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Pantheismus = atheistische Gottesvorstellung???
#23
(27-07-2011, 22:24)Tyko schrieb:
(27-07-2011, 22:16)Bion schrieb: Nach Krause war die Welt nur ein Teil des persönlichen Gottes seiner Vorstellung. Spinozas (unpersönlicher) Gott ist die Summe allen Seins.
Das geht aus der Ethik nicht hervor und ist vielleicht interpretationssache.

Ich stelle einmal vor, was der von uns gleichermaßen verehrte Spinoza zur Erkenntnis des absoluten unendlichen Seins gedacht hat, wofür Ethik, 1. Teil, Lehrsatz 14, denke ich, repräsentativ ist:

Axiom 1:
Alles, was ist, ist entweder in sich oder in einem anderen.
Axiom 3:
Aus einer gegebenen bestimmten Ursache folgt notwendig eine Wirkung; und umgekehrt, wenn keine bestimmte Ursache gegeben ist, kann unmöglich eine Wirkung erfolgen.
Axiom 4:
Die Erkenntnis der Wirkung hängt von der Erkenntnis der Ursache ab und schließt diese ein.
Axiom 5:
Dinge, die nichts miteinander gemein haben, können auch nicht wechselseitig auseinander erkannt werden, oder der Begriff des einen schließt den Begriff des anderen nicht ein.
Axiom 6:
Eine wahre Idee muss mit ihrem Gegenstand übereinstimmen.
Axiom 7:
Was nicht existent Begriffen werden kann, dessen Wesen schließt die Existenz nicht ein.


Lehrsatz 14

Außer Gott kann es weder eine Substanz geben, noch kann eine begriffen werden.

Beweis:

Da Gott das absolut unendliche Seiende ist, an dem kein Attribut, welches das Wesen der Substanz ausdrückt, verneint werden kann (nach Definition 6**), und da er notwendig existiert (nach Lehrsatz 11***), so müsste, wenn es eine Substanz außer Gott gäbe, diese durch irgendein Attribut Gottes ausgedrückt werden, und so wären zwei Substanzen von gleichem Attribut vorhanden, was (nach Lehrsatz 5*) widersinnig wäre. Somit kann es keine Substanz außer Gott geben, und folglich kann eine solche auch nicht begriffen werden. Denn könnte eine solche begriffen werden, so müsste sie notwendig als existierend begriffen werden, was aber (nach dem ersten Teil dieses Beweises) widersinnig ist. Folglich kann außer Gott keine Substanz vorhanden sein noch begriffen werden.

Zusatz 1

Hieraus folgt aufs deutlichste erstens, dass Gott einzig ist, d. h. (nach Definition 6**) dass es in der Natur nur eine Substanz gibt und dass dieselbe absolut unendlich ist, wie in der Anmerkung zu Lehrsatz 10 bereits angedeutet wurde.

Zusatz 2

Es folgt hieraus zweitens, dass das ausgedehnte Ding und das denkende Ding entweder Attribute Gottes sind oder (nach Axiom 1) Affektionen der Attribute Gottes.

*Lehrsatz 5

In der Natur der Dinge kann es nicht zwei oder mehrere Substanzen von gleicher Beschaffenheit oder von gleichem Attribut geben.


Beweis:

Gäbe es mehrere verschiedene Substanzen, so müssten sie sich entweder durch die Verschiedenheit der Attribute oder durch die Verschiedenheit der Affektionen voneinander unterscheiden (nach dem vorigen Lehrsatz). Wenn bloß durch die Verschiedenheit der Attribute, so wird damit zugestanden, dass es nur eine Substanz von gleichen Attributen gibt. Wenn aber durch die Verschiedenheit der Affektionen: da die Substanz von Natur früher ist als ihre Affektionen (nach Lehrsatz l),wird sie, von ihren Affektionen abgesehen und für sich betrachtet, d. h. (nach Definition 3 und Axiom 6) richtig betrachtet, als von einer anderen unterschieden nicht begriffen werden können, d. h. (nach dem vorigen Lehrsatz), es kann nicht mehrere Substanzen geben, sondern nur eine.

**Lehrsatz 6

Eine Substanz kann von einer anderen Substanz nicht hervorgebracht werden.

Beweis:

In der Natur der Dinge kann es nicht zwei Substanzen von gleichem Attribut geben (nach dem vorigen Lehrsatz), d. h. (nach Lehrsatz 2) die etwas miteinander gemein haben. Darum kann (nach Lehrsatz 3) die eine nicht die Ursache einer anderen sein oder von einer anderen hervorgebracht werden.

Zusatz:

Hieraus folgt, dass eine Substanz nicht von etwas anderem hervorgebracht werden kann. Denn in der Natur der Dinge gibt es nichts als Substanzen und deren Affektionen, wie sich aus Axiom l und den Definitionen 3 und 5 ergibt. Von einer Substanz aber kann sie nicht hervorgebracht werden (nach dem vorigen Lehrsatz). Folglich kann eine Substanz überhaupt nicht von etwas anderem hervorge-bracht werden.

***Lehrsatz 11:

Gott oder die Substanz, die aus unendlichen Attributen besteht, von denen jedes ein ewiges und unendliches Wesen ausdrückt, existiert notwendig.

Beweis:


Bestreitet man das, so nehme man an, wenn man kann, es schließt also (nach Axiom 7) sein Wesen seine Existenz nicht ein. Nun ist aber das nach Lehrsatz 7 (= "Zur Natur der Substanz gehört das Existieren") widersinnig. Also existiert Gott notwendig.

Die Texte der anderen Lehrsätze, auf die verwiesen wird, liefere ich auf Wunsche gerne nach.
MfG B.
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Pantheismus = atheistische Gottesvorstellung??? - von Karla - 26-07-2011, 23:52
RE: Pantheismus = atheistische Gottesvorstellung??? - von Bion - 27-07-2011, 23:15

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