(25-02-2020, 23:07)Sinai schrieb: [ -> ] (25-02-2020, 11:23)Ulan schrieb: [ -> ]Das steht, Stoerche sind "abscheulich". Alle Aasfresser, also auch Stoerche, wurden besonders verabscheut.
Du haust schon wieder alles durcheinander.
Adler sind keine Aasfresser und dennoch gilt ihr Fleisch als abscheulich.
Natuerlich sind Adler Aasfresser, genau wie Stoerche. Der potentielle Kontakt mit Leichen ist hinter vielen der Kategorisierungen als "unrein".
(25-02-2020, 23:07)Sinai schrieb: [ -> ]Um zum Storch zurückzukehren: Obwohl das Fleisch des Storches nicht verspeist werden darf, weil es als abscheulich definiert ist, muß der lebende Vogel nicht schlecht sein.
Es geht hier nicht um das Ansehen des Vogels, sondern darum, dass er unrein ist. Jeglicher Kontakt mit einem unreinen Tier entheiligt den Menschen, der diesen Kontakt hat, und macht ihn selbst unrein.
Im Prinzip ist das aber auch egal, da die Szene, wie gesagt, sowieso schon einen Engel hat, der als solcher bezeichnet wurde, waehrend die Wesen, um die es hier geht, schlicht als Frauen bezeichnet werden, genau wie die Frau in der Tonne. Eine Interpretation als "Engel" fuer diese Frauen ist somit unwahrscheinlich.
(25-02-2020, 23:19)Sinai schrieb: [ -> ]Jede Zeit hat "ihre" Forschung. Die "heutige" Forschung ist in vielem sehr hochstehend, aber sie ist keineswegs unfehlbar und außerdem ist sie im derzeitigen Zeitgeist beheimatet und besoldet
"Unfehlbar" ist eh nur eine religoese Kategorie. In der Welt existiert das nicht. Ist aber auch egal. Mein Haupthinweis betraf die Korrektur Deiner Aussage zur Bedeutung der Engel im rabbinischen Judentum, was halt auch am Ausrangieren von Engelsinterpretationen bei den Tannaiten sichtbar wird, worauf auch der von Praytes zitierte Text deutlich hinweist.
(25-02-2020, 23:07)Sinai schrieb: [ -> ] (25-02-2020, 11:23)Ulan schrieb: [ -> ]Wie auch immer, der "Materie"-Begriff ist um die Zeit Jesu schon seit einem halben Jahrtausend in der Gedankenwelt fest verankert.
Hier möchte ich einhaken. Du meinst wohl grob gesprochen den Zeitraum des Herodianischen Tempels ?
Betrachten wir diese ungefähr hundertjährige Zeitspanne (21 v. Chr. bis 70 n. Chr.)
Im alten Griechenland gab es schon Jahrhunderte früher einzelne (kleine) Philosophenschulen, die einander aber in Grundlegendem widersprachen und die noch dazu so manche Schlüsselbegriffe unterschiedlich (!) definierten. Diese altgriechischen Philosophenschulen wurden von den echten Israeliten nicht beachtet; lediglich einige zu Abtrünnigkeiten bereite Israeliten in der fernen Diasporastadt Alexandria (eine vom Griechen Alexander dem Großen gegründete Stadt) verstanden kein Hebräisch mehr und waren affin zur griechischen Sprache und auch Kultur.[...]
Von einer "festen Verankerung" griechischer Begriffe im Israel zur Zeit des Tempels kann nicht gesprochen werden!
Das mag Dein Wunschdenken sein, ist aber bar jeder Begründung
Wir haben dieses Thema schon oefter diskutiert, und hier ist es
Deine Sichtweise, die unhistorisch ist. Judaea war bereits komplett hellenisiert, bevor die makkabaeische "Renaissance" eine Wiederbelebung von aelteren Traditionen anregte. Das aendert aber halt nichts daran, dass die Grundlagen griechischer Philosophie die ganze hellenistische Welt, also auch Judaea und Galilaea, weiter praegten. Dass unterschiedliche Philosophenschulen Details unterschiedlich interpretierten, ist dabei unerheblich. Wichtig ist, dass sich der Apostel Paulus und das fruehe Christentum ausgiebig mit diesen Materiediskussionen befassten, oder Paulus wuerde sich nicht in endlosem Gerede ueber die Materie auslassen, aus dem die Koerper der Erde, des Himmels und der Auferstandenen gemacht sind. Auch die Evangelien weisen in bestimmten Punkten in die Richtung, dass gewisse philosophische Standardwerke weit gelaeufig waren (siehe z.B. die Heilung des blinden Mannes bei Jericho). Nebenbei angemerkt: dass auch die Apostelgeschichte die Verwendung der Septuaginta in der Jerusalemer Gemeinde anstelle des hebraeischen Textes belegt, haben wir schon ausfuehrlich besprochen.
Du verwechselst hier die Ablehnung griechischer Philosophie, wie sie in den Evangelien z.B. deutlich wird, damit, dass diese Philosophie keine Rolle spielte. Um etwas abzulehnen, muss man es zumindest in Grundzuegen kennen. Die griechisch-philosophischen Ideen waren deshalb im Denken pervasiv, auch wenn die Schlussfolgerungen daraus abgelehnt wurden.