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Fortsetzung: 'God of the Gaps'
#43
noumenon:

das mit dem "zufall" haben wir ja wohl abgearbeitet - ich fasse trotzdem noch mal zusammen:

unter "zufall" verstehst du "nichtkausalität", nicht etwa nichtvorhersagbarkeit. du berufst dich dabei auf einen "ontologischen zufall", der auch unter der rein theoretischen bedingung absolut identischer ausgangs- und randbedingungen in unterschiedlichen ergebnissen resultiert. du gibst zu, daß ein solcher gar nicht nachgewiesen werden kann, versteifst dich gleichwohl auf dessen existenz. und wertest jegliche erwähnung von "zufall" taxfrei als im sinne dieses "ontologischen zufalls" gemeint

daraus nun zu konstruieren, die wissenschaft bediene sich eines "lückenbüßer-zufalls" in gleicher weise wie gläubische sich des "god of the gaps" bedienen - das scheint mir doch reichlich seltsam




des weiteren müssen wir noch mal über den unterschied zwischen realität und modell sprechen:

die beobachtbare realität ist die sinnlich erfahrbare, wobei die sinne ggf. auch durch (meß)instrumente erweitert werden können. sie liefert dateninput, aber per se noch keine erklärung. eine solche wird anhand von modellen vorgenommen, die gesamtheit der modellbildung nennt man auch wissenschaft. modelle sind grundsätzlich in ihrer gültigkeit begrenzt: auf idealisierte randbedingungen, auf bestimmte anwendungsgebiete, zeitlich bis zu ihrer widerlegung oder erweiterung

z.b. ist das modell der newtonschen mechanik begrenzt auf kleine geschwindigkeiten, wo relativistische effekte vernachlässigbar klein sind. sie auf den kosmischen maßstab anzuwenden, wäre ein kategorienfehler

modelle müssen sich zwar (innerhalb ihrer grenzen) an der beobachtbaren realität prüfen lassen, sie sind aber keine exakte formulierung der realität. so lassen sich bestimmte eigenschaften von licht nach dem wellenmodell beschreiben bzw. erklären (denn, ja: beschreiben, wie und warum etwas ist, ist erklären), andere nach dem teilchenmodell - und nicht umgekehrt. das besagt nun aber weder, daß licht einmal eine welle, ein andermal ein teilchen ist und etwa zwischen diesen beiden formen hin- und herwechselt, noch auch nur überhaupt etwas über das eigentliche wesen von licht - es besagt nur, unter welchen randbedingungen welches modell eine adäquate beschreibung liefert. ontologische fragen nach einem "urgrund", "wesen an sich" oder gar "sinn" sind vielleicht in der philosophie zu hause, nicht aber in der naturwissenschaft - kategorienfehler!

in gleicher weise ist es ein kategorienfehler, modelle der quantenwelt auf makroskopischer ebene anwenden zu wollen. verweise auf einen "objektiven zufall" in der quantentheorie sind nicht geeignet, den "zufall" auf makroskopischer ebene zu beurteilen. das ist wie längen mit dem thermometer messen zu wollen



drittens: das planende agens hinter der entwicklung dessen, was ist

planung bedingt ein planziel, ist a priori teleologisch. wenn man gar nicht weiß, was man eigentlich haben will, kann man auch nicht planen - man kann höchstens vor sich hin wurschteln (was dann wie "zufall" aussieht). du meinst also, hinter kosmologie, evolution usw. eine planerische instanz zu erkennen

ich frage dich: mit welchem ziel?

kannst du ein solches nicht angeben, erübrigt sich jede weitere spekulation über einen planer

nehmen wir mal an, planziel (meinetwegen auch nur ein zwischenziel) sei die spezies homo sapiens, wie wir sie vorfinden (deine einlassungen deuten ja durchaus auf eine solche sichtweise deinerseits hin). woraus willst du hier eine gezielte planung ableiten?

wozu die vielen umwege? warum fünf (oder mehr) massenaussterben in der geschichte der irdischen evolution, welche quasi als reset des vorgangs (auf jeweils etwas höherem niveau) wirkten? warum überhaupt die dinosaurier so groß und beherrschend planen, daß sich neben oder unter ihnen säugetiere gar nicht zu einer größeren bedeutung entwickeln konnten - sodaß die planende instanz (der fachterminus lautet "intelligent designer", auch wenn du das entrüstet von dir weist) einen asteroiden auf die erde schmeißen mußte, um den säugern geltung zu verschaffen und so den grundstein für den siegeszug des menschen zu legen?

das ist nicht planung, das wäre stümperei. oder eben (ockhams rasiermesser): keine spur von planung, sondern kontingenz (du beliebst es "zufall" zu nennen). wär der felsbrocken in der umlaufbahn geblieben - vielleicht wäre ein nachfahre von velociraptor die heute alles beherrschende intelligenz. oder auch nicht - alles wäre gleich (un)wahrscheinlich, jedenfalls aus der sicht von vor 65 mio jahren. im nachhinein aber können wir nur feststellen, daß die wahrscheinlichkeit von a 0% beträgt, die von b ("oder auch nicht" der velociraptor, sondern ein nachfahre jener arten, die velociraptor höchstens als ungeziefer wahrgenommen haben mag) 100%



so seh ich das. und meine, die besseren argumente auf meiner seite zu haben

du magst dir freilich darin gefallen, das anders zu sehen

so be it
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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Fortsetzung: 'God of the Gaps' - von Noumenon - 28-02-2013, 06:41
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RE: Fortsetzung: 'God of the Gaps' - von Harpya - 26-03-2013, 17:37
nachtrag - von petronius - 27-03-2013, 09:21

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