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der ideale mensch braucht keine demokratie - Druckversion

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der ideale mensch braucht keine demokratie - petronius - 13-10-2010

ich habe an eine heftige diskussion denken müssen, die ich - in einem anderen forum - mit einem antideutschen k-grüppler geführt habe, der nicht müde wurde, den kapitalismus zu geißeln und die segnungen des wahren kommunismus zu predigen. auf fragen, wie denn bestimmtes (erwünschtes) verhalten der im wahren kommunismus lebenden bürger sicher gestellt werde (banales beispiel: es gibt ja weder eigentum noch handel oder geld, jeder beteiligt sich an der produktion des notwendigen, das dann eben auch jedem zur verfügung steht. wie also verhindert man konsum oder gar hortung von gütern durch das individuum, ohne daß dieses sich angemessen an der produktionsleistung beteiligt hat?) - auf solche fragen also kam immer die antwort, der kommunismus käme ja nicht von jetzt auf gleich, sondern sei ergebnis einer entwicklung - einer entwicklung auch hin zu einem "neuen menschen", der aus eigener einsicht uneigennützig und im gesamtinteresse verantwortungsvoll handeln und die verhältnisse sinnreich regeln werde, ohne daß es dazu zwangs- oder anreizstrukturen wie etwa in der heutigen wirtschaft bedürfe

alles regelt sich also von selbst, sobald mal nur der mensch nicht mehr so ist, wie er nun mal ist, sondern so, wie er im jeweiligen ideologischen system sein sollte

spinnen wir den gedanken mal weiter:

demokratie ist ja furchtbar umständlich, aufwendig und ineffizient. der ganze tralala mit checks and balances, mühsame konsens- und entscheidungsfindung, eher gut gemeinte als gut funktionierende kontrollmechanismen uswusf. - die letztlich ja doch nicht dazu führen, daß alle zufrieden sind

also viel aufwand, und bringts letztlich doch nicht

stellen wir uns dagegen mal die regierungs- und verwaltungsform "guter diktator" vor. einen diktator mit absoluten macht- und durchgriffsbefugnissen. er trifft entscheidungen auf kurzem weg und setzt sie auch sofort durch, effizient, schnell, sauber. da er ja ein "guter" diktator ist, hat er dabei in völlig uneigennütziger weise ausschließlich das gemeinwohl und damit auch das höchstmögliche wohl jedes einzelnen untertanen zum ziel. alle sind glücklich und zufrieden, und da es nicht mehr die effizienz- und reibungsverluste der demokratie gibt wie oben beschrieben, wird es auch allen sehr viel besser gehen können als uns heute

einzige voraussetzung dafür ist doch tatsächlich, daß es eben diesen "guten" diktator gibt. der so ganz anders ist als wir den menschen heute kennen - frei von schwächen wie eigennutz oder faulheit, schlicht in keinerlei versuchung, sich auf kosten anderer einen persönlichen vorteil zu verschaffen

die sache ist also ganz einfach: geben wir der menschheit nur ein bißchen zeit (so 300 bis 500 jahre sollten reichen), sich endlich dorthin zu entwickeln, wo sie schon immer stehen sollte (zum "guten"), und wir können endlich die demokratie über bord schmeißen und uns glücklich und zufrieden vom "guten diktator" regieren lassen

müßte doch genauso funktionieren wie der wahre kommunismus oder die neue weltordnung bahaullas, nicht wahr?


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Romero - 13-10-2010

Klar, in der ideologischen Theorie ist immer alles schön und gut Icon_wink Der Menschheit haben nun mehrere 10'000 Jahre nicht gereicht um gewisse Verhaltensweisen abzulegen, ich glaube 300 - 500 Jahre sind etwas tief gegriffen.

Wie heisst es doch: "Eine gute Monarchie/Diktatur ist besser als eine schlechte Demokratie". Mag sein. Das schwierige daran ist die Definition von "gut" und "schlecht".


