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Um die Verhältnismäßigkeit einzuschätzen, muss gefragt werden, welche Mittel der Polizei zur Auflösung einer Sitzblockade zur Verfügung stehen.
Zitat:Eine Sitzblockade ist zunächst einmal vom Versammlungsrecht (Art. 8 GG in
Verbindung mit Art. 5 GG - Meinungsfreiheit) gedeckt. Sollte die Versammlung im
Vorhinein oder während ihres Stattfindens verboten werden, begeht man bei einer
(weiteren) Teilnahme an der Sitzblockade eine Ordnungswidrigkeit (Nichtentfernen von
einer verbotenen Versammlung). In diesen Fällen kann die Polizei die Anwendung
unmittelbaren Zwangs zur Beendigung der Versammlung androhen. Rechtsfolgen bei
Nichtbeachtung polizeilicher Anordnungen sowie die möglicherweise zum Einsatz
kommenden Zwangsmittel müssen von der Polizei genannt werden (ist jedoch nicht
immer der Fall). Zwangsmittel reichen vom höflichen Wegtragen über bösartig-brutales
Wegtreten, den Gebrauch von
Polizei-Schilden als Druckmittel, den Einsatz von Schlagstöcken, bis hin zum Einsatz
von Wasserwerfern (mit verschiedenen Druckschärfen, schlimmstenfalls unter Zugabe
von Tränengas), Hunden, Pferden.
resistthewar.de/pdf/rechtshilfe.PDF
Und da rangieren die Wasserwerfer kombiniert mit Tränengas an letzter Stelle.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Leider wurden sie ohne Vorwarnung mit Stärke auf die Leute ausgerichtet. "Flucht" war offensichtlich nicht möglich. Entsprechend sind die Verletzungen ausgefallen.
Gruß
Heute morgen hatte ich die Gelegenheit, ein Interview des Architekten Frei Otto mitzuverfolgen. Als die Frage darum ging, weshalb, warum im Baufeststellungsverfahren die Bedenken nicht ausgeräumt werden konnten bzw. zur Sprache kamen, antwortete der Architekt, "es habe Eingaben gegeben, jedoch sie wurden nicht berücksichtigt, da sie minderwertig seien gegenüber einem höherwertigen Projekt". Das bedeutet nicht weniger, alsdass das Verfahren eine Farce war und die Bürger nicht mal die Möglichkeit hatten, dagegen anzugehen. Diese Vehemenz und der Widerstand gegen dieses Projekt, die Bürger dem Projekt und der verantwortlichen Politiker gegenüber zeigen, wird mir dadurch erst klar. Von Rechtsstaatlichkeit kann in dieser Angelegenheit wirklich nicht die Rede sein. Ganz zu schweigen von der Gewalt. Sowas darf nicht wieder passieren.
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am rande:
Als Volker Klenk sein Verdienstkreuz in einen Umschlag steckte, um es nach Berlin zu schicken, war die Erinnerung noch wach: an kreisende Schlagstöcke, an Pfefferspray und Wasserwerfer. Polizeigewalt gegen Schulkinder? Tränengas gegen Rentner? Das entsprach nicht Klenks Verständis von wehrhafter Demokratie. "Sehr geehrter Herr Bundespräsident", schrieb Klenk. "Hiermit gebe ich mein Bundesverdienstkreuz am Bande zurück."
...
Klenk wettert nicht. Sein Widerstand ist nicht der eines Regierten gegen die Regierenden, eines Bürgers gegen "die da oben". Schließlich war Klenk viele Jahre selbst in der Politik
...
Sein wichtigstes politisches Anliegen waren Bürgerrechte und "die Differenz zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungsrealität", wie er heute sagt
://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/liberaler-aus-protest/
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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Danke, liebe Theodora. Wichtige Information.
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(10-10-2010, 12:54)alwin schrieb: Leider wurden sie ohne Vorwarnung mit Stärke auf die Leute ausgerichtet. "Flucht" war offensichtlich nicht möglich. Entsprechend sind die Verletzungen ausgefallen.
Gruß
Sicher? Das heisst es nämlich bei jeder Demo, dass da nie eine Vorwarnung gekommen sei. Meist hat man sie aber einfach ignoriert...
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(04-11-2010, 09:34)petronius schrieb: am rande:
Als Volker Klenk sein Verdienstkreuz in einen Umschlag steckte, um es nach Berlin zu schicken, war die Erinnerung noch wach: an kreisende Schlagstöcke, an Pfefferspray und Wasserwerfer. Polizeigewalt gegen Schulkinder? Tränengas gegen Rentner? Das entsprach nicht Klenks Verständis von wehrhafter Demokratie. "Sehr geehrter Herr Bundespräsident", schrieb Klenk. "Hiermit gebe ich mein Bundesverdienstkreuz am Bande zurück."
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Klenk wettert nicht. Sein Widerstand ist nicht der eines Regierten gegen die Regierenden, eines Bürgers gegen "die da oben". Schließlich war Klenk viele Jahre selbst in der Politik
...
Sein wichtigstes politisches Anliegen waren Bürgerrechte und "die Differenz zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungsrealität", wie er heute sagt
://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/liberaler-aus-protest/
am rande.
wie einer derer, die diesen Beitrag kommentiert haben richtig geschrieben hat: Das BVK gibts auf Ebay zu kaufen, es wurde bis heute ca. 1/4 Million Mal vergeben und wird nur so verprasst. Das zurückzugeben ist nun wirklich kein sehr eindrückliches Zeichen, höchstens dazu gut, mal wieder in den Medien zu stehen.
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(04-11-2010, 10:01)Romero schrieb: wie einer derer, die diesen Beitrag kommentiert haben richtig geschrieben hat: Das BVK gibts auf Ebay zu kaufen, es wurde bis heute ca. 1/4 Million Mal vergeben und wird nur so verprasst. Das zurückzugeben ist nun wirklich kein sehr eindrückliches Zeichen, höchstens dazu gut, mal wieder in den Medien zu stehen.
da du den artikel ja offenbar gelesen hast, müßtest du auch wissen, was hr. klenk politisch mehr zu bieten hat, als bloß "mal wieder in den Medien stehen" zu wollen
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(04-11-2010, 10:13)petronius schrieb: (04-11-2010, 10:01)Romero schrieb: wie einer derer, die diesen Beitrag kommentiert haben richtig geschrieben hat: Das BVK gibts auf Ebay zu kaufen, es wurde bis heute ca. 1/4 Million Mal vergeben und wird nur so verprasst. Das zurückzugeben ist nun wirklich kein sehr eindrückliches Zeichen, höchstens dazu gut, mal wieder in den Medien zu stehen.
da du den artikel ja offenbar gelesen hast, müßtest du auch wissen, was hr. klenk politisch mehr zu bieten hat, als bloß "mal wieder in den Medien stehen" zu wollen
Was ich ja auch im Allgemeinen gar nicht abstritt....
Nun wissen wir also, das diese Polizei - genauso wie in der DDR - bei Befehl gnadenlos draufhaut, egal, ob es sich dabei um Kinder und um eine angemeldete Demopnstration handelt.
Danke, kann man da nur sagen.
Ich hatte bisher immer eine gute Meinung von der Polizei. Diese habe ich seit diesen Vorfällen korrigiert. Es sind eben nichts weiter als auf Befehl losprügelnde Schläger in Uniform. Schade eigentlich.
Und sie haben noch nicht einmal den Mut, sich ohne Uniform zu schlagen. Das wäre wenigstens fair.
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(04-11-2010, 12:22)Polski schrieb: Nun wissen wir also, das diese Polizei - genauso wie in der DDR - bei Befehl gnadenlos draufhaut, egal, ob es sich dabei um Kinder und um eine angemeldete Demopnstration handelt.
Danke, kann man da nur sagen.
Ich hatte bisher immer eine gute Meinung von der Polizei. Diese habe ich seit diesen Vorfällen korrigiert. Es sind eben nichts weiter als auf Befehl losprügelnde Schläger in Uniform. Schade eigentlich.
Au ja, lass uns pauschalisieren. :icon_cheesygrin:
(04-11-2010, 12:22)Polski schrieb: Und sie haben noch nicht einmal den Mut, sich ohne Uniform zu schlagen. Das wäre wenigstens fair.
Sorry, aber :bduh:
@Romero: wie schön, das es noch Leute wie Dich gibt, die unerschütterlich an den Rechtsstaat und deren ausfürhende Organe glauben....mal so by the way: solch unbarmherzige und unangebrachte Härte brachte 1968 eine kleine Gruppe dazu, eine Terrorzelle zu gründen.....
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04-11-2010, 13:32
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-11-2010, 13:33 von Franziskus.)
