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Mission Impossible - nadia - 23-08-2008

@t.logemann

Zu deinem Beitrag antworte ich in diesem Neuen Thread; »Mission« ist sicherlich ein Thema...

t.logemann schrieb:was ist "Mission"? Dem anderen sagen: "...und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag`ich Dir den Schädel ein.."?

Das ist eher eine Folge missionarischer »Bemühungen«

Mission ist die Initiative Nichtzugehörige zu Zugehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft machen zu wollen. Mission ist kein christliches Monopol und nicht einmal eine rein religiöse Angelegenheit. In den stark ideologisch geprägten politischen Richtungen finden wir diese sendungsbewusste, oft aggressiv anmutende Haltung ebenfalls. Dogma und Ideologie sollen anderen nicht nur angeboten werden, sondern andere sollen dazu gebracht werden das »Angebotene« für sich zu übernehmen, sich dazu zu bekennen um fortan, Mitglied dieser Gemeinschaft sein.

Zunächst einmal möchte ich es dabei bewenden lassen; Detailfragen können dann im Weiteren erörtert werden.


RE: Mission Impossible - Fritz7 - 23-08-2008

(23-08-2008, 17:38)nadia schrieb: Mission ist die Initiative Nichtzugehörige zu Zugehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft machen zu wollen. Mission ist kein christliches Monopol und nicht einmal eine rein religiöse Angelegenheit.
Doch, zumindest im Deutschen ist der Missionsbegriff eindeutig christlich geprägt und später umgangssprachlich auf andere missionierende Religionen erweitert. Weiter gehts dann im Deutschen nicht mehr. Nicht jede macht- bzw. gewalt- bzw. manipulationsbegleitete weltanschauliche Indokrination mit anschließender Vereinnahmung in die eigene Mitgliedsorganisation ist Mission, Keilen für Vereine, Corporationen, Parteien oder Militärverbände ist KEINE Mission ... So zerfleddern kann man den Begriff allgemeinverständlich NOCH nicht.

Aktuelle Literatur zu christlichem Missionsverständnis: http://www.theologie-systematisch.de/religion/9mission.htm

Fritz


RE: Mission Impossible - nadia - 23-08-2008


Ich sehe gerade ein bereits existierendes Thema: »Mission« ... leider sind dort einige Beiträge beschädigt - schade.

Fritz7 schrieb:Doch, zumindest im Deutschen ist der Missionsbegriff eindeutig christlich geprägt und später umgangssprachlich auf andere missionierende Religionen erweitert.

Gut, dass Sie dies differenzieren - also, zunächst christlich geprägt und anschliessend erweitert - also - Mission ist heute kein christliches Monopol mehr.

Fritz7 schrieb:Nicht jede macht- bzw. gewalt- bzw. manipulationsbegleitete weltanschauliche Indokrination mit anschließender Vereinnahmung in die eigene Mitgliedsorganisation ist Mission, Keilen für Vereine, Corporationen, Parteien oder Militärverbände ist KEINE Mission

Stimmt! Nicht jede, zum Glück... Icon_cool

Manche extrem Orienterten - oft sind sie stark ideologisch geprägt - sprechen von »Vorsehung«, »Mission«, usw. und das in einem politschen Kontext. Auch Politik ist eine Art Glaubensfrage.

Etwas Lektüre
Robert Jay Lifton schrieb:Der Bekenntniskult

In enger Verbindung zur Forderung nach absoluter Reinheit steht eine Besessenheit mit persönlichem Bekenntnis. Dieses Bekenntnis geht soweit, daß es den Rahmen seiner normalen, religiösen, legalen und therapeutischen Ausdrucksformen sprengt, und zwar dergestalt, daß es selbst zum Kult wird. Es gibt die Forderung, daß man sich zu Verbrechen bekennt, die man nicht begangen hat, zu einer künstlich erzeugten Sündhaftigkeit, im Namen einer Buße, die willkürlich auferlegt wird. Derartige Forderungen werden nicht nur durch die allgegenwärtigen menschlichen Neigungen zu Schuld und Scham möglich, sondern auch durch die Notwendigkeit, diesen Neigungen Ausdruck zu geben. In totalitären Händen wird das Bekenntnis zum Mittel der Ausbeutung, anstatt für diese Verletzlichkeit Trost anzubieten.

