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Dokumentierte Introspektion als Ansatz für eine echte Geisteswissenschaft
#16
(10-08-2025, 11:45)Ekkard schrieb: Nur damit jetzt nicht argumentiert wird z. B. Gott sei doch kein Urteil. Doch!
- Zumindest der Lebenssinn ist ein (persönliches, subjektives, v. a. menschliches) Urteil.
- "Götter, Gott" sind Begriffe mit denen Schicksalsschläge, rätselhafte Erlebnisse, gesellschaftliche Wertvorstellungen durch eine höhere Macht als verursacht beurteilt werden.
- Das so genannte "Leben nach dem Tod" ist auch ein Urteil über das Leben. Denn dem liegt eine Verurteilung einer einfachen Tatsche zugrunde: Die Endlichkeit unseres Lebens.
- Auch die Frage nach dem, was real ist, ist entweder Physik (Chemie, Biologie usw.) oder eine subjektives (Fehl-) Urteil über das, was als real gelten soll.
- Dasselbe gilt für den freien Willen. Diese Begriffsbildung ist das subjektive Urteil über den Komplex der Willensbildung. Diese hängt von so vielen Parametern ab, das praktische Aussagen unmöglich sind.

Das, was du hier als Geisteswissenschaft herein trägst, weist einen Haufen von Vorurteilen auf, die man im Sinne einer objektiven (Vorurteile verboten!) Erforschung gar nicht erforschen kann. Da gibt es nichts Objektives, intersubjektiv Gemeinsames.

Menschen ticken nun mal so. Wir lassen uns durch allerlei Narrative gerne "an der Nase herum führen". Dieser regelmäßig eintretende Effekt wird erforscht, soviel ich weiß. In SPEKTRUM ist gerade ein Artikel in dieser Richtung erschienen, der sich sinngemäß mit der Frage beschäftigt, warum wir autoritär auftretenden Menschen nachlaufen. In der Tat, das ist erstaunlich und lässt tief blicken (Psychologie!).

@ Ekkard,

es gibt u.a. auch Meinungen, die sagen, dass "Gott" sich nicht in die Belange der Menschen einmischt, denn schließlich hat er ihnen ja nicht ohne Grund einen freien Willen und die Möglichkeit zu Entscheidungen gegeben!

Gerade, dass es Dinge gibt, die sich außerhalb menschlicher Erkenntnis "bewegen", macht ja seit jeher das Thema interessant, welches die Religionen "glauben", trotz ihrer Kurzsichtigkeit, vollständig vermitteln zu können.   Icon_rolleyes

Dass aber viele Menschen seit jeher autoritären Personen nachlaufen, hat u.a. den Grund, dass Schulen und Unis eben nicht das anbieten, was einen allumfassenden Gebrauch des eigenen Verstandes ermöglichen würde.
So treten eben, besonders in großen Krisenzeiten, stets autoritäre Personen auf die Weltbühne und führen dort ihr Schauspiel vor, natürlich nie ohne die Hilfe der sie unterstützenden Geld-Eliten!
Man braucht sich ja nur mal an all die Personen erinnern, welche in der Corona-Krise ihre Ratschläge vor das unwissende Publikum getragen haben!

Oder man blicke auf das Treffen von Trump und Putin! Hier verschlangen mal wieder 2 Typen eine Menge an Steuergeldern, ohne Konkretes zu erreichen! - Tröstlich war aber immerhin, dass in Alaska manche Personen Schilder mutig vor die Kameras hielten, auf denen zu lesen war, man solle "beide Verbrecher sofort verhaften!"

Allzu tief kann aber auch die Psychologie nicht in das seit jeher rätselhafte und vor allem unberechenbare Wesen des Menschen "blicken".  Icon_rolleyes

Gruß von Reklov
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#17
(09-08-2025, 21:29)Ulan schrieb: Diese "Geisteswissenschaft" nennt sich Psychologie.

(09-08-2025, 21:45)Ulan schrieb: Nun, diese Fragen, die Du aufgeworfen hast, sind halt schon seit Jahrtausenden die Domaene der Philosophie.


Versuchen wir noch einmal, etwas mehr Klarheit in dieses Thema zu bringen. Es war auch mein Fehler, dass ich hier die Introspektion mit den "großen Fragen des Daseins" gleichgesetzt habe. Denn eigentlich ist das etwas anderes.

Bei der Introspektion geht es im wesentlichen um die Beantwortung der Frage: "Wer oder was bin ich"? Diese Frage fällt genau genommen nicht in die Kategorien Psychologie, Philosophie, Religion oder Esoterik. Man könnte diese Frage höchstens als eine spirituelle Frage definieren, dann aber mit dem Hinweis darauf, dass man wirklich ergebnisoffen und ganz ohne esoterische Erwartungshaltungen an diese Frage herangeht. 

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die allermeisten Menschen schon alleine diese Fragestellung "Wer oder was bin ich" als eine sehr seltsame, irritierende Frage wahrnehmen dürften. Sie würden darauf in etwa antworten: "Ich heiße so und so, bin so und so alt, wohne in Ort XY..." und so weiter, also sie würden das "Ich" in der Fragestellung mit ihrem Namen, ihrem Alter, ihrem Wohnort usw. gleichsetzen.  

Bei der (spirituellen) Introspektion hingegen, wird diese Ebene als die Oberfläche der Dinge erkannt. Hier geht es wirklich darum, einmal genau hinzuschauen, was dieses "Ich" wirklich ist. Und sobald man da anfängt, nachzuforschen, wird es wirklich interessant. Man stellt schnell fest, dass man das, was man vielleicht zuvor ganz selbstverständlich als das eigene Selbst definiert hat, eine ziemlich vage und fließende Angelegenheit ist. Wo genau fängt denn dieses Selbst an und wo hört es auf? Gehören zum Beispiel die eigenen Erinnerungen auch zu diesem Selbst oder hat das Selbst diese Erinnerungen? Gehören die Gefühle dazu oder hat das Selbst Gefühle. Und so weiter...

Wie würdest zum Beispiel du, Ulan, diese Frage "Wer oder was bin ich" beantworten? 


