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MaSofia

Die antike Philosophie hatte eine besondere Form der Darstellung.
Eingebettet in einfache Erzählungen enthielt sie einen flexiblen Text, mit Frage und Antwort und Anleitung zu weiteren Gedanken.

Was macht nach Eurer Meinung ein leicht lesbares Bild, wenn ein *beweglicher* Text dargestellt werden muss? Mal ist er Frage, mal die Antwort, mal hat er diesen, mal einen anderen Inhalt bei gleichem Text.

In alter Sprache war sowohl höchste Gelehrtenkunst mit präziser Überlegung darin enthalten als auch einfaches Volkswissen, das in allen Bräuchen zum Ausdruck kam. Je nach Verstand wusste einer mehr oder der andere weniger wie das Bild bis ins Detail nach allen Richtungen aufzurollen war.

WIE KANN MAN DAS DARSTELLEN?

Die Bibeltexte enthalten eine sehr, sehr wertvolle Philosophie. In einer 1:1 Übersetzung sind sie leider nicht sichtbar. Die Beweglichkeit wurde blockiert. Wir brauchen eine andere Dimension der Darstellung!
Dein Text versteh ich leider nur in Teilen.
Die gesellschaftliche Darstellung der Philosophie wurde während der Renecainsse stark verändert.
Die hatte seid dem, durch das koperkanische Denken keinen essenziellen Bestand mehr.
Davor herschte die antike Philosophie auch über die Wissenschaft hinweg, denn sie war ein Teil davon und wurde im Gesellschaftlichem Denken nicht viel hinterfragt und wenn ja waren einige Theologen da die mit der Kirche klischeebedingt die Klinge rausspringen ließen.

Karla

(02-07-2011, 00:51)MaSofia schrieb: [ -> ]WIE KANN MAN DAS DARSTELLEN?

Die Bibeltexte enthalten eine sehr, sehr wertvolle Philosophie. In einer 1:1 Übersetzung sind sie leider nicht sichtbar. Die Beweglichkeit wurde blockiert. Wir brauchen eine andere Dimension der Darstellung!


Vielleicht kann man mit kleinen Karteikärtchen arbeiten, die man auf dem Tisch auslegt.

Ich benutze sie gelegentlich bei Nachhilfeschülern, um ihnen die grammatischen und semantischen Baugesetze der Sprache sinnlich erfahrbar zu machen.

Da kann man durch Hin- und Herschieben beliebig anbauen, verändern, Simultanität (durch vertikal angelegte Kärtchen) andeuten etc.


Alternativ dazu könnte man das auch zeichnerisch gestalten.
Man könnte sich da vielleicht an der Brainstormethode und den Mindmaps orientieren: also verschiedene Tools zeichnen, in denen Begriffe oder Deutungen enthalten sind. und diese dann durch Pfeile der Grundstruktur der Erzählungen zuordnen.

Da Mindmaps mir selber nicht so liegen, habe ich da allerdings keine Erfahrungswerte.

Aber ich glaube, man kann dann die dynamische Zuordnung auch im PC gut verwirklichen. Aber da muss man die Zuordnung vermutlich vorher festlegen.

Ich selber finde die Karteikärtchen noch immer die beste aller Methoden. Die ist am flexibelsten, glaube ich. Man kann die Kärtchen ja farbig kaufen oder machen und zusätzlich noch mit Symbolen kennzeichnen.
Und die Kids lieben die Kärtchen. Das ist immer ein gutes Zeichen.

Gundi

(02-07-2011, 00:51)MaSofia schrieb: [ -> ]Die antike Philosophie hatte eine besondere Form der Darstellung.
Eingebettet in einfache Erzählungen enthielt sie einen flexiblen Text, mit Frage und Antwort und Anleitung zu weiteren Gedanken.

Was macht nach Eurer Meinung ein leicht lesbares Bild, wenn ein *beweglicher* Text dargestellt werden muss? Mal ist er Frage, mal die Antwort, mal hat er diesen, mal einen anderen Inhalt bei gleichem Text.

In alter Sprache war sowohl höchste Gelehrtenkunst mit präziser Überlegung darin enthalten als auch einfaches Volkswissen, das in allen Bräuchen zum Ausdruck kam. Je nach Verstand wusste einer mehr oder der andere weniger wie das Bild bis ins Detail nach allen Richtungen aufzurollen war.

