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Das mit dem Atheismus stimmt nicht ganz. Ich würde Agnostiker nämlich nicht zum Atheismus zählen.
Und wegen den Politikern: Das ist sogar deren Programm. Oder warum nennen die sich sonst "Christlich-demokratische Union"?????
Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
Eine Partei, die sich christlich nennt, wird dies als Programm vor Augen haben wollen: ein christlich orientiertes Leitbild.
Aber gerade am Programm muß sich dann eine Partei auch messen lassen, denn dieser Maßstab fordert auch eine dementsprechend ethische Haltung und Handlung ein.
Z. B. galt (oder gilt immer noch), alles was Arbeit schafft, ist sozial. Das ist selbstverständlich absoluter Blödsinn. Arbeit gibt es sowieso in Fülle und Aufgaben nicht minder wenig. Die CSU war nicht gut beraten, diese Idee als Programm zu propagieren.
Daß wir in einem christlich geprägten Europa leben, stimmt. Doch Europa wurde auch von ganz anderen Kulturen und Religionen geprägt, was hinzugefügt werden muß, wenn wir von Europa sprechen, damit das Gesamtbild und Realität stimmt.
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Es hat sich über die Menschheitsgeschichte hinweg gezeigt, dass es ein massives Gegengewicht zur weltlichen Macht geben muss. Diese Aussage gilt ausdrücklich auch für Atheisten. Es geht dabei darum, dass unterprivilegierte Gruppen oder Individuen die Chance erhalten, aus ihrer Weltanschauung heraus Solidarität zu spenden und zu erfahren. Es war ganz falsch - und hat Jesu Lehre pervertiert -, als ausgerechnet der römische Staat um das Jahr 400 herum die christliche Religion okkupierte.
Auf der anderen Seite muss eine Religionsgemeinschaft um jener Solidarität willen ihrerseits um Einfluss kämpfen (manchmal zerfleddern sich die Kirchen bei all den sozialen Themen, zu denen sie Stellung nehmen müssten!)
Ich bin für Laizismus (Trennung von Kirchen und Staat).
Verstärkung des Pluralismus: Ja, auch das könnte ich ankreuzen, wenn damit eine Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften gemeint ist. Das heißt aber zugleich: Nehmt eure soziale Verantwortung wahr, macht transparent, was ihr beabsichtigt usw. Aber DAS ist keine Säkularisierung (= Verweltlichung). Dieser stehe ich eher skeptisch gegenüber, wenn ich mir ansehe, wie sinnleer für sehr "weltlich eingestellte" Jugendliche die Welt erscheint (nur noch "Spaß haben").
Ich bin also sowohl für die Option 2 als auch die Option 5. Meines Erachtens ist die Liste nicht konsistent. (Ich stimme also nicht ab).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(12-03-2009, 11:59)Sonne schrieb: Sollte Deutschland eine Säkularisierung vorantreiben? Verwechselst du vielleicht die Begriffe "Laizismus" = Trennung von Kirche und Staat und "Säkularisierung" = Verweltlichung? Laizismus und Säkularisierung sind unabhängig voneinander. Gutes Beispiel ist die Türkei. Ata Türk hat Moschee und Staat getrennt (Laizismus). Zugleich sind die Türken überwiegend fromme Muslime (keine Säkularisation).
Verstehst du so vielleicht meine Kritik an der Formulierung der Umfrage?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Ich meine mit Säkularisierung, was eine weite Deutung haben kann, als "Verweltlichung", hauptsächlich als Gegengewicht zum Christentum. Also eher eine "Entchristlichung".
Die absolute Steigerung dessen ist die totale Trennung von jeglichem Religiösem und Politik im Laizismus.
Verstehst du, warum ich also zwischen Option 1 und 2 eine Differenz sehe? GB ist nämlich kein laizistischer Staat, aber dennoch religionsplural gleichberechtigend.
