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Examensarbeit - lillifer - 01-09-2008 Hallo, ich schreibe im Moment an meiner Examensarbeit, bei der es um ikonographische Bildanalysen der Verkündigung an Maria geht. Ich habe bis jetzt ein Bild analysiert und wollte jetzt übers Forum fragen, ob es irgendjemanden gibt, der das Thema interessant findet, vielleicht auch etwas Ahnung hat und mal drüberlesen möchte. Ich bin dankbar über jede Kritik und Anregung. Es handelt sich dabei nur um ca. 25 Seiten (mit großem Platz am Rand und großem Zeilenabstand ;)) Viel Grüße RE: Examensarbeit - Gerhard - 01-09-2008 Guten Abend Lilllifer! Ich bin mir nicht sicher, ob sich hier Leute finden lassen, die sich zu solchen Fragen wirklich umfassend äußern können. Ikonen sind meines Wissens nach mehr die Spezialität der Orthodoxen Kirche; Interesse an solchen Berichten hätte ich zum Beispiel auch, könnte Dir wahrscheinlich aber kaum weiterhelfen. Gruß Gerhard RE: Examensarbeit - Bion - 02-09-2008 (01-09-2008, 23:16)Gerhard schrieb: Ikonen sind meines Wissens nach mehr die Spezialität der Orthodoxen Kirche;... Damit hast Du natürlich Recht! Aber die Ikonografie ist nicht auf die Beschreibung und Deutung christlich-orthodoxer sakraler Bildtafeln beschränkt. Sie ist vielmehr die Kunde von der Zuordnung bestimmter Bildgestalten (Darstellungsarten) zu bestimmten Bildinhalten, die Lehre von der Bildbedeutung (Ikonologie) und der inhaltlichen Bildaussage. Das gilt vor allem für die religiöse Kunst, aber durchaus auch für die profane. MfG E. RE: Examensarbeit - lillifer - 02-09-2008 Also es geht in meiner Arbeit darum die verschiedenen Bildelemente auf ihre Bedeutung in der Theologie hin zu analysieren. Zum Beispiel Berge, das Meer, ein Mantel...Dabei geht es auch darum, wo man diese Elemente in der Bibel findet und wie sie im Zusammenhang mit der Bild-Darstellung (Der Verkündigung) gedeutet werden können. Ich denke, dass dafür kein tiefgründiges ikonographisches Vorwissen nötig ist. Zumindest bin ich als einfache Theologie- Lehramtstudentin vorher auch noch nicht mit dem Thema in Berührung gekommen. Also, falls jemand auf dem Gebiet der theologie bewandert ist und das thema interessant findet, so wäre ich sehr froh über jede Anregung und Kritik. Viele Grüße RE: Examensarbeit - Bion - 02-09-2008 Folgendes zu Meer, Mantel und Berg: Meer: Bibl. Quellen: Ex 14, 15 – 15,21; Pss 74, 13; 135, 6: Jes 63, 12; Dan 7, 2-3; Jon; Mt 14, 22-33; Mk 4, 35-41; Lk 5, 4-11 (See Gen.); Joh 21, 1-8 Ikonografisch: Symbolische Interpretation im Zusammenhang mit sepulkralen Jenseits- und Paradiesvorstellungen oder als Zeichen für Anfang und Ende bzw. für die Unendlichkeit ist denkbar aber nicht immer gesichert. Auch der häufig angenommene Zusammenhang mit der Taufsymbolik ist unsicher. Mantel: Attribut für Elias, Elisa, Martin und Ursula. Mantel, am Sonnenstrahl hängend: Goar, Godehard. Mantel, drei Begleiterinnen schützend: Antonina (Antonia), Begleiterin der Ursula. Mantel mit Muscheln bedeckt: Willebold. Schutzmantelsymbolik: Die Geste des Mantelschutzes im christl. Mittelalter stammt aus juristisch-weltlichem Bereich. Kinder wurden legitimiert bzw. adoptiert, indem sie der Vater unter seinen Mantel nahm. Frauen aus fürstlichen Familien konnten Verfolgten unter ihrem Mantel vorübergehend Schutz gewähren und für sie um Gnade bitten. Dieses Mantelschutzrecht wurde (im 12./13. Jh) auf Maria (Schutzmantelmadonna) übertragen. Berg: (Nicht