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Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 25-08-2025

Beitrag #161, abgetrennt aus "Christentum und Wiedergeburt"
(25-08-2025, 21:45)Ekkard schrieb: Ich persönlich verstehe die Evangelien sehr gut und wüsste nicht, wo es da übergroße Schwierigkeiten gäbe.

Mit freundlichen Grüßen
Ekkard

Du Glückspilz!

Ich habe in meinem Leben schon mit dutzenden Geistlichen der Katholiken, Piusbruderschaft, Lutheraner, Calvinisten, Freikirchen, Evangelikalen, Liebhaberinnen des Zungenredens, mit Ältesten und Dienstamtsgehilfen und einfachen Mitgliedern der Zeugen Jehovas gesprochen, mit wohl hunderten einfachen Katholiken und Protestanten und einzelnen Griechisch Orthodoxen und Anglikanern (bei meinen Sprachkursen in England), mit Atheisten - doch so was wie du sagst habe ich noch von keinem gehört.

Jeder noch stöhnte unter der Last der vielen Rätsel in den Evangelien

Es ist gerade ein Zeichen der Demut, zuzugeben dass man nicht alles versteht

Erst unlängst war ein Christ ratlos ob folgender Passage im Evangelium:
"Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist." Matthäus 5,48

Schwierigkeit: Was bedeutet "vollkommen" praktisch? Moralische Ideale der Antike sind anders als heutige Vorstellungen.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ekkard - 26-08-2025

Überleg doch mal, wie ein frommer Jude denkt: Alles kommt von Gott! Also trägt der Mensch die Verantwortung für sich, andere und die Umwelt. "Vollkommen" ist, wer alles Tun (vor Gott, dem "himmlichen Vater") verantworten kann. Und dann würde ich empfehlen, ein Bisschen Kontext zu studieren. So schwierig ist doch nicht zu verstehen, dass es um diese Art der Haltung geht.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

Aber so vollkommen sein wie der himmlische Vater ?


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

Wäre es nicht anmaßend, so perfekt sein zu wollen wie Gott ??


(26-08-2025, 00:14)Ekkard schrieb: Überleg doch mal, wie ein frommer Jude denkt: Alles kommt von Gott! Also trägt der Mensch die Verantwortung für sich, andere und die Umwelt. "Vollkommen" ist, wer alles Tun (vor Gott, dem "himmlichen Vater") verantworten kann.

Kannten Juden den Begriff des himmlischen Vaters? Oder galt es als Gotteslästerung sich als Sohn Gottes zu bezeichnen?


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

Aber kehren wir zum Thema zurück: es gibt ja auch andere schwer verständliche Passagen

"Wenn ihr dann am heiligen Ort den unheilvollen Gräuel stehen seht, der durch den Propheten Daniel vorhergesagt worden ist - der Leser begreife -,
dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen;
wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht mehr ins Haus gehen, um seine Sachen mitzunehmen;
wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen.
weh aber den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen.
Betet darum, dass ihr nicht im Winter oder an einem Sabbat fliehen müsst. . . "
Matthäus 24,15-21 (Einheitsübersetzung)

Was soll der Leser begreifen? Ich begreife es nicht - aber Du begreifst es ja sicher Icon_smile
Was ist, wenn ein Mann auf dem Feld ist - soll er dann nicht nach Hause eilen, um sein Kind zu retten?
Wie ist diese Drohung gegen die stillenden Mütter und deren Babys konkret gemeint? Klingt unheilschwanger und unheimlich
Was wäre an einem Sabbat schlimmer? Christus sagte ja:
'Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.' Markus 2,27–28


RE: Das NT - schwer verständlich? - subdil - 26-08-2025

(25-08-2025, 23:56)Sinai schrieb: ... Jeder noch stöhnte unter der Last der vielen Rätsel in den Evangelien


Ich sehe es wie Ekkard. Die Evangelien (und die Apostelgeschichte) sind in ihrer Essenz sehr einfach zu verstehen. 

Gott ist als Jesus Christus auf die Erde gekommen, um durch sein Erlösungswerk, also seinen Opfergang am Kreuz, die Menschen zu erlösen und zu retten. Die einzige Bedingung ist, dass ein Mensch dieses Erlösungswerk für sich persönlich im Glauben annimmt. 

Alles andere ist im Vergleich dazu nebensächlich (anderes ist schon auch wichtig, aber nicht zentral). Und genau hier liegt die Gefahr: Man kann sich endlos in Auslegungs-Fragen und Interpretationen von unklaren Stellen verlieren und dadurch die glasklare und heilsentscheidende Zentralbotschaft (die frohe Botschaft) aus den Augen verlieren. 