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(14-03-2009, 00:54)Ekkard schrieb: Es hat sich über die Menschheitsgeschichte hinweg gezeigt, dass es ein massives Gegengewicht zur weltlichen Macht geben muss. Diese Aussage gilt ausdrücklich auch für Atheisten. Es geht dabei darum, dass unterprivilegierte Gruppen oder Individuen die Chance erhalten, aus ihrer Weltanschauung heraus Solidarität zu spenden und zu erfahren.
Das versteh ich nicht ganz. Atheismus ist eine Weltanschauung... Solidarität kann man auch bspw. aus dem Humanismus beziehen, der von vielen Atheisten propagiert wird.
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Humanismus ist ebenfalls eine Weltanschauung. Meistens sind Atheisten Humanisten. Getrennt oder vereint, wichtig ist die Solidarität der durch den Staat unterprivilegierten Menschen im Staat. Dabei kommt es gar nicht auf eine bestimmte Weltanschauung (Religionen eingeschlossen) an.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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17-03-2009, 04:04
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17-03-2009, 05:36 von Alanus ab Insulis.)
(16-03-2009, 11:34)Sonne schrieb: Ich meine mit Säkularisierung, was eine weite Deutung haben kann, als "Verweltlichung", hauptsächlich als Gegengewicht zum Christentum. Also eher eine "Entchristlichung".
Die absolute Steigerung dessen ist die totale Trennung von jeglichem Religiösem und Politik im Laizismus.
Eigentlich ist Säkularisierung originär nach meiner Auffassung keine Entchristlichung, sondern eine Entkirchlichung. Wo beginnt den die Säkularisierung? In der Französischen Revulotion! Ihr voraus geht die Aufklärung als Geisteshaltung. Diese muss aber nicht notwendig säkular sein, wie die katholische Aufklärung beweißt.
Säkluarisierung ist also folglich die aus der nationalstaatlichen, opportunistischen Doktrin wider König und Kirche (als Obrigkeiten) gefolgte Enteignung und Entmachtung der Kirche! So geschehen in der Aufhebung sämtlicher Klöster, Verstaatlichung des Kircheneigentums, Aufhebung der Regierungsgewalt von Kirchenfürsten, Abschaffung der Steuerprivilegien und Unterordnung des Kirchenwesens unter die Verfassung während der Französischen Revolution.
Allgemein sprachlich versteht man heute unter Säkularisierung nicht mehr die durch den Staat fortgesetzte Enteignung der Kirche, sondern die durch die gesellschaftliche Ignoranz (Unkenntnis) entstehende Distanzierung von kirchlichen Lebensvollzügen.
Beides lehne ich ab!
Sicher man kann streiten darüber, welche Stellung die Kirchen in einem Staat und in der Gesellschaft haben sollen. Die alten, vorrevolutionären Modelle sind historisch überkommen, keine Frage. Dennoch sind offenbar viele Staaten daran interessiert den Kirchen einen rechtlichen Status zu geben, damit sie ihre Werte und ihr Leben in die Gesellschaften einbringen können. Offenbar wird hier anerkannt, dass die rechtliche Legitimität der Existenz der Kirchen wesentlich älter ist als die der meisten Staaten, als auch, dass jede Form gesellschaftlichen Lebens (also auch die Krichen) für eine Gemeinschaft wie eine Demokratie förderlich ist. In diesem Sinne sind die Kirchen unersetzliche Wertegemeinschaften in einem sozialen Gefüge, dass nur durch eine derartige Wertweitergabe (Tradition) überleben kann.
Im Übrigen halte ich die Vision vom weltanschaulich neutralen Staat für ein Märchen. Ich schrieb dazu:
Entschuldige bitte Marlene, aber das ist das Märchen vom weltanschaulich neutralen Staat. Den gibt es nicht. Selbst die Neutralität an sich wäre eine spezielle Weltanschauung.
Davon mal ganz abgesehen ist unser Rechtssystem sicherlich nicht neutral, sondern wertend. Es ordnet unsere Gesellschaft, unterscheidet und legt fest, verurteilt und maßregelt.... all das ist nicht neutral, sondern wertend.
