als Objekt das vollends verstanden werden kann, zumindest irgendwann einmal). Der Mensch würde gleichgesetzt mit Maschienen. Das ist natürlich ok, aber streitbar.
Zum anderen sprichst du ein uraltes philosophisches Problem an: "Dieses Dilemma erzeugt die scheinbare Erkenntnis, reale Wesen in einer realen Welt zu sein. Bei genauerem Hinsehen sind wir jedoch bestenfalls "Soft- und Firmware"
Natürlich nehmen wir die Welt nur als Menschen, und damit vermutlich begrenzt, war. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass dieser Teil nicht real ist oder gar dass wir nicht real sind.
Nun, ist der Körper nicht ebenso wie der PC eine (Biologische) Maschine? So gesehen ist doch zutreffend wenn wir hier vergleichen : Hardware = Körper, Software = Synaptische Spannungsfelder,..
Was das Ich angeht und Gefühle,...letzteres sind so gesehen evolutionäre Programme, ersteres ist meiner Meinung nach nur ein "Rechenknotenpunkt".

Ein weiser Mann sagte einmal: Realität ist jener Teil der Fantasie, über den wir uns meist einig sind

Gundi

(13-06-2011, 22:15)d.n. schrieb: [ -> ]Nun, ist der Körper nicht ebenso wie der PC eine (Biologische) Maschine? So gesehen ist doch zutreffend wenn wir hier vergleichen : Hardware = Körper, Software = Synaptische Spannungsfelder,..

Das hatte ich schon verstanden, nur dachte ich dass Ekkard auch das "Ich", "Liebe" und diverse andere Begriffe mit zur Software zählt.
Und ob das "Ich" alleine eine Funktion unserer Hard- und Software ist, ist natürlich diskutabl.
(13-06-2011, 21:54)Gundi schrieb: [ -> ]Ich finde deine Metapher mit den PC nicht so unbedingt zutreffend bzw. ich verstehe sie vieleicht auch nicht richtig. Was meinst du denn hier mit Sinn? Gerade ein PC ist doch ein Gerät, dass wir begreifen und das daher so funktioniert wie wir es möchten.
Genau das ist ja der Sinn oder die Aufgabe eines Computers. Wir werden diese Dinge aber nicht finden, wenn wir ihn aufschrauben und in seine Bestandteile zerlegen - so wie es die Hirnphysiologen jahrzehntelang versuchten.
Wir finden die Möglichkeit der Datenverarbeitung erst durch seine Funktion (im aktiven Betrieb).

Dasselbe gilt für Phänomene wie Ich-Empfindung oder Liebe. Wir werden diese Phänomene nur finden, wenn wir den Betrieb unseres Hirns betrachten und nicht seine Bestandteile. In diesen Fällen versagt die reduktionistische Analyse.

(13-06-2011, 21:54)Gundi schrieb: [ -> ]Dennoch kann ich mich mit ihr nicht hundertprozentig anfreunden. Zum einen, da sie den Menschen theoretisch komplett erklärbar macht (sozusagen als Objekt das vollends verstanden werden kann, zumindest irgendwann einmal). Der Mensch würde gleichgesetzt mit Maschienen. Das ist natürlich ok, aber streitbar.
Hm, da fühle ich mich ein Bisschen missverstanden. Der Mensch ist durchaus "erklärbar", wenn du so willst auch komplett, weil dies immer schon so war. Wir erkennen aber zunehmend, dass die Erklärungen einerseits zu einfach andererseits übernatürlich und damit inakzeptabel waren. Wir müssen aber weiter erkennen, dass unsere reduktionistischen Ansätze - also die Betrachtung der Einzelteile, gewissermaßen die Rädchen eines Uhrwerkes - im Falle der Datenverarbeitung auch in unserem Körper einer funktionellen Betrachtungsweise weichen muss. Wenn du so willst, muss die Beschreibung einen übergeordneten funktionalen Zusammenhang zulassen, der mit dem Wort "Geist" recht gut übereinstimmt.

(13-06-2011, 21:54)Gundi schrieb: [ -> ]Natürlich nehmen wir die Welt nur als Menschen, und damit vermutlich begrenzt, war. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass dieser Teil nicht real ist oder gar dass wir nicht real sind.
Virtuelle Phänomene sind durchaus real! Und deswegen hatte ich die Funktion eines Rechners als Beispiel gewählt. Im Bewusstsein, wie in einem PC sind die Vorgänge äußerst flexibel mit nur mittelbarer Einwirkung seitens der Hardware (den Schrauben, wie ich es ausgedrückt hatte). Oder anders: Man sieht der Hardware nicht an, zu welchen Funktionen sie durch äußere und innere Daten in der Lage ist.
Eine solche Funktionalität kann mit gewissen Ungenauigkeiten unsere ganze Welt repräsentieren. Ich denke einfach, "Ich", auch "Wir" sind solche Repräsentationen und damit virtuell also durch die Hirnaktivitäten erzeugt.
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