(18-10-2018, 13:51)Kreutzberg schrieb: [ -> ]Über die Konsequenzen des sog. Apostelkonzils für die danach folgende Missionierung ist mir ebenfalls nichts bekannt.
Das Apostelkonzil war sicher eine starke Zäsur in der Christengemeinde.
War das Christentum die erste Zeit eine Bewegung innerhalb des Judentums, wurden nun auch Nichtjuden aufgenommen!
Mit Sicherheit wurden die ersten Nichtjuden argwöhnisch beäugt. Ohne es zu wollen, schleppten sie sicher auf Schritt und Tritt unbekannte Sitten ein. Plötzlich duftete es bei Ausflügen nach gebratenem Schweinefleisch, die Männer nahmen in der Christenversammlung die Kappen ab (oh Schreck!), Brot aus Sauerteig wurde gegessen und den Brüdern und Schwestern angeboten, und das knusprige Rindfleisch war - obwohl Rindfleisch - dennoch nicht koscher, da nicht richtig gemäß Thora ausgeblutet. Andere Musikinstrumente (Panflöten) wurden beim Singen gehört - der Graus jedes Israeliten. Ephraim hatte daher eine gegrillte Haxe von einer koscher geschlachteten Kuh mitgebracht - aber entsetzlicherweise hatte der Bruder Odysseus das Essen ruiniert - er hatte mit seinem Messer zuerst den köstlichen Ziegenkäse geschnitten und dann, noch bevor ihn jemand daran hindern konnte, die Rinderhaxe angeschnitten - die damit treife wurde !!!
Dann kam der Bar Kochba Aufstand
Da die Christen gewaltlos waren und bei der nationalen Erhebung nicht mitkämpften, wurden alle getauften Juden aus ihren Synagogen ausgestoßen (Cherem).
Dies war im Jahre 135
Die nächste Zäsur !
Es gibt keine Statistiken darüber, man kann aber vermuten, daß ein großer Teil der Judenchristen sich nun, als es hart auf hart ging, für ihre Familien entschieden, dem Christentum den Rücken zeigten, und als normale Juden in ihren Synagogen verblieben.
Sicher blieben die einen oder anderen überzeugten Christen in den Christenversammlungen und nahmen die Verstoßung aus ihren Synagogen in Kauf, womit auch die Verstoßung aus ihren Familien einher ging.
Das Gros der Judenchristen wandte aber wohl der Christensekte den Rücken zu.
Nun war die Ecclesia auch formell von der Synagoge getrennt.
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Man kann das Frühchristentum in mehrere Etappen teilen:
1.) Wirken von Johannes dem Täufer, Wirken Jesu
Das Letzte Abendmahl war ein Treffen von Juden christlichen Glaubens.
2.) Das Apostelkonzil öffnete das Christentum auch für Nichtjuden
Die ersten Nichtjuden in der Christenheit sind sicher aufgefallen. Es kam aber bald zu einem modus vivendi zwischen Juden und Nichtjuden
Die Juden blieben selbstverständlich Angehörige ihrer Synagogen. Dies war schon deshalb erforderlich, um in ihren Familienverbänden bleiben zu können. Ein "Austritt" aus dem Judentum war undenkbar und formell gar nicht vorgesehen.
Ein "Austritt" aus dem Judentum war nur dadurch machbar, daß das Synagogenmitglied öffentlich gegen jüdische Lehre verstieß. Dies war vor dem Jahre 70 mangels einheitlicher Lehre (siehe das Spannungsfeld Pharisäer - Sadduzäer) gar nicht so eindeutig möglich !
Allerdings war beiweitem nicht das ganze Judentum in Synagogen organisiert; das mächtige sadduzäische Judentum (Partei der Hohepriester) gehörte nicht den Synagogen an. Die Synagogen waren die Versammlungen der Pharisäer. Ein cherem durch eine Synagoge hatte damit bis zum Jahre 70 nur den Charakter einer Verstoßung aus einem religiösen Club
2a) Nach dem Jahre 70 zogen die Synagogen andere Saiten auf. Da die sadduzäische Bevormundung weggefallen war, dominierten sie das Judentum mehr und mehr.
Mit Sicherheit wurde nun der Glaubensgehorsam in den Synagogen gestrafft.
Judenchristen mußten nun vorsichtiger mit ihren Glaubensansichten sein.
Jedenfalls waren die (tendentiell weniger werdenden) Judenchristen eine Gruppe von Leuten, die noch jüdisch erzogen waren, die Thora und die Propheten eingehend studiert hatten, und somit viel altes israelitisches Wissen ins Christentum einbrachten - bei der Interpretation von unverständlichen Texten des Tanach (AT) sicher eine begehrte Hilfe.
In diese Periode (zwischen 70 und 135) fällt auch die Geheime Offenbarung / Apokalypse
Hier wird tatsächlich in zwei Gruppen differentiert:
Die 144.000 "aus allen Stämmen der Söhne Israels" (Offb 7:4 EÜ)
Die "große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen" (Offb 7:9 EÜ)
3) Der gescheiterte Bar Kochba Aufstand war die nächste Zäsur. Die meisten Judenchristen kehrten der Christenheit den Rücken, um nicht ihre bürgerliche Existenz (Ausstoß aus der Synagoge, damit Abbruch aller Kontakte mit ihren Familien, damit auch Ausstoß aus den Berufsvereinigungen und auch Verlust der Altersversorgung die damals nicht staatlich sondern familiär organisiert war) zu verlieren.
Nach dem Jahre 135 mögen noch einzelne Juden in der Ecclesia verblieben sein, doch das war die Ausnahme.
Als diese letzten Judenchristen dann alt wurden und ab 180 verstorben waren, konnte kein Christ mehr Hebräisch
Das Verständnis des AT war schwierig geworden.
Dies kann man nicht damit abtun, daß das AT keine Relevanz für die Christen hätte, denn immerhin ist die wichtige Geschichte von Adam und Eva mit ihrer Erbschuld im AT
Ebenso Kain und Abel, die Sintflut und andere wichtige Geschichten
Und die Propheten, die ja Jesus vorhersagten
Wenn ein in der Christenheit verbleibender Judenchrist im Jahre 135 etwa 15 Jahre alt war, dann war er 120 geboren.
Im Jahre 180 war er 60, damals ein hohes Alter
Man kann daher davon ausgehen, daß die Christenheit ca ab dem Jahre 180 beim Lesen des AT im Dunkeln tappte
Die Kirchenväter waren ab diesem ungefähren Zeitpunkt 180/200 mehr und mehr ratlos und begannen zu schwimmen
Die verschlüsselte Offenbarung konnte keiner der Kirchenväter sinnvoll interpretieren.
Oder hat da jemand eine andere Meinung ?