Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Religionsforum?
#16
(18-12-2010, 12:57)t.logemann schrieb: Petronius:

Wer lesen kann ist einwandfrei im Vorteil - ich schrieb: "z.B. das Kastensystem der Hindu's..." . "z.B." heisst "zum Beispiel"

und auf genau dieses beispiel bin ich eingegangen

du aber gehst wieder mal mit keinem wort auf das ein, was ich eigentlich gesagt habe:

daß eine bewertung des ist-zustandes nicht von einer historischen betrachtung abhängig ist

(18-12-2010, 12:57)t.logemann schrieb: Ekkard saprach nach meinem Empfinden nicht von "Allgemeinplätzen", sondern von einer grundsätzlichen Anschauung

ich sprach erst recht nicht von "Allgemeinplätzen", habe ekkard auch nicht widersprochen, sondern seine aussage ergänzt. und wie er ja selber sagt, war seine aussage eben nicht "grundsätzlich" gemeint, daß für jeden oder gar ausschließlich die religion der notwendige "schmierstoff" sei

um einen bestimmten user zu zitieren:

Wer lesen kann ist einwandfrei im Vorteil
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#17
Der "bestimmte User" fragt sich natürlich: Wie willst Du im "Hier und Heute" die Sinnhaftigkeit eines Systems aus längst vergangenen Zeiten überprüfen, wenn Du die Grundlage des Systems, also den Sinn und Zweck den es zu seiner Entstehung hatte, nicht überprüfen willst?

Ich mache das mal an einem komkreten Beispiel fest: Ohne Zweifel sind die Gesetze im Islam, die die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft definieren, nach heutigen Masstäben nicht nur antiquiert, sondern in ihrer Anwendung menschenrechtswidrig.

Im Jahre 606 n. Chr. sah das anders aus - wenn man weiss dass damals es "Sitte und Tradition" bei den wilden Völkern Arabiens war, neugeborene Mädchen lebendig zu begraben - sie galten als "Schande" für einen Stammesfürst. Frauen waren in der vorislamischen Gesellschaft Dienstboten und rechtlos wie Sklaven, sie konnten weder erben noch als verwitwete Frauen selbstständig leben. Sie hatten kein Scheidungsrecht - das stand nur dem Mann zu - kein Selbstbestimmungsrecht, gar kein Recht.... Das änderte Muhammad - und diese Änderung kam einer "mittelschweren Revolution" gleich.
Zitieren
#18
Ich kann auf Ekkards - wohl allgemein bekannte und hier aufgenommene - Grundthese nur mal wieder sagen, dass Eckard dabei das Grundübel des Zitierens anwendet, was da ist, unvollständige Zitate als Basis zu verwenden. Das ist besonders schlimm, wenn aus dem vollen Zitat klar hervorgeht, dass das Weggelassene der Hauptteil ist.

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt» (5. Mose 6,5). 38Dies ist das höchste und größte Gebot.

Matthäus 22, 34-


Für Leute, die nicht einigermaßen "bibelfest" sind, erscheint es dann als sei das höchste Gebot - was die christliche Lehre anbetrifft:

«Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst» (3. Mose 19,1

Eckard - das ist unfair (Denk dran, dieses Thema ist Plauderei) Icon_smile
Zitieren
#19
@ tloggeman - Erweiterung

Beim Kastensystem wäre überhaupt zuerst einmal zu überprüfen, ob es mit Religion etwas zu tun hat - zumindest im Religionsforum :icon_wink:

Swami Vivekananda z. B. hat das (vor ca. 100 Jahren auf senen Vortragsreisen in den USA und in Europa) energisch bestritten.

Ich weiß nicht, ob es dazu seither Untersuchungen, Meinungen gegeben hat - da müsste man also völlig von unten anfangen, was das Forum hier wohl kaum leisten kann.
Zitieren
#20
(18-12-2010, 14:22)t.logemann schrieb: Der "bestimmte User" fragt sich natürlich: Wie willst Du im "Hier und Heute" die Sinnhaftigkeit eines Systems aus längst vergangenen Zeiten überprüfen, wenn Du die Grundlage des Systems, also den Sinn und Zweck den es zu seiner Entstehung hatte, nicht überprüfen willst?

im mittelalter war es sinnvoll, seinen durst ausschließlich mit bier oder wein, eben alkoholischen getränken, zu stillen. weil das wasser in den städten bakteriologisch verseucht war

heutzutage würde aber keiner mehr sagen, man solle ausschließlich alkohol trinken

check?

(18-12-2010, 14:22)t.logemann schrieb: Ich mache das mal an einem komkreten Beispiel fest: Ohne Zweifel sind die Gesetze im Islam, die die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft definieren, nach heutigen Masstäben nicht nur antiquiert, sondern in ihrer Anwendung menschenrechtswidrig.

Im Jahre 606 n. Chr. sah das anders aus

ist bekannt

ändert aber eben nichts daran, daß sie

nach heutigen Masstäben nicht nur antiquiert, sondern in ihrer Anwendung menschenrechtswidrig ist

was willst du mir also eigentlich erzählen?

wenn ich "die sozialen und soziologischen Aspekte der Religionen" in der heutigen zeit beurteilen will, muß ich das selbstverständlich "von der heutigen Warte" aus machen

geschichtsforschung ist wieder was anderes
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#21
Wie wär's mit "Gerechtigkeit"?

Zu einer gerechten Betrachtung religiöser Gesetze oder Gebote gehört die Frage: "Hat ein religiöses Gesetz oder Gebot irgendwann in der Geschichte zu mehr Gerechtigkeit beigetragen?" Wenn nein - erübrigt sich jede weitere Betrachtung. Wenn ja - dann muss hinterfragt werden, warum das "früher" so war und heute nicht mehr ist. Liegt es an der heutigen Gesellschaftsstruktur? Liegt es an dem Selbstverständnis der heutigen Religion?
Zitieren
#22
(19-12-2010, 03:08)t.logemann schrieb: Wie wär's mit "Gerechtigkeit"?

Zu einer gerechten Betrachtung religiöser Gesetze oder Gebote gehört die Frage: "Hat ein religiöses Gesetz oder Gebot irgendwann in der Geschichte zu mehr Gerechtigkeit beigetragen?"

das ist jetzt aber schon wieder eine völig andere baustelle als die frage, ob "Religion "Schmierstoff der Gesellschaft" oder "Korsett der Domestikation"" ist

würdest du bitte beim thema bleiben?

sicher kann man die frage stellen, ob "ein religiöses Gesetz oder Gebot irgendwann in der Geschichte zu mehr Gerechtigkeit beigetragen hat". bloß ist das eine ganz andere frage als die, auf welche ekkard eingegangen ist und dann ergänzend ich
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#23
Wenn wir allgemein davon ausgehen, das Religion (auch) "Schmierstoff der Gesellschaft" ist, dann muss in der Diskussion hinterfragt werden warum das so ist bzw. wenn's heute nicht mehr so ist, warum Religion seine "Schmierfähigkeit" verloren hat. Und das geht nur mit einer Analyse der Geschichte der Gesellschaft und der -jeweiligen- Religion.

Man kann es sich natürlich "einfach" machen und die These aufstellen: "Religion diente als Schmierstoff der Gesellschaft"; hat als solches heute "ausgedient" - das ist dann aber eine "andere Baustelle"...
Zitieren
#24
(19-12-2010, 19:35)t.logemann schrieb: Wenn wir allgemein davon ausgehen, das Religion (auch) "Schmierstoff der Gesellschaft" ist

wir - jedenfalls ich - gehen nicht "allgemein" davon aus, daß "Religion (auch) "Schmierstoff der Gesellschaft" ist", sondern sein kann

