22-08-2012, 07:45
(21-08-2012, 23:40)Richard Bastian schrieb: Ein großer Irrtum ist es, den Religionen zuzuschreiben, sie hätten die Werte der Moral erschaffen. Das Gegenteil ist der Fall, sie haben diese Werte, die jedem Menschen von Geburt gegeben, zerstört.Ja und nein. Einerseits stimmt es, dass der Mensch schon von Geburt an so veranlagt ist, dass er in der Lage ist, mit anderen Menschen mitzufühlen, und auch das gute Gefühl, wenn man jemand anderem eine Freude gemacht hat, steckt im Menschen drin (Spiegelneuronen, bestimmte Hormone usw.). Wäre das nicht so, gäbe es weder Religionen noch irgendwelche andere moralische Vorstellungen, weil es dafür keine Grundlagen geben würde.
Andererseits gibt es Kriege auch im Tierreich, z.B. unter wildlebenden Schimpansen (bitte nicht nach Quellen fragen, das habe ich vor Jahren mal gelesen). Und bei denen gehen wir davon aus, dass sie keine Religion haben.
Aber die Behauptung, eine Religion verbreiten zu wollen, ist natürlich eine gute Legitimation für Eroberungen, denn sie suggeriert ethische Motive. Wenn nicht in den Augen der Betroffenen, dann doch wenigstens in den eigenen Augen der Eroberer. Und monotheistische Religionen, die keine Wahl zwischen verschiedenen Göttern lassen, eignen sich ganz besonders dafür; schließlich will man die zu Eroberern angeblich (oder auch tatsächlich) vor dem Anbeten der falschen Götter bewahren.
Andererseits gibt es auch Eroberungskriege ohne religiösen Hintergrund. Die Römer hatten es z.B. ursprünglich gar nicht nötig, anderen Völkern ihren Glauben aufzuzwingen, da sie selbst schon so viele Götter hatten, dass sie die Götter der anderen Völker problemlos akzeptieren konnten. Erst, als das Christentum Staatsreligion geworden war, wurde Eroberung gleichbedeutend mit Zwangsmissionierung.

