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Alter, Sterben, Tod - wie kann man das lernen?
Ja, genau darum ging es mir, humanist: Wie kommt man mit dem Altern (Sterben) klar? Ich erlebe es in meinem Umfeld, aber auch früher, als ICH jung war, wie die Älteren und die Alten ihre Problemchen habe, Sinnprobleme, gesundheitliche Probleme, und dass sie das mehr und mehr belastete.

Heute bin ich selbst älter und erfahre das an mir selbst. Ich sehe, dass religiöse Menschen es scheinbar leichter haben, sie könne ja alles (auch ihr Leiden) auf Gott und ihre Hoffnung auf das "Danach" "abwälzen", jedenfalls tun das viele.

Geht ein Atheist anders mit dem Altern um? Mit der Sterblichkeit? Mit dem Sterben?

Dein Statement klang "angelesen", so wie ein 14jähriger antworten würde. Vielleicht geht es ja in jungen Jahren nicht anders. Aber solche Lese-Statements interessieren mich eher weniger.

Schönen Gruss

DE
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(16-07-2010, 18:56)Gundi schrieb: Hallo ihr beiden,
Zum eigentlichen Thema:

Der Umgang mit dem Tod ist wohl eine sehr persönliche Sache. Hilfreich könnte es sein, wenn man mit Freude auf das Zurückliegende blicken kann und wenn man es geschafft hat seine größten Träume zu verwirklichen. Wenn man sich selbst und seinen Platz in der Welt gefunden hat.
Bestimmt haben Religiöse es oft leichter mit dem Thema Tod umzugehen, haben sie doch Hoffnung im Jenseits.
Der Atheist blickt der Endlichkeit entgegen und ich kann mir vorstellen dass das für den einen ein beruhigendes, für den anderen ein beängstigendes Gefühl ist.
[Der Thread wurde wunschgemäß geteilt. Dem Thema "Gibt es Altersweisheit" wurde ein neuer Thread zugeordnet. Das vorstehende Zitat von Gundi wurde allerdings hier wieder eingefügt, weil es zum ursprünglichen Thema gehört./Ekkard]
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(16-07-2010, 18:56)Gundi schrieb: Der Umgang mit dem Tod ist wohl eine sehr persönliche Sache. Hilfreich könnte es sein, wenn man mit Freude auf das Zurückliegende blicken kann und wenn man es geschafft hat seine größten Träume zu verwirklichen. Wenn man sich selbst und seinen Platz in der Welt gefunden hat.
Bestimmt haben Religiöse es oft leichter mit dem Thema Tod umzugehen, haben sie doch Hoffnung im Jenseits.
Der Atheist blickt der Endlichkeit entgegen und ich kann mir vorstellen dass das für den einen ein beruhigendes, für den anderen ein beängstigendes Gefühl ist.
Ich bin mir einigermaßen sicher, dass jene Menschen am meisten Todesangst erleben, die mit mit religiöser Sicht auf das Endgericht und auf die Hölle blicken. Erst, wenn man diese erziehungstaktischen Mythen ablegen kann, öffnet sich der Blick auf die natürlichen Vorgänge:
  • Bewusstsein ist ein weit über das Individuum hinaus reichendes Prinzip. Der individuelle Tod ist im Geflecht der langfristigen, kulturellen Informationsverarbeitung gar nichts
  • Individualität und Ich-Tradition sind natürliche Erhaltungsmechanismen, buchstäblich weiter nichts. Im Tode verlieren sie ihre Funktion.
  • Das Genom besteht weiter, selbst wenn man selbst keine Nachkommen gezeugt oder geboren haben sollte. Im Grunde bilden alle Menschen miteinander einen Genpool.
  • Zeit ist ein sehr relativer Begriff. Eine subjektive Zeit nach dem Tod existiert nicht. Folglich spielen die Fremdzeiten (der Überlebenden, der Erde oder des Universums) absolut keine Rolle. Man fällt in die Ewigkeit, bis sich irgendwo und irgendwann (fremd) Bedingungen auftun, wieder schnell und individuelle zu erleben und zu denken (also mutmaßlich mit einem Hirn oder Vergleichbarem).
  • Die Zeit endet subjektiv, als wäre man in den Ereignishorizont eines Schwarzen Loches gefallen - Zeitdilatation auf unendlich.
  • Das individuelle Vergessen ist nicht wichtig. Wichtig ist allein das Werden, ggf. das Wieder-Werden.
  • Todesangst ist eine vollkommen natürliche Reaktion auf Existenzbedrohung. Im Tode und bei tiefem Leid erlischt diese Reaktion (eigene Erfahrung)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Ich hatte letztes Jahr einen beinahe tödlichen Unfall und bin dann ca 15 Stunden nach dem Unfall im Krankenhaus aufgewacht.

Ich hatte in der darauffolgenden, doch recht qualvollen Zeit viel Gelegenheit zum nachdenken.
So kam mir auch der Gedanke, daß ich genausogut nicht aufwachen hätte können. Ich wäre tot gewesen, und irgendwie war das gar nicht so ein schreckliches Erlebnis.
Zwar habe ich keine bewusste Erinnerung an das "Koma", aber angefühlt hat es sich eher ruhig und friedlich.

Ich habe seitdem deutlich weniger Angst vor dem Tod. Ich war ja quasi schon bei ihm, bin aber zurückgekommen. (Habe hier ja auch noch viel zu erledigen. *g*)
Aber ich gehe jetzt viel gelassener an den Gedanken zu meinem Tod heran.
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Lieber Melek,

ich hatte ein ähnliches Erlebnis, mit dem Unterschied, dass ich mir meiner Todesnähe in jeder Sekunde bewusst war, ich war nicht im Koma, sondern hellwach. Das hat meine Todesangst eher vergrössert. Bis dahin war das Thema mir eher egal, bzw. als "aufgeklärter" Mensch war ich "natürlich" der Ansicht, keine Angst vor dem Tod zu haben, er ist ja was "natürliches". Nach "meinem" Erlebnis gab es diese Gelassenheit nicht mehr, die ich mir erst seit einiger Zeit, mit anderen Vorzeichen, wieder (mühsam) erarbeite.

Lieber Ekkard,

auf Deine Aussagen werde ich sicherlich auch noch eingehen, aber ich bin jetzt zu müde.

Lieben Gruss und gute Nacht

DE
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Das Älterwerden sehe ich als eine individuelle Erfahrung mit Gestaltungsmöglichkeiten.

Sterben und Tod habe ich bislang nur bei anderen Menschen erlebt, allerdings auch bei welchen, die mir sehr nahe standen.

Bei gläubigen Christen kam mir immer wieder der Gedanke, der Tod als Befreiung aus dem hiesigen Leben, - die Erwartung muß doch eigentlich recht "schön" sein. Für mich selber denke ich hier nur, welches Chaos ich meiner Familie hinterlasse. Würde mir heute ein Arzt sagen, ich hätte nur noch x Monate zu leben, ich glaube, ich würde die letzten Tage zu genießen (irdisches Leben) versuchen und das Chaos verkleinern, was meine Hinterbliebenen jetzt zu erwarten hätten...

Gruß
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Für mich persönlich waren meine zwei Erlebnisse stark prägend,..damals im Gefangenenlager wurde ich zweimal scheinexekutiert,.. Bei der ersten Exekution war ich Panik pur, bis zu dem Punkt, wo ich an der Wand stand, und die Wachen anlegten,..da war dann plötzlich, wie wenn ein Schalter umgelegt wird, eine Ruhe und Gelassenheit da, so in der Art, nun ists vorbei,..Es mag komisch klingen, aber als dann nur die Schlagbolzen klickten, war es fast schon schmerzlich, das es nicht vorbei war,..schwer zu beschreiben das Gefühl,..bei der zweiten Exekution durchlebte ich zwar auch dieses Gefühlschaos, doch es war bei weitem nicht so schlimm wie beim ersten mal,..

So gesehen glaub ich schon, das man Sterben lernen kann,..ist vielleicht schlecht ausgedrückt,..man kann, wenn man sich lange genug mit dem Tod auseinandersetzt, ihm den Schrecken nehmen,...

Seit jenen Tagen hab ich es mir zur Angewohnheit gemacht, mir jeden Tag zu vergegenwärtigen, daß ich heute sterben kann,..klingt vielleicht morbid, aber dadurch lebe ich einfach intensiver, und versuche nichts auf morgen zu verschieben,..
Aut viam inveniam aut faciam
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Lieber d.n.,

ganz besonders danke ich Dir für Deinen Beitrag. Er ist einerseits so schmerzhaft (allein das zu lesen!), andererseits aber auch hilfreich. Ich finde es gar nicht morbid, sich täglich bewusst zu machen, dass man heute sterben kann. Ich glaube, irgendein alter Lateiner (Horaz?) sagte man, dass man täglich so leben solle, als ob es sein letzter wäre.

Danke

DE
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Lieber Alwin,

das ist ein sehr wichtiger Punkt für mich: Meine Frau. Sie zurückzulassen, schmerzt sehr und auch die Gedanken, ob alles "so geregelt" ist, was es hätte geregelt werden können.

Lieben Gruss

DE
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@Einsiedler:
(16-07-2010, 22:50)Der-Einsiedler schrieb: Nach "meinem" Erlebnis gab es diese Gelassenheit nicht mehr, die ich mir erst seit einiger Zeit, mit anderen Vorzeichen, wieder (mühsam) erarbeite.

Darf ich fragen, wie du heutzutage etwas von dieser Gelassenheit wiedererlangst?
Ich muss gestehen, ich selbst bin nicht weiter als damals, als der Thread entstanden ist - außer vielleicht im genauen Betrachten der Angst vor dem Tod und im Entdecken von Nuancen, aber an der praktischen Nutzung zwecks Gelassenheit scheitert es immer noch. (Meine teilweise gut ausgeprägten Verdrängungsfähigkeiten als Gelassenheit zu deklarieren, will ich mich dann doch nicht erdreisten...) Trotzdem, das Thema interessiert mich noch und beschäftigt mich auch noch.

@d.n.: Ich muss sagen, dem Tod ausgerechnet unter solchen Bedingungen den Schrecken nehmen lernen - da habe ich echt Respekt vor. Denn diesen Übergang von schierer Panik zu Gefühllosigkeit kenne ich gut, aber von Ruhe und Gelassenheit kann in meinem Fall keine Rede sein. Das war nur... nichts.
Wenn ich das fragen darf: Weißt du, wie in deinem Fall der "Lerneffekt" zustande gekommen ist - was die neuen Gedanken, Wahrnehmungen waren, die die Angst vor dem Tod hinterher geringer gemacht haben als bei der ersten Erfahrung? (Falls die Frage zu privat ist, ignorier sie bitte selbstverständlich.)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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Schwer zu erklären,..irgendwie eine Art Erkenntnis, das ich sowieso einmal sterben muß, daß der Zeitpunkt meines todes nicht relevant ist, so etwas wie "es ist unsinnig, sich über etwas aufzuregen, was ich unter Garantie einmal erleben werde",..beim zweiten mal war zwar am Anfang auch etwas Panik, aber eben ganz schnell dieses "was solls, dann eben jetzt"
Aut viam inveniam aut faciam
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Hallo, d.n.,

darf ich fragen, ob Du damals eine/n Lebenspartner/in und evtl. Kinder hattest? Sieht man das dann nicht ein wenig anders? Ich weiss es nicht, merke an mir nur, dass meine grössten Ängste sich in irgendeiner Weise (unterschiedlichster Art) mit meiner Frau und wenigen, sehr guten Freunden verbinden.

Lieben Gruss

DE
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Hallo, Melmoth,

Du darfst alles fragen. Ich weiss nur nicht, ob ich es beantworten kann... Icon_wink

"Wiedererlangt" habe ich diese Gelassenheit (noch?!) nicht, aber ich arbeite dran. Zum Beispiel auch, indem ich das Thema hier zur Diskussion stelle. Ich lerne aus den Erfahrungen anderer. Und diese Erfahrungen geben mir immer wieder Stoff zum Nachdenken und Nachfühlen. Und ich meditiere, und Meditationen über Altern, Sterben und Tod sind bei mir sehr häufig. Inwiefern daraus wirklich mal Gelassenheit resultieren wird, das wird sich zeigen. Im Nachhinein hat sich ja bei mir gezeigt, dass meine "Gelassenheit", die bis zu meiner schweren Erkrankung da gewesen zu sein scheint, gar keine echte war, sondern vermutlich eine Mischung aus fehlender Erfahrung und Verdrängung...

Einen lieben Gruss

DE
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Hallo Einsiedler,..Wie ich schon einmal erzählt habe, wurde ich mit 17 eingezogen,...da war noch nichts mit fixer Freundin oder Kindern,..ein knappes Jahr später bin ich in Gefangenschaft geraten,..
Aut viam inveniam aut faciam
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Vielleicht hat auch der Krieg damals mein Denken verändert, dahingehend, daß ich etwas egoistischer war zu jener Zeit,..Gedanken an die Familie hab ich damals verdrängt, sie hätten mich nur vom Überleben abgelenkt,..
Aut viam inveniam aut faciam
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