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30-12-2009, 11:22
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30-12-2009, 11:24 von petronius.)
(30-12-2009, 00:33)Ekkard schrieb: (29-12-2009, 20:57)Ekkard schrieb: Wieso soll das ein 'Haken' sein? T.Logemann sagt ja ganz klar - und das ist seit Abrahms Zeiten so: Gott steht über den Dingen und hat keine Ursache (29-12-2009, 21:25)petronius schrieb: der logische haken ist, daß man sich nicht gleichzeitig auf das prinzip von ursache und wirkung berufen und es dann an einer stelle willkürlich für ungültig erklären kann Du meinst, der ewige Gott solle nicht Ursache der Welt sein dürfen?
nein. nur soll nach der selben logik auch alles mögliche andere "Ursache der Welt sein dürfen"
entweder es gilt das gesetz von ursache und wirkung - oder eben nicht
Zitat: (29-12-2009, 21:25)petronius schrieb: dann sollte man das auch nicht tun und sich auf einen "Begriff der Schöpfung" als "Ursache und Wirkung" berufen
Hm? Der Satz kommt bei mir nicht richtig an
was daran verstehst du nicht?
tlogemann beruft sich auf einen "Begriff der Schöpfung" als "Ursache und Wirkung", macht also genau das, was deiner meinung nach nicht gehen soll: weil "erfahrungsgemäß alles Bekannte eine Ursache (und Wirkungen) hat, auf das Deutungsgerüst "Gott", eine rein geistige Größe, schließen"
Zitat:Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass alle diese Geschichten über das Gebundensein des Menschen an alle möglichen Sachzwänge, Eigeninteressen und moralischen Fehlentscheidungen hinaus weisen
das tut auch jeder halbwegs gelungene roman *gähn*
big deal, huh?
Zitat:Im Grunde ist die christliche Tradition eine Aufforderung, aus dem Gefängnis weltlicher Verstrickungen und Einflüsterungen auszubrechen, sich zu emanzipieren
und welche konkrete aussage soll nun in dieser hohlfloskel versteckt sein?
(29-12-2009, 20:57)Ekkard schrieb: Zitat:In religiös gebundenen Gemeinden ist die Frage der Existenz nicht relevant, weil Gott als Maxime vor allen anderen Fragen steht
(29-12-2009, 21:25)petronius schrieb: das hermeneutische zirkeldenken in glaubenskreisen ist mir durchaus vertraut Gott an den Anfang aller gesellschaftlich relevanten Fragen zu stellen (auch: Infragestellung des eigenen Verhaltens), vermeidet Zirkel. Ein Kritikpunkt ist für mich nicht erkennbar.
"gott existiert" (also ist die frage seiner existenz nicht relevant), weil er als existent postuliert wird
und da siehst du keinen zirkel?
daß du meinst, bereits das infragestellen eigenen verhaltens müsse was mit "gott" zu tun haben, läßt mich zwischen kopfschütteln und lautem lachen schwanken
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
petronius:
Das der Urknall nicht ausserhalb von Ursache und Wirkung steht, zeigt ein einfaches Denkmodell auf: Wir wissen aus den physikalischen Beobachtungen dass sich der Raum seit dem Urknall weiter ausdehnt; die Grenzen dieser Ausdehnung können wir nicht erfassen. Jetzt lass' uns doch einfach mal annehmen der Raum den wir wahrnehmen sei gekrümmt (die Theorie des gekrümmten Raumes hat übrigends auch Steve Hawkins sehr anschaulich dargestellt - und meines Wissens nach ist Steve Hawkins kein Gottgläubiger) - eine unvorstellbar grosse "Kugel" sozusagen. Die Galaxien entfernen sich an den "gekrümmten Grenzen des Raumes" voneinander; gleichzeitig - da sie den gebogenen Grenzlinie folgen - kommt aber auch irgendwann der Punkt an dem sie sich wieder aufeinander zu bewegen.... bis sie an einem Punkt wieder zusammentreffen und ein neuer "Urknall" entsteht...... Das "Neuentstehen" der Materie aus "alter Materie" folgt bei diesem Beispiel einer Gesetzmässigkeit; es wiederholt sich ewig (daraus erklären sich solche wissenschaftlich unerklärlichen Sätze in den Heiligen Schriften wonach "der Anfang keinen Anfang und das Ende kein Ende hat"). Um beim Beispiel mit Ei und Huhn zu bleiben: Der Urknall ist das "Ei" aus dem Galaxien entstehen - diese sind "das Huhn". Und wenn sie wieder zusammenstossen und sich neu formieren - entsteht wieder ein "Ei". Derjenige, Der diesen komplizierten Ablauf kreiert hat - ist "der Schöpfer", der ausserhalb, oberhalb der Schöpfung steht - so wie ein Maler als "Schöpfer" oberhalb seines Gemäldes steht.
