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Fortsetzung: 'God of the Gaps'
#25
(12-03-2013, 16:40)Ekkard schrieb: Ich halte mich an das, was man "beobachtet" und nenne "zufällig" alles, was im Einzelfall vom Mittelwert abweicht. Es gibt in der Physik und anderen Naturwissenschaften nicht eine einzige Beobachtung, wo es keine "zufällige" Streuung gibt.
Wie gesagt, lässt sich zwischen 'epistemischen' und 'ontologischen' Zufall unterscheiden. Manche sagen auch, zwischen 'subjektiven' und 'objektiven' Zufall. Siehe etwa hier:
*http://www.gavagai.de/themen/HHPT21.htm
(3.1. und 3.3.)

(12-03-2013, 16:40)Ekkard schrieb: Und: Wiki, wenn richtig zitiert, unterschlägt, dass der Zufall mit Ursachen nichts zu tun haben muss. Beispiel Kerzenflamme, instabile Gleichgewichte: Wir wissen die Ursache für die Teilchenbahnen durchaus; gleichwohl sind sie im Einzelfall zufällig und gehorchen nur im Mittel einer durchaus bekannten Verteilung. Oder noch eindrucksvoller: Fraktale. Wir kennen die Mathematik bis ins Detail; gleichwohl können die Sprünge der (farbigen) Punkte im Einzelnen nicht vorher gesagt werden. Man weiß nur, wie der Attraktor bzw. das Muster auf dem Bildschirm am Ende aussehen wird.
Also Ursache klar, trotzdem zufälliges Verhalten.
Nichtvorhersagbarkeit ist jedoch nicht ganz dasselbe wie Zufälligkeit. Und Fraktale haben hiermit ebenfalls nur bedingt etwas zu tun. 'Fraktal' ist ein Begriff aus der Geometrie und es gibt sowohl klar berechenbare fraktale Muster (Kochkurve, Sierpinski-Dreieck, Menger-Schwamm...), wie auch 'Zufallsfraktale' (vor allem in der Natur zu finden: Wolken, Küstenlinien, Pflanzen...).

Zufälligkeit im hier diskutierten Sinne meint, dass exakt gleiche Anfangsbedingungen in der Regel zu verschiedenen Folgezuständen führen können. Für das deterministische Chaos gilt dies nur in abgeschwächter Form: ähnliche Anfangsbedingungen können mitunter zu verschiedenen Folgezuständen führen ("Schmetterlingseffekt"). Bei deterministischen Systemen ist lediglich die 'schwache Kausalität'* verletzt, bei zufälligen Systemen darüber hinaus auch die 'starke Kausalität'**.

*ähnliche Ursachen resultieren in ähnlichen Wirkungen
**gleiche Ursachen resultieren in gleichen Wirkungen

(12-03-2013, 16:40)Ekkard schrieb: Tunneleffekt: Wenn sich ein Teilchen in einem "Potenzialtopf" befindet und außen herum das Potenzial kleiner ist als im Inneren, dann existiert eine exponentiell mit der Wanddicke abnehmende Amplitude seiner Wellenfunktion auch außerhalb des Potenzialtopfes. Und das bedeutet, dass man das Teilchen aus dem Inneren plötzlich im Außenraum findet. (Die Wellenfunktion ist dort schon quasi immer.) Man kennt also die Ursache, weiß aber nicht, welches von -zig Teilchen ausbüxt.
Du verwechselst hier Beschreibung mit Erklärung.

Betrachten wir hierzu die Räumlichkeiten einer Firma, welche noch einen Kaffeeautomaten besitzt. Der Einfachheit halber betrachten wir die Mitarbeiter der Firma alle als identisch, d.h. sie weisen den gleichen Kaffeekonsum auf usf.
Nun kann man statistisch für jeden Mitarbeiter eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit für einen Ort x zu einem Zeitpunkt t bestimmen, bspw. dafür, dass er sich zu einem Zeitpunkt t am Kaffeeautomaten befindet, d.h. wir haben hier ebenfalls eine stochastische Beschreibung - ganz analog zur Beschreibung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein oder mehrere Teilchen in einem bestimmten Bereich des (Orts-)Raumes anzutreffen sind. Nun ist dies aber nicht die Erklärung dafür, dass Mitarbeiter xyz sich zum Zeitpunkt t am Kaffeeautomaten befindet, sondern es handelt sich eben nur um eine stochastische Beschreibung. Nun zu sagen, Mitarbeiter xyz befindet sich deshalb gerade am Kaffeeautomaten (nennen wir es mal "Kaffeeautomaten-Effekt"), weil für jeden Mitarbeiter nun einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass er sich zum Zeitpunkt t an diesem Ort befindet, ist offenbar grober Unfug. Eine stochastische Beschreibung ist selbst eben weder eine Erklärung, noch schließt sie per se eine Erklärung aus.

