28-08-2011, 11:31
@Tyko: Ich folgere keinen Indeterminismus. Meine These ist: Wir können trotz Determinismus im Detail komplexe Systeme beliebig durch interne und extern Anstöße steuern, oder sie ihrer Selbstorganisation überlassen. In dieser Hinsicht sind sie nicht prognostizierbar: Wir haben es mit einer statischen Vielheit an auf einander bezogenen Vorgängen zu tun, die, entwicklungsgeschichtlich gesehen, dem Überleben dienen, selbst wenn diese Regelung individuell versagt.
Jetzt steht natürlich das Postulat nach dem freien Willen im Raum. Hier kann ich nur das sagen, was Petronius bereits weiter oben beschrieben hat. Wir fordern in unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, dass das Individuum in seinen Entscheidungen nicht mehr eingeengt werden soll, als es zum Überleben der Nachbarn und schließlich der Gesamtgesellschaft erforderlich ist. D. h. die Willensfreiheit ist ein politisches Postulat.
Aus der zuvor beschriebenen "Vielheit aufeinander bezogener Vorgänge" in unserem Gehirn kann man nicht direkt auf eine irgendwie geartete, umfassende Freiheit schließen - im Idealfall also auf einen (individuellen, inneren) freien Willen.
Vor eine Auswahl gestellt, gibt es wegen der unübersehbaren Vielfalt an Einflüssen eine Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Wahlmöglichkeit. Das ist wie ein labiles Gleichgewicht: Eine Wahl wird getroffen, wahrscheinlich die, die keine Sanktionen nach sich zieht und einige momentan erkennbare Vorteile bietet. Aber sicher ist das nicht - eine Wahrscheinlichkeit eben, bei der sogar eine irrationale, momentane Präferenz den Ausschlag geben kann (z. B. Trotzreaktion).
Gerichtsverhandlung und Schuld:
Es gibt Tatentscheidungen, die aus Sicht der Gesellschaft inakzeptabel sind, als den Gesetzen widersprechen und mit Sanktionen bewehrt sind. Die normale Reaktion ist die drastische Verringerung der Wahlentscheidung für diese Tat.
Da es keinen äußeren Zwang gibt, war das Individuum frei, sich anders zu entscheiden, was auch normalerweise geschieht. Die Behauptung, dass Täter nicht anders konnten, ist jedenfalls falsch. Es kann nur sein, dass ihre Ratio und möglicherweise ihre Sicht auf andere Wahlmöglichkeiten verstellt waren.
Jedenfalls in unserem Rechtssystem wird auf diese Zustände durchaus Rücksicht genommen (beispielsweise Mord/Totschlag). Aber darüber hinaus muss die Gesellschaft Grenzen für bestimmte Taten setzen, eben damit die Wahrscheinlichkeit zur Tat reduziert wird.
Selbst wenn der "arme" Täter im Augenblick der Entscheidung determiniert gehandelt haben sollte, stellt die Sanktion nach wie vor eine Minderung der Entscheidungswahrscheinlichkeit im oben beschriebenen Sinne dar.
Wir müssen auch immer das Vorfeld von Tatentscheidungen im Auge behalten. Taten bestehen in den seltensten Fällen aus nur einer einzigen Wahl, sondern vielfach aus kleinen Schritten - in den Abgrund.
Jetzt steht natürlich das Postulat nach dem freien Willen im Raum. Hier kann ich nur das sagen, was Petronius bereits weiter oben beschrieben hat. Wir fordern in unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, dass das Individuum in seinen Entscheidungen nicht mehr eingeengt werden soll, als es zum Überleben der Nachbarn und schließlich der Gesamtgesellschaft erforderlich ist. D. h. die Willensfreiheit ist ein politisches Postulat.
Aus der zuvor beschriebenen "Vielheit aufeinander bezogener Vorgänge" in unserem Gehirn kann man nicht direkt auf eine irgendwie geartete, umfassende Freiheit schließen - im Idealfall also auf einen (individuellen, inneren) freien Willen.
Vor eine Auswahl gestellt, gibt es wegen der unübersehbaren Vielfalt an Einflüssen eine Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Wahlmöglichkeit. Das ist wie ein labiles Gleichgewicht: Eine Wahl wird getroffen, wahrscheinlich die, die keine Sanktionen nach sich zieht und einige momentan erkennbare Vorteile bietet. Aber sicher ist das nicht - eine Wahrscheinlichkeit eben, bei der sogar eine irrationale, momentane Präferenz den Ausschlag geben kann (z. B. Trotzreaktion).
Gerichtsverhandlung und Schuld:
Es gibt Tatentscheidungen, die aus Sicht der Gesellschaft inakzeptabel sind, als den Gesetzen widersprechen und mit Sanktionen bewehrt sind. Die normale Reaktion ist die drastische Verringerung der Wahlentscheidung für diese Tat.
Da es keinen äußeren Zwang gibt, war das Individuum frei, sich anders zu entscheiden, was auch normalerweise geschieht. Die Behauptung, dass Täter nicht anders konnten, ist jedenfalls falsch. Es kann nur sein, dass ihre Ratio und möglicherweise ihre Sicht auf andere Wahlmöglichkeiten verstellt waren.
Jedenfalls in unserem Rechtssystem wird auf diese Zustände durchaus Rücksicht genommen (beispielsweise Mord/Totschlag). Aber darüber hinaus muss die Gesellschaft Grenzen für bestimmte Taten setzen, eben damit die Wahrscheinlichkeit zur Tat reduziert wird.
Selbst wenn der "arme" Täter im Augenblick der Entscheidung determiniert gehandelt haben sollte, stellt die Sanktion nach wie vor eine Minderung der Entscheidungswahrscheinlichkeit im oben beschriebenen Sinne dar.
Wir müssen auch immer das Vorfeld von Tatentscheidungen im Auge behalten. Taten bestehen in den seltensten Fällen aus nur einer einzigen Wahl, sondern vielfach aus kleinen Schritten - in den Abgrund.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard