Robert1111 schrieb:Ursprünglich, so wurde es dargestellt, diente die Beschneidung der Hygiene in heißen Gebieten wie dem Orient.
Was nichts als ein Versuch ist, einer archaisch-rituelle Handlung mit ausgrenzenden Folgen eine vernünftigen Begründung zu geben. Schon Griechen und Römer (auch jene, die in denselben heißen Gebieten siedelten) empfanden den Bauch als "eigenartig" und als Körperverstümmelung.
Bestrebungen des Reformjudentums des 19. Jhs, die Beschneidung abzuschaffen, wurden von konservativen und orthodoxen Juden vehement entgegengetreten.
In den USA kommen bedeutsame Anstöße zur Entwicklung der Halaḵa vom "Rabbinical Council of America" (orthodox), der "Rabbinical Assembly" (konservativ) und der "Central Conference of American Rabbis" (Reformer).
Für Orthodoxe und Konservative sind Konzessionen, was die Beschneidung betrifft, kein Thema.
Im Reformjudentum wird die Debatte um die Beschneidung seit der Mitte des 19. Jhs immer wieder geführt. In den USA, in Deutschland und auch anderswo.
1845 hat beispielsweise Abraham Geiger in einem Brief an Leopold Zuns die Beschneidung als einen "barbarisch blutigen Akt, der den Vater mit Angst erfüllt" bezeichnet. In einen Brief an den Rabbiner Bernhard Wechsler schreibt er: "Der Fälle, da Knaben nicht beschnitten werden, kommen hier (anm.: Breslau) allmählich, wenn auch langsam, mehrere vor, manche vielleicht auch, von denen ich nichts erfahre. Es muss nun bald eine Form gefunden werden, welche diese alte ersetzt;…"
Es ist also in Reformgemeinden schon damals dazu gekommen, dass man von der Beschneidung selbst bei Kindern Abstand nahm, die in die Gemeinde hineingeboren wurden.
Vorsorglich wurde daher durch die Augsburger Synode (11. – 17.7.1871) festgestellt, dass "jeder Sohn einer jüdischen Mutter, aus welchen Gründen er auch nicht beschnitten wurde, als Jude mit allen Rechten und Pflichten zu betrachten sei."
Bei einem solchen Zugang ist es verständlich, wenn man auch dem Konvertiten die Beschneidung nicht abverlangt.
Die "Central Conference of American Rabbis" ist jedenfalls bis heute nicht von ihrem Beschluss von 1892/93 abgerückt, wonach das (ansonsten für Frauen vorgesehene) Tauchbad zur Befestigung des Übertritts zum Judentum genügt und die Bewerber der Beschneidung nicht bedürfen.
Allerdings gibt es dazu ein aus dem Jahre 1982 in den "American Reform Responsa" abgedrucktes Gutachten, wonach "dem Bewerber die Bedeutung der Beschneidung zu erklären und ihm ans Herz zu legen sei, sich dem Ritus zu unterziehen."
Abraham Geigers Nachgelassene Schriften, 5. Band, S. 181 u. S. 202
David Philipson, The reform movement in Judaism, New York 1967, S. 449
MfG B.