WIE KANN MAN DAS DARSTELLEN?

Dein Text ist leider nicht ganz verständlich.
Daher nur so viel: Philosophen wollen mit ihren Texten durchaus bestimmte Dinge ausdrücken und kein wirres Rätselraten verursachen ("flexibler Text"). Das findest du schon bei Sokrates als auch bei Kant oder moderneren Philosophen.
Die Sprache der Philosophie ist die Logik.
Jeder Philosoph wird daher versucht sein, seine Gedanken in logischen Formulierungen zu packen. Damit sind sie theoretisch auch für jeden zugänglich.
Über Ansichten und Lehre der bedeutenden Philosophen ist sich die Fachwelt eigentlich einig. Natürlich sind diese nicht immer leicht zugänglich.

Deine Bemerkung: "In alter Sprache war sowohl höchste Gelehrtenkunst mit präziser Überlegung darin enthalten als auch einfaches Volkswissen, das in allen Bräuchen zum Ausdruck kam. Je nach Verstand wusste einer mehr oder der andere weniger wie das Bild bis ins Detail nach allen Richtungen aufzurollen war. " lässt mich unweigerlich an alte chinesische "Weisheiten" oder ähnliches denken, also Dinge denen man sich gerne bedient um sie auf andere Sachen zu übertragen.
Hier muss man aber vorsichtig sein. Mal ganz davon abgesehen dass Philosophie in den verschiedenen Kulturkreisen auch unterschiedlich war, kann zb. der kategorische Imperativ und alles was daran hängt nicht einfach mal so oder so gesehen werden. Kant hatte damit durchaus eine bestimmte Intention. Und ich denke das trifft auf die meisten westlichen Philosophen und ihre Lehren zu...

(02-07-2011, 00:51)MaSofia schrieb: [ -> ]Die Bibeltexte enthalten eine sehr, sehr wertvolle Philosophie. In einer 1:1 Übersetzung sind sie leider nicht sichtbar. Die Beweglichkeit wurde blockiert. Wir brauchen eine andere Dimension der Darstellung!

Man sollte vorsichtig sein bei der Vermischung von Religion und Philosophie. Das ist nicht unbedingt gleichzusetzen...

MaSofia

Karla, Deine Idee mit den Karteikärtchen ist ganz toll!

Das ist wirklich ideal um das Verwechselspiel darzustellen.
Schwierig wird es für mich in zwei Punkten:
Wenn sich ein Wort teilt, also geschnittene Kärtchen (wäre auch noch lösbar) bei sorgfältiger Vorbereitung. Das zweite ist, wie könnte man so etwas am PC lösen? Ich versuchte das schon mal in der Homepage zu programmieren. Es ist ein riesiger Aufwand. Ich hatte auch noch nicht das passende Konzept, dass das so liegen bleibt, dass es die "vernünftige" Lösung ergibt und dann auch "richtig" formuliert ist. Der Satzbau ist anders und die Zusammensetzung wird dann völlig anders. Du kennst sicher aus meinen Beiträgen die "Vulgärsprache", die aus dem Umdrehen einer ganz anderen Konfiguration entstand, was die Texte so schwierig macht. Wenn man sich in das Problem hineinversetzt, kann man es vielleicht verstehen - und verzeihen. Eine gute Lösung ist das noch nicht, sie würde nur die Zuordnung etwas leichter erklären helfen.



Artist, ich habe leider in der Annahme jeder habe sich hier schon über das Thema Bibelphilosophie ausgiebig informiert, meinen Beitrag etwas zu kurz gemacht.

Zitat:Die gesellschaftliche Darstellung der Philosophie wurde während der Renecainsse stark verändert. Die hatte seid dem, durch das koperkanische Denken keinen essenziellen Bestand mehr.

Ich sehe darin einen Folgefehler der Spaltung Religion / Wissenschaft / Philosophie. Es gab eine Einheit. Die Grundausbildung in allen Fächern endete mit der Bibelübersetzung.