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(30-12-2009, 18:53)t.logemann schrieb: petronius:
Das der Urknall nicht ausserhalb von Ursache und Wirkung steht, zeigt ein einfaches Denkmodell auf: Wir wissen aus den physikalischen Beobachtungen dass sich der Raum seit dem Urknall weiter ausdehnt; die Grenzen dieser Ausdehnung können wir nicht erfassen. Jetzt lass' uns doch einfach mal annehmen der Raum den wir wahrnehmen sei gekrümmt (die Theorie des gekrümmten Raumes hat übrigends auch Steve Hawkins sehr anschaulich dargestellt - und meines Wissens nach ist Steve Hawkins kein Gottgläubiger) - eine unvorstellbar grosse "Kugel" sozusagen. Die Galaxien entfernen sich an den "gekrümmten Grenzen des Raumes" voneinander; gleichzeitig - da sie den gebogenen Grenzlinie folgen - kommt aber auch irgendwann der Punkt an dem sie sich wieder aufeinander zu bewegen....
das ist geometrischer schwachsinn. wie sich ein in sich gekrümmter dreidimensionaler raum ausdehnt, hast du offenbar nicht verstanden
stells dir mal eine dimension tiefer vor: bläst du einen luftballon auf, so dehnt sich die zweidimensionale oberfläche gleichmäßig aus - ohne daß deshalb irgendwas mit etwas anderem zusammenstößt
(30-12-2009, 18:53)t.logemann schrieb: Der diesen komplizierten Ablauf kreiert hat - ist "der Schöpfer", der ausserhalb, oberhalb der Schöpfung steht - so wie ein Maler als "Schöpfer" oberhalb seines Gemäldes steht.
selbst wenn wir die hypothese vom zyklisch expandierenden und kollabierenden pulsierenden universum annähmen (was derzeit eher eine außenseiterposition wäre), so folgte daraus nicht, daß ausgerechnet bei "gott" das ansonsten stets bemühte prinzip von ursache und wirkung nicht mehr gelten soll. daran ändert auch noch so blumige romansprache nichts
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Ich muss Dich korrigiern: Die Hülle des Luftballons ist nicht zweidimensional... Aber davon ab: Die Luftmoleküle innerhalb des Luftballons folgen der Strömung die erzeugt wird, wenn Du oder ich den Luftballon aufblasen. Dabei drängen sie die bereits sich im Luftballon befindlichen Moleküle "an den Rand", was letztlich zur Ausdehnung der Hülle führt (bis diese mangels weiterer Ausdehnungsfähigkeit platzt). Insoweit "folgt" letztlich jedes Molekül der Grenzlinie der Hülle.
Für den "Urknall" ist es bei diesem Beispiel letztlich zweitrangig, ob dieses Ereignis auf das "Platzen der Hülle" zurückzuführen ist, oder aber auf Hitzeentwicklung durch Komprimierung innerhalb des "Ballons".
Aber führen wir Dein Beispiel mal weiter: Der Mensch der den Luftballon aufblässt, steht doch einwandfrei ausserhalb des Geschehens im Luftballon. Platzt die bunte Kugel, hat das auf den Menschen keine grössere Auswirkung - wenn wir uns nun mal vorstellen das Gott ebenso ausserhalb des uns bekannten Universum steht wie der Mensch der den Luftballon aufbläst - dann hat das "Platzen des Universumsballon" für Ihn ebensowenig eine Auswirkung.
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(26-12-2009, 20:19)t.logemann (Atheismus der neue Fundamentalismus?) schrieb: Im Gegenzug gibt's aber durchaus anerkannte und nahmhafte Wissenschaftler (Steve Hawkins.... zum Beispiel), die Wissenschaftler sind - und Gläubige (man muss nicht unbedingt einer Religionsgemeinschaft angehören um an Gott zu glauben). Sind also die "gläubigen Wissenschaftler" alles "Verrückte".....?
(30-12-2009, 18:53)t.logemann schrieb: Jetzt lass' uns doch einfach mal annehmen der Raum den wir wahrnehmen sei gekrümmt (die Theorie des gekrümmten Raumes hat übrigends auch Steve Hawkins sehr anschaulich dargestellt - und meines Wissens nach ist Steve Hawkins kein Gottgläubiger) - eine unvorstellbar grosse "Kugel" sozusagen.
Wie kam es zum Sinneswandel?
Thomas Paine: "As to the book called the bible, it is blasphemy to call it the Word of God. It is a book of lies and contradictions and a history of bad times and bad men."
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04-02-2010, 19:07
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-02-2010, 19:11 von Hikikomori.)
Solche Dinge passieren leicht bei Sophisten oder wenn man seine Argumente an einer vorgefassten Schlußfolgerung oder einem Axiom ausrichtet anstatt die Schlußfolgerung aus den vorhandenen Argumenten abzuleiten, gleich wie sie aussieht.
Vorgefasste Vorstellungen machen natürlich alle Menschen in einem gewissen Ausmaß anfällig für Fehlschlüsse und eristische Dialektik muß nicht notwendigerweise aus rein unehrlichen Motiven bemüht werden, aber sie führt dazu das man sich mögliche neue Erkenntnisse zu leicht verbaut.
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Thomas,
du erläuterst dein Anliegen mit Hilfe einer Analogie. Diese sollte man nicht überstrapazieren. Es gibt hier gewisse User, die damit Erfolg haben, dass sie Diskussionen auf Nebengleise zerren, weil sie in der Hauptsache negativ befangen sind. Lass uns mal bei dem Kern der Sache bleiben, wo es um den Sinn des Glaubens geht (Beitrag #79)
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 1. Mit den Lehren des Glaubens eine kontinuierlich kulturell fortschreitende menschliche Zvilisation zu ermöglichen. Dies halte ich für eine gute, allerdings etwas karge Sinnforderung an eine Religionsgemeinschaft. Hinter dem Wort "kulturell" stecken einige Verborgene Widerwärtigkeiten, wenn man Kultur nicht auf ein wohlmeinendes, menschliches Miteinander beschränkt. Gegenbeispiel wäre eine Kultur des Herrschens durch wenige "Auserwählte". Hikikomori hat an anderer Stelle hierauf in eindrucksvoller Weise hingewiesen, als es um Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Achtung, Würde usw. ging.
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 2. Mit der Anerkennung der Unbegrenztheit und Allmacht eines unbekannten Schöpfergottes den eigenen Masstab des menschlichen Seins zu finden. Ich widerspreche an dieser Stelle nicht, weil ich an diesen Eigenschaften Gottes zweifle (das auch), sondern, weil diese Anerkennung ein anderes Ziel hat, als Gott selbst. Das Ziel ist die Anerkennung des Mitmenschen, seine Bedürfnisse, sein Leben unter einem gemeinsamen Dach. Auch der Maßstab ist nicht Gott selbst, sondern jene Maßstäbe, die uns offenbart wurden, sprich, die sich an menschlichen Maßstäben im Laufe der Tradition in vielen kleinen Schrittchen ergeben haben.