(10-08-2025, 11:45)Ekkard schrieb: Das, was du hier als Geisteswissenschaft herein trägst, weist einen Haufen von Vorurteilen auf, die man im Sinne einer objektiven (Vorurteile verboten!) Erforschung gar nicht erforschen kann. Da gibt es nichts Objektives, intersubjektiv Gemeinsames.


Vielleicht konnte ich in oben stehender Antwort an Ulan noch einmal klarer machen, was ich mit Introspektion meine. Ich kann akzeptieren, dass man diese Art der Introspektion nicht im herkömmlichen Sinne als wissenschaftlich bezeichnen kann. Aber man könnte doch einmal die unterschiedlichen Antworten auf diese Frage "Wer oder was bin ich" miteinander vergleichen und dann einmal schauen, wie viele Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten es da gibt.

Deshalb auch an dich, Ekkard, die Frage: Wie würdest du diese Frage "Wer oder was bin ich" beantworten?

Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist, also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt. Aber eben erst einmal nur als Bewusstseins-Feld, als etwas ganz klar Geistiges, zunächst einmal ohne weitere Attribute. Deshalb sagte ich weiter oben, dass die reflexartige Antwort auf diese Frage (Name, Alter, Wohnort etc...) wirklich nur die Oberfläche berührt. Das in der Introspektion wahrgenommene und erkannte Bewusstsein hat genau genommen keine zeitlichen und schon gar keine materiellen Eigenschaften. 

Und hier ist nun der Punkt, an dem sich dann tatsächlich "die Geister scheiden", eine Redensart, die hier wirklich sehr gut passt. Denn die einen, im weitesten Sinne die Idealisten oder Spiritisten, schlussfolgern daraus, dass das Bewusstsein gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht, während die anderen, im weitesten Sinne die Materialisten und Reduktionisten, davon ausgehen, dass eben dieses Bewusstsein das Epiphänomen, das Endresultat des menschlichen Gehirns ist. 

An dieser sehr spezifischen Fragestellung arbeitet sich übrigens im Grunde dieses ganze Forum hier ständig ab, es läuft immer wieder darauf hinaus, egal, was anfangs das ursprüngliche Thema war. Daran erkennt man, wie allumfassend und entscheidend diese Fragestellung eigentlich ist. Und hier ist eben auch immer wieder die Frage, was die Wissenschaft bei dieser Fragestellung überhaupt leisten kann - kann sie etwas wirklich sinnvolles beitragen oder wird diese Fragestellung immer im Bereich der subjektiven Wahrnehmungen und individuellen Vorlieben bleiben?
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#18
(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die allermeisten Menschen schon alleine diese Fragestellung "Wer oder was bin ich" als eine sehr seltsame, irritierende Frage wahrnehmen dürften. Sie würden darauf in etwa antworten: "Ich heiße so und so, bin so und so alt, wohne in Ort XY..." und so weiter, also sie würden das "Ich" in der Fragestellung mit ihrem Namen, ihrem Alter, ihrem Wohnort usw. gleichsetzen

das glaub ich eigentlich nicht. die meisten - ich jedenfalls - würden wohl antworten "ich bin ich". und mein ich, das was mich ausmacht, erschöpft sich natürlich nicht in "Namen, Alter, Wohnort usw."

jetzt kannst du natürlich einwenden, daß die aussage "ich bin ich" für alle anderen sinn- und wertlos ist - denn für sie ist damit konkret gar nichts ausgesagt. das stimmt natürlich auch. eigentlich ist sogar für mich selber diese tautologie als antwort untauglich - denn obwohl ich natürlich fühle, wer ich bin, was mich ausmacht, hilft mir die ausformulierung als "ich bin ich" auch nicht weiter, bringt keinen epistemischen mehrwert

worauf es aber, glaube ich, eher und wirklich ankommt, ist die frage "wie bin ich?" alsowie gehe ich mit der welt, meinen mitmnschen, mir selber um - und was bewegt und veranlaßt mich dazu?

hier sind introspektion und selbstreflexion hilfreich, wenn auch vielleicht noch mehr unter anleitung oder wenigstens anregung anderer
 
Zitat:Bei der (spirituellen) Introspektion hingegen, wird diese Ebene als die Oberfläche der Dinge erkannt. Hier geht es wirklich darum, einmal genau hinzuschauen, was dieses "Ich" wirklich ist. Und sobald man da anfängt, nachzuforschen, wird es wirklich interessant. Man stellt schnell fest, dass man das, was man vielleicht zuvor ganz selbstverständlich als das eigene Selbst definiert hat, eine ziemlich vage und fließende Angelegenheit ist. Wo genau fängt denn dieses Selbst an und wo hört es auf?

das ist in meinen augen ganz und gar nicht vage. der unterschied von, die grenze zwischen ich und du ist doch recht eindeutig, oder nicht?

Zitat:Gehören zum Beispiel die eigenen Erinnerungen auch zu diesem Selbst

selbstverständlich - zu wem oder wozu denn sonst?

oder hat das Selbst diese Erinnerungen?

ich bin mein selbst

Zitat:man könnte doch einmal die unterschiedlichen Antworten auf diese Frage "Wer oder was bin ich" miteinander vergleichen und dann einmal schauen, wie viele Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten es da gibt

sicher - aber was weiter? nach welchem muster, welchen kriterien willst diese antworten systematisch auswerten, und zu welchem zweck? was soll aus verschiedenen antworten folgen, abzuleiten sein?

Zitat:Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist

nein - denn das bewußtsein ist ja nur ein teil von mir. wie meine völlig unbewußte physiologie und körperlichkeit eben auch

Zitat:also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt. Aber eben erst einmal nur als Bewusstseins-Feld, als etwas ganz klar Geistiges, zunächst einmal ohne weitere Attribute

hat schon mal jemand so einen rein geistigen beobachter wahrgenommen? wenn ja, wie?

Zitat:Das in der Introspektion wahrgenommene und erkannte Bewusstsein hat genau genommen keine zeitlichen und schon gar keine materiellen Eigenschaften. 