nur christl.) Symbol für Gottesnähe. In der bildenden Kunst oft auch das Symbol göttlicher Macht. Vielleicht hilft Dir das weiter. MfG E. RE: Examensarbeit - lillifer - 11-09-2008 Hallo, ich bin Momentan dabei das Merode Triptychon von Robert Campin zu analysieren und hänge an dem Gewand des Engels fest. Erkennt das vielleicht jemand und kennt den genauen Namen, auch von dem umwickelten Band? Es ist ein goldenes Muster auf diesem, was mir ebenfalls nicht bekannt ist. Ich würde mich freuen, wenn mir da jemand weiterhelfen kann. Viele Grüße http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5e/Robert_Campin_011.jpg RE: Examensarbeit - Bion - 12-09-2008 Vielleicht hilft Dir das weiter. Wenn ich das Bild betrachte, fällt mir folgendes ein: Die Bank, an die sich Maria anlehnt, ist Salomos Thron, symbolisiert durch die Löwen an den Lehnen. Am Thron Salomos lehnend, die Heilige Schrift lesend ist Maria "Sedes Sapentiae", der Sitz der Weisheit. Auf dem Tisch steht ein Kerzenleuchter, der Marias Sinnbild ist, mit der Kerze, die zum Sinnbild Christi wird. Gabriel, mit Diakongewand (Tunika und Pallium, das mit Jerusalemer Kreuzen geschmückt ist, als Gürtung) bekleidet, steht in Demutshaltung vor Maria und erkennt diese als "Regina angelorum", ihm übergeordnet, an. Die Lilie mit dem Krug auf dem Tisch deutet den "Hortus conclusus" an, vielleicht aber auch das marianische Brunnensymbol. Das geschlossene Fenster, durch das sich das Jesuskind auf einem Sonnenstrahl zu Maria bewegt, symbolisiert die jungfräuliche Empfängnis. Das rote Kleid (Mantel), im Saum mit Perlen und Edelsteinen besetzt, nimmt auf die Vision von Heinrich Seuse Bezug. Er schreibt in seinen "Hundert Betrachtungen" (1348): "Der Mantel auf dem Bild war ganz in Rot und Purpurfarbe mit orientalisch seltener Arbeit, Perlen und Edelsteinen". MfG E. RE: Examensarbeit - wojciech - 12-09-2008 Ja, schön, warum ist die Kerze gerade verloschen und was bedeuten die zwei Wappen im hinteren Fenster? Gruß, Wojciech RE: Examensarbeit - lillifer - 12-09-2008 Die beiden Wappen stehen für die Famile Ingelbrecht, die das Triptychon in Auftrag gegeben haben. Und die erloschene Kerze, kann ein Zeichen für ein Neubeginn sein. Der Neue Bund bricht an. Eine weitere Deutung ist, dass sie durch den Heiligen Geist erloschen ist, der wie ein Windstoß ins Zimmer stößt. Das ist zumindest das, was ich bis jetzt rausgefunden habe. Ich verstehe aber nicht, weshalb die Flügel des Engels golden schimmern und was das bedeuten kann. Kann ich das Gewand des Engels als eine Albe mit Zingulum bezeichnen? Obgleich es dafür ja sehr lang ist? Und ist Edelsteinverzierung des Bandes üblich? Das habe ich in der Form noch nicht gesehen. RE: Examensarbeit - Bion - 12-09-2008 (12-09-2008, 12:12)lillifer schrieb: Ich verstehe aber nicht, weshalb die Flügel des Engels golden schimmern und was das bedeuten kann. Kann ich das Gewand des Engels als eine Albe mit Zingulum bezeichnen? Obgleich es dafür ja sehr lang ist? Und ist Edelsteinverzierung des Bandes üblich? Das habe ich in der Form noch nicht gesehen. Soweit ich mich erinnern kann, wird Gabriel in Verkündigungsszenen der niederländischen Malerei des 15. Jh überwiegend im Diakongewand dargestellt. Ob Gabriel in Campins Bild eine Tunika oder eine Albe trägt, kann ich nicht beantworten. Beides ist möglich. Hat sich doch die Albe aus der Tunika entwickelt. Schwieriger ist es, das reich verzierte Band einzuordnen. Ein Pallium könnte man