10-11-2014, 00:44
(09-11-2014, 22:43)Harpya schrieb: Interessant allemal, ob das die Wirklichkeit widerspiegelt ist die andere Frage.Welche Wirklichkeit? Selbstverständlich "beobachten" wir nur jenen Teil der Wirklichkeit, die uns überliefert wurde. Man hofft also, dass die Quellen (die Dichtung und die historische Geschichtsschreibung) hinreichend zuverlässig sind. Richtig ist, dass diese Wirklichkeit womöglich diejenige der "schreibenden Zunft" bis in die Gegenwart ist. Allerdings ist deren Inhalt nicht die einzige Quelle. Kultstätten, Feuerstellen, Abfallhalden und Aborte zeugen vom täglichen Leben auch anderer Menschen.
Allerdings war das nicht die Ausgangsfrage: Es geht darum, ob z. B. die Römer ihre Gesetze / gesellschaftlichen Regeln "absolut" (gemeint ist göttlich) begründet haben. Soviel ich weiß, ist das römische Recht nicht göttlicher Natur sondern staatlicher Räson geschuldet, soweit es nicht als Naturrecht verstanden wurde. Erst mit der Wende des Kaisers Konstantin Ende des 4. Jahrhunderts werden bestimmte Regeln vergöttlicht, den 10 Geboten entsprechend. Zugleich entschwebt das Kaisertum quasi "in den Himmel". Der Kaiser ist der Garant der Religion und insofern heilig, als er nur dem Christus Gehorsam schuldet. (Eine sehr praktische Konstruktion, die aber die Gedanken der Bergpredigt pervertiert und korrumpiert.)
Was wir heute am meisten fürchten, ist der so genannte "Gottesstaat", der auch unter der Bezeichnung "Theokratie" bekannt ist. Jesus z. B. wehrt sich in vielen seiner Auseinandersetzungen mit "den Juden" gegen die Theokratie seiner Zeit. In einer Theokratie ist Kritik an den gesellschaftlichen Regeln tabu! Alles wird daran gemessen, wie es "die Schrift" (oder die Priester-Klasse) sagt. Und so hat es die mittelalterliche Gesellschaft gehalten, bis die Aufklärung den Ungehorsam entdeckt hat (der übrigens schon bei Jesus zu finden ist, und der m. E. der Grund für seine Verurteilung im Sanhedrin war, bevor er der römischen Besatzungsmacht als Aufrührer überantwortet wurde.)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

