(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]In diesem Buch habe ich kein F84 gefunden, ein weiterführender Link wäre ganz ok. Folgendes habe ich im Kitáb-i-Aqdas gefunden:
Lieber Rudi,
das ist nicht das Kitáb-i-Aqdas, sondern die Zusammenfassung. Den Text des vorerwähnten Abschnitts habe ich wörtlich zitiert. Es gibt in der veröffentlichten Ausgabe vier Hauptteile, und zwar sind das:
1. Der Text des Buches selbst (Die Verse werden meist mit einem "K" markiert, also K1, K122, usw.)
2. Die Fragen und Antworten, ein Katalog von Anfragen an Bahá'u'lláh nach erläuterung bestimmter Gesetze (Wird meist mit einem "F" markiert). Aus diesem Teil stammt, wie unschwer zu erkennen, auch der zitierte Absatz.
3. Die Zusammenfassung (Wird selten bis gar nicht zitiert)
4. Die Erläuterungen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit (Wird mit einem "E" markiert). In diesem Teil werden Kommentare von 'Abdu'l-Bahá, Shoghi Effendi und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit zu allen Versen des Kitáb-i-Aqdas zusammengetragen, die erläuterungsbedürftig waren - also so ziemlich alles
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Alle Fragen, die Ehen mit Blutsverwandten betreffen, sind dem Haus der Gerechtigkeit vorzulegen.
Mit "Ehen zwischen Blutsverwandten" ist hier nicht Inzest gemeint, sondern die weiteren Verwandtschaftsgrade, z.B. Cousin-Cousine, Tante-Neffe, usw. Da die Grenzen dessen, wie nah sich potenzielle Ehepartner höchstens stehen dürfen, um heiraten zu können, ist kulturell sehr unterschiedlich, sodass es hier nicht dem Universalen Haus der Gerechtigkeit, sondern den Nationalen Häusern der Gerechtigkeit für die Zukunft obläge, diese Grenzen gesetzlich zu definieren.
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Bei euch darf man also schon mit 15 heiraten. Warum? Wer hat das festgelegt?
Das hat Bahá'u'lláh festgelegt, allerdings muss man dazu einige zusätzliche Details bedenken.
1. War das gewöhnliche Heiratsalter seiner Zeit neun. Ehen deutlich vor diesem Alter waren aber auch keine Seltenheit. Dass Ehen erst geschlossen wurden, wenn beide Partner dazu in der Lage waren, selbst über ihre Partnerwahl zu entscheiden, war zur damaligen Zeit eine utopische Vorstellung. Es bedeutet also eine Verbesserung der Rechtsstellung gegenüber dem geltenden islamischen Recht.
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Die Verlöbniszeit darf 95 Tage nicht überschreiten. Wieso nicht?
Um der damaligen Situation Abhilfe zu schaffen, dass teilweise schon vor der Geburt eine Heirat arrangiert wurde und man quasi schon verlobt auf die Welt kam. Eine Heirat sollte daher im bewussten Gegensatz dazu unter Bahá'í erst angekündigt werden, wenn zwei Partner sich aus Liebe zueinander zu diesem Schritt entschlossen und die notwendigen Vorbereitungen getroffen haben. Eine Verlobung ist im orientalischen Kulturraum aber auch noch einmal etwas ganz anderes als das, was wir im Westen darunter verstehen. Hier verlobt man sich teilweise Jahre vor der Hochzeit, einfach um ein Zeichen zu setzen, dass man zusammen gehört. Im Orient ist die Bekanntgabe einer Verlobung gleichbedeutend mit der Einladung zur Hochzeit.
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Wieso kommen Dorbewohner preisgünstiger zu einer Frau? 2316,20 € kostet die Morgengabe für einen Städter, und 26,22 € für einen Dörfler...
Die Morgengabe ist kein Kaufpreis für die Ehefrau. Das ist das Problem, wenn man nur die Zusammenfassung liest und nicht den Text und die Erläuterungen. Anders als zur damaligen Zeit üblich ist es keine Zahlung an den Schwiegervater, um die "fehlende Arbeitskraft" im Haushalt zu ersetzen, sondern eine Absicherung für die Ehefrau. In der Regel findet dieses Gesetz in übertragender Form Anwendung, indem z.B. ein Sparvertrag oder etwas ähnliches abgeschlossen wird. Manch einer bezahlt von dem Geld das Brautkleid. Ganz davon abgesehen ist dieses Gesetz überhaupt nicht in Kraft und hindert mich in keinster Weise an meinem Bahá'í-Sein
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Ich habe dort einmal weitergelesen und das ist schon etwas seltsam was du da glaubst...
Die Vorschriften fürs Erbe z.B.
Das Bahá'í-Erbrecht ist ein sogenanntes Intestatsrecht, das also nur dort in Kraft tritt, wo kein persönliches Testament vorhanden ist und kein staatliches Gesetz die Erbschaft regelt. In Deutschland kann es folglich schon mal per se nicht zur Anwendung kommen. In der Abfassung seines Testaments ist ein Bahá'í völlig frei, er kann sein Vermögen verteilen, wie er lustig ist. Das schließt auch Nicht-Bahá'í ein.
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Hinterläßt jemand keine der vorerwähnten Erben, so fällt der gesamte Nachlaß dem Haus der Gerechtigkeit zu.
Was im Übrigen im bundesdeutschen Erbrecht nicht anders ist. Wo keine gesetzlichen Erben vorhanden sind, fällt das Vermögen an den Staat. Es kann ja nicht einfach irgendwo im luftleeren Raum umherwabern, oder? Und da das erbrecht sowieso nur für Fälle vorgesehen ist, in denen keine staatliche Gewalt existiert, die etwas Sinnvolles damit anfangen würde... sehe ich da überhaupt kein Problem drin.
(15-11-2017, 19:51)Rudi schrieb: [ -> ]Ich denke, wir sollten darüber an anderer Stelle reden, ich sehe da Bedarf...
Das können wir natürlich gerne tun.