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - qilin - 13-10-2010

Naja - nachdem der ideale Mensch nicht in Sicht, und Gott ziemlich schwer erreichbar ist,
könnte man den guten Diktator heutzutage vielleicht schneller konstruieren und ihm ein
passendes Programm verpassen - weniger fehleranfällig und leichter zu reparieren... :icon_mrgreen:


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - d.n. - 13-10-2010

Historisch betrachtet,hatte die griechische Demokratie ja für Notzeiten die Institution der "Tyrannis",..nur wurde der Tyrann nachher wieder abgesetzt, und meistens auch "prophylaktisch" für einen gewissn Zeitraum verbannt


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Romero - 13-10-2010

Bist du sicher, dass du hier die Tyrannis nicht mit der römischen Diktatur im Zeitraum vor Sulla verwechselst?


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Tao-Ho - 13-10-2010

Da wäre noch die Gier usw. Kein Mensch lässt sich gerne sein Zeug
wegnehmen und ich möchte mal die Gesichter der Banker sehen,
wenn er auf einmal nur noch soviel verdient wie eine Putzfrau.

Und was machen wir dann mit den Menschen, die nicht mehr so
leistungsfähig, weil alt oder krank, sind? Die stecken wir mal eben
in einen Gullag, denn wer sich nicht beteiligt, der bekommt auch
nichts ab vom K-Kuchen?

Wir brauchen nur alle zu den "guten" Diktatoren hinüberschauen,
die es ja weltweit gibt. Jeder von denen meint es "gut" und doch
hungert das Volk.

Wobei es schon interessant wäre, wenn petronius unser
Diktatörle wäre... :icon_cheesygrin:

() Tao-Ho


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - petronius - 13-10-2010

(13-10-2010, 10:05)Tao-Ho schrieb: Wobei es schon interessant wäre, wenn petronius unser
Diktatörle wäre... :icon_cheesygrin:

leider bin ich noch nicht so weit. gib mir bitte noch so 300 bis 500 jahre für meine entwicklung...

alles wird gut, man muß nur dran glauben :icon_cheesygrin:


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Schmettermotte - 13-10-2010

Mir fällt dazu nach Beschäftigung mit der Weimarer Republik Hindenburg ein, der so alt war, dass er zuletzt nichts mehr selbst entschieden hat, sondern von seinem Umfeld hat entscheiden lassen.
Dummerweise gibt es den perfekten Diktator nicht, denn der Mensch ist nunmal in seiner Wesensart ein selbstsüchtiges Tier, dass Macht ausschließlich zu seinem eigenen Wohl nutzt. Ein Diktator würde nach einigen Jahren genauso handeln. Frei nach dem Motto: Wenn das Volk kein brot hat, soll es doch Kuchen essen ^^


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - petronius - 13-10-2010

(13-10-2010, 11:32)Schmettermotte schrieb: Dummerweise gibt es den perfekten Diktator nicht, denn der Mensch ist nunmal in seiner Wesensart ein selbstsüchtiges Tier, dass Macht ausschließlich zu seinem eigenen Wohl nutzt. Ein Diktator würde nach einigen Jahren genauso handeln

so ist es

imho ist jeder gesellschaftsentwurf, der die weniger netten eigenschaften des menschen leugnet (natürlich mach auch ich es mir gern bequem, was letztlich oft bedeutet, vorteile auf kosten anderer zu genießen - alles andere wäre gelogen und ich glaube, wer ehrlich mit sich selbst ist, wird sich davon nicht freisprechen können) - ist also jeder solche entwurf zum scheitern verurteilt

es ist ja auch nicht so, daß derartiges (systeme, die nur mit dem "neuen menschen" funktionieren könnten) nicht schon versucht worden und noch jedesmal grandios gescheitert wäre - am menschen, wie er nun mal ist


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Franziskus - 13-10-2010

@Petronius:

Die Antwort des Kommunisten auf Deine Frage ist amüsant und erschreckend zugleich. Sie erinnerte mich an eine Beschreibung aus John Henry Mackays 1891 (!) erschienenden Buchs "Die Anarchisten", die ich mir erlaubt habe, unten anzuhängen. (Quelle: .gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=4394&kapitel=1#gb_found - ein gemeinfreies Buch, also kann man daraus zitieren). Nicht nur, dass Mackay damals schon bemerkt (wenn auch für unwahrscheinlich gehalten) hat, wie sich der Kommunismus durchsetzen kann und wird, sondern zeigt das auch, wie wenig sich der Kommunismus von seinem Zustande vor mehr als 110 Jahren bis heute entwickelt hat - nämlich überhaupt nicht.
Ein System, das nur mit einem angepassten Kollektiv machbar ist, wird immer Schwächen, Risse unterschiedlicher Natur aufweisen. Genauso ist es auch mit der Demokratie. Auch sie braucht ein ideales Kollektiv, einen Nährboden, auf dem sie gedeihen kann. Jedes System braucht diese Basis. Und es braucht Möglichkeiten, die aufkommenden Risse zu schließen. In der Demokratie, wie sie sich heute überwiegend darstellt, sind fatalerweise die Finanzen das größte Problem, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass Wirtschaftspolitik Legislaturperioden von i.d.R. vier Jahren unterworfen ist. Längerfristige Finanzplanungen sind kaum machbar; auch erlaubt es ein populistisches System nicht, langfristig zu sparen oder sich einen "Bauch" anzulegen, da die nächste Wahl mit Zugeständnissen an die jeweils passenden Gruppen gewonnen werden können. Hier zeigt sich einer der gewaltigsten Risse, die ein solches System nach sich ziehen kann. Das Eigeninteresse, das heißt in einer Demokratie das Interesse für eine bestimmte Gruppe, der man selbst zugehörig ist, macht den Bewohner eines demokratischen Landes blind für weitreichende Entscheidungen; das Eigeninteresse, das grundsätzlich in einem Wirtschaftssystem in positive Bahnen gelenkt wird, wird in der demokratischen Politik zum unvernünftigen Populismus einzelner genutzt, um Wählerstimmen zu generieren und hält davon ab, eine langfristig vernünftige Wirtschaftspolitik anzustreben.
In einer Monarchie hängt die Landeswirtschaft immer mit persönlichen Interessen des Königs zusammen, der Besitzer des Landes und der Bürger ist. In einem System des öffentlichen Besitzes, wie es die Demokratie ist, gibt es niemanden der, außerhalb von Patriotismus, der mit einzelnen Personen steht und fällt, irgendein Interesse an der langfristigen Erholung des Staatshaushaltes hat - entweder sind die Entscheidungen nur auf Kurzfristigkeiten ausgelegt, oder aber derjenige (bsplw. der ehem. Bundeskanzler Schröder) der weitreichende Entscheidungen trifft, wird durch den Wahlpopulismus abgesetzt und seine Entscheidungen zugunsten bestimmter Interessengruppen revidiert.
Der "perfekte Mensch" in einer Demokratie ist patriotisch (im demokratischen Sinne), und trifft eine Wahlentscheidung, die sich am langfristigen Wohle und - in unserem Falle- der Genesung des Staates orientiert. Diesen perfekten Bürger gibt es nicht; und wenn dann nur als Individuum, niemals als kollektiv.

Hier der, wie ich finde sehr bezeichnende Auszug aus "Die Anarchisten" von John Henry Mackay, entnommen aus dem fünften Kapitel:

"Was will der Sozialismus?

Ich habe gefunden, daß es sehr schwer ist, auf diese Frage eine zufriedenstellende Antwort zu geben. Ich sehe seit zehn Jahren seine Bewegung vor mir in jeder ihrer Phasen und habe sie in zwei Ländern aus persönlicher Erfahrung kennen gelernt. Ich habe mit der Geschichte unseres Jahrhunderts sein Entstehen und sein Wachsthum verfolgt – aber noch bis Heute ist es mir nicht gelungen, mir ein klares Bild seiner Ziele zu machen. Ich wäre sonst vielleicht Heute noch sein Anhänger.

Wo immer ich nach seinen letzten Zielen fragte, wurden mir zwei Antworten.

Die eine lautete: »Es wäre lächerlich, schon jetzt das Bild einer Zukunft zu entwerfen, die wir erst vorbereiten wollen. Ueberlassen wir ihre Gestaltung unseren Nachkommen.«

Die andere war weniger spröde. Sie verwandelte die Menschen in Engel, zeichnete mir mit beneidenswerther Schnelligkeit ein Eden von Glück, Frieden und Freiheit und nannte diesen Himmel auf Erden die »zukünftige Gesellschaft«.

Die erste Antwort wurde mir von den Kollektivisten, den Sozialdemokraten, den Staatskommunisten; die zweite von den »freien Kommunisten«, die sich Anarchisten nennen, und jenen echt christlichen Schwärmern, welcher keiner sozialen Partei der Gegenwart angehören, deren Zahl aber viel größer ist, als man glaubt. Die meisten Religionsfanatiker und Philanthropen z. B. gehören zu ihnen.

In dieser kurzen Darlegung, die sich streng innerhalb der Grenzen der Wirklichkeit bewegt und natürlich nur mit den Menschen rechnet, wie sie sind, immer gewesen sind, und immer sein werden, muß ich von den zuletzt Genannten völlig absehen. Denn die Einen, die freien oder revolutionären Kommunisten, würden in der sozialen Bewegung nie diese Beachtung gefunden haben – trotzdem fast jedes Jahrzehnt unseres Jahrhunderts sie neu entstehen, sich bilden und vergehen sah: von Babeuf und Cabet an, über den Schneider Weitling und die deutsch-schweizerische Kommunistenbewegung der vierziger Jahre hinaus bis zu Bakunin –, wenn sie nicht eine Taktik befürworteten, deren gelegentliche Ausübung in den letzten zwölf Jahren den von ihnen fälschlich angenommenen Namen – ›Anarchisten‹ – in den Augen aller unselbstständig Denkenden (und das sind heute noch neun Zehntel aller Menschen) für gleichlautend mit Räuber und Mörder gemacht hätte; und die anderen, die philanthropischen Utopisten – nun, solche hat es immer gegeben und wird es voraussichtlich solange geben, als die Regierungen Elend und Armuth mit Gewalt schaffen.

Indem ich also von allen rein idealen Sozialisten und ihren utopischen Wünschen absehe und mich an die meinem Verstand allein erfaßbaren Bestrebungen der zuerst Genannten halte, beantworte ich in ihrem Sinne und mit ihren eigenen Worten die Frage: Was will der Sozialismus? – so:

Der Sozialismus will die Vergesellschaftung aller Produktionsmittel und die gesellschaftliche, planmäßige Regelung der Produktion im Interesse der Gesammtheit.

Diese Vergesellschaftung und Regelung hat zu erfolgen gemäß dem Willen der absoluten Majorität und zwar durch die Person der von ihr gewählten und genannten Vertreter.

So lautet die erste und wichtigste Forderung der Sozialisten aller Länder, soweit sie auf dem Boden der Wirklichkeit stehen und mit den von ihr gegebenen Verhältnissen rechnen.

Es ist mir natürlich unmöglich, hier näher einzugehen:

Einmal auf die Möglichkeit der Durchführung dieser Prinzipien, die jedenfalls nur mit beispiellosem Terrorismus und brutalster Vergewaltigung des Individuums zu denken wäre, an die ich aber nicht glaube; und ferner auf die gar nicht zu ermessenden Folgen, die eine – auch nur zeitweilige – unbeschränkte Diktatur der Mehrheit für die Entwickelung der Zivilisation haben würde..."



RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - d.n. - 13-10-2010

Nöö, ich meine die griechische Tyrannis,..war meines wissens nach in der Demokratie der Stadtstaaten üblich, jemandem in Notzeiten alleinige Vollmacht zu gewähren, um Probleme schnell und effizient und ohne lange "diskussionen" lösen zu können


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - petronius - 13-10-2010

(13-10-2010, 13:31)Franziskus schrieb: Nicht nur, dass Mackay damals schon bemerkt (wenn auch für unwahrscheinlich gehalten) hat, wie sich der Kommunismus durchsetzen kann und wird, sondern zeigt das auch, wie wenig sich der Kommunismus von seinem Zustande vor mehr als 110 Jahren bis heute entwickelt hat - nämlich überhaupt nicht

jein

bei sektierern wie den antideutschen stimmt das mit sicherheit, bei "aufgeklärten" bzw. sozialdemokratisierten postkommunisten (als solche sehe ich einen gutteil der "linken") herrscht wohl eher ein gerüttelt maß an orientierungslosigkeit, was die vorstellung dazu betrifft, was an marx usw. heute noch anwendbarkeit finden kann

als junger (und entsprechend idealistischer) mensch habe natürlich auch ich mit anarchismus, kommunismus und verwandtem (die verwandtschaft beziehe ich jetzt auf die voraussetzung eines uniformen idealmenschen, es besteht also keine notwendigkeit für anarchisten und kommunisten, sich gegen eine gleichsetzung meinerseits zu verwahren :icon_cheesygrin:) geliebäugelt. bin dann aber an der frage gescheitert: was ist, wenn dabei einer nicht mitziehen will?

Zitat:Ein System, das nur mit einem angepassten Kollektiv machbar ist, wird immer Schwächen, Risse unterschiedlicher Natur aufweisen. Genauso ist es auch mit der Demokratie. Auch sie braucht ein ideales Kollektiv, einen Nährboden, auf dem sie gedeihen kann

ja zum ersten teil, ein "entschiedenes jein" zum zweiten

demokratie, wie ich sie verstehe, ist nicht zuletzt ein ausgeklügeltes system zur verhinderung des mißbrauchs ihre selbst - oder wenigstens dessen versuch (wie unzureichend er gelingt, ist mir schon klar)

Zitat:In der Demokratie, wie sie sich heute überwiegend darstellt, sind fatalerweise die Finanzen das größte Problem

weil sie zwar uns alle beeinflussen, aber keinerlei demokratischer kontrolle unterliegen. imho ein fehler im system, sprich: die demokratie wird nicht konsequent durch- und umgesetzt (ich meine jetzt die finanzwirtschaft, weniger die fiskal- und haushaltspolitik)

Wo immer ich nach seinen letzten Zielen fragte, wurden mir zwei Antworten.

Die eine lautete: »Es wäre lächerlich, schon jetzt das Bild einer Zukunft zu entwerfen, die wir erst vorbereiten wollen. Ueberlassen wir ihre Gestaltung unseren Nachkommen.«

Die andere war weniger spröde. Sie verwandelte die Menschen in Engel, zeichnete mir mit beneidenswerther Schnelligkeit ein Eden von Glück, Frieden und Freiheit und nannte diesen Himmel auf Erden die »zukünftige Gesellschaft«.


wie vertraut mir diese worte doch sind...


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Franziskus - 13-10-2010

Zitat:bei sektierern wie den antideutschen stimmt das mit sicherheit, bei "aufgeklärten" bzw. sozialdemokratisierten postkommunisten (als solche sehe ich einen gutteil der "linken") herrscht wohl eher ein gerüttelt maß an orientierungslosigkeit, was die vorstellung dazu betrifft, was an marx usw. heute noch anwendbarkeit finden kann

Häufig erlebe ich unter mir bekannten Anhängern Marx' auch eher handfeste Streitigkeiten darüber, wer den Marx jetzt richtig und wer ihn falsch auslegt.
Nun waren aber die Sozialdemokraten immer schon eine ganz andere Bewegung als die eigentliche sozialistische. Und sonderlich leiden konnten sich beide Strömungen nie wirklich. Insofern bleibe ich bei meiner Einschätzung.

Zitat:als junger (und entsprechend idealistischer) mensch habe natürlich auch ich mit anarchismus, kommunismus und verwandtem (die verwandtschaft beziehe ich jetzt auf die voraussetzung eines uniformen idealmenschen, es besteht also keine notwendigkeit für anarchisten und kommunisten, sich gegen eine gleichsetzung meinerseits zu verwahren Icon_cheesygrin) geliebäugelt. bin dann aber an der frage gescheitert: was ist, wenn dabei einer nicht mitziehen will?

Letztere Frage lässt sich allerdings im Bezug auf jedes System stellen, auch das jetzige. Auch hierzulande werden subversive Elemente überwacht. Ihnen werden sicherlich mehr Rechte zugestanden, als dies in selbsternannten kommunistischen Staaten der Fall war, aber auch wir hatten den Radikalenerlass und haben immer noch einen sehr aktiven Verfassungsschutz, der sich u.a. auch mit subversivem Material beschäftigt. Grundsätzlich funktioniert kein System ohne ein gewisses Maß an Gleichschaltung, ohne dass es anständig in den Medien repräsentiert und hinausgetragen wird.

Zitat:demokratie, wie ich sie verstehe, ist nicht zuletzt ein ausgeklügeltes system zur verhinderung des mißbrauchs ihre selbst - oder wenigstens dessen versuch (wie unzureichend er gelingt, ist mir schon klar)

Den meisten Systemen gestehe ich zu, dass sie relativ ausgeklügelt sind. Die Frage ihrer theoretischen Funktion steht aber nicht zur Debatte, sondern ihre realistische Umsetzbarkeit.

Zitat:weil sie zwar uns alle beeinflussen, aber keinerlei demokratischer kontrolle unterliegen. imho ein fehler im system, sprich: die demokratie wird nicht konsequent durch- und umgesetzt (ich meine jetzt die finanzwirtschaft, weniger die fiskal- und haushaltspolitik)

In einem System, da die Währungen Eigentum des Staates sind und der Kontrolle des jeweiligen unterliegen, ist eine solche Trennung schwer abzumachen. Auch halte ich die Trennung in Finanzwirtschaft und "Realwirtschaft" für einen Trugschluß. Aber darauf werde ich später genauer eingehen. Gerade der Punkt mit den Finanzen hat in der Zeit nach der Wirtschaftskrise viele Interpretationen hervorgerufen, die schwierig zu halten sind. Die Staaten dieser Welt, insbesondere Amerika, haben sich alle Mühe gegeben, die Verantwortung für die Wirtschaftskrise woanders zu suchen, als bei den eigenen Entscheidungen.
Aber um das näher zu diskutieren brauche ich Zeit, Literatur und nachvollziehbare Quellen. Alles drei habe ich gerade nicht, also werde ich darauf im Laufe der Woche eingehen.


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - Romero - 13-10-2010

(13-10-2010, 13:33)d.n. schrieb: Nöö, ich meine die griechische Tyrannis,..war meines wissens nach in der Demokratie der Stadtstaaten üblich, jemandem in Notzeiten alleinige Vollmacht zu gewähren, um Probleme schnell und effizient und ohne lange "diskussionen" lösen zu können

Nein, dies war eben bei der Diktatur in der Zeit römischen Republik der Fall. Die Diktatur war ein politisches Amt und zeitlich begrenzt. In Notzeiten (v.a. während des 2. punischen Krieges) wurde ein Diktator quasi als "Alleinherrscher mit Einschränkungen" eingesetzt, da ja schnell agiert werden musste. Das geht einfacher, wenn nur einer entscheidet. Allerdings waren seine finanziellen Mittel sowie die Amtszeit (1 Jahr) beschränkt. Nach Ende des 2. Punischen Krieges wurde die Diktatur abgeschafft, und dadurch ersetzt, dass man die beiden Konsuln in Notzeiten mit quasi unbeschränkten Befugnissen ausstattete.


Sulla nahm den Gedanken des Diktats als erster wieder auf und machte sich als erster zum Diktator auf Lebenszeit (trat dann aber nach einigen Jahren freiwillig zurück). Cäsar wurde zum Diktator ernannt, wurde aber dank seiner "politischen Beziehungen" 10 x hintereinander wiedergewählt Icon_wink Anlass genug für seine Gegner, ihn zu ermorden.

Die Tyrannis ist eine Alleinherrschaft, in der der Herrscher willkürlich herrschte, und kein Gesetzt und Recht ausschlaggebend war. "Tyrannis" war relativ früh negativ besetzt. Positives Gegenstück der Tyrannis war die Basileia (Monarchie), in der ein König rechtmässig und zum Nutzen der Untertanen herrschte.


RE: der ideale mensch braucht keine demokratie - d.n. - 13-10-2010

Hmm, wieder was gelernt :icon_cheesygrin: