11-11-2012, 12:51
(10-11-2012, 17:53)Mustafa schrieb: Eine objektive Realität (sowie die Vorstellung, dass es überhaupt so eine gäbe), der die Betrachter wurscht sind, ist nur eine Idee.
unter lupe pingeligster epistemologie betrachtet, hast du natürlich recht. es gilt, was schon descartes sagte: cogito, ergo sum. nachweislich wissen von der existenz von egal was außer dinem eigenen denken bzw. kannst du gar nichts. nur von dir selbst (qua deines denkens ) kannst du dir der existenz sicher sein, alles andere könnte genausogut nur einbildung sein - oder wie du es lieber nennst: "idee"
nur - wohin führt uns dieser generalzweifel? in die sackgase des solipsismus. "da ich nur der existenz meiner völlig sicher sein kann, muß ich im zweifel davon ausgehen, daß nichts außer mir selbst existiert bzw. alles nur in meinem kopf existiert"
schön und gut - das ist epistemologisch sauber, bringt uns aber keinen schritt weiter - schon gar nicht im alltäglichen, also "realen" leben. deshalb ist es doch sehr viel vernünftiger und sinnvoller, zumindest als arbeitshypothese von der existenz einer "objektiven", vom beobachter unabhängigen realität auszugehen - und diese solange als gültig zu betrachten, bis sie an ihren widersprüchen zusammenkracht oder ein besseres modell gefunden wird
und beides ist afaik nicht der fall
man kann nun natürlich noch nach belieben weitere realitätsebenen einfügen und darüber spintisieren - im sinne william of ockhams aber ist dies für mich abzulehnen. es bringt mir keinen essentiellen erkenntnisgewinn, erklärt nichts (nachvollziehbar und plausibel, und nicht nur als luftschloß in der art von "aber es ist doch nicht undenkbar"), was nicht auch ohne diese metarealitäten erklärbar wäre
noch mal zusammengefaßt: das postulat einer objektiven realität (auch wenn wir diese ggf. nur unvollständig, ja sogar mißverständlich wahrnehmen können) ist das schlankste und gleichzeitig erfolgreichste modell zur beschreibung, wenn nicht gar erfaassung der uns umgebenden realität, in der wir leben
konstruktivistische mechanismen setzen dann und erst dann ein, wenn es um die (persönliche) interpretation der (persönlichen) wahrnehmung dieser objektiven realität geht - da sind wir natürlich voll und ganz im bereich des subjektiven. und bemühen uns (gut, nicht alle von uns), dies durch verschiedenen intersubjektive methoden zu verallgemeinern, also zu objektivieren
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)