(04-02-2014, 23:08)joachim stumpf schrieb: [ -> ]ich bitte gegeben falls um Nachsicht, wenn ich womöglich den falschen Kritiker genannt habe, wenn jemand mich berichtigen kann, dann bitte ich darum.
Hallo Joachim –
Die Kritik kommt von wo anders her
Es ist bekannt, daß die Fundamentalisten unter der Orthodoxen Juden den Staat Israel ablehnen ! Sie argumentieren dahingehend, daß die Zerstörung des Tempels und die danach erfolgte zwangsweise Diaspora (vorher gab es allerdings eine freiwillige Diaspora wovon unter anderem die Familie des Saulus von Tarsus zeugt) die Strafe Gottes sei. Ein Orthodoxer Jude kann niemals zugeben, daß sein Gott zu schwach gewesen sei, um seinen Tempel vor den römischen Legionen zu schützen – er muß daher von einer bewußten Strafe reden. Und zwar von einer gerechten Strafe, denn Gott ist nicht ungerecht.
So weit, so gut. Nun sagen die Ultraorthodoxen Juden, daß nur Gott die Diaspora beenden darf. Eine eigenmächtige Beendigung der Diaspora sei gegen den Willen Gottes ! Gott wird dann wenn er es für gut findet, einen
Messias senden, der dann die Israeliten nach Israel führen wird.
Das Kennzeichen des messianischen Zeitalters wird eine Zeit des
tiefsten Friedens sein, was aber derzeit nicht der Fall ist. Israel wird laufend durch kleine Raketen beschossen, wöchentlich sterben Israelis dadurch. Und alle paar Jahre hat Israel Krieg. Immer wieder Kriege seit der Staatsgündung. Somit ist aus der Sicht gläubiger Juden das messianische Zeitalter noch nicht angebrochen. Die Diaspora wurde gegen den Willen Gottes eigenmächtig beendet !
Mache nicht den Fehler anzunehmen, daß die Ultraorthodoxen Juden den Staat Israel akzeptieren, nur deshalb weil dort viele von ihnen leben. Im Laufe von über 2000 Jahren lebten und leben Ultraorthodoxe Juden in allerlei Staaten – was aber keineswegs bedeutet, daß sie diese Staaten akzeptieren . . .
Sie selbst trifft keine Schuld, denn sie haben den Staat Israel nicht gegründet. Sie leben dort bloß, so wie sie um 1400 im katholischen Spanien lebten.
Noch ein kleiner Hinweis zum Begriff Ultraorthodoxe Juden:
Die Pharisäer zur Zeit Herodes waren allesamt das, was man heute als Ultraorthodoxe Juden bezeichnet. Das war noch viele Jahrhunderte so.
Das Mainstream-Judentum war bis zur Zeit von Rabbi Maimonides so, wie das heutige Ultraorthodoxe Judentum. Heute ist das originale, ursprüngliche Judentum wie es zur Zeit Herodes lebte, eigentlich eine Minderheit.
Das heutige Judentum hat eigentlich mit dem originalen Judentum zur Zeit Herodes und davor nichts zu tun – aber diesen Vorwurf gibt es ja auch innerhalb der Christenheit: immer wieder wird ja behauptet, daß die heutige Christenheit mit dem Urchristentum nichts zu tun hat.
Interessant ist jedenfalls, daß im heutigen Iran (im islamischen Gottesstaat) sehr viele Ultraorthodoxe Juden in Teheran leben und sich dort wohl fühlen. Als Leute des Buches werden sie dort in keiner Weise verfolgt – und dadurch, daß sie den Staat Israel als nicht-messianisch ablehnen, werden sie von den Schiiten hoch geschätzt.
Der Staat Israel war und ist das Werk der liberalen Juden. Bedenke, daß Theodor Herzl ein liberaler Jude war, er studierte in Wien an der Universität und war einige Zeit sogar Mitglied der Burschenschaft Albia und er focht Mensuren ! Für Orthodoxe Juden völlig undenkbar
Stellt sich die Frage, warum dann Orthodoxe Juden in Jerusalem leben.
Ich denke, sie lehnen den Staat Israel als gottlosen Staat in demselben Ausmaß ab, wie sie alle übrigen Staaten der Welt als gottlos ablehnen. Und irgendwo müsse sie ja leben . . . So macht es für sie keinen Unterschied, ob sie in Deutschland, in Frankreich, in Spanien, in Rußland, in den USA oder in Israel leben . . . gottlos sind diese Staaten aus ihrer Sicht alle
Im Staat Israel gibt es schwere Spannungen zwischen mehr oder weniger Orthodoxen Juden und den regierenden liberalen Juden.
Und diese Spannungen bestehen auch in der gesamten Disapora. Da gibt es in einer Großstadt mehrere Synagogen – wo die eine Synagoge nicht automatisch die Ehen akzeptiert, die in der Nachbarsynagoge geschlossen werden
Wenn zB eine Nichtjüdin zum Judentum übertritt (Giur) und dies erfolgt bei einer liberalen Gemeinde, so wird diese Jüdin von der orthodoxen Gemeinde nicht als Jüdin anerkannt. Wenn sie dann (in der liberalen Synagoge) einen Orthodoxen Juden heiratet, wird diese Ehe von den Orthodoxen Juden nicht anerkannt – und was besonders tragisch ist, die Kinder aus dieser Ehe gelten aus Sicht der Orthodoxen Juden nicht als Juden sondern als Mamserim