(12-11-2020, 22:37)Ulan schrieb: [ -> ] (12-11-2020, 21:56)Gundi schrieb: [ -> ]"Wir sollten einen Konsens in der demokratischen Welt suchen und Allianzen schmieden, statt unsere Feinde zu vermehren. Eine offene, flexible Laizität ist dafür ein effizienteres Mittel"
Eine "offene, flexible Laizitaet" ist immer noch eine Laizitaet.
Wie sollte so etwas denn aussehen? Und wäre es dann überhaupt noch Laizismus?
Ansonsten habe ich diesen Ausschnitt zitiert, um auf Davuts Behauptung zu reagieren: "Sie hat mit keinem Wort gefordert...die konsequente Trennung von Religion und Staat also, zu verändern."
Das macht sie eben sehr wohl mit ihrem Vorschlag eines offenen, flexiblen Laizismus.
"Offen" und "Flexibel" klingt ja erst mal gut. Am Ende wird es aber auf Einschränkung der Meinungsfreiheit ("Beleidigung"), die staatliche Förderung von Religion hinauslaufen und radikale Gläubige in ihren Forderungen bestärken. Denn was flexibel ist, kann man auch in die eigene gewünschte Richtung biegen.
(12-11-2020, 22:37)Ulan schrieb: [ -> ]Was sie will, ist ein ruecksichtsvoller Umgang miteinander.
Imho eine hohle Phrase. Frage hundert Leute, ob sie einen rücksichtsvollen Umgang miteinander wollen und hundert Leute werden sagen: ja, klar.
Rücksichtnahme legt aber jeder anders aus.
(12-11-2020, 22:37)Ulan schrieb: [ -> ] (12-11-2020, 21:56)Gundi schrieb: [ -> ]Deswegen funktioniert Laizität alleine im "luftleeren Raum" natürlich nicht. Es ist aber kein Argument gegen Laizität als solche.
Dann ist ja gut, dass sie sich nicht gegen die Laizitaet als solche wendet.
Da Du hier, obwohl der Artikel eindeutig die gegenteilige Aussage macht, auf dieser Auslegung bestehst
Sie bringt den Laizismus als eine Hauptursache für Terror. Das drückt ja bereits der Titel aus "Frankreichs Laizität - ein gefährliches Modell". Die Gefahr geht ihrer Meinung nach also vom Laizismus aus. Und es gibt ja noch mehr solcher Textstellen:
"Das radikale Modell der Laizität Frankreichs schwächt unsere moderne Demokratie, statt sie zu stärken" --> Behauptung ohne jeden Beleg.
"Um die Frage der Laizität, also des Verhältnisses zwischen Staat und Religion in einer modernen Gesellschaft, kommen wir trotzdem nicht herum." --> Warum? Konnte die Autorin nicht beantworten.
"Frankreich hat für sein Modell teuer bezahlt." --> Frankreichs Laizismus ist also quasi mehr oder weniger selber Schuld am Terror
Mir unverständlich, wie man den Artikel anders lesen kann. Der Laizismus wird als Hauptproblem benannt, ohne diese Behauptung belegen zu können und dann werden angebliche Lösungen für dieses konstruierte Problem aufgeführt. Dabei bleibt die Autorin aber vollkommen im Nebulösen (denn was eine offene, flexible Laizität sein soll und wie diese in der Praxis aussehen könnte sagt sie ja nicht). Täter-Opfer-Umkehr und einseitige Betrachtung wird auch noch ein wenig betrieben und voila, fertig ist der Artikel.
Das ganze noch garniert mit unterschwelligem Gruppendenken und absolut fehlender Ausdifferenzierung dieser Gruppen. Beispiel:
"Hingegen erwarten wir heute, vor allem in Frankreich, von Moslems wie von Christen, Juden oder Buddhisten, dass sie die Beleidigung ihres Glaubens dulden".
Sie spricht ausschließlich von Beleidigungen (womit der Täter klar ist, nämlich auch der Zeichner satirischer Karrikaturen) und geht mal eben davon aus, dass sich offenbar alle Mitglieder einer Religionsgemeinschaft gleichermaßen beleidigt fühlen. Mal wieder ein Schlag ins Gesicht für alle aufgeklärten, säkularen Gläubigen (die von den Linken aber ohnehin nicht zur Kenntnis genommen werden).
Weiteres Beispiel für die ungleiche Behandlung von Menschengruppen:
"Dass diese Karikaturen auf Fassaden von öffentlichen Gebäuden in Toulouse und Montpellier projiziert wurden, war eine unnötige Provokation."
Muslime sind laut Autorin offenbar kleine dumme Kinder, die leicht zu provozieren sind und dann komplett ausrasten.
Westliche Nichtmuslime hingegen sollen sich doch bitte wie vernünftige Erwachsene verhalten und nicht provozieren. Und sie sollen natürlich auch so vernünftig sein und sich nicht provozieren lassen (denn man könnte, der Logik der Autorin folgend, die Projektionen auf den Fassaden ja genauso als Reaktion auf die Provokation des Terrors ansehen und das ganze dann umkehren).
Das Phänomen ist bei Linken leider nicht selten anzutreffen: Die unterschiedliche Zuschreibung von Eigenschaften und die damit einhergehende unterschiedliche Bewertung von Taten sowie die unterschiedliche Forderung im Verhalten.