(26-12-2012, 00:15)Lelinda schrieb: Was versteht ihr eigentlich unter "Deutungsebene"?
guuuute frage...
insbesondere halte ich es für problematisch, aussagen gegen logisches hinterfragen immunisieren zu wollen, weil sie ja angeblich "auf der deutungsebene" angesiedelt sind
(26-12-2012, 00:15)Lelinda schrieb: Für mich heißt "deuten" im Hinblick auf Geschichten, eine Bedeutung hineinzuinterpretieren
exakt. und darüber hinaus gehend kann man natürlich auch in alles mögliche, nicht nur in geschichten, eine bedeutung hinein interpretieren - z.b. einen "sonnengott" in die sonne. oder, wie ich ja schon verschiedentlich gesagt habe: wer in allem einen "gott" sehen will, wird natürlich auch in jedem sch***haufen "gott" sehen
meine frage ist halt immer, warum man das tun sollte - was genau die beweggründe dafür sind. mehr als der diffuse verweis auf "tradition" oder gar "kultur" (was mich rational nicht befriedigt) kommt da aber nie...
(26-12-2012, 00:15)Lelinda schrieb: So kann ich z.B. die Geschichte von Hänsel und Gretel, die ja wohl niemand für bare Münze nimmt, so interpretieren, dass Gretel erkennt, zu welchen enormen Leistungen sie aus eigenen Kräften in der Lage ist (schließlich besiegt sie die Hexe allein, und sie sorgt auch für eine sichere Heimkehr), als sie sich nicht mehr auf scheinbar wohlmeinende Erwachsene oder den Bruder verlassen kann. Also als einen Rat an den (kindlichen) Zuhörer, sich auf sich selbst zu verlassen. Genauso kann ich die Geschichte als reines Märchen ohne jeden Sinn verstehen oder sie ablehnen, weil dort eine Frau als Hexe verbrannt wird - eine Unsitte, die, als das Märchen erfunden wurde, noch gar nicht einmal lange her war
ja - das ist ja gerade das schöne an guten geschichten, daß man eine bedeutung in sie hineinlegen kann. imho ist das wichtiger als sich zu fragen, welche bedeutung die geschichte "an sich" hat oder der autor zum ausdruck bringen wollte. zumindest im bereich der darstellenden kunst verweigern sich ja auch künstler oft der frage danach, was damit "gemeint ist" und überlassen dem betrachter die deutung, sind damit zufrieden und sehen ihre aufgabe darin, gedanken anzustoßen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

