(21-01-2013, 14:12)petronius schrieb: und meine these in kürzestform:
deshalb ist "gott" ja eben überflüssig
er hat ja noch nicht mal was mit den "heiligen schriften" zu tun, und man kann prinzipielle nichts über ihn wissen. damit ist er doch de facto inexistent - ob irgendein, und zwar egal welcher, gott existierte, von dem wir soweiso nichts wissen können, macht für uns absolut keinen unterschied dazu, daß so etwas nicht existiert
ich muß daran erinnern, daß ich mich hier auf das rationale beziehe. daß und welche emotionalen bedürfnisse eine "gottestradition", mit oder ohne weihrauch und sonstiges gruppendynamisches brimborium, befiedigt, darüber streiten wir ja nicht. für diese emotional bedürftigen ist das konstrukt ihres gotets natürlich nicht überflüssig
aber darauf willst du ja gar nicht hinaus, du begründest doch rein rational die vorzüge, die "gott" für das soziale miteinander haben soll. und da stößt du eben auf meine rationalen einwände - ein zusätzliches wort für ohnehin bekannte und benannte sachverhalte einzuführen, ist redundant, überflüssig. bringt keinen epistemischen mehrwert
Ich fasse zusammen, was ich bisher verstanden zu haben glaube:
Petronius bestreitet nicht, dass das Konstrukt eines Gottes für Einzelmenschen und religiöse Gruppen von Bedeutung sein kann oder ist.
Petronius bestreitet wohl auch nicht, dass es möglich ist, dass es einen persönlichen Gott geben könnte. Er stellt lediglich fest, dass es zu Gott keinen Zugang gibt, selbst, wenn Gott existieren sollte. Möglich sind nur Spekulationen.
Soweit kann ich Petronius zustimmen. Ich könnte auch zustimmen, wenn Petronius nur für sich folgern würde: "Daher ist für mich die Frage nach und die Beschäftigung mit einem Gott, egal ob er nun existiert oder nicht, überflüssig. Ich lebe mit dem von mir Erfahrbaren. Darüber hinausgehende Konstrukte und Begriffe erspare ich mir."
Diese "Ich"-Aussage wäre nachvollziebar und müsste so unstrittig stehenbleiben.
Unzutreffend wäre eine generalisierende "braucht es nicht"-Aussage.
Meine Beobachtung von Menschen und feststellbaren Gegebenheiten steht dagegen.
Ich beobachte: Die Frage nach einem hinter den beobachtbaren Erscheinungen stehenden Wesen, hier mit der Bezeichung "Gott" belegt ist feststellbar für viele forschende und denkende Menschen nicht überflüssig, obwohl sie wissen, dass sie - in diesem Leben - keine Antwort auf diese Frage bekommen werden. In diesem Sinne brauchen sie Gott.
Von diesen forschenden Menschen unterscheide ich Menschen, die für ihre persönliche Lebensgestaltung und Sinngebung einen Gott brauchen. Die Glaubensentsscheidung dieser Menschen für einen liebenden Vater/Mutter-Gott - nimmt feststellbar starken Einfluss auf ihr Leben und auf ihr Zusammenleben. Auch sie brauchen Gott.
Zusammenfassung: Beide Gruppen brauchen Gott, bzw. da ein solcher nicht zugänglich ist, brauchen und verwenden sie ein Konstrukt eines solchen Gottes. Eine Generalaussage "Gott braucht es nicht" erscheint mir daher feststellbar falsch. (Es sei denn, dieses etwas nebulöse "braucht es nicht" sei nicht als "braucht kein Mensch" zu verstehen.)
Gruß dalberg
PS: Die Meisen kommen jeden Morgen zu meinem Futterhäuschen, weil sie wissen dass es dort Körner zu holen gibt. Dieses Futter sichert teilweise ihr Überleben.
Die Meisen wissen davon nichts. Dennoch existiere ich und bin für sie von existenzieller Bedeutung.
Gäbe es denkende Meisen würden vielleicht einige von ihnen die Frage stellen, ob hinter dieser Futteranlage ein wohlwollendes Wesen steht oder ob es ein zufälliges Gebilde ist. Andere würden pipsen: Für mich ist nur feststellbar dass, bzw. ob Futter da ist. Alle darüber hinausgehenden Fragen "braucht es nicht". Und genau damit würden sie - wenn es denn in dieser Richtung fragende, denkende und glaubende Meisen gäbe - an einer feststellbaren Realität vorbeigehen.