Und hier ist nun der Punkt, an dem sich dann tatsächlich "die Geister scheiden", eine Redensart, die hier wirklich sehr gut passt. Denn die einen, im weitesten Sinne die Idealisten oder Spiritisten, schlussfolgern daraus, dass das Bewusstsein gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht

woraus genau jetzt?

kannst du den schluß schlüssig ausführen?

ich sehe da nur ein riesiges non sequitur. aus der tatsache, daß bewußtsein immateriell ist, folgt ja noch nicht, daß es "gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht"
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#19
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: das glaub ich eigentlich nicht. die meisten - ich jedenfalls - würden wohl antworten "ich bin ich". und mein ich, das was mich ausmacht, erschöpft sich natürlich nicht in "Namen, Alter, Wohnort usw."


Wie du ja selber schon sagtest, ist dieses "ich bin ich" nicht besonders aussagekräftig. Es ist genau genommen sogar eine Vermeidung der Beantwortung dieser Frage. 


(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: worauf es aber, glaube ich, eher und wirklich ankommt, ist die frage "wie bin ich?" alsowie gehe ich mit der welt, meinen mitmnschen, mir selber um - und was bewegt und veranlaßt mich dazu?


Das ist dann aber schon wieder eine andere Frage. Und deren Beantwortung führt dann eher schon wieder in die Psychologie. 


(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: das ist in meinen augen ganz und gar nicht vage. der unterschied von, die grenze zwischen ich und du ist doch recht eindeutig, oder nicht?


Die Grenze zwischen Ich und Du ist schon eindeutig. Aber das meinte ich nicht. Vielmehr meinte ich all das, was so in unserem Bewusstsein herumschwirrt: Gedanken zu alltäglichen Themen, Aussagen, die wir irgendwo aufgeschnappt haben, Ohrwürmer, dann aber auch oft das innere Wiederholen von Gesprächen, die man geführt hat, usw... wenn man mal bewusst darauf achtet, was eigentlich so den ganzen Tag in unserem Bewusstsein präsent ist, dann stellt man sich schon die Frage: Was davon gehört jetzt wirklich "zu mir"? Nehmen wir das Beispiel eines Ohrwurms, eines Songs, den wir stundenlang oder manchmal tagelang immer wieder ins Gedächtnis bekommen - gehört so etwas zum Selbst? Wenn nein, wozu gehört es dann und wo ist die Grenze?  


(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:Gehören zum Beispiel die eigenen Erinnerungen auch zu diesem Selbst

selbstverständlich - zu wem oder wozu denn sonst?


Ich würde argumentieren, dass das Selbst eigentlich immer in der Gegenwart ist. Und Erinnerungen werden mit der Zeit auch verzerrt und gar verfälscht. Und das schon recht schnell. Das wird zum Beispiel immer wieder durch die Unzuverlässigkeit von Zeugenaussagen dokumentiert. 

(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist

nein - denn das bewußtsein ist ja nur ein teil von mir. wie meine völlig unbewußte physiologie und körperlichkeit eben auch


Wir können hier nur von der direkten subjektiven Wahrnehmung ausgehen. Meines Erachtens steht das Bewusstsein als solches immer an erster Stelle. Allerdings ist das Bewusstsein sehr beschränkt, solange es an einen Körper gebunden ist. Wir wissen ja durch die Beschreibungen von außerkörperlichen Erfahrungen und Nahtoderfahrungen, dass die eigentliche Natur des Bewusstseins geradezu überwältigend ist. Die Rückkehr in den Körper wird oft so beschrieben, dass man sich wundert, wie etwas so Gigantisches (wie das Bewusstsein) in etwas so Kleines (wie den Körper) hineinpassen kann. 


(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt. Aber eben erst einmal nur als Bewusstseins-Feld, als etwas ganz klar Geistiges, zunächst einmal ohne weitere Attribute

hat schon mal jemand so einen rein geistigen beobachter wahrgenommen? wenn ja, wie?


Das geht nur subjektiv. Aber entscheidend ist hierbei folgendes: Bewusstsein lässt sich auch dann nicht wissenschaftlich messen, wenn es an ein Gehirn gebunden ist. Daraus folgern ja dann manche, dass Bewusstsein eine Illusion ist, was aber meines Erachtens eine komplett unlogische und beinahe schon idiotische Schlussfolgerung ist. Denn "Illusion" ist bereits eine Sub-Kategorie von Bewusstsein. Ohne Bewusstsein keine Illusion, deshalb macht diese Schlussfolgerung keinen Sinn. 


(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: kannst du den schluß schlüssig ausführen?
ich sehe da nur ein riesiges non sequitur. aus der tatsache, daß bewußtsein immateriell ist, folgt ja noch nicht, daß es "gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht"


Ich würde es so formulieren: Etwas Immaterielles kann gar nicht sterben. Sterben ist ein Prozess auf der materiellen Ebene. Da aber das Bewusstsein oder der Geist oder die Seele oder wie auch immer man diesen immateriellen Wesenskern nennen will, eben gerade nicht materiell ist, kann das Sterben ihn nicht betreffen. Dadurch ist aber auch ganz klar, dass dieser Wesenskern unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht.
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#20
(31-08-2025, 18:11)subdil schrieb: Ich würde es so formulieren: Etwas Immaterielles kann gar nicht sterben. Sterben ist ein Prozess auf der materiellen Ebene.

Das hast Du jetzt aber so definiert. "Sterben" ist das Ende des Austauschs zwischen den Teilen eines Systems. Sollte auf Deiner geistigen Ebene sowieso kein Austausch moeglich sein, dann gibt es dort auch kein Sterben.


