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Glaubwürdigkeit von Religionen
#61
Ekkard schrieb:Die so genannte Schöpfungsgeschichte ordnet den Glauben. Glaube ist neben anderem eine Sprachregelung, wie wir der Welt begegnen sollten.
Sprachregelung - das erinnert mich fatal an Orwells Roman 1984. Da gab es auch eine Sprachregelung. Das kenne ich auch aus den sozialistischen Staaten, da nannte man das Dialektik.
Sprachregelung ist ein Mittel, das Denken des Menschen in erwünschte Bahnen zu lenken, selbständiges Denken zu verhindern, schlechte Nachrichten schön zu reden.
Schäm dich, wenn du sowas für gut befindest.
Die Schöpfungsgeschichte sagt überhaupt nichts von Umweltschutz oder Tierschutz. Im Gegenteil, Gott sagt: Wachset und mehret euch und macht euch die Erde untertan. Das ist genau das Gegenteil: Ungezügeltes Wachstum und rücksichtslose Ausbeutung aller Ressourcen.
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#62
Ahriman, was Du gerne hättest, ist ebenfalls eine Konvention, eine, die deinen Anschauungen mehr entgegen käme. Ich stelle nur fest. Insofern schäme ich mich auch nicht.
Die plakative Behauptung über den Schöpfungsmythos halte ich im übrigen für arg vordergründig. Von ungehemmtem Wachstum, von ungezügeltem Verbauch von Natur ist keine Rede. Dieses "machet euch die Erde untertan" beinhaltet dies alles nicht, sondern sagt nur etwas über den Zustand einer von der Natur lebenden Menschheit aus. Macht das Beste daraus für alle!
Leider kenne ich persönlich den Urtext dazu nicht. Aber ich habe mal gehört, dass es so plakativ verstanden falsch übersetzt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#63
In der Tat hat Ekkard recht, wenn er sagt, dass die Stelle von der Untertänigkeit der Schöpfung unter den Menschen, so "plaktaiv" verstanden falsch ist. Es besitzt nämlich einen völlig anderen Wert, vor allem deshalb weil das kulturelle Umfeld damals ein anderes war. Auch dazu ein vormaliger Beitrag von mir:


1. Eine Minderachtung der Schöpfung hat es nie in der katholischen Kirche gegeben. Warum auch, so legt doch der Schöpfungsbericht der Genesis ganz andere Maßstäbe an, nämlich, dass sie von Gott nach seinem Ratschluss "gut" geschaffen ist.

"Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut. [...] So wurden Himmel und Erde vollendet und ihr ganzes Gefüge." (Gen 1, 31 - 2, 1)

2. hat sich die spätantike, besonders die durch Augustinus geprägte allegorisch-metaphorische Auslegung der Schöpfung als Offenbarungsbuch Gottes, und damit einhergehend das frühmittelalterliche Denken über die Natur stets auf Gott, als Ursprung der selbigen bezogen. Die Natur selbst war Zeichen für das Wirken Gottes, man musste sie erforschen um die biblisch angekündigten Zeichen der Apokalypse zu erkennen, damit man jene nicht mit "normalen" Phänomenen verwechselt.
Das bedeutet, dass die Natur sehr wohl nicht als frevelhaft verworfen wurde, sondern sich in ihr die Offenbarung Gottes zeige, wenngleich man auf das "Jenseitige", "den neuen Himmel und die neue Erde" (Apk 21,1) hingerichtet war.

Im Hochmittelalter ist es dann vor allem die Schule von Chatres, die sich für eine Trennung der Naturphilosophie (hieraus wird sich dann die Naturwissenschaft emanzipieren) und Theologie einsetzt. Sie plädiert für eine Einordnung der Natur aus sich selbst, d.h. dass sie nach den causata secundae und nicht nach der causa prima (Gott) erklärt wird und somit der Blick mehr auf das Einzelne, seine Sache und seine "Natur" gelegt wird, als auf seine Hinordung in einer Wirkkette, wie sie eine rein metaphysische Ordnung der Natur erklären will.
Auch bei diesem theologischen Ansatz, der sich in der Naturphilosophie und seiner Grundlage, der aristotelischen und stoischen Philosophie, bis ins 19. Jh. gehalten hat, gibt es weder eine Verteufelung der Natur, noch ein Verunehrung, sondern eine Einordnung der Dinge in ein metaphysisch-physikalisches Konzept, dass erklärt warum die Dinge sind, so wie sie sind und nicht anders sind als sie sind.