Das totalitaristische Bekenntnis hat eine Reihe besonderer Bedeutungen. Es ist zunächst der Motor für die soeben erörterte Art der persönlichen Läuterung, ein Mittel zur Aufrechterhaltung einer ständigen inneren Befreiung oder eines psychologischen Reinwaschens; diese "Atmosphäre der Läuterung" (purging milieu) verstärkt die Herrschaft des Totalitaristen über die existentielle Schuld. Zweitens ist sie eine Akt symbolischer Selbstaufgabe, der Ausdruck für das Verschmelzen von Individuum und Umwelt. Drittens ist sie ein Mittel zur Aufrechterhaltung eines Ethos der totalen Auslieferung - eine Politik, alles über Lebenserfahrungen, Gedanken und Leidenschaften jedes einzelnen und besonders über jene Elemente, die als abweichlerisch angesehen werden können, öffentlich bekanntzugeben (oder zumindest der Organisation zur Kenntnis bringen).

Die der totalen Auslieferung zugrunde liegende Voraussetzung (neben der Forderung nach Reinheit) ist die Forderung der Umwelt nach totalem Besitz eines jeden einzelen. Privater Besitz des Geistes und seiner Produkte - der Phantasie oder des Gedächtnisses - wird in hohem Maße unmoralisch. Das begleitende Grundprinzip (oder die vernunftmäßige Erkenntnis) ist uns vertraut (aus der Erfahrung von George Chen); das Milieu hat ein derartig perfektes Stadium der Erleuchtung erreicht, daß jedes individuelle Zurückhalten von Gedanken und Gefühlen anachronistisch wird.

Der Bekenntniskult kann dem einzelnen eine bedeutende psychologische Befriedigung verschaffen durch die ständige Gelegenheit der emotionalen Kartharsis und Erleichterung von unterdrückten Schuldgefühlen, insbesondere insoweit diese mit Tendenzen der Selbstbestrafung verbunden sind, die darauf abzielen, persönliche Entwürdigung als Freude zu empfinden. Außerdem kann das Miterleben der Bekenntnisbegeisterung ein orgiastisches Gefühl des "Einsseins", intensiver Vertrautheit mit den Mitbekennern und des Aufgebens des eigenen Ichs im großen Strom der Bewegung vermitteln. Und ferner besteht ebenfalls - zumindest anfangs - die Möglichkeit der echten Selbstenthüllung und der Selbstbesserung durch die Erkenntnis, daß "das, was exponiert wurde, ist, was ich bin". Aber da totalitärer Druck das Bekenntnis in ständigen Befehlsvollzug umkehrt, überwiegt das Element der theatralischen öffentlichen Zur-Schau-Stellung gegenüber der echten inneren Erfahrung. Jeder ist um die Wirkung seiner persönlichen Darstellung besorgt, und diese Darstellung dient zeitweilig dazu, den Emotionen und Gedanken auszuweichen, die das stärkste Schuldgefühl auslösen - dies bestätigt die Aussage einer von Camus' Figuren, daß "Verfasser von Bekenntnissen gerade schreiben, um Bekenntnisse zu vermeiden, um nichts von dem eigenen Wissen preiszugeben". Die Schwierigkeit liegt natürlich in der unvermeidbaren Verwirrung zwischen der Methode des Darstellers und seiner gesonderten persönlichen Realität, zwischen dem Schauspieler und dem "wahren Ich".

In diesem Sinn wirkt sich der Bekenntniskult genau entgegengesetzt zu seinem Ideal der totalen Auslieferung aus: Anstatt persönliche Geheimnisse auszumerzen, vermehrt und intensiviert er sie. In jeder Situation hat das persönliche Geheimnis zwei bedeutende Elemente: erstens, schuldhafte und beschämende Gedanken, die man unterdrücken möchte, damit sie nicht von anderen erkannt werden, und zweitens Darstellungen von Teilen des eigenen Ichs, die zu wertvoll sind, um ausgedrückt zu werden, außer wenn man allein ist oder in besonderen Liebesbeziehungen steht, die sich um diese gemeinsam erlebte heimliche Welt bilden. Persönliche Geheimnisse werden immer als Gegendruck gegen den inneren Drang zur Selbstdarstellung gewahrt. Die totalitäre Umwelt kommt mit diesem inneren Druck durch ihre eigene Besessenheit über den Ausgelieferten und den Entlarvungsprozeß in Berührung. Als Ergebnis werden alte Geheimnisse wieder aufgefrischt und neue verbreitet; letztere bestehen meistens in Ressentiments oder Zweifeln gegenüber der Bewegung oder beziehen sich auf Aspekte der Identität, die immer noch außerhalb der vorgeschriebenen ideologischen Sphäre existieren. Jeder wird in einen ständigen Konflikt darüber verwickelt, welche Geheimnisse zu wahren und welche preiszugeben sind, und wie weniger bedeutende Geheimnisse zu enthüllen sind, um die wichtigeren zu schützen; seine eigene Abgrenzung zwischen dem Geheimnis und dem Bekannten, zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten wird verwischt. Und aus einem Geheimnis oder einem Komplex von Geheimnissen mag sich (wie wir bei Hu sahen) ein äußerster innerer Kampf zwischen Widerstand und Selbstaufgabe ergeben.

Schließlich macht es der Bekenntniskult unmöglich, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Wertvorstellung und Unterwürfigkeit zu erlangen. Der begeisterte und agressive Bekenner wird wie Camus' Figur, dessen ständiges Bekenntnis zum Mittel wird, über andere zu urteilen: "(Ich)... praktiziere den Beruf des Büßers, um die Fähigkeit zu erlangen, als Richter zu enden ... je mehr ich mich selbst anklage, um so mehr habe ich das Recht, Dich zu richten". Die Identität des "Richters-Büßers" wird somit zum Mittel, einiges von der Arroganz und von dem Bewußtsein der Allmacht der Umwelt anzunehmen. Aber diese geteilte Allmacht kann den einzelnen auch nicht vor den entgegengesetzten (aber nicht beziehungslosen) Gefühlen der Erniedrigung und Schwäche schützen; Gefühle, die bsonders bei jenen vorherrschen, die mehr Zwangsbüßer als allmächtiger Richter bleiben.

Die "Heilige Wissenschaft"

Das totalitaristische System umgibt ihr fundamentales Dogma mit einer Aura des Geheiligten, indem es dieses Dogma als höchste sittliche Vorstellung für die Ordnung des menschlichen Daseins ausgibt. Dieses Heilige wird in dem (mehr oder weniger ausdrücklichen) Verbot der Infragestellung der Grundvoraussetzung und in der Verehrung deutlich, die für die Urheber des Wortes, die derzeitigen Träger des Wortes und das Wort selbst erforderlich ist. Während das System somit die üblichen Belange der Logik tranzendiert, erhebt es gleichzeitig einen übertriebenen Anspruch auf unanfechtbare Logik, auf eine absolute "wissenschaftliche Präzision". Somit wird die höchste sittliche Vorstellung zur höchsten Wissenschaft; und wer es wagt, diese zu kritisieren oder sogar unausgesprochene Alternativen zu hegen, wird nicht nur unmoralisch und respektlos, sondern auch "unwissenschaftlich". Auf diese Art bestärken die philosophischen Führer des modernen ideologischen Totalitarismus ihre Autorität, indem sie für sich in Anspruch nehmen, das reiche und angesehene Erbe der Naturwissenschenschaft zu vertreten.

Es wird hier nicht so sehr davon ausgegangen, daß der Mensch Gott werden kann, sondern das Denken des Mensczhen göttlich sein kann: Daß es eine absolute Wissenschenschaft der Gedankenwelt (und implizite eine absolute Wissenschaft des Menschen) gibt oder zumindest nahezu erreicht werden kann, daß diese Wissenschaft mit einem in gleicher Weise absoluten Gesamt moralischer Grundsätze verbunden werden kann und daß die daraus resultierende Doktrin für alle Menschen für alle Zeiten wahr ist. Obwohl keine Ideologie in ihren Behauptungen offen so weit geht, sind derartige Annahmen in der totalitaristischen Praxis mitenthalten.

Dem einzelnen kann die totalitäre heilige Wissenschaft viel Bequemlichkeit und Sicherheit bieten. Ihre Anziehungskraft liegt in der scheinbaren Vereinigung der mystischen und logischenErfahrungswelten (in der Psychoanalyse heißt dieses: der primären und sekundären Denkprozesse). Denn im Rahmen der heiligen Wissenschaft ist Raum sowohl für einen sorgfältigen schrittweisen Syllogismus als auch für weitreichende nichtrationale "Erkenntnisse". Da die Unterscheidung zwischen dem Logischen und Mystischen zunächst künstlich und vom Menschen geschaffen ist, kann eine Gelegenheit, sie zu tranzendieren, ein extrem intensives Gefühl der Wahrheit bewirken. Aber diese Haltung des vorbehaltlosen Glaubens - rational und nicht-rational abgeleitet - ist nur schwerlich durchzuhalten, vor allem dann, wenn man entdeckt, daß die Erfahrungswelt nicht annähernd so absolut ist, wie die heilige Wissenschaft es vorgibt.

Die heilige Wissenschaft kann jedoch eine so starke Beherrschung der geistigen Prozesse des einzelnen erreichen, daß er, wenn er sich von Gedanken angezogen fühlt, die der Wissenschaft widersprechen oder sie ignorieren, schuldig oder verängstigt wird. Sein Wissensdrang wird somit gehemmt, da er im Namen der Wissenschaft an einem Engagement für die rezeptive Wahrheitssuche, die die echte wisschenschaftliche Methode kennzeichnet, gehindert wird. Und seine Position ist um so schwieriger, als im totalitaristischen System jede Unterscheidung zwischen dem Heiligen und dem Profanen fehlt: Es gibt keinen Gedanken oder keine Handlung, die nicht mit der heiligen Wissenschaft in Verbindung gebracht werden könnte. Allerdings kann man gewöhnlich Erfahrungsbereiche ermitteln, die außerhalb ihrer unmittelbaren Autorität stehen; aber in Zeiten höchster totalitaristischer Aktivität (wie z.B. während der Gedankenumbildung) werden derartige Bereiche abgeschnitten, und es gibt tatsächlich kein Entkommen vor den ständig drängenden Anordnungen und Forderungen des Systems. Welche Kombination der ständigen Ergebenheit, des inneren Widerstands oder des kompromißbereiten Nebeneinanderbestehens der einzelne gegenüber dieser Mischung von vorgetäuschter Wissenschenschaft und hinterlistiger Religion auch annehmen mag, sie drängt ihn kontinuierlich in eine persönliche Isolierung, drängt ihn eher dazu, Kenntnisse und Erfahrungen, die für einen echten Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und für eine kreative Entwicklung erforderlich sind, zu vermeiden als sich mit ihnen auseinanderzusetzen.


http://www.agpf.de/lifton22.htm



RE: Mission Impossible - Fritz7 - 24-08-2008

(23-08-2008, 20:58)nadia schrieb: Stimmt! Nicht jede, zum Glück...
Was sie allein dadurch noch nicht besser/ menschenfreundlicher macht ...
(23-08-2008, 20:58)nadia schrieb: Manche extrem Orienterten - oft sind sie stark ideologisch geprägt - sprechen von »Vorsehung«, »Mission«, usw. und das in einem politschen Kontext.
Sowas kommt bei dumm-naiv-fauler Nicht-Übersetzung des englich/amerikanischen "mission" heraus. Eigentlich in deutscher Umgangssprache so nicht wirklich möglich. Vielleicht irgendwann, durch Computerspiele ... und Anglizismen im Journalisten-Schwachdeutsch ...
(23-08-2008, 20:58)nadia schrieb: Auch Politik ist eine Art Glaubensfrage.
Nee, ist sie nicht. Aber bisweilen "Entscheidung bei unvollkommener Information". Glaube ist für mich etwas ganz anderes ...