Zum Beispiel geht der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz von der Gleichheit aller vor dem Gesetz aus. Dieser Rechtsgrundsatz hat seinen Ursprung in der Aufklärung und nicht zuletzt seine Umsetzung in der Französischen Revolution gefunden, als man am 4. August 1789 die Abschaffung der Feudalherrschaft, der Leibeigenschaft, der Steuerprivilegien von Adel und Klerus, die Gleichheit vor Gericht festsetzte und am 26. August 1789 die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verlaß.
Diese Erklärungen bestätigen und proklamieren den Wert und die Würde des Menschen und nicht eine allgemeine, wie auch immer zuverstehende Neutralität des Staates. NEIN der Staat muss Partei ergreifen für das Wohl des Menschen und das Wohl der Allgemeinheit. Und die Justiz steht in der Pflicht dieses Recht zu schützen. Die Justiz hat einen Fall nicht neutral zu betrachten, sondern nach Maßgabe des Rechtes!
All unsere Strukuren in einer Demokratie sind das Ergebnis einer Anschauung von Gesellschaft und Welt. Der Artikel 1 des Grundgesetzes birgt diese Wertorientierung gerade zu exemplarisch in sich. Ein Weltanschauungs neutraler Staat ist ein toter Staat.
(13-03-2009, 14:59)Sonne schrieb: Was ich mit dem oft benutzten Argument bestimmter Politiker, wir wären ein "christliches Land" und "Christlich" geprägt?
Das sind wir auch! Ganz West- und Mitteleuropa steht geistesgeschichtlich auf den Wurzeln der lateinischen Kirche und auch der Reformation. Osteuropa schon wieder mehr auf dem der Orthodoxie. Die Unterschiede im Denken und in der Kultur ergeben sich vor allem aus der geschichtlichen Unterschiedlichkeit des kirchlichen Denkens und des kirchlichen Kultus.
Auch ein überzeugter Atheist kommt um diese Einsicht nicht herum, dass die Kirche und ihr Glaube 2000 Jahre (1800 davon massiv) lang das Denken Europas geprägt hat und auch heute noch jeder in Europa auf den Füßen dieses Denkens steht, selbst wenn er es ablehnt.
Die Kirche als Insitution, als auch als Religion ist zum Beispiel hauptverantwortlich für die Transformation des antiken Wissens in das Mittelalter und die Neuzeit. Das gilt sowohl für die Wissenschaften (artes liberales, Theologie und Philosophie; später auch die Naturwissenschaften), als auch für das Rechtswesen.
Die Frage ist doch, kann man mit der geschichtlichen Überlieferung brechen und gleichzeitig etwas Neues schaffen, dass alle gesellschaftlichen Notwendigkeiten angemessen regelt? Traditionen und Konventionen beruhen gerade darauf, dass sich in ihrer geschichtlichen Beständigkeit ihre Wirksamkeit widerspiegelt. Insofern ist die Überlieferung des christlichen Europas eine kulturelle Bereicherung für alle, auch wenn man die Quelle, den christlichen Glauben nicht teilt.
Ich persönlich habe daher für folgendes votiert:
Nein, eher Zurücknehmen der Säkularisierungstendenzen.
Erstens weil ich überzeugter Christ bin und zweitens, weil eine Entchristianisierung, schlimmer noch eine politische Entkirchlichung niemanden nutzt, sondern nur die Wertebasis und Wertorientierung erschwert, wenn nicht gar zerstört.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Im Zusammenhang ein Beispiel: http://www.br-online.de/aktuell/konkorda...479936.xml
Die Einrichtung von Konkordatslehrstühlen halte ich für ein unangemessenes Machtinstrument der Kirche. Hochschullehre sollte frei und konfessionsungebunden sein. Es handelt sich dabei um staatliche Hochschulen bzw. Universitäten, wohlgemerkt.