3. Hat die Katholische Kirche seit dem Aufkommen urbaner Sozialgefüge und ihrer Auswirkung auf die Natur sich stets als Advokat der Natur gesehen, wenngleich nicht in einer aktivistischen, teilweise gesetzeswirdigen Art wie Greenpeace, sondern in einem Verweis auf die hohe Ordnung der Schöpfung und dem Auftag des Menschen zur Bewahrung.

" [... man muss] der 'Natur eines jeden Wesens und seiner Wechselbeziehung in einem geordneten System wie dem Kosmos Rechnung tragen'.
[... Daher] darf [der Mensch] nicht 'willkürlich über die Erde verfügen (...) indem er sie ohne Vorbehalte seinem Willen unterwirft, als hätte sie nicht eine eigene Gestalt und eine ihr vorher von Gott verliehene Bestimmung['.]"
(Kompendium der Soziallehre der Kirche, libreria editrice vaticana 2004, S. 330 u 331, "Die Umwelt bewahren" Nr. 459 u. 460, erschienen bei Herder, Freiburg in der 2. Auflage 2006)
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#64
Ahriman schrieb:
Ekkard schrieb:Die so genannte Schöpfungsgeschichte ordnet den Glauben. Glaube ist neben anderem eine Sprachregelung, wie wir der Welt begegnen sollten.
Sprachregelung - das erinnert mich fatal an Orwells Roman 1984. Da gab es auch eine Sprachregelung. Das kenne ich auch aus den sozialistischen Staaten, da nannte man das Dialektik.
Sprachregelung ist ein Mittel, das Denken des Menschen in erwünschte Bahnen zu lenken, selbständiges Denken zu verhindern, schlechte Nachrichten schön zu reden.
Schäm dich, wenn du sowas für gut befindest.
Die Schöpfungsgeschichte sagt überhaupt nichts von Umweltschutz oder Tierschutz. Im Gegenteil, Gott sagt: Wachset und mehret euch und macht euch die Erde untertan. Das ist genau das Gegenteil: Ungezügeltes Wachstum und rücksichtslose Ausbeutung aller Ressourcen.


Moin,

wie mans nimmt.

Die Schöpfungsgeschichte ist schon eine Ordnung im Glauben. Aber die Interpretation desselben ist nicht vorgeschrieben (zumindest nicht bei meiner religiösen Überzeugung).

Zum Umweltschutz und Tierschutz. Richtig, dies ist nicht Teil der Schöpfungsgeschichte. Diese Weisung G'ttes wurde erst Noah erteilt und ist deshalb auch erst Teil der 7 noachidischen Weisungen (mithin des jüdischen und noachidischen Glaubens).

Als solche müsste sie eigentlich auch Teil der christlichen Überzeugung sein (wir finden sie rudimentär in der Apostelgeschichte). Etwas, was im Christentum leider in der Regel übersehen wird.

Insofern lohnt es sich immer, eine religiöse Botschaft im ganzen zu betrachten.

Tschüss

Jörg
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#65
Danke für eure Erläuterungen Presbyter und Flat.
Flat, kennst Du einen Link (oder die Bibelstelle) für die "7 noachidischen Weisungen"?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#66
Ekkard schrieb:Danke für eure Erläuterungen Presbyter und Flat.
Flat, kennst Du einen Link (oder die Bibelstelle) für die "7 noachidischen Weisungen"?

Moin,

natürlich. Icon_cool

sogar mehrere.

Und da wird etwas sein, was Dich überraschen wird. Du wirst da teilweise deutliche Unterschiede erkennen. Eine Wesenheit des noachidischen und auch des jüdischen Glaubens. Es wird keine absolute Weisheit (und damit ein strikter eindeutiger Befehl) gegeben, sondern eine Grundaussage, mit der man sich beschäftigen muss und die man für sich persönlich individuell umsetzen muss. Oder anders: Man muss seinen eigenen Weg damit finden.