Die Frage habe ich schon gesehen. Ich wuerde sagen, unser "Ich" drueckt sich in unserem Charakter aus, Wuenschen, Empfindungen, Gedanken, Zielen, manchmal Geheimnissen, aufbauend auf unserem Selbstbild. Und ja, ueber so etwas reden wir nicht gerne, weil zu grosse Offenheit in der Beziehung verletzbar macht, weshalb wir darueber meist weder reden, noch Andere darauf ansprechen. Ich glaube, die alte Vorstellung, dass, wenn man den wahren Namen von jemandem kennt, man Macht ueber diese Person oder diesen Geist hat, spielt auf genau dies an. Fuer sich selbst sollte man dabei aber das Koerpergefuehl nicht vergessen, einen Sinn, der so sehr Teil unseres Selbst ist, dass wir ihn eigentlich nicht mal als Sinn wahrnehmen. Was passiert, wenn dieser Sinn streikt, sieht man ja unter anderem bei Nahtoderfahrungen. Und ich meine immer noch, dass wir da auf Psychologie schauen.
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#21
(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Bei der Introspektion geht es im wesentlichen um die Beantwortung der Frage: "Wer oder was bin ich"? Diese Frage fällt genau genommen nicht in die Kategorien Psychologie, Philosophie, Religion oder Esoterik. Man könnte diese Frage höchstens als eine spirituelle Frage definieren, dann aber mit dem Hinweis darauf, dass man wirklich ergebnisoffen und ganz ohne esoterische Erwartungshaltungen an diese Frage herangeht. 
...
Deshalb auch an dich, Ekkard, die Frage: Wie würdest du diese Frage "Wer oder was bin ich" beantworten?
Ich denke, "Ich" und "Selbstbewusstsein" oder auch nur "Bewusstsein" sind Begriffe, die dasselbe Phänomen bezeichnen. Viele höhere Lebewesen und wir Menschen auch, bilden unsere Erlebnisse, das, was wir dabei und darüber gedacht und geschlossen haben, sowie die entwickelten Modellvorstellungen auf das so genannte Selbst ab. Das Selbst ist natürlich ebenfalls ein Modell, in das uns unser "Selbstgefühl" in den Mittelpunkt stellt. Das Selbst muss man sich als "Zwiebel" vorstellen, das andauernd neue Schalen anbaut - ich nenne das "Ich-Tradition".
Erstaunlich und in gewisser Weise verwunderlich ist der dabei generierte Informationsgehalt, der ja im Hirn gespeichert werden muss. (Das zeigt übrigens deutlich, dass man "holographisch" weit mehr Daten speichern kann, als mit "linearen" Bitketten ala Computer.)

(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist, also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt.
Gewiss, das kann man so ausdrücken.

Was ein "Bewusstseinsfeld ohne weitere Attribute" sein soll, erschließt sich mir nicht. Es ist doch offensichtlich so, dass im Ich (im Selbst) ein Großteil meiner individuellen Erlebnisse und deren mentale Verarbeitung anklingen. Sie können, wenn diese Schwelle erreicht wird, auch wieder anders verarbeitet werden - in einer weiteren der Zwiebelschalen.

(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Das in der Introspektion wahrgenommene und erkannte Bewusstsein hat genau genommen keine zeitlichen und schon gar keine materiellen Eigenschaften.
Nicht? - Und was ist mit Störungen wie Narkose, Vergiftungen, Schlaganfällen, Traumata oder Schlaf? 
Ich habe manchmal den Eindruck, dass du vor lauter Begeisterung einige wichtige biologisch gegebene Tatsachen verdrängst.

(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Und hier ist nun der Punkt, an dem sich dann tatsächlich "die Geister scheiden", eine Redensart, die hier wirklich sehr gut passt. Denn die einen, im weitesten Sinne die Idealisten oder Spiritisten, schlussfolgern daraus, dass das Bewusstsein gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht, während die anderen, im weitesten Sinne die Materialisten und Reduktionisten, davon ausgehen, dass eben dieses Bewusstsein das Epiphänomen, das Endresultat des menschlichen Gehirns ist.
An Letzterem kann man nur mit verbundenen Augen und Sinnen vorbei gehen. Die Einflüsse sind groß, wie die pathologischen Fälle beweisen. Und das sind echte, reale Beobachtungen, nicht bereits Deutungen!
 
(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: An dieser sehr spezifischen Fragestellung arbeitet sich übrigens im Grunde dieses ganze Forum hier ständig ab, es läuft immer wieder darauf hinaus, egal, was anfangs das ursprüngliche Thema war. Daran erkennt man, wie allumfassend und entscheidend diese Fragestellung eigentlich ist. Und hier ist eben auch immer wieder die Frage, was die Wissenschaft bei dieser Fragestellung überhaupt leisten kann - kann sie etwas wirklich sinnvolles beitragen oder wird diese Fragestellung immer im Bereich der subjektiven Wahrnehmungen und individuellen Vorlieben bleiben?
Mich wundert das nur mäßig, weil immer wieder längst bekannte Tatsachen einfach übersehen werden. Natürlich sind die Narrative über unsterbliche Seelen befriedigender aber eben auch nicht mit den Tatsachen kompatibel.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#22
(31-08-2025, 20:37)Ekkard schrieb:
(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Bei der Introspektion geht es im wesentlichen um die Beantwortung der Frage: "Wer oder was bin ich"? Diese Frage fällt genau genommen nicht in die Kategorien Psychologie, Philosophie, Religion oder Esoterik. Man könnte diese Frage höchstens als eine spirituelle Frage definieren, dann aber mit dem Hinweis darauf, dass man wirklich ergebnisoffen und ganz ohne esoterische Erwartungshaltungen an diese Frage herangeht. 
...
Deshalb auch an dich, Ekkard, die Frage: Wie würdest du diese Frage "Wer oder was bin ich" beantworten?
Ich denke, "Ich" und "Selbstbewusstsein" oder auch nur "Bewusstsein" sind Begriffe, die dasselbe Phänomen bezeichnen. Viele höhere Lebewesen und wir Menschen auch, bilden unsere Erlebnisse, das, was wir dabei und darüber gedacht und geschlossen haben, sowie die entwickelten Modellvorstellungen auf das so genannte Selbst ab. Das Selbst ist natürlich ebenfalls ein Modell, in das uns unser "Selbstgefühl" in den Mittelpunkt stellt. Das Selbst muss man sich als "Zwiebel" vorstellen, das andauernd neue Schalen anbaut - ich nenne das "Ich-Tradition".
Erstaunlich und in gewisser Weise verwunderlich ist der dabei generierte Informationsgehalt, der ja im Hirn gespeichert werden muss. (Das zeigt übrigens deutlich, dass man "holographisch" weit mehr Daten speichern kann, als mit "linearen" Bitketten ala Computer.)