Im Übrigen will ich die Beschäftigung mit den mysteriösen Elementen des Neuen Testaments gar nicht schlecht reden. Ich habe da auch immer wieder ganz wichtige Fragen - aber das hat seinen Platz eben erst nachdem man die zentrale Botschaft verstanden und für sich angenommen hat.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ekkard - 26-08-2025

(25-08-2025, 23:56)Sinai schrieb:
(25-08-2025, 21:45)Ekkard schrieb: Ich persönlich verstehe die Evangelien sehr gut und wüsste nicht, wo es da übergroße Schwierigkeiten gäbe.
Erst unlängst war ein Christ ratlos ob folgender Passage im Evangelium:
"Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist." Matthäus 5,48

Schwierigkeit: Was bedeutet "vollkommen" praktisch? Moralische Ideale der Antike sind anders als heutige Vorstellungen.
Darauf hatte ich dich auf die Denkweise der Juden hingewiesen mit der Bemerkung: "Vollkommen ist, wer alles Tun vor dem "himmlischen Vater" verantworten kann.

(26-08-2025, 00:41)Sinai schrieb: Aber so vollkommen sein wie der himmlische Vater ?

(26-08-2025, 01:26)Sinai schrieb: Wäre es nicht anmaßend, so perfekt sein zu wollen wie Gott ??

Der Unterschied zwischen einer Forderung und dem Sein ist dir aber schon bekannt? Also manchmal "menschelt" es, und wir verfallen der Sünde d. h. wir können unser Tun eben nicht verantworten. Aber die Matthäus-Stelle sagt ja auch "sollt".

(25-08-2025, 23:56)Sinai schrieb: Kannten Juden den Begriff des himmlischen Vaters? Oder galt es als Gotteslästerung sich als Sohn Gottes zu bezeichnen?
Der Jude Jesus auf jeden Fall! Und der stand mit allen möglichen Partialgesellschaften (Essener, (Liebe-) Pharisäer) in Verbindung, so dass anzunehmen ist, dass Gott auch eine gute Vaterfigur abgibt.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ekkard - 26-08-2025

(25-08-2025, 23:56)Sinai schrieb: ... Jeder noch stöhnte unter der Last der vielen Rätsel in den Evangelien
(26-08-2025, 14:40)subdil schrieb: Gott ist als Jesus Christus auf die Erde gekommen, um durch sein Erlösungswerk, also seinen Opfergang am Kreuz, die Menschen zu erlösen und zu retten. Die einzige Bedingung ist, dass ein Mensch dieses Erlösungswerk für sich persönlich im Glauben annimmt.
Ja, so ist die offizielle Lesart, hauptsächlich der katholischen Kirche. Man muss aber berücksichtigen, dass diese Lesart eine späte Erfindung ist. In den Evangelien liest man überwiegend einen genauen Unterschied zwischen Menschensohn und himmlischem Vater.
Und die "zentrale Botschaft" ist typisch jüdisch: Nächstenliebe, Lebensschutz 

(26-08-2025, 14:40)subdil schrieb: Alles andere ist im Vergleich dazu nebensächlich (anderes ist schon auch wichtig, aber nicht zentral). Und genau hier liegt die Gefahr: Man kann sich endlos in Auslegungs-Fragen und Interpretationen von unklaren Stellen verlieren und dadurch die glasklare und heilsentscheidende Zentralbotschaft (die frohe Botschaft) aus den Augen verlieren.
So ist es! 
Im Übrigen sind bisher keine Beispiele aufgetaucht, die nicht vergleichsweise einfach zu erkennen und zu lösen sind.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ulan - 26-08-2025

(26-08-2025, 15:19)Ekkard schrieb: Im Übrigen sind bisher keine Beispiele aufgetaucht, die nicht vergleichsweise einfach zu erkennen und zu lösen sind.

So ist es. Sinais "Verstaendnisprobleme" resultieren meist aus dem Widerspruch zwischen dem, was der Text sagt, und dem, was er selbst fuer die christliche Botschaft haelt.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ekkard - 26-08-2025

(26-08-2025, 18:48)Ulan schrieb: Sinais "Verstaendnisprobleme" resultieren meist aus dem Widerspruch zwischen dem, was der Text sagt, und dem, was er selbst fuer die christliche Botschaft haelt.
Gewiss, aber was sagt ein religiöser Text?
Nehmen wir das Wort "vollkommen" aus dem Matthäus-Zitat: "Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist." Matthäus 5,48. Wir haben es hier mit dem Fazit der Seligpreisungen und einigen Regeln der Sittelehre zu tun. Was nach Matthäus in christlichen Gemeinschaften gelten "soll", wird in den Versen des Kapitels 5 genauestens beschrieben bis hin zu Anweisungen wie: 30: Wenn dich deine rechte Hand zum Abfall (vom Glauben und den Gemeinderegeln) verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir.