In Deutschland existieren sowieso konfessionsgebundene, eigene Hochschulen. Warum dann zusätzlich das Einwirken bzw. Anspruch auf Mitspracherecht innerhalb staatlicher Hochschulen, was die Vergabe von Lehrstühlen angeht?
Politik wird von Menschen gemacht, wobei immer die betreffende Ethik, religiöse Haltung der Politiker bzw. Menschen mitschwingt. Bekommen aber die Kirchen ein direktes Mitspracherecht am politischen Geschehen (Gesetzgebung z. B.), wird es gefährlich, denn dann hat eine andere Wertehaltung keine Chance.
Konsequenterweise, da Christsein für mich innere wie äussere Freiheit bedeutet, lehne ich diese Form von Einwirkung der Kirchen ab.
Wie ist die Trennung von Kirche und Regierung in Europa geregelt?
Einige Beispiele:
Frankreich: Seit 1905 gilt das Prinzip des Laizismus, d.h. der Trennung von Religion und Staat: Religiöse Symbole in öffentlichen Einrichtungen sind verboten, kirchliche Aktivitäten sind auf den kultischen Bereich beschränkt.
Deutschland: Staat und Kirche sind nicht getrennt. Der Staat beteiligt sich u.a. an der Finanzierung konfessioneller Kindergärten und Schulen. Die Kirchen erheben eine Kirchensteuer, die vom Staat eingezogen wird. Der Religionsunterricht steht unter staatlicher Aufsicht, aber in inhaltlicher Verantwortung der Kirchen.
Großbritannien: Die seit der Ankunft des heiligen Augustinus 596 gegründete Church of England hat den Status einer Staatskirche. Bischöfe sitzen im Oberhaus und sind so an der Gesetzgebung beteiligt. Als ihr weltliches Oberhaupt amtiert derzeit Queen Elizabeth II.
(Quelle: arte/05.12.08)
Einige haben hier bereits abgestimmt und wie daraus ersichtlich, ein vorläufiges, ja sogar konträres Ergebnis; eine günstige Voraussetzung, um ins Gespräch zu kommen.
Abstimmen ist das eine, doch was steckt hinter einer gewählten Ausrichtung?
Was erhoffen sich jene, die eine Zurücknahme von Säkularisierung favorisieren? Was soll dadurch für den Menschen verbessert werden und was verhindert?
Das gilt auch für die Zustimmenden, die sich für eine Form von Laizismus entschieden haben.
Und dazwischen?
Anhand von konkreten Situationen, gesellschaftlichen Ebenen und Alltag, welche Vorstellungen knüpfen sich an die bevorzugte Wahl? Je konkreter, desto besser - wenn möglich.
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(17-03-2009, 07:52)Marlene schrieb: Deutschland: Staat und Kirche sind nicht getrennt. Der Staat beteiligt sich u.a. an der Finanzierung konfessioneller Kindergärten und Schulen.
Moin,
allerdings werden christliche Privatschulen nicht mehr gefördert als andere Privatschulen. Es ist folglich keine Besserstellung. Auch diese Schulen unterliegen der Schulaufsicht. Und nichtkonfessionelle Privatschulen wie z.B. die Rudolf-Steiner-Schulen weichen erheblich mehr von der staatlichen Schulnorm ab als konfessionelle Schulen, was Lehrpläne, etc. angeht.
Zitat:Die Kirchen erheben eine Kirchensteuer, die vom Staat eingezogen wird.
Das läßt sich meines Wissens der Staat von den Kirchen bezahlen. (Hier stimme ich Dir allerdings zu, dass das dennoch eine Bevorzugung ist, da dieses Angebot nicht allen Institutionen gemacht wird)
Tschüss
Jörg
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@Presbyter
Du solltest Säkularisation von Säkularisierung nochmal unterscheiden. Ersteres ist nämlich die Verstaatlichung kirchlichen Eigentums.