(30-08-2025, 21:32)subdil schrieb: Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist, also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt.
Gewiss, das kann man so ausdrücken.

Was ein "Bewusstseinsfeld ohne weitere Attribute" sein soll, erschließt sich mir nicht. Es ist doch offensichtlich so, dass im Ich (im Selbst) ein Großteil meiner individuellen Erlebnisse und deren mentale Verarbeitung anklingen. Sie können, wenn diese Schwelle erreicht wird, auch wieder anders verarbeitet werden - in einer weiteren der Zwiebelschalen.


An Letzterem kann man nur mit verbundenen Augen und Sinnen vorbei gehen. Die Einflüsse sind groß, wie die pathologischen Fälle beweisen. Und das sind echte, reale Beobachtungen, nicht bereits Deutungen!
 

Mich wundert das nur mäßig, weil immer wieder längst bekannte Tatsachen einfach übersehen werden. Natürlich sind die Narrative über unsterbliche Seelen befriedigender aber eben auch nicht mit den Tatsachen kompatibel.

@ Ekkard,

... du meinst wohl, die spärlichen Tatsachen, welche dem Menschengehirn zugänglich sind!? -   Icon_rolleyes  Leider helfen uns auch keine Traditionen oder vererbte Erzählungen, sowenig, wie die Quantenmechanik und ihre ellenlangen Zahlenreihen uns etwas über das eigentliche Geheimnis "verraten" können.

Man sieht es ja auch hier: Es bleibt lediglich bei unterschiedlichen Deutungen über die Welt und unser kurzes Dasein auf diesem Planeten.
Etwas "Sinnvolles" kann Naturwissenschaft zum Dasein des Menschen nicht beitragen, wenngleich der Mechanismus der Natur erfolgreich erforscht wird!

Diese Orientierungslosigkeit des Menschen führte und führt dann natürlich zur Hinwendung an Vorübergehendes, wie z.B. Macht, Einfluss, Gütern und Geld!

Wenn du ehrlich bist, kann kein Mensch korrekt sagen, was denn der Mensch eigentlich sei!?  Icon_rolleyes

Von >echter Geisteswissenschaft< kann aber nur jemand sprechen, der die Beschränkungen menschlichen Geistes außen vor lässt!
Auch Philosophie wird immer in Bewegung und auf der Suche bleiben.  Icon_exclaim

Gruß von Reklov
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#23
(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb:
(31-08-2025, 20:37)Ekkard schrieb: Mich wundert das (die immer wieder aufflammende Diskussion über "materiefreies" Bewusstsein) nur mäßig, weil immer wieder längst bekannte Tatsachen einfach übersehen werden. Natürlich sind die Narrative über unsterbliche Seelen befriedigender aber eben auch nicht mit den Tatsachen kompatibel.
... du meinst wohl, die spärlichen Tatsachen, welche dem Menschengehirn zugänglich sind!?
Wovon redest du? Es gibt doch ganz einfache, noch dazu relativ wenige Tatsachen, die beweisen, dass und wie wir von materiellen Einflüssen existenziell abhängen. DAS kann man wissen. Vom Universum, der Bibel oder dem ganzen Rest habe ich nicht gesprochen.

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Man sieht es ja auch hier: Es bleibt lediglich bei unterschiedlichen Deutungen über die Welt und unser kurzes Dasein auf diesem Planeten.
Gewiss, nur sind manche Deutungen näher an der Realität als andere, namentlich esoterische oder rein religiöse.

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Etwas "Sinnvolles" kann Naturwissenschaft zum Dasein des Menschen nicht beitragen, wenngleich der Mechanismus der Natur erfolgreich erforscht wird!
Nun gut, schmeiß deinen Computer weg, weil er nach deinem Bekunden nicht sinnvoll ist.

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Diese Orientierungslosigkeit des Menschen führte und führt dann natürlich zur Hinwendung an Vorübergehendes, wie z.B. Macht, Einfluss, Gütern und Geld!
Mag sein, davon war aber nicht die Rede!

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Wenn du ehrlich bist, kann kein Mensch korrekt sagen, was denn der Mensch eigentlich sei!?
Das mag schwierig sein, auch davon ist hier nicht die Rede.

Moderativer Hinweis: Halte dich doch an die jeweilige Thematik!

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Von >echter Geisteswissenschaft< kann aber nur jemand sprechen, der die Beschränkungen menschlichen Geistes außen vor lässt!
Wie das?

(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Auch Philosophie wird immer in Bewegung und auf der Suche bleiben.
Na fein! Wer hätte das gedacht - echt!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#24
(31-08-2025, 18:11)subdil schrieb:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: das glaub ich eigentlich nicht. die meisten - ich jedenfalls - würden wohl antworten "ich bin ich". und mein ich, das was mich ausmacht, erschöpft sich natürlich nicht in "Namen, Alter, Wohnort usw."

Wie du ja selber schon sagtest, ist dieses "ich bin ich" nicht besonders aussagekräftig. Es ist genau genommen sogar eine Vermeidung der Beantwortung dieser Frage

nicht im geringsten. es ist im gegenteil die ehrlichste antwort

was wäre denn deine antwort, und worauf würde sie sich stützen?

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: worauf es aber, glaube ich, eher und wirklich ankommt, ist die frage "wie bin ich?" also wie gehe ich mit der welt, meinen mitmnschen, mir selber um - und was bewegt und veranlaßt mich dazu?

Das ist dann aber schon wieder eine andere Frage

natürlich, aber die eigentliche. denn da geht es um unser wechselwirken mit anderen, ja mit allem. und nicht bloß um eitle nabelschau

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: das ist in meinen augen ganz und gar nicht vage. der unterschied von, die grenze zwischen ich und du ist doch recht eindeutig, oder nicht?