zumindest bei jenen, die religiös sind
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#25
Ich denke, Weltanschauung und Selbstbewusstsein hängen unmittelbar zusammen. Wir sind viel weniger Individuen, als wir glauben. Die ganze Selbständigkeit besteht lediglich in der speziellen Verknüpfung der verschiedenen Ansichtenströme, in denen wir groß werden und leben. Das individuelle Strickmuster mag sich von anderen in der Umgebung unterscheiden. Gewebt sind sie alle aus dem gleichen Stoff, nämlich aus dem, was bei uns hier "Verzällchens" genannt wird. Religiöse "Verzällchens" sind dabei nur ein Ausschnitt aus allen kulturellen Einflüssen. Dadurch, dass weltanschauliche Einflüsse gewissen Konventionen folgen, werden Individuen untereinander vertraut, in gewissem Grade auch "berechenbar". Daher meine Bemerkung, dass diese Einflüsse "Schmierstoff der Gesellschaft" seien. Wir alle stehen mittendrin!
Ich denke, Religion als ein Ausdruck kulturellen Erlebens hat keineswegs diese Funktion verloren. Sie ist, was die "Großen Religionen" betrifft, nur subtiler geworden. Wenigsten die großen Religionen haben sich aus offenkundigen sachlichen Unmöglichkeiten zurück gezogen (oder schweigen beredt dazu), feiern aber durchaus Erfolge im Bereich der Mystik. Und Religion ist ja nicht allein auf Judentum, Christentum, Islam oder Buddhismus beschränkt, sondern umfasst auch alle Arten der Esoterik, des Satanismus, des Neo-Paganismus usw.. Auch mancher Hang zu überzogener Sachlichkeit, Utilitarismus oder Materialismus zeitigen religiöse Züge.
Warum sollte das so sein, wenn dazu kein innerer Antrieb bestünde?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#26
Von wegen der späten Stunde nach einer durchgearbeiteten Nacht muss ich vorausschicken:

Ich bezieh mich zwar auf Dein post, Ekkard, aber bitte nicht als exakte Analyse aller Deiner Gedanken werten, sondern eher als freie Assoziation.



(20-12-2010, 01:38)Ekkard schrieb: Auch mancher Hang zu überzogener Sachlichkeit, Utilitarismus oder Materialismus zeitigen religiöse Züge.
Warum sollte das so sein, wenn dazu kein innerer Antrieb bestünde?


Von der Sache gebe ich Dir hier Recht, aber wie Du hier "religiös" benutzt, ist das dann eher "religiös" im abwertenden Sinn. Also alles Fanatische, Überzogene und Dogmatische wäre dann "religiös".

Das ist auf jeden Fall eine andere Wortbedeutung als die, die das Wort "Religion" im positiven Sinn hat. Da wird ja meist abgestritten, dass Fanatismus oder Dogmatismus die Basis der Religion ist.

Ansonsten aber fehlt mir in Deinem zusammenfassenden Beitrag oben das so wichtige Element des Schöpferischen, des Kreativen. Religionen wollen meist das Schöpferische ersticken. Sie sind konservativ von Haus aus.
Wenn man das Wesen des Menschen von diesem anti-schöpferischen Wesen der Religion her versteht, dann klammert man doch entscheidende anthropologische Komponenten aus.

Und da stünden dann Gesellschaft und Religion Seite an Seite bei dem Kampf gegen das Individuum. Bräuchte die Gesellschaft nicht für die Wirtschaft den schöpferischen Menschen, säh das Individuum alt aus.

Die Mystik ist darum so beliebt, weil sie das Schöpferische des Menschen, das Wachsen hin zum Schöpferischen betont und plausibel macht.

Und wäre die Kultur und die Kulturgeschichte tatsächlich nur das Ewig Gleiche, dann hätte sie sich von der Religion nicht getrennt und auch nicht trennen müssen. Die Religion will - von Haus aus - alles runterziehen, Entwicklungen behindern. Die Kultur ist auf ständig neue Impulse angewiesen - und keineswegs nur auf Kombinationen von Altem.

Dass wir zur Zeit in einer epigonalen Epoche leben, sogar hinter die experimentellen Siebziger Jahre zurückgefallen sind und nur noch alte klassische Muster runternudeln und neu aufwärmen, ist allerdings wahr.

Solche Epochen hat es aber immer in der Kulturgeschichte gegeben. Daraus entstand dann immer etwas Neues, jedenfalls bislang. Manche unken, unsere Kultur habe alles schon erfunden, was man erfinden kann - aber ich glaube kein Wort davon.
Da die anthropologische Forschung blüht und gedeiht, auch die kosmologische, wird das irgendwann die Kultur befruchten und zu neuen Formen bringen.

Die Religionen haben da keine Aktien drin, sie können höchstens versuchen, mit Schritt zu halten. Oder zu bremsen, was das Zeug hält.

Ich kann das auch ins Positive wenden: sie können mahnen, dass das Menschliche - vor dem Technischen und vor den rein naturwissenschaftlichen Interessen - bewahrt bleibt. Diese Art Bewahren wäre dann wieder progressiv: so wie es heute progressiv ist, die Natur zu bewahren. In den Sechziger Jahren war das erzkonservativ. Progressiv waren die Fabrikschlote, die im Ruhrgebiet jede Straße stinken ließen.
Zitieren
#27
Zwar teile ich Deine Ansicht, Karla, das Religionen konservativ sind. Daraus kann ich aber nicht ableiten dass sie ein anti-schöpferisches Wesen in sich tragen.