Wenn ich mich als Staat dafür entscheide, meine christlichen Wurzeln zu akzeptieren und darauf aufzubauen (christl. Feiertage z. B.), dann bietet das meines Erachtens nacht das Sprungbrett zur Benachteiligung von Minoritäten. Ich akzeptiere deine Wahl, jedoch kann auch ein überzeugter Christ für Säkularisierung oder Pluralität sein. Das Bekenntnis zur christlichen Religion bedeutet nicht, dass man eine Vorherrschaft seiner Religion auch befürworten muss.
Zu den Konkordatslehrstühlen möchte ich auch noch sagen, dass das auch in München an der LMU noch so ist! Und ich persönlich finde es einen Skandal, dass Theologen (!) über die Besetzung von Lehrstühlen der Philosophie und Soziologie (!) tragend mitentscheiden!
Grüße
Sonne
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17-03-2009, 16:20
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23-03-2009, 19:24 von Alanus ab Insulis.)
(17-03-2009, 14:54)Sonne schrieb: @Presbyter
Du solltest Säkularisation von Säkularisierung nochmal unterscheiden. Ersteres ist nämlich die Verstaatlichung kirchlichen Eigentums.
Dies habe ich getan, wobei diese begriffliche Unterscheidung eine ist, die es nur in der deutschen Sprache gibt. Im Französischem, dem Ursprungsland dieses Geschehens heißt beides einfach nur la sécularisation und auch im Italienischen l a secolarizzazione. Folglich muss man sich fragenlassen ob diese beiden Entwicklungen wirklich zu trennen sind oder ob sie nicht entwicklungsgeschichtlich zusammenhängen. Dieser Überzeugung bin ich.
(17-03-2009, 14:54)Sonne schrieb: Wenn ich mich als Staat dafür entscheide, meine christlichen Wurzeln zu akzeptieren und darauf aufzubauen (christl. Feiertage z. B.), dann bietet das meines Erachtens nacht das Sprungbrett zur Benachteiligung von Minoritäten.
Und wie sieht es mit dem demokratischen Prinzip aus. Wenn eine Mehrheit sich für etwas entscheidet, dann wird eine Minorität auch benachteiligt, auch dann wenn sie vlt. sogar das bessere Prinzip hat. Demokratische Entscheidungen sind nur auf Grund ihres plebiszitären oder parlamentarischen Charakters noch lange nicht gerecht.
Das Argument einer benachteiligten Minderheit ist ein Totschlagargument gegen alles.
Man muss also fragen ob mit der bestätigten Tradition (hier die christlich-abendländische Kultur) oder mit einer getroffenen Entscheidung (z.B. ein parlamentarischer Beschluss) eine legitime Entscheidung getroffen ist, die von Vorteil für das ganze Gemeinwesen ist und keinen diskriminierenden Charakter hat.
So haben übrigens Muslime in Östereich demletzt verlauten lassen, sie würden lieber in einem Staat leben, der seine christliche Herkunft achtet, als einem der einen laizistischen Modell folge und somit seine kulturelle Herkunft verleugne. Offensichtlich scheint die Solidarität und Akzeptanz religiöser Traditionen größer zu sein, als es aus der Sicht einiger Laizisten aussieht.
(17-03-2009, 14:54)Sonne schrieb: Ich akzeptiere deine Wahl, jedoch kann auch ein überzeugter Christ für Säkularisierung oder Pluralität sein. Das Bekenntnis zur christlichen Religion bedeutet nicht, dass man eine Vorherrschaft seiner Religion auch befürworten muss.
Es geht nicht um religöse Vorherrschaft der christlichen Kirchen, sondern um das allgemeine Bekenntnis zur christlich-abendländischen Kultur, die ja nicht nur kirchlich geprägt ist. Ein Blick auf die Katholische Kirche zeigt zum Beispiel, dass es in ihr selbst das Prinzip der Pluralität gibt (man beachte nur die vielen verschiedenen Orden und Rituskirchen). Insofern steht einem Europa das seine christlichen Wurzeln betont eine legitime Pluralität nicht im Wege. Problematisch wird aber eine pluralistische Gleichmacherei, die weder die unterschiedlichen kulturellen
Bedingungen noch deren Herkunft in den verschiedenen Religionsgemeinschaften anerkennt. Bestes Beispiel, wenn Bürger plötzlich gegen die Ausrufung des Muezzin protestieren! In einem arabischen Land gehört sowas zur kulturellen Tradition und hat daher seine volle Berechtigung, in Deutschland aber nicht. Diesen unterschiedlich, geschichtlich gewachsenen sozialen Rahmenbedingunen muss der Staat Achtung verschaffen. Wenn er sie einebnet, dann muss er auch die Konsequenzen und die politischen, sowie religiösen Spannungen in Kauf nehmen.
(17-03-2009, 14:54)Sonne schrieb: Zu den Konkordatslehrstühlen möchte ich auch noch sagen, dass das auch in München an der LMU noch so ist! Und ich persönlich finde es einen Skandal, dass Theologen (!) über die Besetzung von Lehrstühlen der Philosophie und Soziologie (!) tragend mitentscheiden!
Zu allererst einmal entscheiden nicht Theologen über die Besetzung von fachfremden Konkordatslehrstühlen, sondern der Berufungsausschuss der Fakultät. Diese stellt eine Auswahl aus Bewerbern zusammen und beruft davon einen auf den Lehrstuhl. Dieses Berufungsverfahren ist genauso frei wie jedes andere an den Universitäten. Dieser Kandidat wird bei einem Konkordatslehrstuhl dem Diözesanbischof vorgelegt. Dieser ist nach dem Konkordat dazu berechtigt "Erinnerung" zu erheben, d.h. vom Bischof wird ein nihil obstat, d.h. kein Widerspruch gegen die Ernennung vorausgesetzt. Es geht hier also nicht um die Berufung von Professoren, dies leistet die Berufungskommission, sondern um die Bestätigung auf den Lehrstuhl. Erst kürzlich wurde dieses Prinzip von einem Verwaltungsgericht in Ansbach bestätigt ( hier).
Ein anderes ist es ob man die Notwendigkeit solcher Konkordatslehrstühle als gegeben ansieht. Die verschiedenen Bundesländer, die mit den Kirchen die Konkordate beschlossen haben, sind offensichtlich der Meinung, dass es der kulturellen Vielfalt und dem Leben der Gesellschaft förderlich ist, wenn derartige Institutionen bestehen. Für mich sind derartige Konkordatslehrstühle keine Notwendigkeit, obwohl sie für viele theologische Studienfächer einen direkten Bezug haben. Dies ist aber Aufgabe der Landesparlamente bzw. der Landesregierung, die die Verantwortung für die Bildungspolitik haben. Ochlokratie ist in solchen fällen meist unangebracht.
Soweit Presbyter
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Hier ist der Artikel der bei uns im Institut aushängt.
Ich finde es trotzdem eine Schande!
[...]obwohl sie für viele theologische Studienfächer einen direkten Bezug haben.
Ein Philosoph sowie ein Soziologe haben keineswegs große Berührungspunkte mit Theologie. Deshalb sehe ich keinen Grund für eine Mitbestimmung. Im Gegenteil. Studenten die nicht christlich sind müssen die Möglichkeit haben an ideologiefreier Bildung teilzuhaben.
Das Argument mit der Demokratie lass ich nicht gelten. Immerhin ist Demokratie etwas Politisches und nichts Religiöses. Über den Vorrang der "westlich-europäischen" Kultur kann man diskutieren. Aber meines Erachtens nach nicht über die der christlichen Werte- und Weltanschauung.
Mir ist bekannt das der Laizismus von den eigenen Bürgern oft auch nicht als das Gelbe vom Ei angesehen wird. Deshalb habe ich mit "unentschieden" abgestimmt. Weder das eine, noch das andere Extrem stellt für mich die optimale Lösung dar.
Gruß Sonne
Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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