dem Erzengel seinem Rang nach zuordnen, der Diakontracht nicht. Das Band liegt nur über einer Schulter und ist für ein Pallium auch zu lang. Es als Zingulum zu sehen ist möglich. Es würde zum Diakongewand passen. Das Zingulum wird aber, soviel ich weiß, nicht über die Schulter gelegt. Die kostbare Ausstattung würde mich weniger stören, sie ist dem Rang des Boten angemessen. Das Band als Stola zu deuten, wäre eine dritte Möglichkeit. Sie wird vom Diakon wie eine Schärpe von der linken Schulter zur rechten Hüfte getragen. Somit ist "Stola", wenn ich das Bild nochmals betrachte, wohl die wahrscheinlichste Erklärung für dieses Bekleidungsstück. Die goldschimmernden Flügel sind möglicherweise ein Attribut der Lichtgestalt, die Gabriel (wie andere Engel auch) verkörpert. MfG E. RE: Examensarbeit - Bion - 12-09-2008 (12-09-2008, 11:32)wojciech schrieb: Ja, schön, warum ist die Kerze gerade verloschen Kerzen sind vielseitig deutbar. Eine Möglichkeit hat lillifer angemerkt. Eine weitere könnte sein, dass das irdische Licht beim Eintritt des göttlichen verlischt. Eine Kerze in Marias Nähe bei Verkündigungsszenen als Symbol für Jesus zu deuten, ist üblich. Stammt doch das Wachs der Kerze von Bienen, die ihr Leben in jungfräulichem Zustand verbringen. Die beiden Kerzen am Kamin hingegen, eine abgebrannte und eine neue, stehen symbolisch für den Alten und Neuen Bund. MfG E. RE: Examensarbeit - wojciech - 13-09-2008 Was mich etwas wundert ist dass ich das recht interessant finde. Wo ich normalerweise solche Bilder gar nicht mag. Und ich bewundere auch Euer Wissen darüber und diese Deutungsmöglichkeiten. Wenn ich mir gerade vorstelle was dieser Maler alles wissen musste um solch ein Bild zu malen, von seiner Kunst ganz abgesehen. Nur die Perspektive gefällt mir nicht, aber das war ja auch noch vor Dürer und seiner Wissenschaft. Dann habe ich mal etwas gegoogelt und fand, dass zu diesem Bild noch zwei weitere kleinere an den Seiten gehören. Was mich noch interessieren würde ist ob diese Farben noch original sind oder schon restauriert und nachgemalt. Ist es so, dass im Mittelalter die Menschen ihren christlichen Glauben durch diese Art Bilder erklärt bekommen haben? Und dass sich das bis heute noch in etwa so verhält? Erklärung des Glaubens durch Bilder? Oder war so etwas eher als Verehrung oder Andenken gedacht? Gruß, Wojciech RE: Examensarbeit - Bion - 14-09-2008 (13-09-2008, 00:03)wojciech schrieb: Was mich noch interessieren würde ist ob diese Farben noch original sind oder schon restauriert und nachgemalt. Ich kenn die Geschichte dieses Bildes nicht. Vielleicht weiß lillifer was dazu. (13-09-2008, 00:03)wojciech schrieb: Ist es so, dass im Mittelalter die Menschen ihren christlichen Glauben durch diese Art Bilder erklärt bekommen haben? Die Fragen sind hier kaum umfassend zu beantworten. Ich will einen Versuch wagen: Das frühe Christentum lehnte das Bild ebenso ab wie das Judentum und später der Islam. Götter- und Kaiserbilder waren der Inbegriff der Götzenverehrung. Erst für das 3. Jh sind Bilder in gottesdienstlichen Räumen nachweisbar (Hauskirche von Dura Europos, um 235). Übrigens auch in der Synagoge von Dura Europos. Möglicherweise liegt gegenseitige Einflussnahme vor. Fassbar wird die Ausbildung eines christlichen Bilderkreises erstmals mit der Ausmalung der Katakomben und der Entwicklung einer Sarkophagkunst (3. Jh). Thema ist das Leben Jesu. Nichtchristliche Motive werden christianisiert (Guter Hirte, Orpheus, etc.). Die ersten theologisch-philosophischen Gedanken zur bildlichen Darstellung von Christus und den Heiligen äußerte Dionysius Areopagita. Die (erste) theologische Rechtfertigung für den Bilderkult stammt von Johannes von Damaskus. Die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern (Ikonodulen) und Gegnern (Ikonoklasten) des Bilderkultes stehen in Zusammenhang mit der Inkarnationslehre (aber nicht ausschließlich). Lehnten die Ikonoklasten die Abbildung Christi wegen seiner Göttlichkeit ab, meinten die Ikonodulen, dass, wer die Abbildung Christi ablehnt, sein Menschsein leugnet. Im Westen wurden sakrale Bilder durch die "Libri Carolini" (ca. 790 im Auftrag v. Karl d. Großen entstanden) gerechtfertigt. Es wird argumentiert, dass sakrale Bilder "Gefäße des Heiligen" seien, die zur Belehrung jener dienen, die nicht lesen konnten. Solche Bilder seien zu verehren, aber nicht anzubeten. In diesem Sinne wurden Kirchen mit Bildern (Skulpturen) ausgestattet, und es entwickelte sich eine Symbolik, deren Bedeutung, insbesondere jene des Früh- und Hochmittelalters, teilweise verloren gegangen und somit zum guten Teil spekulativ ist. Eine bestimmte Typologie der Darstellungen entwickelte sich vom bayrisch-österreichischen Raum ausgehend (insbesondere in Dorfkirchen), wo Szenen aus dem Leben Christi und der Heiligen in Zyklen dargestellt und der Belehrung des einfachen (armen, des Lesens unkundigen) Volks dienten und daher als "biblia pauperum" (Armenbibel) bezeichnet wurden. In der Volkskunst ist die Deutung religiöser Abbildungen einerseits einfach, weil relativ wenige ikonografische Elemente (sich wiederholend) in den Darstellungen vorkommen, die Künstler aber andererseits (mangels Bildung und Ausbildung) Attribute vermengen, so dass es zu regional unterschiedlichen Interpretationen kommt, was (für mich) übrigens den besonderen Reiz der Beschäftigung mit dieser Kunst ausmacht. Auch diese Kunst (Wegkreuze, Bildsäulen, Marterln, etc.) hatte u.a. den Sinn der Erinnerung an die Allgegenwärtigkeit Gottes. In den großen europäischen Malschulen waren Menschen tätig, die neben ihrem überragenden Talent auch die Bereitschaft mitzubringen hatten, alles Wissen, das zur (möglichst) fehlerlosen Komposition eines Bildes aus ikonografischer Sicht benötigt wurde, zu erwerben. Das umfasste nicht allein die Kenntnis der Heiligen Schrift (dazu der Apokryphen, der Legenda aurea, u. dgl.), sondern auch der antiken Autoren, insbesondere deren Berichte zur griechisch-römischen Mythologie. Übrigens kann es außerordentlich reizvoll sein, die verborgenen religiösen Inhalte auch in vordergründig profaner Kunst (selbst im Biedermeier) zu entdecken. MfG E. RE: Examensarbeit - lillifer - 15-09-2008 Der Engel scheint ja offensichtlich, der Kleidung nach, in priesterlicher Anlehnung dargestellt zu sein. Soll das als ein Bezug Engel- Priester gedeutet sein? Da beide in gewisser Weise dem Auftrag der Verkündigung nachgehen? Oder wäre das zu weit gedeutet? RE: Examensarbeit - Bion - 15-09-2008 (15-09-2008, 13:20)lillifer schrieb: Der Engel scheint ja offensichtlich, der Kleidung nach, in priesterlicher Anlehnung dargestellt zu sein. Soll das als ein Bezug Engel- Priester gedeutet sein? Da beide in gewisser Weise dem Auftrag der Verkündigung nachgehen? Oder wäre das zu weit gedeutet? Ich denke das wäre zu weit gedeutet. Gabriel wird im Diakongewand dargestellt, um seine dienende Funktion zu unterstreichen. MfG E. |