philly schrieb:Ich habe noch mit einem muslimischen Freund von mir gesprochen.
[…]
Ich frage mich jetzt nur ob er die Ausnahme oder die Regel mit dieser Meinung ist.
[…]
Ich befasse mich ja erst seit dem Beginn dieser Präsentation mit dem Islam -
Über die Person Jesu werden Islam und Christentum nicht zueinander finden. Zu unterschiedlich ist seine Stellung in den beiden Religionen.
Da Du angemerkt hast, dass Du Dich bisher mit dem Islam noch nicht befasst hättest, gebe ich Dir gerne ein paar Ratschläge, wie man sich dieser Religion meiner Meinung nach als Außenstehender nähern sollte, um einen Überblick zu gewinnen.
Grundsätzlich solltest Du beachten:
Es gibt zahllose Darstellungen, was der Islam sei und was er nicht sei, wie er – und vor allem seine Texte, Koran, Sunna, etc. - verstanden werden müsse, was wörtlich als göttliche Rede zu gelten habe, was im historischen Kontext zu verstehen sei, und einiges mehr.
Ob man den Islam ideengeschichtlich als Ganzes darstellen kann, ist umstritten. Meiner Meinung nach ist das nicht möglich. Zu unterschiedlich war seine Entwicklung in den verschiedenen Rechtsschulen und Strömungen, insbesondere in denen seiner vielen schiitischen Varianten.
Auch die großen sunnitischen Rechtsschulen geben auf Fragen der Gläubigen oftmals recht unterschiedlich Auskunft.
Es ist also Vorsicht geboten, wenn Muslime vorgeben, was denn nun islamisch zu sein habe und was nicht. Solche Auskünfte sind für die Gesamtheit der Muslime nahezu nie repräsentativ.
Erfahrungsgemäß bieten sich (überwiegend im Internet) zumeist solche Muslime als Auskunftspersonen an, die Minderheitspositionen vortragen, und zwar jene der fundamentalistisch-extremistischen Art (Salafismus, Wahhabismus, Dschihadismus, etc.) mit allen "Graustufen" ebenso wie andere, die einen mystischen, aber auch einen säkular-philosophischen Islam vertreten (dem Sufismus zuneigende Personen; div. arabisch-, türkisch-, persischstämmige Professoren, die an westlichen Universitäten lehren und ihre Schülerschaft, u.a.).
Die große Mehrheit der Muslime, die ihre Religion (in der Regel friedlich! und durchaus unterschiedlich!) in ihren Moschee-Gemeinschaften leben, meldet sich nicht zu Wort. Dazu zwei Beispiele aus meinem Bekanntenkreis:
Ein Muslim libanesischer Herkunft, der (als Sunnit) die religiösen Vorschriften, die er für sich als verbindlich erachtet, strengsten beachtet, sich in Fragen, in denen er unsicher ist, Rat beim Mufti einholt, bemüht ist, gottgefällig zu leben, tut das, ohne dass es die Menschen seiner Umgebung bemerken. Was andere tun, darum kümmert er sich nicht. Religion ist seiner Meinung nach eine Sache, die sich zwischen dem einzelnen Menschen und Gott abspielt und niemand hätte das Recht, sich bei dem, was andere tun, ungebeten einzumischen oder gar Vorschriften zu machen.
Darüber hinaus kümmert er sich als Krankenpfleger gleichermaßen aufopfernd um seine Patienten, egal welcher Religion sie angehören, ob sie gläubig oder ungläubig sind, ist für ihn ohne weitere Bedeutung.
Ein mir befreundeter Muslim türkischer Herkunft lebt seinen Islam auf andere Weise. Er bekennt sich zwar durchaus zu seiner Religion, geht aber kaum in die Moschee, betet nicht, trinkt Wein und isst manchmal auch eine Leberkäs-Semmel oder ein Schweinsschnitzel, wenn ihm danach verlangt.
Wird er von anderen Muslimen, auf seine Art zu leben, angesprochen, gibt auch er zur Antwort, dass niemand zwischen dem Menschen und Gott zu stehen, bzw. er seine Lebensführung nicht vor den Menschen zu verantworten habe.
Bemerkenswert ist, dass die beiden Muslime, die ich beschrieben habe, trotz unterschiedlichster Auffassung, wie der Islam zu leben sei, miteinander großartig auskommen. Es ist die Grundhaltung, wonach niemand berechtigt ist, sich in die Lebensführung anderer Menschen einzumischen, was die beiden verbindet.
Solltest Du Fragen an mich haben, werde ich sie Dir gerne beantworten.