Es ist vielmehr die vom Menschen in der Religion erdachte und angewandte Dogmatik, die die schöpferische Kraft ersticken kann. Nur - und Gott sei Dank - lässt sich der "schöpferische Trieb" nicht ersticken; er "sucht" sich neue Wege. Beispiel Islam: Das konsequente Bilndisverbot ermöglichte eine vorher nie dagewesene Ornamentenkunst, die sich nicht nur auf die Bildhauerei beschränkte, sondern auch in "bildlichen Darstellungen" (Teppichknüpfkunst) und in der Kalligraphie zeigte.

Ein anderer Aspekt ist, das je mehr die dogmatische Religion dem Menschen buchstäblich Fesseln auferlegt, sich der/die religiöse/n Mensch/en der Mystik zuwenden. Die Sufi "entstanden" aus einer solchen Bedrängung heraus; auffällig ist m.E. auch das im Christentum "Erweckungsbewegungen" oftmals in einer Zeit geschahen, in der die dogmatische Bedrängung der Gläubigen durch die jeweilige Kirche recht hoch war. Das die solchermassen "Erweckten" sich dann flugs daran machten, ebenfalls "ihre Brüder und Schwestern" an die Kandarre zu nehmen, ist leider auch traurige Realität gewesen...

Um 1850 herum gab's in England schon mal die Meinung, es sei ja "alles erfunden" was der Mensch zum menschlichen Leben braucht. Und was hat sich alles seitdem getan....von Monseigneur Cougnots Dampfwagen bis zum Formel-I-Ferarri, von Stephensons "Rocket" zum TGV, vom sehnsüchtigen Blick in die Sterne bis zum Spaceshuttle, der Ariadne und der Sojus, von Federkiel und Bleistift bis zur "multimedialen Schreibmaschine"... - Entwicklungen können sich mal verlangsamen, mal beschleunigen, aber sie werden solange es Menschen gibt wohl nie aufhören...
Zitieren
#28
t.logemann schrieb:Ein anderer Aspekt ist, das je mehr die dogmatische Religion dem Menschen buchstäblich Fesseln auferlegt, sich der/die religiöse/n Mensch/en der Mystik zuwenden. Die Sufi "entstanden" aus einer solchen Bedrängung heraus; auffällig ist m.E. auch das im Christentum "Erweckungsbewegungen" oftmals in einer Zeit geschahen, in der die dogmatische Bedrängung der Gläubigen durch die jeweilige Kirche recht hoch war.

@ t.logemann
Sind die Bahai auch aus so einer Situation?

Tragisch aus meiner Sicht:
Es entstanden weitere Grenzen, statt deren Auflösungen.
Man rieb sich an einem Fehler, der nicht abgestellt wurde und machte einen neuen, etwas ähnliches.
Zitieren
#29
Ein Stück weit ja, ein Stück weit nein, MaSofia...

Unbestritten herrschte zum Zeitpunkt des Auftretens von Bab und später Baha'u'llah in Persien ein fürchterliches bigottes Klima in Persien. Insoweit war das Auftreten eines Gottesboten überfällig. Aber eben weil sie - der Baha'i-Überzeugung nach - Gottesboten waren, kann man ihr Auftreten m.E. nicht alleine an Persien in den Jahren ab 1844 "festmachen".

Du hast Recht - es entstanden weitere Grenzen. Nur: die müssen ja nicht "festzementiert werden", die kann man ja auch auflösen. Im Iran wollen wir eigentlich nichts mehr als genauso offiziell anerkannt werden, wie Christen und Zoraostaster und Juden auch. Wobei - ehrlich gesagt - das im Iran mit der Anerkennung so eine Sache ist- wer kann (als Jude, Zoraoaster und Christ) - geht... wandert aus... Zoroastrische Tempel, die seit 3.000 Jahren existierten, verfallen, jüdische Synagogen die seit mindesten 2.500 Jahren in Shjiraz und Ghom stehen, verfallen ebenso - traurig für ein so kulturell hochstehendes Volk wie die Perser...
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste