(10-11-2013, 23:05)dalberg schrieb: [ -> ]Ich habe die heftige Diskussion mit Interesse verfolgt. Hier an dieser Stelle bin ich irgendwie hängengeblieben. Sind Nazivergleiche generell verboten? Oder wie ist das eigentlich?
Hilft vielleicht:
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Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagte daher wegen “Verunglimpfung des Staates” nach § 90a I 1 StGB. Und das OLG Stuttgart konnte in der Revision an diesem Richterspruch keinen Rechtsfehler entdecken.
Mit anderen Worten: Die schwäbische Justiz hat sich hingestellt und gesagt. Ja bitteschön, wo kommen wir denn da hin, wenn wir jedem Nazi gleich Meinungsfreiheit gewähren.
Dies hat die 1. Kammer des Ersten Senats, der auch Johannes Masing angehört, jetzt zum Anlass genommen, einzuschreiten und mit den Südwest-Richtern den Stoff des Grundkurses Öffentliches Recht I noch mal gründlich durchzunehmen: ALLE Meinungen sind geschützt durch Art. 5 I GG, egal ob sie
sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (…). Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (…). Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt…
Und das mit dem Lüth-Urteil und der Auslegung der Schranken im Lichte der Meinungsfreiheit erklärt die Kammer auch noch mal ganz geduldig, denn es ist ja wahrscheinlich wirklich lange her, das erste Semester:
Ist der Schutzbereich der Meinungsfreiheit einmal eröffnet, findet dieses Grundrecht zwar seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, wozu auch die Strafnorm des § 90a Abs. 1 Nr. 1 StGB zählt, gegen die keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (…). Doch haben die Gerichte bei Auslegung und Anwendung der die Meinungsfreiheit einschränkenden Vorschrift im Einzelfall ihrerseits wiederum dem eingeschränkten Grundrecht Rechnung zu tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt..
Kritik an einem Staat, auch wenn sie noch so übel stinkt, ist etwas anderes als Verunglimpfung desselben – muss etwas anderes sein, wenn Art. 5 I GG keinen Schaden nehmen soll. Die Kammer zieht die Grenze dort, wo
der Bundesrepublik Deutschland jegliche Legitimation abgesprochen würde und dazu aufgerufen würde, sie zu ersetzen."
*http://www.verfassungsblog.de/de/auch-eine-nazimeinung-ist-eine-meinung/#.UoAr9-K6nIU