Hallo Feuerblume,
herzlich willkommen im Religionsforum!
Was du hinterfragst, sind die schwierigen Fragen zur gesamten christlichen Mythologie. Was "Mythologie" ist, steht in unserem Lexikon (
Link). Grob gesprochen handelt es sich um Götter-, Gottes- oder Heiligengeschichten. Diese werden als Tradition bezeichnet, wenn sie in Glaubensgemeinschaften geglaubt werden.
(07-05-2017, 19:30)Feuerblume schrieb: [ -> ]1) Wie ist es mit einem Menschen bestellt, der zwar an Jesus glaubt, aber stets weiter sündigt?
Was Schreckliches tust du denn? Was belastet dich? Die ganze Erlösungslehre ist dem Grunde nach an Menschen gerichtet, die durch ihr Verhalten seelisch belastet werden - und zwar ohne jeden Blick auf Jesus. Wenn dich beispielsweise alltägliche kleine Lügen belasten, dann sag sie halt nicht. Oder du hältst sie für "sozial notwendig". Dann belasten sie dich nicht. Der Blick zum Himmel (also auf Jesus) ist dann die falsche Blickrichtung. Schau, dass du deinen Mitmenschen nicht schadest. Mehr verlangt Jesus gar nicht.
(07-05-2017, 19:30)Feuerblume schrieb: [ -> ]2) Wie kann man sagen, Gott ist gerecht, wenn er mit Jesus doch einen Unschuldigen geopfert hat? Begründet man das einfach nur mit der unermesslichen Liebe des Schöpfers zu seinen Geschöpfen?
Mache dir klar, dass dies
eine theologische Konstruktion ist, die historisch nach Jesu Kreuzigung entwickelt worden ist. Die junge Gemeinde um Jesus und seine (überlebenden) Jünger haben eine theologische Erklärung finden müssen. Ein schmählicher Tod (Hinrichtung) war für Juden eine Gottesstrafe. Also hat die verstörte Gemeinde eine Erklärung konstruiert. Diese sieht vor, dass die Strafen für "die Sünden der Welt" exemplarisch dem "Lamm Gottes" ein für alle Male auferlegt werden. (Nicht Gott, sondern alle Menschen zu allen Zeiten sind darin die Bösewichte)
Es gibt durchaus andere theologische Deutungen, die ebenfalls mit dem Neuen Testament in Einklang stehen. Schau mal hier: (
Link)
(07-05-2017, 19:30)Feuerblume schrieb: [ -> ]3) Wie steht es um die Menschen, die von der Lehre Jesus nie gehört haben? Die können nicht an ihn glauben, sind diese Menschen dann verloren?
4) Wie steht es mit Menschen, die ein gutes Leben führen, aber nicht gläubig sind?
Dieses Problem kommt nur durch den Alleinvertretungsanspruch der (insbesondere römisch-katholischen) Kirche zustande. Jede Religion hat ihren eigenen Umgang mit Konflikten, Versagern und Gestrauchelten. Vielleicht ist die christliche Mythologie viel zu sehr auf das Jenseitige und seine Hölle fixiert. Die Kirchen und frommen Religionsgemeinschaften scheuen sich, zu sagen, dass sie Mythen hinterher laufen - noch dazu sehr alten. Inspiration ja, aber jede Generation muss ihren Frieden
untereinander selbst aushandeln. (Ich bin dafür, die vielen "kleinen Sünden" als nicht belastend einzustufen und in allen anderen Fällen einen Täter-Opferausgleich anzustreben.)
Religion und ihre Mythologie ist keine Rechtfertigung im negativen wie im positiven Sinne, sondern bestenfalls Quelle der Inspiration (Motto: "Wie hat man es früher gemacht? Hat das für mich/für uns Bedeutung? Kann man es heute anders/besser machen?) Wenn Religion zum Problem wird, schaffe dir die zu strenge, unlogische, quälende Religion einfach "vom Hals". Religion hat die Aufgabe, unsere Beziehungen vorzubereiten (Gerechtigkeit, Nächstenliebe, Solidarität, soziale Achtsamkeit, Friede). Wenn sie das nicht schafft, ist sie verkehrt!