Die Grenze zwischen Ich und Du ist schon eindeutig. Aber das meinte ich nicht

warum schreibst du dann nicht, was du meinst, sondern "Wo genau fängt denn dieses Selbst an und wo hört es auf?"

denn ich bin mein selbst

Zitat:Vielmehr meinte ich all das, was so in unserem Bewusstsein herumschwirrt

das ist aber nur ein kleiner teil des selbst

Zitat:Gedanken zu alltäglichen Themen, Aussagen, die wir irgendwo aufgeschnappt haben, Ohrwürmer, dann aber auch oft das innere Wiederholen von Gesprächen, die man geführt hat, usw...

das ist aber nicht das wesentliche an unserem selbst, und schon gar nicht das sozial relevante. aber ich glaube nun zu verstehen: ich sehe mich als zoon politikon, du dich als grüblerischer einsiedler

Zitat:wenn man mal bewusst darauf achtet, was eigentlich so den ganzen Tag in unserem Bewusstsein präsent ist, dann stellt man sich schon die Frage: Was davon gehört jetzt wirklich "zu mir"? Nehmen wir das Beispiel eines Ohrwurms, eines Songs, den wir stundenlang oder manchmal tagelang immer wieder ins Gedächtnis bekommen - gehört so etwas zum Selbst? Wenn nein, wozu gehört es dann und wo ist die Grenze?  

ich bin beeindruckt. auf so eine frage würde ich noch nicht mal kommen - denn sie erscheint mir völlig irrelevant und jede antwort darauf müßig

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:Gehören zum Beispiel die eigenen Erinnerungen auch zu diesem Selbst
selbstverständlich - zu wem oder wozu denn sonst?
Ich würde argumentieren, dass das Selbst eigentlich immer in der Gegenwart ist

natürlich ist es das, so wie alles. auch erinnerungen

Zitat:Erinnerungen werden mit der Zeit auch verzerrt und gar verfälscht

sicher. so wie das selbst sich ja auch über die zeit ändert. ich bin nicht mehr der unbedarfte jüngling von vor einem halben jahrhundert

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:Also ich lande bei der Beantwortung dieser Frage immer wieder da, dass dieses "Ich" eigentlich das Bewusstsein ist
nein - denn das bewußtsein ist ja nur ein teil von mir. wie meine völlig unbewußte physiologie und körperlichkeit eben auch

Wir können hier nur von der direkten subjektiven Wahrnehmung ausgehen

nein, warum auch überhaupt?

Zitat:Meines Erachtens steht das Bewusstsein als solches immer an erster Stelle

das wissen wir. auch daß du gerne frei darüber fantasierst:

Zitat:Allerdings ist das Bewusstsein sehr beschränkt, solange es an einen Körper gebunden ist

Zitat:Wir wissen ja durch die Beschreibungen von außerkörperlichen Erfahrungen und Nahtoderfahrungen, dass die eigentliche Natur des Bewusstseins geradezu überwältigend ist

nein, das wissen wir nicht. und schon gar nicht aus "außerkörperlichen Erfahrungen und Nahtoderfahrungen"

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb:
Zitat:also der subjektive Beobachter, der hier als dieses Individuum auftritt. Aber eben erst einmal nur als Bewusstseins-Feld, als etwas ganz klar Geistiges, zunächst einmal ohne weitere Attribute
hat schon mal jemand so einen rein geistigen beobachter wahrgenommen? wenn ja, wie?

Das geht nur subjektiv

ich habe auch subjektiv noch kein solches "geistiges Bewusstseins-Feld ohne weitere Attribute" wahrgenommen. wie denn auch überhaupt, wenn es doch gar keine attribute aufweist...

Zitat:
(30-08-2025, 22:50)petronius schrieb: kannst du den schluß schlüssig ausführen?
ich sehe da nur ein riesiges non sequitur. aus der tatsache, daß bewußtsein immateriell ist, folgt ja noch nicht, daß es "gänzlich unabhängig vom menschlichen Wesen und Körper besteht"

Ich würde es so formulieren: Etwas Immaterielles kann gar nicht sterben. Sterben ist ein Prozess auf der materiellen Ebene. Da aber das Bewusstsein oder der Geist oder die Seele oder wie auch immer man diesen immateriellen Wesenskern nennen will, eben gerade nicht materiell ist

eine völlig unbegründete prämisse. aus unsinnigen axiomen kannst du zwar formal korrekt logisch schließen, der schluß aber ist auf jeden fall und zwangsläufig ebenfalls unsinn

es bleibt also beim non sequitur
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#25
(31-08-2025, 21:52)Reklov schrieb: Etwas "Sinnvolles" kann Naturwissenschaft zum Dasein des Menschen nicht beitragen

die naturwissenschaft hat z.b. dazu beigetragen, daß wir uns hier per internet unterhalten können

aber ich gebe dir recht - eine unterhaltung mit dir ist in der tat nichts "Sinnvolles"
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#26
(31-08-2025, 19:18)Ulan schrieb: Ich wuerde sagen, unser "Ich" drueckt sich in unserem Charakter aus, Wuenschen, Empfindungen, Gedanken, Zielen, manchmal Geheimnissen, aufbauend auf unserem Selbstbild. 

(31-08-2025, 20:37)Ekkard schrieb: Ich denke, "Ich" und "Selbstbewusstsein" oder auch nur "Bewusstsein" sind Begriffe, die dasselbe Phänomen bezeichnen. Viele höhere Lebewesen und wir Menschen auch, bilden unsere Erlebnisse, das, was wir dabei und darüber gedacht und geschlossen haben, sowie die entwickelten Modellvorstellungen auf das so genannte Selbst ab. Das Selbst ist natürlich ebenfalls ein Modell, in das uns unser "Selbstgefühl" in den Mittelpunkt stellt. Das Selbst muss man sich als "Zwiebel" vorstellen, das andauernd neue Schalen anbaut - ich nenne das "Ich-Tradition".


Danke für eure Antworten. Und man sieht hier ja schon, dass das nun zwei völlig verschiedene Antworten auf die Frage "Wer oder was bin ich" sind. Petronius sagte "ich bin ich" - und wenn man zehn Leute fragt, bekommt man zehn unterschiedliche Antworten. Daran sieht man, dass das Selbst keineswegs etwas ist, das man so klar definieren kann wie etwa seinen eigenen Namen. Den Namen hat man, den kann  man schreiben und aussprechen und andere schreiben und sprechen ihn gleich aus. Aber das Selbst - das ist eine vage Konstruktion, die jeder so irgendwie für sich selbst definiert. 


(31-08-2025, 22:51)petronius schrieb: was wäre denn deine antwort, und worauf würde sie sich stützen?


Meine Antwort auf die Frage "Wer oder was bin ich" unterscheidet sich je nachdem aus welchem Blickwinkel ich sie beantworte. Meine primäre Antwort wäre "ich bin ein Bewusstseinsfeld, dass was man die Seele oder den Geist nennt". Das ist jedenfalls das direkte Erleben im Augenblick, wirklich immer punktgenau in der Gegenwart, bevor irgend etwas anderes dazukommt. Aber ab da wird es kompliziert. Denn wie ich schon sagte:  


(31-08-2025, 22:51)petronius schrieb:
Zitat:wenn man mal bewusst darauf achtet, was eigentlich so den ganzen Tag in unserem Bewusstsein präsent ist, dann stellt man sich schon die Frage: Was davon gehört jetzt wirklich "zu mir"? Nehmen wir das Beispiel eines Ohrwurms, eines Songs, den wir stundenlang oder manchmal tagelang immer wieder ins Gedächtnis bekommen - gehört so etwas zum Selbst? Wenn nein, wozu gehört es dann und wo ist die Grenze?  

ich bin beeindruckt. auf so eine frage würde ich noch nicht mal kommen - denn sie erscheint mir völlig irrelevant und jede antwort darauf müßig


Tatsächlich sollte man sich über diese Dinge nicht zu viele Gedanken machen - denn sobald man erkennt, wie instabil und undefiniert dieses Selbst eigentlich ist, kann man schon in verwirrende Zustände kommen. 

Deshalb sollte es genügen, dass man für sich feststellt, dass das Selbst eine sehr individuelle Sache ist und es dann darauf beruhen lassen. Denn man kann ja sowieso niemals das eigene Selbst-Erleben mit dem Selbst-Erleben eines anderen vergleichen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Ich werde niemals wissen, wie Ekkard, Ulan oder du ihr jeweiliges Selbst tatsächlich erleben, ihr wisst es nicht von mir und niemand kann es von irgendjemand anderem wissen. 

Ich bleibe dabei, dass ich mein Selbst als immateriellen Geist oder immaterielle Seele oder immaterielles Bewusstsein erlebe. Aber ob nun zum Beispiel die Erinnerungen, die man hat, ebenfalls zu diesem immateriellen Selbst gehören oder zum Gehirn - da bin ich mir nicht sicher. Gleiches gilt für Emotionen und Empfindungen - und eben auch für scheinbar so nebensächliche Dinge wie Ohrwürmer. Ich würde tendenziell eher sagen, dass diese sekundären Dinge vom Gehirn her kommen.

Ich würde sagen, alles, was sich einem aufdrängt (wie eben Ohrwürmer) gehört nicht zum Selbst. Alles, was aus freien Stücken gedacht wird, gehört zum Selbst. Und so könnte man auch sagen, dass das Selbst durchaus einen freien Willen hat, welcher aber beeinflusst wird durch die sich aufdrängenden Emotionen, Empfindungen und Gedanken des Gehirns.
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#27
Unser Selbst ...
(31-08-2025, 19:18)Ulan schrieb: Ich wuerde sagen, unser "Ich" drueckt sich in unserem Charakter aus, Wuenschen, Empfindungen, Gedanken, Zielen, manchmal Geheimnissen, aufbauend auf unserem Selbstbild. 

(31-08-2025, 20:37)Ekkard schrieb: Ich denke, "Ich" und "Selbstbewusstsein" oder auch nur "Bewusstsein" sind Begriffe, die dasselbe Phänomen bezeichnen. Viele höhere Lebewesen und wir Menschen auch, bilden unsere Erlebnisse, das, was wir dabei und darüber gedacht und geschlossen haben, sowie die entwickelten Modellvorstellungen auf das so genannte Selbst ab. Das Selbst ist natürlich ebenfalls ein Modell, in das uns unser "Selbstgefühl" in den Mittelpunkt stellt. Das Selbst muss man sich als "Zwiebel" vorstellen, das andauernd neue Schalen anbaut - ich nenne das "Ich-Tradition".

(04-09-2025, 18:52)subdil schrieb: Meine Antwort auf die Frage "Wer oder was bin ich" unterscheidet sich je nachdem aus welchem Blickwinkel ich sie beantworte. Meine primäre Antwort wäre "ich bin ein Bewusstseinsfeld, dass was man die Seele oder den Geist nennt". Das ist jedenfalls das direkte Erleben im Augenblick, wirklich immer punktgenau in der Gegenwart, bevor irgend etwas anderes dazukommt. Aber ab da wird es kompliziert. ...  

Ich bleibe dabei, dass ich mein Selbst als immateriellen Geist oder immaterielle Seele oder immaterielles Bewusstsein erlebe. Aber ob nun zum Beispiel die Erinnerungen, die man hat, ebenfalls zu diesem immateriellen Selbst gehören oder zum Gehirn - da bin ich mir nicht sicher. Gleiches gilt für Emotionen und Empfindungen - und eben auch für scheinbar so nebensächliche Dinge wie Ohrwürmer. Ich würde tendenziell eher sagen, dass diese sekundären Dinge vom Gehirn her kommen.

Ich denke es gibt zwischen uns Naturwissenschaftlern kaum Unterschiede in der Auffassung vom Selbst. Lediglich die "immaterielle Seele" bereitet Denkschwierigkeiten.
Denn es gibt ein wichtiges Prinzip in unserer Welt: Eine Information (also Erinnerung, Auffassung, Vorstellung, Erlebnisbeobachtung etc.) muss irgendwo gespeichert werden. Anderenfalls ist sie nicht benutzbar. Wo siehst du eine Struktur im Komplex "Seele", die irgend etwas abrufbar speichern könnte?