Also, "vollkommen wie euer himmlischer Vater" kann nur bedeuten, in allem das eigene Tun rechtfertigen zu können. Ein Leitfaden geben die Regeln aus Kap. 5.

Ordnet man den einzelnen Regeln eine buchstäbliche Bedeutung zu, dann werden sie sinnlos. Denn beispielweise ohne "rechte Hand" gäbe es dann viele, die keine nützlichen Glieder der Gemeinde wären. Fasst man hingegen derartige Texte als Idealisierung auf, kommt man zu einer "geleiteten" Haltung.

Man darf gespannt sein, was noch alles als "schwer verständlich" hervor geholt wird.


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

(26-08-2025, 20:43)Ekkard schrieb: Man darf gespannt sein, was noch alles als "schwer verständlich" hervor geholt wird.

Kostproben aus der Bibel:
"Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
"Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter" Matthäus 10.34f (Einheitsübersetzung)


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

(26-08-2025, 15:09)Ekkard schrieb: Der Unterschied zwischen einer Forderung und dem Sein ist dir aber schon bekannt? Also manchmal "menschelt" es, und wir verfallen der Sünde
d. h. wir können unser Tun eben nicht verantworten. Aber die Matthäus-Stelle sagt ja auch "sollt".

Das Wort "du sollst" ist nicht abschwächend gemeint, denn es heißt ja auch: Du "sollst" nicht töten


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

(26-08-2025, 14:40)subdil schrieb:
(25-08-2025, 23:56)Sinai schrieb: ... Jeder noch stöhnte unter der Last der vielen Rätsel in den Evangelien


Ich sehe es wie Ekkard. Die Evangelien (und die Apostelgeschichte) sind in ihrer Essenz sehr einfach zu verstehen. 

Gott ist als Jesus Christus auf die Erde gekommen, um durch sein Erlösungswerk, also seinen Opfergang am Kreuz, die Menschen zu erlösen und zu retten. Die einzige Bedingung ist, dass ein Mensch dieses Erlösungswerk für sich persönlich im Glauben annimmt. 

Alles andere ist im Vergleich dazu nebensächlich . . .


Ich nahm mir einmal einen großen Mietwagen - da wurde mir ein Machwerk von zwei kleingedruckten Seiten zur Unterschrift vorgelegt. Der Vermieter zeigte seine Ungeduld und wackelte mit dem Zündschlüssel, auf dem die Automarke sichtbar war und erzählte mir wie viel PS das Auto hat, und wie schnell es von 0 auf 100 ist . . .

Und ich wurde unlängst in der Fußgängerzone von einer Frau irgend einer christlichen Religionsgemeinschaft oder Sekte angequatscht - sie sagte "Jesus liebt dich - er will dich erlösen und retten. Die einzige Bedingung ist, dass du mir glaubst - komm und folge uns nach"

Als ich - misstrauisch geworden - begann, Fragen zu stellen, wurde sie ungeduldig und meinte, meine Fragen wären unwichtig - wichtig sei nur die Liebe zu den Menschen


RE: Das NT - schwer verständlich? - Ekkard - 26-08-2025

Kostprobe aus der Bibel:
(26-08-2025, 20:51)Sinai schrieb: "Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
"Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter" Matthäus 10.34f (Einheitsübersetzung)
Hallo Sinai,
was verstehst du daran nicht? Offensichtlich werden hier Tatsachen aus der Zeit früher Verfolgungen deutlich. Die Forderungen sind radikal, extremistisch würde man heute sagen. Die Leute sollen nicht an den alten Traditionen hängen, sondern sich auf die neuen Ideen einlassen.
Neue Ideen, neue Freiheiten sind auch heute unbequem und zertrennen alte Beziehungen. Manchmal ist das eben nötig.

Wo ist das Verständnis-Problem?
(Du magst das wohl nicht so radikal? Das kann ich verstehen; aber das gilt auch für den obigen Matthäus-Text.)


RE: Das NT - schwer verständlich? - Sinai - 26-08-2025

"Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter" Matthäus 10.34f

Wo bleibt denn da die Nächstenliebe ?