(12-03-2013, 17:16)petronius schrieb:
(12-03-2013, 13:39)Noumenon schrieb: In welchem Sinne der Zufall in der QM zu verstehen ist, führte ich bereits mehrfach aus. Aber fassen wir das ruhig noch einmal zusammen:

Zufall meint, dass keine (kausale) Erklärung/Ursache angegeben werden kann. Also so wie die ersten beiden Varianten bei Wiki:

1. Ein Ereignis geschieht objektiv ohne Ursache.
2. Ein Ereignis geschieht, ohne dass eine Ursache erkennbar wäre.
[...]
aber danke für dein eingeständnis, daß der radioaktive zerfall also nicht "zufällig" ist
Wo du das nur schon wieder herausliest... Icon_rolleyes

Vielleicht hätte ich auch mal weiterzitieren sollen (tat ich ja eigtl. bereits schon einmal):

"Fall 1 ist in der makroskopischen Welt bisher nicht beobachtet worden und dürfte prinzipiell nicht nachweisbar sein. In der Quantenmechanik wird die Existenz des objektiven Zufalls im Rahmen ihrer verschiedenen Interpretationen diskutiert. So ist der Zeitpunkt des Zerfalls des nächsten radioaktiven Atoms aus einer Stoffmenge nicht vorhersagbar." (ebd.)

(12-03-2013, 17:16)petronius schrieb:
(12-03-2013, 13:39)Noumenon schrieb: Und hier scheiden sich dann auch in der QM die Geister zwischen Deterministen (Bohm'sche Mechanik) und Indeterministen (Kopenhagener Interpretation)
da gibts zwei sichtweisen - aber keinen dogmatisch verkündeten zufall als letzterklärung ("lückenbüßer-zufall"), wie du ihn analog zum god of the gaps als dogma der naturwissenschaft behauptet hast (ich erinnere an http://religionsforum.de/showthread.php?tid=6248&pid=129127#pid129127)
Ja, ich schrieb:

"Jupp. Ist ähnlich wie mit dem Lückenbüßer-Zufall...

Kann (oder will) man nicht erklären, warum das Universum auf Leben 'abgestimmt' zu sein scheint, war's schlicht der Lückenbüßer-Zufall. Kann man gewisse Phänomene und Gesetzmäßigkeiten auf der Ebene der Quantenphysik nicht erklären, dann greift auch hier wieder der Lückenbüßer-Zufall. Und warum sich in der Evolution so etwas wie der Mensch entwickelte - auch hier: Lückenbüßer-Zufall..."


Was ich jedoch nicht schrieb', ist: "Zufall ist das Dogma der Naturwissenschaft." Icon_rolleyes

Und... man stelle sich vor... Auch in Bezug auf den 'God of the Gaps' gibt's selbstverständlich verschiedene Sichtweisen, und nur ein kleiner Bruchteil religiös-fundamentalistischer Kreise argumentiert mit dem 'Lückenbüßer-Gott' und schließt alle anderen Erklärungen kategorisch aus.

(12-03-2013, 17:16)petronius schrieb:
(12-03-2013, 13:39)Noumenon schrieb: Du weißt doch, petronius, wir wollen hier alle wissen, was DU denn nun überhaupt eigentlich unter dem "Tunneleffekt" verstehst, und inwiefern das deiner Meinung nach nun ein Einwand sein soll... Icon_wink
ich versteh darunter das, was die physik nun mal als solchen bezeichnet. und er ist die kausale erklärung des von dir als "zufallsphänomen" bezeichneten radioaktiven zerfalls
Die Frage ist nur, ob du auch verstehst, was "die" Physik da eigentlich meint...

Wir hätten nebenbei auch schon früher über Tunneleffekt sprechen können, aber viele Menschen neigen dazu, sich auszuklinken, wenn's zu "wissenschaftlich" wird... Und zugegeben hat mich die obige Aussage bei Wiki dann auch etwas irritiert. Am Sachverhalt ändert sich jedoch nicht viel, da es in diesem Fall schlicht die Durchtunnelung eines Teilchens durch die Potentialbarriere ist, welche dem Zufall unterliegt. Aber im Gegensatz zur Kopenhagener Deutung lässt sich, im Rahmen der Bohm'schen Mechanik, auch hier der Tunneleffekt als einen deterministischen Vorgang verstehen.

Es gibt natürlich auch noch genügend andere Phänomene, bei denen man einen objektiven Zufallscharakter unterstellt (beim Weg des Elektrons durch einen Doppelspalt oder bei der Polarisation von Licht etwa). Der Zerfall eines Nuklids ist da nur ein Beispiel von vielen.
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