(26-07-2013, 22:01)petronius schrieb: da ist er eben in zweifacher hinsicht kind seiner zeit und opfer seiner zwänge - äußerer wie innerer. als an autoritäten gewohnter wie als religiös sozialisierter
Dass Kant ihn einschränkenden Zwängen unterlag, ist offensichtlich. Erst spät versuchte er, sich über solche "Zwänge" hinwegzusetzen.
Wer zu Kants Zeiten an der Albertina lehren wollte, musste Protestant nach lutherischer Art sein. War jemand in das Professorenkollegium aufzunehmen, war das für den Bewerber mit einer Eidleistung verbunden, wonach man es in der Funktion als Universitätslehrer unterlassen werde, vom lutherischen Bekenntnis abweichende Meinung zu vertreten.
An diese Eidleistung wurde Kant nach Veröffentlichung seiner Schrift "Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" mit den bekannten Folgen erinnert. In der Vorrede zur 1. Auflage stellte er mit dem einleitenden Satz fest:
Die Moral, sofern sie auf dem Begriffe des Menschen, als eines freien, eben darum aber auch sich selbst durch seine Vernunft an unbedingte Gesetze bindenden Wesens, gegründet ist, bedarf weder der Idee eines andern Wesens über ihm, um seine Pflicht zu erkennen, noch einer andern Triebfeder als des Gesetzes selbst, um sie zu beobachten. Wenigstens ist es seine eigene Schuld, wenn sich ein solches Bedürfnis an ihm vorfindet, dem aber alsdann auch durch nichts anders abgeholfen werden kann; weil, was nicht aus ihm selbst und seiner Freiheit entspringt, keinen Ersatz für den Mangel seiner Moralität abgibt. – Sie bedarf also zum Behuf ihrer selbst (sowohl objektiv, was das Wollen, als subjektiv, was das Können betrifft) keineswegs der Religion, sondern, vermöge der reinen praktischen Vernunft, ist sie sich selbst genug.
Im Oktober 1794 musste sich Kant dem König gegenüber verpflichten, dass er sich zukünftig "aller öffentlichen Vorträge die Religion betreffend, es sei die natürliche oder geoffenbarte, sowohl in Vorlesungen als in Schriften, gänzlich enthalten werde".
MfG B.