@Polski:
Die "wir-haben-ja-nur-Befehle-befolgt"-Mentalität wirst Du nahezu in jeder Polizeistube auf der Welt finden. Denn der Sinn des Polizeiberufes besteht zu einem großen Teil in ebenjenem. Und genau da ist das große Problem, der Sprengstoff: In jeder Gesellschaft, jedem Staate ist das, was die Polizei tut, immer richtig. Sie stehen auf der richtigen Seite, der Seite des Gesetzes. Sollten sie diese übertreten, gehört es bei vielen Polizisten zum guten Ton, sich gegenseitig kameradschaftlich zu decken,- ganz so, wie es in einer Armee das auch tun würde. Aber grundsätzlich erlebt die Ausführung des Befehles genau dieselbe Legitimation wie der Befehl selbst - welche Legitimation er im Einzelfall erhält, hängt von verschiedenen Faktoren ab - eine Volkslegitimation hat vieles ganz sicher nicht.
Hier haben wir mittlerweile eine enorme Korrelation. Dies liegt aber an vorderster Front an dem Befehl, der so wenig Legitimation erhält - und das auch zurecht. Sich über polizeiliche Strukturen und Mitläufertum aufzuregen ist zwar ganz nett, führt aber zu nichts. Wie Du schon richtig festgestellt hast, wurde hier ein einsatztaktischer Weg gewählt, den Du aus den 6oiger Jahren kennst: Wenn wir hart genug gegen die vorgehen, dann kommen sie nicht mehr hierher. Gerade weil es Rentner und Schulkinder sind. So wie ich Herrn Rech erlebt habe, kann ich mir vorstellen, dass er als Innenminister diesen Vorschlag selbst aufgebracht und verteidigt hat.
Auf der anderen Seite darf man sich auch keine Illusionen darüber machen, dass wir uns hier in einem Krieg befinden, der hauptsächlich über die Medien ausgetragen wird. Ich bin mir sicher, dass die Demonstrationsführer sich jeden Morgen aufs Neue über diese Eskalation freuen - nicht umsonst haben sie planvoll die Schulkinder auch direkt vor den Polizeiwagen gesetzt, und sich selbst dahinter positioniert. Diese Leute wollten genau diese Bilder haben - und die antiquierten Idioten rund um Herrn Rech haben diese Bilder bereitwillig geliefert. Seitdem ist die Unterstützung (oder zumindest die Aufmerksamkeit) aus der Bevölkerung für das Anliegen in Stuttgart enorm gestiegen,- zuvor war das nur eine recht interessante Randerscheinung. Und man kriegt sogar Geißler als Schlichter!
In Kriegen ist gar nichts "rein". Und wenn die Demonstrationsführer Minderjährige hätten schützen wollen, dann hätten sie das auch getan. Sinn der Übung war es aber gerade, sie nicht zu schützen.
Das rechtfertigt auf der anderen Seite aber nicht das Vorgehen der Polizei. Aber ich bin mir ganz sicher, dass hier jetzt auch nichts mehr passieren wird. Ich glaube kaum, dass der gute Herr Rech seinen Hut wird nehmen müssen - vielleicht gibt's ja bei der nächsten Wahl eine kleine (oder auch eine große) Strafe. Aber etwas anderes ist wohl eher ein Märchen.
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04-11-2010, 15:23
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-11-2010, 15:25 von Romero.)
(04-11-2010, 13:05)Polski schrieb: @Romero: wie schön, das es noch Leute wie Dich gibt, die unerschütterlich an den Rechtsstaat und deren ausfürhende Organe glauben....mal so by the way: solch unbarmherzige und unangebrachte Härte brachte 1968 eine kleine Gruppe dazu, eine Terrorzelle zu gründen.....
Ich bin nicht so unerschütterlich, wie du es darstellst. Ich war nur schon an der einen oder anderen Demo und kenne die entsprechenden Nachberichte, wo gerne von Aufbauschen bis Lügen alles getan wird, um den vermeintlichen "Feind" - die Polizei - zu diskreditieren.
Bei Stuttgart war ich nicht dabei, kenne aber einige Darstellungen. Die der Polizei und die einiger durch den Einsatz Geschädigter. Hier heisst es "Die Demonstranten haben angefangen mit Flaschen und Pfefferspray gegen die Polizei loszugehen, deswegen haben wir nach Vorwarnung hart durchgegriffen". Dort heisst es "Die haben ohne Vorwarnung auf Kinder (gar Babies) und Alte eingeprügelt und den Wasserwerfer auf Maximum gestellt."
Was stimmt, weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass die Polizei oft und gerne unter Generalverdacht gestellt wird und die meisten Menschen nur zu gerne und schnell glauben, dass "die da Oben, die vom Staat" ohne mit der Wimper zu zucken jeden Bürger verprügeln lassen, der ihnen in die Quere kommt.
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