Dagegen versuchst du dem Atheismus einen Sinn zu geben. Dazu muss ich aber sagen, dass Atheismus ein weites Feld ist. Wenn ich deine Ausführungen richtig verstanden habe, dann meinst du einen materialistischen Humanismus (im Gegensatz z. B. zum Utilitarismus oder Nihilismus).
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 1. Mit der Überzeugung dass die menschliche Urteilskraft von Verstand und Logik ausreichend ist für den ständigen kulturellen Fortschritt der Menschheit zu sorgen. Dies provoziert mit Sicherheit die Gegenfrage: Muss es diesen Fortschritt überhaupt geben? Warum sollte Fortschritt sinnvoll sein? Menschliches Leben ist ein Nebenprodukt der Evolution. Die Sinnsetzung ist beliebig. Wenn, dann hat sie sich der Mitmenschlichkeit unterzuordnen. Ja, es ist denkbar, einen Sinn in der Aufrichtung einer Diktatur z. B. in Umweltfragen zu sehen.
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 2. Mit der Verweigerung der Anerkennung des Unerforschlichen die Grenzen des Seins unbegrenzt weiter zu tragen. Ich bin nicht davon überzeugt, dass der materialistische Humanist die Augen vor den unübersehbar vielen Implikationen des Lebens verschließt. Äußerungen auch hier im Forum zeigen eher eine gewisse Bescheidenheit, das Zugänglich und Wesentliche zu erforschen und das Unwesentliche zunächst jedenfalls als irrelevant zu betrachten.
Im Gegensatz dazu ist der Theist Universalist mit dem unbescheidenen Drang zu absoluten Aussagen (gut, ein Wenig überspitzt ausgedrückt).
So kommt es auch zu der Beschäftigung mit spekulativen Aussagen über Gott und die Welt. Um diese Diskussion etwas weider aufzudröseln:
Der Urknall ist eine Hypothese, welche die gegenwärtig zu beobachtende Galaxienflucht, die Schwärze des Nachthimmels, die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und die langsame Minderung der Gravitations"konstanten" zusammenfassen soll. Diese Hypothese ist alles andere als "gesichert". Man muss sie mindestens noch mit einer Aufblähungshypothese ergänzen, um Größe des Universums und die Zusammenhänge der Galaxienfilamente erklären zu können.
Natürlich stürzen sich Universalisten auf diese Überlegungen. Aber für den Glauben auf dieser unbedeutenden lokalen Welt bedeuten sie leider gar nichts.
Auch die Frage nach einer universalen Kette von Ursache und Wirkung geben diese Überlegungen (oder die Hawking-Theorien) nichts her.
Die Glaubensthese, Gott habe die Welt erschaffen, ist bestenfalls gut für das Verantwortungsbewusstsein, den Mitmenschen und ihrer Umwelt gegenüber.
Eine Schlussbemerkung zur Frage nach dem Anfang und Ende der Welt as physikalischer Spekulation, weil das ja im Themenverlauf angesprochen wurde:
Allem Anschein nach gehorchen physikalische Gesetze einigen wenigen grundsätzlichen Prinzipien, die in der Fachsprache Transformationssymmetrien heißen. Eine sehr einfache Transformation ist die Verschiebung eines Systems im Raum. Ein Naturgesetz wird dadurch nicht anders. Eine etwas kompliziertere Transformation betrachtet ein beschleunigtes System. Auch dadurch ändern sich Naturgesetze nicht, aber unsere theoretischen Formeln werden schon deutlich komplexer. Nicht zu vergessen die Lorentzinvarianz bei lichtschnellen Systemen. Deren Transformationsformeln sind nochmals eine Klasse verwickelter; man denke nur an das Stichwort 'Zeitdilation'.
Langer Vorrede kurzer Sinn: Es ist höchstwahrscheinlich so, dass an jeder beliebigen Stelle des Zeitablaufs das Universum im wesentlichen genauso aussieht, wie heute. D. h. es gibt keinen Zustand der Zukunft oder der Vergangenheit, in der die Welt wesentlich anders ausgesehen hat.
Das heißt, bewegen wir unser Instrumentarium (virtuell natürlich) in die Vergangenheit oder in die Zukunft, müssen wir eine Systemtransformation durchführen, so ähnlich wie die Lorentztransformation für lichtschnelle Systeme. Dergestalt transformiert "sehen" unser Instrumente eine genau gleichartige Welt mit einem (scheinbaren) Urknall und einem (scheinbar) offenen Ende.
Wer Spaß an ähnlichen Spekulationen hat, kann sich bei Lee Smolin ("Warum gibt es die Welt?") oder Lisa Randall ("Verborgene Universen") Anregungen holen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Lieber Ekkhard,
krankheitsbedingt komme ich leider erst heute dazu zu antworten.
Zur kulturell fortschreitenden Zivilisation:
Das Problem ist natürlich dass "Kultur" und "Kultur" trotz der gemeinsamen Verwendung des Begriffes durchaus unterschiedlich sein können. Grob gesagt kann für den Theisten das Höchstmass an Kultur verwirklicht sein, wenn alle Menschen den Regeln oder Weisheiten Gottes folgen, während für den Atheisten dieses Umstand/Zustand "tiefste Barbarei" bedeuten kann. Man müsste also zunächst mal definieren was "kultureller Fortschritt" eigentlich ist und hier eine Aussage treffen, die dem Theisten ebenso gerecht wird wie dem Atheisten. Hinsichtlich einiger Anforderungen wie z.B. Abschaffung übermässigem Reichtum und unwürdigster Armut, allgemeine völkerverbindende Bildung, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Anerkennung und Förderung der Individualität bei der gleichzeitigen Bewusstseinsbildung dass "Jeder ein Diener allen Seins" ist, dürfte dem Wesen nach nur wenig Unterschiedlichkeit zwischen Theisten und Atheisten bestehen.
Bei der Forderung dass sich Religion und Wissenschaft nicht widersprechen (sollen/dürfen/Können) sieht die Sache schon anders aus - hier müsste ein gemeinsamer "Anker" gefunden sein, der das gleichberechtigte Nebeneinander von Religion und Wissenschaft ebenso zulässt wie das sich gegenseitig in Theorie und These bereichernde Dasein. Wenn der Ausgangspunkt des Theisten (beispielsweise) darin liegt, das die Physik und die Biologie die der wortwörtlichen Auslegung der Genesis widerspricht "vom Teufel sei" und die Auslegung des Atheisten die ist das Glaube und Religion grundsätzlich nur "Einbildung" sind - dann ist die Sachlage hier schon bedeutend schwieriger.....
Zum eigenen Masstab:
Der "rein materielle Humanismus" hat natürlich eine gewisse Berechtigung - die (religiös motivierte) Forderung nach Abschaffung übermässigem Reichtum und bitterster Armut (in der Welt) kann ein "rein materieller Humanist" mit Sicherheit aus vollem Herzen mittragen. Das Problem dass der Theist mit dem "materiellen Humanist" an dieser Stelle hat, ist die -materiell nicht zu beweisende- Überzeugung, dass die Summe die den Menschen ausmacht "grösser" ist als die Erklärung seiner biologischen Funktionsweise. Im "Ökotestforum" schrieb mir mal ein überzeugter "materialistischer Humanist" (und nebenbei guter Hausarzt) dass die Seele letztlich nur die chemo-elektrische Funktionalität zwischen biologischen Komponenten (Nervenzellen, Synapsen) sei.... Kann man so sehen, sicher - der Theist "sieht" aber auch das Leben nach dem biologischen Absterben seiner Nervenzellen und Synapsen... der materielle Humanist "stellt" sich dieser "Ansicht" schon deshalb nicht, weil er in seinem materialistischen Weltbild (richtigerweise) das "Überleben" der Materie (im vorher Gewesenen) nicht sieht. Das eine "geistige Ebene" paralell zur materiellen Ebene existiert (oder in der Theorie existieren könnte) und sich "Leben" nach dem biologischen Zerfall in dieser geistigen Ebene weiter manifestieren wird (kann), sieht der materialistische Humanist nicht weil ihm der Zugang aus der "reinen Ansicht der Materie" verwehrt bleibt.
Dieses "Sichtweitenproblem" lässt sich aus unserer regrenzten Sichtweise auf Gott "übertragen - wir können die "Stufe Gottes" schlicht und einfach nicht erkennen, weil uns die grundlegenden "Zugangsvoraussetzungen" einfach fehlen. Wir können nur glauben - oder nicht-glauben. Auch im "rein Geistigen" fehlt uns die Grundlage um das "Übergeistige" zu erkennen.
Zum Fortschritt:
Tja.... muss es den wirklich geben..... Gegen(gegen)frage: Warum haben wir uns eigentlich alle nicht schon selbst oder gegenseitig umgebracht, wenn vielleicht die Welt, die Schöpfung ohne uns "besser 'drann wäre"....?
Das "Universumproblem":
Wenn das Hubble-Teleskop in die Tiefe des Raumes blickt - schaut es im Prinzip in die Vergangenheit. Um aber eine Aussage über die Expansion des Universums zumindestens in der Theorie machen zu können, müssten wir die Position der Galaxien in -meinetwegen- 200 Millionen Lichtjahre Entfernung bezogen auf unseren "Gegenwartspunkt" wissen - und das geht halt nicht weil -bedingt durch die reale Zeit die das Licht der Galaxien benötigt um unser Teleskop zu erreichen - wir halt immer nur in die Vergangenheit kucken können. Wir können keine qualifizierte Aussage über "das Wesen" des Universums treffen, keine "tausendprozentige Theorie oder These", einfach deshalb weil uns nicht alle Fakten hierfür bekannt sind. Von daher unterliegen unsere phsikalischen, Naturwissenschaftlichen Theorien und These einem "...Verfallsdatum....", nämlich solange bis wir neue Fakten erforscht haben um ein neues oder anderes theoretisches Gedankengebäude aufzustellen.
Selbst wenn sich dem Anschein nach solche "Theoriegebäude" widersprechen, so bauen sie doch aufeinander auf - eine verworfene Theorie aus dem 19. Jahrhundert war letztlich die Basis dafür, damit sie mit der Theorie (und der gesteigerten faktrischen Erkenntnis) des 20. oder 21. Jahrhunderts verworfen werden konnte. Hier haben wir übrigends einbe erstaunliche Analogie zur Religion: Die "Regeln" des Hinduismuses wuirden z.B. durch die "Regeln" des Buddhismuses (oder des Judentums, des Christentums, des Islam, der Baha'i-Religion) "abgelöst". Es stellt sich die Frage, ob ohne die 7000 Jahre alten Regeln des Hinduismuses die anderen Religion überhaupt "möglich" gewesen wären (zumindestens in der Form in der wir sie heute kennen)...?
Man kann "Ewigkeit" so interpretieren, als das ein "Zustand" über "alle Zeiten hinweg" gleich ist - in dem Fall wäre es richtigerweise ziemlich egal, ob wir mit unseren Teleskopen 200 Millionen oder 3 Milliarden Lichtjahre zurück blicken. Mann kann aber auch genausogut eine ständige Fortentwicklung, Weiterentwicklung annehmen - und dann wäre es nicht egal, ohne dass dem Faktum "Ewigkeit/Unendlichkeit" in irgend einer Weise widersprochen wäre. Denn "Ewigkeit" lässt sich nicht mit unseren äusserst beschränkten Zeitwertmasstäben messen.... (sieht man schon an der Analogie der Genesis: Wer sagt eigentlich dass die "7 Tage Schöpfungsgeschichte" irgendeinen "realen" Bezug zu unserem Tage/Wochen/Monate/Jahre-Zeitsystem haben....?).
Der Paradigmenwechsel, den meine Religion als "Entwicklungssprung" bei jedem Auftreten einer neuen Weltreligion postuliert, ist im gedanklichen Sinne auch eine "Transformation"... Vielleicht müssen wir uns um solche Transformationen mehr Gedanken machen, wenn wir uns über "Glauben und Wissen" qualifiziert austauschen wollen.
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24-05-2010, 02:56
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24-05-2010, 03:00 von Mensch1972.)
Dass Glaube/Religion und Wissenschaft sich nicht unbedingt widersprechen bzw. einander ausschließen, sieht man allein schon daran, dass einige der klügsten Köpfe der Menschheitsgeschichte religiös waren: Sir Isaac Newton, Leonardo da Vinci, Johann Wolfgang von Goethe (dessen Wortschatz auf nahezu unvorstellbare 90.000 ! Wörter geschätzt wird; der nicht nur Dichter, sondern auch Naturwissenschaftler, Philosph und Jurist war), Blaise Pascal, Galileo Galilei...
Albert Einstein(!)
"Jedem tiefen Naturforscher muss eine Art religiösen Gefühls naheliegen, weil er sich nicht vorzustellen vermag, dass die ungemein feinen Zusammenhänge, die er erschaut, von ihm zum erstenmal gedacht werden. Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft. - Die gängige Vorstellung, ich sei Atheist, beruht auf einem großen Irrtum. Wer sie aus meinen wissenschaftlichen Theorien herausliest, hat sie kaum begriffen." (Albert Einstein)
"Wenn unsere letzte Stunde schlägt, wird es unsere unsagbar große Freude sein, den zu sehen, den wir in unserem Schaffen nur ahnen konnten." Carl Friedrich Gauß, "Prinz der Mathematik" genannt, war Lutheraner. Gauß gilt als einer der drei größten Mathematiker aller Zeiten bzw. der Menschheitsgeschichte. Die anderen beiden sind Sir Isaac Newton und Archimedes!
Max Planck, Nobelpreisträger und Begründer der Quantenphysik:
"Zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch. Sie schließen sich nicht aus, wie heutzutage manche glauben und fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander."
"Ohne Gott ist nichts." Gottfried Wilhelm (Freiherr von) Leibniz (1646 bis 1716), ein genialer Kopf, gilt als der letzte Universalgelehrte. Die Bedeutung seiner Erkenntnisse wurde z.T. erst im 20. Jahrhundert erkannt. Er war es, der entdeckte, dass sich jede Zahl mit 0 und 1 ausdrücken lässt (so arbeiten Computer), baute eine Rechenmaschine, die multiplizieren und dividieren konnte usw. Er war in nahezu allen Gebieten bewandert (in Theorie und Praxis).
"Aber steckt hier nicht ein fataler Denkfehler? Die größte Schwierigkeit für den Theismus ist das Problem des Bösen und des Leidens, das unsere Welt durchzieht. Das hält mehr Menschen vom religiösen Glauben ab als alles andere, und wir Gläubigen können uns nicht davor drücken. Kann man tatsächlich behaupten, ein augenscheinlich so schlecht funktionierendes Universum wurde gezielt errichtet? Sollte uns nicht unser Sinn für Werte gegen diese seltsame, bittere Schöpfung rebellieren lassen? Ist die Geschichte des Lebens nicht eine des Kampfes, eine blinde Sackgasse, die 99,9 Prozent aller Arten auf der Erde ausgelöscht hat? Ist nicht die Rolle des Zufalls ein überzeugendes Indiz dafür, daß die Geschichte des Universums, wie Macbeth sagte, "ein Märchen ist, erzählt von einem Blöden, voller Klang und Wut, das nichts bedeutet"?
Hier kann die Biologie der Theologie zu Hilfe kommen. Dieselben biochemischen Prozesse, die Zellen mutieren und neue Lebensformen entstehen ließen - was die Evolution seit vier Milliarden Jahren antreibt -, führen auch dazu, daß eine Zelle bösartig wird. In einer Welt ohne Wunder kann es nicht anders sein, und die Welt ist nicht magisch, weil ihr Schöpfer kein launischer Zauberer ist. Diese Einsicht löst das Problem des Übels noch nicht, gibt aber eine gewisse Hilfe, weil sie vorschlägt, daß die Existenz von Tumoren nicht durch die Herzlosigkeit und Inkompetenz des Schöpfers bedingt ist. Wir meinen alle, wir hätten seine Arbeit besser machen können, wir hätten die schönen Dinge behalten, aber die schlechten verhindert. Doch je mehr uns die Wissenschaft dabei hilft, das Universum zu verstehen, desto mehr erscheint es mir als eine Art Gesamtgeschäft. Licht und Dunkel sind zwei Seiten derselben Münze." (John Polkinghorne, ehemaliger britischer Elementarteilchen-Physiker und ehem. Professor für Mathematische Physik an der Universität Cambridge).
Es kommt auch darauf an, welche Vorstellungen man von einem möglicherweisen existierenden Schöpfer hat: eine eher "kindliche", also Gott als alter Mann mit Bart der auf einer Wolke schwebt oder Gott im Sinne einer höheren Ordnung?
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24-05-2010, 03:37 von Mensch1972.)
(24-05-2010, 02:56)Mensch1972 schrieb: Dass Glaube/Religion und Wissenschaft sich nicht unbedingt widersprechen bzw. einander ausschließen,
Dies beinhaltet keine Wertung, sondern ist lediglich eine Feststellung!
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Der Glaube von Wissenschaftlern ist kein Indiz für die widerspruchsfreie Vereinbarkeit von Glaube und Wissenschaft.
Hatten wir hier schonmal im Thread.
Ob Glaube und Wissenschaft einander ausschließen...
Zwei Aspekte dazu:
Laut Sparsamkeitsprinzip (Ockhams Rasiermesser), ist eine Welterklärung ohne Gott hinreichend.
Viele Geschehnisse aus heiligen Schriften sind naturwissenschaftlich betrachtet unmöglich.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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(24-05-2010, 09:49)humanist schrieb: Laut Sparsamkeitsprinzip (Ockhams Rasiermesser), ist eine Welterklärung ohne Gott hinreichend
richtig
nicht zuletzt das meine ich, wenn ich sage: "gott" erklärt nichts
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24-05-2010, 13:20 von Mensch1972.)
(24-05-2010, 09:49)humanist schrieb: Der Glaube von Wissenschaftlern ist kein Indiz ... .
Hatten wir hier schonmal im Thread.
Sorry, aber bei den vielen Beiträgen kann man schon einmal etwas übersehen. Ich bitte um Nachsicht.
Zitat:Viele Geschehnisse aus heiligen Schriften sind naturwissenschaftlich betrachtet unmöglich.
Das ist unbestritten - sagen wir einmal, nach dem jetzigen Wissensstand.
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)
Seit wann sind Inhalte aus "Heiligen Schriften" aus naturwissenschaftlicher Sicht zu betrachten? Man möge mich gerne aufklären: Welche der heute bekannten "Heiligen Schriften" stammt nicht aus einer Überlieferung des Glaubens der Leute aus deren Zeit?!
Und sollte man mir an dieser Stelle Recht geben, seit wann hat der Glaube zu seiner Zeit etwas mit Wissen zu tun?
Gruß
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(24-05-2010, 19:12)alwin schrieb: Seit wann sind Inhalte aus "Heiligen Schriften" aus naturwissenschaftlicher Sicht zu betrachten?
was uns in europa betrifft: erst seit wenigen hundert jahren
(24-05-2010, 19:12)alwin schrieb: Und sollte man mir an dieser Stelle Recht geben, seit wann hat der Glaube zu seiner Zeit etwas mit Wissen zu tun?
ich denke, genau das - bzw. der umkehrschluß - war des humanisten anliegen
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