Gundi, das Vermischen von Religion mit Philosophie kam aus obigem Grund. Zur Mittelalterlichen Ausbildung gehörte Philosophie. Sie wäre an sich bei Religion gar nicht nötig gewesen. Man lernt, wie die Zeremonie abgehalten wird und etwas Musik - das reicht für Religion ....

Zitat:Philosophen wollen mit ihren Texten durchaus bestimmte Dinge ausdrücken und kein wirres Rätselraten verursachen ("flexibler Text"). Das findest du schon bei Sokrates als auch bei Kant oder moderneren Philosophen. Die Sprache der Philosophie ist die Logik.
Jeder Philosoph wird daher versucht sein, seine Gedanken in logischen Formulierungen zu packen. Damit sind sie theoretisch auch für jeden zugänglich.

Gundi, diese "Logik" ergibt sich in den biblischen Texten mit hebräischer Sprache. Sie ist dort präzise, dass Du mit den Ohren wackeln lernst!
In der Übersestzung ist davon rein gar nichts mehr zu merken. Darin kann man auch nicht mehr die gestellten Denkaufgaben erkennen.
Daher muss die Restaurierung her.



Karla

(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Karla, Deine Idee mit den Karteikärtchen ist ganz toll!

Das ist wirklich ideal um das Verwechselspiel darzustellen.
Schwierig wird es für mich in zwei Punkten:
Wenn sich ein Wort teilt, also geschnittene Kärtchen (wäre auch noch lösbar) bei sorgfältiger Vorbereitung.


Ich würde keine Karten zerschneiden (wählt man DIN-A-8, wäre das auch nicht mehr gut lesbar), sondern die eine Karte weglegen und die Wortteile jeweils auf andere Karten schreiben, die die ursprüngliche Karte dann ersetzen. Denn es geht ja, wenn ich das richtig verstanden habe, auch darum, den Prozess der Deutung nachzuvollziehen.


(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Das zweite ist, wie könnte man so etwas am PC lösen? Ich versuchte das schon mal in der Homepage zu programmieren. Es ist ein riesiger Aufwand. Ich hatte auch noch nicht das passende Konzept, dass das so liegen bleibt, dass es die "vernünftige" Lösung ergibt und dann auch "richtig" formuliert ist. Der Satzbau ist anders und die Zusammensetzung wird dann völlig anders.


Die Karteikartenmethode kann dazu dienen, dass man den Prozess der Veränderung durch das ständige Verschieben der Karten Besuchern nachvollziehbar macht. Oder sich auch selber erst mal bewusst macht.

Für eine Methode, die im PC abbildbar ist, könnte man auf die auf Chomskys Generative Grammatik (auch Generative Transformationsgrammatik genannt) fußenden Baumdiagramme zurückgreifen, vielleicht.

Wie man solche Baumdiagramme im PC hersellt, weiß ich nicht, aber dass es geht, weiß ich. Die Generative Grammatik basiert auf dem Grundgedanken, dass es eine sprachlich-logische Grundfähigkeit gibt, die sich in den verschiedensten Sprachen der Erde sehr unterschiedlich äußert.

Eine Weiterentwicklung dieser Tramsformationsgrammatik ist die Interpretative Semantik, die nicht von der Grammatik als Basis ausgeht, sondern von dem semantischen Grundverhalten der Sprachnutzer.
Das ist also schon sehr komplex, aber auch dies wird mit Baumdiagrammen oder ähnlichen Formen dargestellt.

Hier zwei Links von Wikipedia dazu:
*http://de.wikipedia.org/wiki/Generative_Grammatik
*http://de.wikipedia.org/wiki/Interpretative_Semantik

Auf beiden Seiten finden sich Beispiele für diese Baumdiagramme und davon abgeleitete Diagramme.

Die Karteikartenmethode ist im Prinzip das Gleiche. Nur dass in den Diagrammen die ursprünglichen Strukturen noch sichtbar sind, mit einem Blick erfassbar sind.

Dass ein Satz durch Interpretation eine ganz veränderte Satzstruktur erhält, ist da, denke ich, kein Problem bei der Darstellung.

(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Ich sehe darin einen Folgefehler der Spaltung Religion / Wissenschaft / Philosophie. Es gab eine Einheit. Die Grundausbildung in allen Fächern endete mit der Bibelübersetzung.

Was meinst du mit "Folgefehler" ?
Ja, jedoch würd ich denk ich eher sagen "Bibelinterpretationen", da der Pfaden zu der allgemeinen Glaubwürdigkeit der Inhalte über eine Hirarchie lief das über dem Staat stand. Und nicht alle Inhalte waren Biblisch ausgelegt denk ich wie z.B die Schrift Aristoteles, die anerkannt war auch wissenschaftlich.

Gundi

(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Ich sehe darin einen Folgefehler der Spaltung Religion / Wissenschaft / Philosophie. Es gab eine Einheit. Die Grundausbildung in allen Fächern endete mit der Bibelübersetzung.

Die Spaltung musste zwangsläufig kommen und im Grunde hat sie erst jedem Bereich ihre eigentliche Aufgabe zugeteilt.
Es ist gut, dass heute nicht jeder Bereich die "Bibelübersetzung" zum Ziel hat, sondern sich die zwei Bereiche Philosophie und Wissenschaft von der Religion emanzipiert haben. Forschung und Erkenntnisgewinn auf diesen Gebieten braucht Freiheit.


(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Gundi, das Vermischen von Religion mit Philosophie kam aus obigem Grund. Zur Mittelalterlichen Ausbildung gehörte Philosophie. Sie wäre an sich bei Religion gar nicht nötig gewesen. Man lernt, wie die Zeremonie abgehalten wird und etwas Musik - das reicht für Religion ....

Soweit ich weiß, war die Philosophie des Mittelalters sehr durch das Christentum geprägt und die antiken Schriften lediglich in einigen Klöstern aufbewahrt und auch dies war wohl nicht wirklich gerne gesehen.
Ein Studium im eigentlichen Sinn fand wohl nicht statt.
Eine Besinnung auf die antiken Schriften kam vor allem dann erst wieder mit der Aufklärung.

Zitat:Philosophen wollen mit ihren Texten durchaus bestimmte Dinge ausdrücken und kein wirres Rätselraten verursachen ("flexibler Text"). Das findest du schon bei Sokrates als auch bei Kant oder moderneren Philosophen. Die Sprache der Philosophie ist die Logik.
Jeder Philosoph wird daher versucht sein, seine Gedanken in logischen Formulierungen zu packen. Damit sind sie theoretisch auch für jeden zugänglich.

(03-07-2011, 12:05)MaSofia schrieb: [ -> ]Gundi, diese "Logik" ergibt sich in den biblischen Texten mit hebräischer Sprache. Sie ist dort präzise, dass Du mit den Ohren wackeln lernst!
In der Übersestzung ist davon rein gar nichts mehr zu merken. Darin kann man auch nicht mehr die gestellten Denkaufgaben erkennen.
Daher muss die Restaurierung her.

Da ich leider kein Hebräisch kann, kann ich dazu nix sagen Icon_wink

Karla

(03-07-2011, 22:00)Gundi schrieb: [ -> ]Soweit ich weiß, war die Philosophie des Mittelalters sehr durch das Christentum geprägt und die antiken Schriften lediglich in einigen Klöstern aufbewahrt und auch dies war wohl nicht wirklich gerne gesehen.
Ein Studium im eigentlichen Sinn fand wohl nicht statt.
Eine Besinnung auf die antiken Schriften kam vor allem dann erst wieder mit der Aufklärung.


Da wird man, wenn man auch nur ein wenig (und bei mir ist es noch wenig) Meister Eckhart studiert, eines ganz anderen belehrt. Die Dominikaner mussten ein sehr langes Philosophiestudium absolvieren, bevor sie mit Theologie überhaupt erst anfingen. Meister Eckhart, Thomas von Aquin und andere waren äußerst fit in den antiken Philosphien. Meister Eckhart zitiert andauernd "die alten Meister", auch in seinen Predigten, und er baut sogar seine Bibelauslegung auf dem Grundsatz der Vernunft auf. Dieser Vernunftgedanke stammt aus der Antike, hat im Mittelalter bei den Philosphen und Theologen (meist waren sie ja beides) voll durchgeschlagen und ist - vermute ich - erst im Spätmittelalter wieder verlorengegangen, wo es relativ "esoterisch" (wie man heute sagen würde) zuging, ein bisschen so wie heute...

Hoffe, dass ich das alles jetzt korrekt aus der Erinnerung referiert und gedeutet habe, sehr viel darüber kann man bei Kurt Flasch: Meister Eckhart. Philosoph des Christentums. Beck, München 2010 erfahren.

Gundi

(03-07-2011, 22:18)Karla schrieb: [ -> ]
(03-07-2011, 22:00)Gundi schrieb: [ -> ]Soweit ich weiß, war die Philosophie des Mittelalters sehr durch das Christentum geprägt und die antiken Schriften lediglich in einigen Klöstern aufbewahrt und auch dies war wohl nicht wirklich gerne gesehen.
Ein Studium im eigentlichen Sinn fand wohl nicht statt.
Eine Besinnung auf die antiken Schriften kam vor allem dann erst wieder mit der Aufklärung.


Da wird man, wenn man auch nur ein wenig (und bei mir ist es noch wenig) Meister Eckhart studiert, eines ganz anderen belehrt. Die Dominikaner mussten ein sehr langes Philosophiestudium absolvieren, bevor sie mit Theologie überhaupt erst anfingen. Meister Eckhart, Thomas von Aquin und andere waren äußerst fit in den antiken Philosphien. Meister Eckhart zitiert andauernd "die alten Meister", auch in seinen Predigten, und er baut sogar seine Bibelauslegung auf dem Grundsatz der Vernunft auf. Dieser Vernunftgedanke stammt aus der Antike, hat im Mittelalter bei den Philosphen und Theologen (meist waren sie ja beides) voll durchgeschlagen und ist - vermute ich - erst im Spätmittelalter wieder verlorengegangen, wo es relativ "esoterisch" (wie man heute sagen würde) zuging, ein bisschen so wie heute...

Hoffe, dass ich das alles jetzt korrekt aus der Erinnerung referiert und gedeutet habe, sehr viel darüber kann man bei Kurt Flasch: Meister Eckhart. Philosoph des Christentums. Beck, München 2010 erfahren.

Hallo Karla,

die griechische Philosophie war keineswegs so allgegenwärtig wie du vieleicht meinst. Natürlich basieren jedoch auch die Gedanken eines Thomas von Aquin und anderen auf dem antiken Wissen. So wurde zb.versucht Gott mit Hilfe der Vernunft zu erklären.
Das ganze war aber vor allem eine auf das Christentum gerichtete Philosophie, die gewisse Ideen der Antike gar nicht mehr zuließ, vor allem dann, wenn sie Gott selber anzweifelten bzw. eine Philosophie zu Grunde hatten die keinen Raum für den christliche Gott ließ.

Wikipedia schreibt hierzu: "Die dogmatischen Diskussionen und Streitigkeiten, die das spätantike Christentum dann vom 4. bis 6. Jahrhundert prägten und der Religion ihre heutige Form gaben, sind ohne den Hintergrund der griechischen Philosophie nicht verständlich. Den weltanschaulichen Pluralismus, wie er in den nebeneinander bestehenden antiken Philosophieschulen und Religionen vorhanden war, hat der christliche Monotheismus allerdings von der Spätantike bis in das Zeitalter der Aufklärung hinein nicht mehr zugelassen."

Und weiter: "Nach dem 6. Jahrhundert geriet ansonsten zumindest in Europa der größte Teil der antiken Philosophie in Vergessenheit. Die Weitervermittlung antiker Philosophie geschah in der Folgezeit hauptsächlich durch arabisch-islamische Denker wie Avicenna (980–1037) und Averroes (1126–1198) sowie durch den jüdischen Philosophen und Arzt Maimonides (1135–1204). Über solche Umwege gewann die Philosophie der Antike, insbesondere die des Aristoteles, auf die Philosophie des Mittelalters bei Scholastikern wie Albertus Magnus († 1280) und Thomas von Aquin († 1274) sowie bei Denkern der Frührenaissance allmählich wieder an Bedeutung. Ein zweiter Schub erfolgte im 15. Jahrhundert, als im Zuge der Renaissance westliche Gelehrte in den byzantinischen Osten reisten und Handschriften antiker griechischer Denker mitbrachten (so unter anderem Giovanni Aurispa) bzw., als byzantinische Gelehrte vor den Osmanen in den Westen flohen und als Vermittler antiker Bildung im Westen mitwirkten."

Karla

Das lässt sich aufeinander abstimmen, was Du und ich geschrieben haben, gundi. Allerdings von mir nicht mehr heute. Icon_wink

MaSofia

Karla, ich bin beeindruckt - Du hattest gleich zwei Überraschungen an dem Abend gebracht: Mittelalterliche Ansichten Meister Eckhart erfahren bei Kurt Flasch.

Psycholinguistik und *http://de.wikipedia.org/wiki/Generative_Grammatik
*http://de.wikipedia.org/wiki/Interpretative_Semantik

Da musste ich erst mal etwas stöbern – und habe total die Zeit vergessen, die für keine Antwort mehr gereicht hat. Als ich vor einigen Jahren auf einige Bücher über Psycholinguistik stieß, war ich davon begeistert. Überzeugt: „Dies kann endlich die Strukturen der Auslegung (besonders der Bibel und ihr Nichtverstehen) erklären helfen“, weil der psychologische und sprachliche Hintergrund das allgemeine Verständnis fördert und er bietet damit den wissenschaftlichen Einstieg in eine dadurch anders beleuchtete Bibellektüre.

Sprachforscher haben sich bereits in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts über den Wortschatz der Völker Gedanken gemacht, der jeweils auf deren Bedürfnisse zugeschnitten war. Hebräisch, erwähnten sie als philosophisch geprägte Sprache. Es gab leider in dem Buch keine näheren Hinweise, weshalb ich dann am „Tatort“ selbst – an den alten Texten und ihren Anleitungen weiter machte.

Wieso ich das so erkannte und andere nicht, versuchte ich auch zu erklären und komme dann „unendlich“ weit in Bereiche, die mich selbst unheimlich anmuten. Mit meinem Sohn als kleines Kind war ich in England. Nach ein paar Tagen hatte ich den Eindruck, als kenne er von vorne herein den ganzen Wortschatz. Ich hatte immer Schwierigkeiten rechts und links auseinander zu halten. Im Tanzkurs befestigte ich eine Schleife auf meinen Schuh zur Unterscheidung und eine Markierung am Lenkrad, denn ich konnte das nämlich nur mit Umwegen auseinander halten. In Hebräisch, das ich als Fremdsprache lernte, wusste ich sofort mit jamina und smola (rechts und links) umzugehen. Das steckte wohl „in Fleisch und Blut“ und ging gänzlich ohne jedes Nachdenken in Handlung über.

Vielleicht liegt etwas am Verständnis der Bibeltexte darin, wie ich sie bei manchen Menschen als nicht angelernt, sondern als intuitiv richtig sah. Das ist aber zu fern, dem nachzugehen.

Die Darstellung als Baumstruktur habe ich mir genau angeschaut. Ob man den Baum versteht, wenn man bereits den Sachverhalt verstanden hat oder wegen ihm alles besser versteht. Ich werde das hier gleich als Darstellung ausprobieren! Danke Dir sehr für den Hinweis.




(03-07-2011, 22:53)Gundi schrieb: [ -> ]Natürlich basieren jedoch auch die Gedanken eines Thomas von Aquin und anderen auf dem antiken Wissen. So wurde zb.versucht Gott mit Hilfe der Vernunft zu erklären.
Das ganze war aber vor allem eine auf das Christentum gerichtete Philosophie, die gewisse Ideen der Antike gar nicht mehr zuließ, vor allem dann, wenn sie Gott selber anzweifelten bzw. eine Philosophie zu Grunde hatten die keinen Raum für den christliche Gott ließ.

Die Gelehrtensprachen waren Latein und Griechisch,
die Bibel verstand man aber nur Hebräisch.

Als man in der einen Hand die Bibel (in Griechisch und Latein) und in der anderen die Vernunftlehren hatte war der Anfang des Dramas. Man versuchte den Stecker in die Steckdose zu setzen – aber es ging so nicht. Schließlich scheiterte der Versuch die Bibel als Wissenschaft am Materialismus und an den Naturwissenschaften.



t.logemann

Der „Zeitgeist“ bestimmt die Philosophie – und wenn „der Zeitgeist“ die Verehrung des Materialismuses „vorschreibt“, dann hilft da auch kaum die Kenntnis einer „philosophischen Sprache“ um dem entgegen zu steuern.

Das klassische Hocharabisch und Hochpersisch kennt mindestens die gleichen „Mechanismen“ wie das Alt-Hebräische – die Vielfältigkeit der Wortbedeutung im Hocharabischen und Hochpersischen sind aber von der Realität des Leben unter irannischer oder salafitisch-saudischer Herrschaft arg zurück gedrängt. Was nutzt es dem saudischen oder iranischen Philosophen, Meister Eckard, Sa'adi, Ha'fis und Rumi zu kennen – wenn „das Leben“ in Riad, Shiraz – oder London keinen Raum für Weisheit lässt?
Für die europäische Geistesgeschichte sind vor allem jene Texte von Bedeutung, die in griechischer und lateinischer Sprache verfasst wurden. Darüber hinaus gibt es noch jede Menge Texte der neuzeitlichen und modernen Philosophie, die in den Landessprachen der Autoren verfasst sind.

Auch in deutscher Sprache liegen großartige Texte vor.

Wichtig ist es, dass man die Sprache beherrscht, der man sich zum Philosophieren bedient. Und die Sprache, in der sie ihre Gedanken aufgeschrieben haben, beherrschten sie allesamt, die großen Denker dieser Welt. Sie haben sich klar und verständlich ausgedrückt und es nicht verdient, dass man ihren Texten Gewalt antut.

Karla

Also, ich denke, dass man mit jedem Text machen kann, was man will, solange man damit nicht jemandem schadet.

Wenn ein Autor sich entschieden hat, die Texte für die Veröffentlichung freizugeben, dann hat er kein Recht mehr darauf, dass sie in seinem Sinne gedeutet werden. Es sei denn, er lebt noch und hat irgendwelche Möglichkeiten gefunden, per Gesetz die Veröffentlichung bestimmter Gedanken dazu per Dekret zu verbieten.
Die mächtige Filmindustrie z.B. hat dazu Möglichkeiten gefunden. Aber auch da ist 70 Jahre nach dem Tod des Autors oder Bearbeiters das Urheberrecht erloschen., und man kann mit den Texten machen, was man will.
***

Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie ein Text "etwas nicht verdienen kann". Ein Text ist kein Mensch. Ein Text kann weder etwas verdienen noch etwas nicht verdienen. Wenn man eine Methode nicht erfassen kann - ich kann sie auch nicht erfassen -, dann sollte man doch soviel Respekt vor dem Mitmenschen aufbringen können, ihm zuzugestehen, dass er damit für sich - und offenbar auch für ein paar andere - einen hohen Wert schafft.
***

Dass alle Denker sich klar und deutlich ausgedrückt haben, ist auch ganz unrichtig. Sonst würde es nicht dermaßen viele unterschiedliche Deutungen geben. Man versuche nur, bei Nietzsche zu klären, was sein Gedanke des Übermenschen "klar und deutlcih" bedeutet.

Und mit Texten zu spielen, um zu neuen Ergebnisssen kommen, ist heutzutage ja gang und gäbe. Sobald der Anspruch aufgegeben wird, die alleinige Wahrheit zu haben, sondern der doch ernsthafte Versuch gestartet wird, das, was man "anderes" in den Texten liest, mitzuteilen, ist dagegen doch nichts zu sagen.

Jeder Mensch liest anderes in einem Text. Die Dekonstruktion von Texten wird heute aus noch viel unedleren Gründen vorgenommen und auf Theaterbühnen zum Beispiel präsentiert. Kultur ist nun einmal:
Jemand verfasst einen Text.
Ein anderer liest den Text, macht was mit dem Text.
Und noch ein anderer macht was mit dem Text, der etwas mit dem ersten Text gemacht hat.

Man möge nur mal die Werke des Dadaismus lesen, um zu eahnen, was aus der Zetrümmerung wohldachter Strukturen entstehen kann: Zugrundeliegendes, das man nie vorher geahnt hat, ist freigelegt worden.

*** = personenbezogene Debatte gelöscht./Ekkard
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