Übrigens gehören "Ohrwürmer" durchaus zum Selbst, auch wenn du sie nicht magst. Sie sind in deinem inneren Komplex abrufbar und im übrigen auch verlernbar.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#28
(04-09-2025, 20:56)Ekkard schrieb: Lediglich die "immaterielle Seele" bereitet Denkschwierigkeiten.
Denn es gibt ein wichtiges Prinzip in unserer Welt: Eine Information (also Erinnerung, Auffassung, Vorstellung, Erlebnisbeobachtung etc.) muss irgendwo gespeichert werden. Anderenfalls ist sie nicht benutzbar. Wo siehst du eine Struktur im Komplex "Seele", die irgend etwas abrufbar speichern könnte?

Nun, ich sagte ja schon, dass es auch möglich ist, dass die Erinnerungen im Gehirn gespeichert sind und lediglich von der Seele (oder dem Geist oder dem Bewusstsein) abgerufen werden. 

In der subjektiven Erfahrung ist das immaterielle Selbst immer in der Gegenwart. Das ist für jeden überprüfbar, ich würde sogar sagen, dass dies der einzige Aspekt bei diesem ganzen Thema ist, der für jeden intersubjektiv überprüfbar ist! Wo ist das Selbst? Immer in der Gegenwart, im Augenblick. 

Menschen, die Nahtoderfahrungen hatten, haben oft berichtet, dass es in der anderen Welt keine Zeit im eigentlichen Sinne gibt. Oder es wurde so beschrieben, dass dort das Bewusstsein frei durch die Zeit reisen kann. Dies könnte eben daran liegen, dass alles Zeitliche im Materiellen verankert ist, also zum Beispiel Erinnerungen und Zeitempfinden überhaupt im Gehirn. Wenn dann aber Bewusstsein, Geist oder Seele vom Körper gelöst ist, endet damit auch die Verankerung im Materiellen und somit auch im Zeitlichen.
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#29
(04-09-2025, 18:52)subdil schrieb:
(31-08-2025, 22:51)petronius schrieb: was wäre denn deine antwort, und worauf würde sie sich stützen?

Meine Antwort auf die Frage "Wer oder was bin ich" unterscheidet sich je nachdem aus welchem Blickwinkel ich sie beantworte

dann sollte es dich nicht stören, daß ich meine antwort aus meinem blickwinkel gebe. "bewußtseinsfelder" kenne ich nicht und erlebe sie schon gar nicht

Zitat:Ich bleibe dabei, dass ich mein Selbst als immateriellen Geist oder immaterielle Seele oder immaterielles Bewusstsein erlebe

inwiefern "erlebst" du das? du stellst es dir halt so vor. aber inwiefern wirkt sich das auf dich aus? ohne auswirkung kein erleben
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#30
(04-09-2025, 22:15)subdil schrieb: Nun, ich sagte ja schon, dass es auch möglich ist, dass die Erinnerungen im Gehirn gespeichert sind und lediglich von der Seele (oder dem Geist oder dem Bewusstsein) abgerufen werden. 
Eine Seele, die irgendetwas abrufen (sich an etwas erinnern) kann, ist selbst eine Struktur, die Daten verarbeiten können muss. Ansonsten reden wir über eine Größe, die nicht an dem Weltgeschehen teilnimmt. Aber das ist wohl nicht so?

(04-09-2025, 22:15)subdil schrieb: In der subjektiven Erfahrung ist das immaterielle Selbst immer in der Gegenwart. Das ist für jeden überprüfbar, ich würde sogar sagen, dass dies der einzige Aspekt bei diesem ganzen Thema ist, der für jeden intersubjektiv überprüfbar ist! Wo ist das Selbst? Immer in der Gegenwart, im Augenblick.
Verstehe ich nicht! Ich bin doch auch die Erinnerung an mich selbst z. B. von gestern. In der Planung füge ich (heute) mein morgiges ich in einen Ablauf ein (projektiv). 

(04-09-2025, 22:15)subdil schrieb: Menschen, die Nahtoderfahrungen hatten, haben oft berichtet, dass es in der anderen Welt keine Zeit im eigentlichen Sinne gibt. Oder es wurde so beschrieben, dass dort das Bewusstsein frei durch die Zeit reisen kann. Dies könnte eben daran liegen, dass alles Zeitliche im Materiellen verankert ist, also zum Beispiel Erinnerungen und Zeitempfinden überhaupt im Gehirn. Wenn dann aber Bewusstsein, Geist oder Seele vom Körper gelöst ist, endet damit auch die Verankerung im Materiellen und somit auch im Zeitlichen.
Das klingt sehr wenig durchdacht und eher traumhaft! Sicher endet in der Bewusstlosigkeit die Zeit. Wer aus einem Koma erwacht, dem fehlt die im Koma verbrachte Zeit. Das ist im Schlaf nicht viel anders. Man erkennt das ganz genau an Nächten mit Schlafstörung. Die dauern und dauern ...

Ganz sicher ist alles Zeitliche im Materiellen verankert. Das ist ja genau die Auffassung, die man aus der Physik lernt. Und wenn du nun schon mal so weit gegangen bist, dann löse dich von der ganzen "immateriellen Bewusstseinsvorstellung". Denn die steht im Widerspruch zu sich selbst:

Ist sie nämlich "im Tode trennbar vom Materiellen", dem Körper also, dann endet jede Speicherung und damit jede Erinnerung, was gleichbedeutend ist mit dem Ende der (Eigen-)Zeit. Eine immaterielle Seele weiß absolut nichts. Sie ist ja vom Informationsfluss der Welt getrennt, wie du postulierst. Die so beschriebene "Seele" ist eine leere informationslose Hülse und hat keine Wirkung. Damit wird nichts erklärt. Wir haben hier einen Fall für Occam's razor!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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