Das ist insbesondere für Christen teilweise schwer zu verstehen, deshalb weise ich darauf ausdrücklich hin.


Die 7 Weisungen haben ihren Ursprung in der Thora, sind aber explizit heraus gearbeitet worden im Talmud.

Hier die links:

Das größte deutsprachige jüdische Forum hagalil hat dazu eine gute website:
http://www.hagalil.com/judentum/noah/bne-noah.htm

und 2 noachidische websites:

http://www.bnei-noach.de/index2.php?seit...ach_gebote
http://www.kinder-noah.de/

Tschüss

Jörg

PS: noch eine Anmerkung: Ich teile nicht alle Ansichten insbesondere auf den beiden noachidischen websites. Was auch unter Noachiden normal ist, denn wir bilden keine Religionsgemeinschaft. Auf den websites wird die Überzeugung der websitebetreiber dargestellt. Diese kann man (auch als Noachide) annehmen oder auch nicht.
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#67
Moin,

vielleicht noch ein kleines Schmankerl für die Christen hier:

eine noachidische Weisung lautet:
Ehre G-ttes Geschöpfe. Du sollst nicht Fleisch von einem noch lebenden Tier essen (kein Blutgenuss!).


Auszug aus der Apostelgeschichte (15; 28-29):
Denn es gefällt dem heiligen Geist und uns, euch weiter keine Last aufzuerlegen als nur diese notwendigen Dinge: daß ihr euch enthaltet vom Götzenopfer und vom Blut und vom Erstickten und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, tut ihr recht. Lebt wohl!


Speiseregeln, die viele Christen heute völlig vergessen haben und die explizit für alle Christen gelten sollen (bis heute übrigens), denn an dieser Stelle der Apostelkonferenz wird beschlossen, welchen Weisungen Christen, die nicht aus dem Judentum kommen, folgen müssen (Frage der Beschneidung, Speisegesetze, etc.)

Und, oh Wunder, man greift die noachidischen Weisungen teilweise auf.


Nur mal so, damit ihr wisst, wo das herkommt. Eusa_think

Tschüss

Jörg
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#68
Presbyter schrieb:[i]1. Eine Minderachtung der Schöpfung hat es nie in der katholischen Kirche gegeben. Warum auch, so legt doch der Schöpfungsbericht der Genesis ganz andere Maßstäbe an, nämlich, dass sie von Gott nach seinem Ratschluss "gut" geschaffen ist.

"Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut. [...] So wurden Himmel und Erde vollendet und ihr ganzes Gefüge." (Gen 1, 31 - 2, 1)

Schon , aber hat sich das nicht mit dem Sündenfall geändert ?
Vorher galten doch auch alle Tiere als Vegetarier ,etc ...
Danach aber war irgendwann alles so verdorben , daß Gott es durch die Sintflut vernichtete ...

Oder wie siehst du das ?
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#69
Lieber Jörg (Flat),
danke für die Links! Mir kommen diese Regeln überraschend bekannt vor. Es gibt eben, zumindest im protestantischen Kirchenraum doch Strömungen, die an diese Dinge "erinnern". Damit dürfte auch klar sein, dass das platte Verständnis von "machet euch die Erde untertan" ein eigennütziges, beabsichtigtes Missverstehen sein muss.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#70
Ekkard schrieb:Lieber Jörg (Flat),
danke für die Links! Mir kommen diese Regeln überraschend bekannt vor. Es gibt eben, zumindest im protestantischen Kirchenraum doch Strömungen, die an diese Dinge "erinnern".

Moin,

mir sind sie in meinen 25 Jahren Engagement in der evangelischen Kirche nie begegnet.

Aber in der Tat hat sich das vielleicht in den letzten 5-10 Jahren vielleicht etwas geändert. B'nei Noach ist in anderen Ländern, insbesondere den USA, aber auch in einigen europäischen Ländern, ein wesentlich größeres Thema. In Deutschland ist das ja ein extremen Randthema.


Das Dir das bekannt vorkommt, kann natürlich auch daran liegen, dass die 10 Gebote und die 613 jüdischen Regeln auf den 7 noachidischen Weisungen aufbauen. Da gibt es natürlich keine großen Widersprüche und vieles entspricht sich.

Tschüss

Jörg
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