04-02-2015, 02:00
Ekkard schrieb:Erich schrieb:Naja, das Christentum hat dem Abendland über einen Zeitraum von weit mehr als 1000 Jahren mittels enormer Gewalt erzwungenen extremen religiösen Zwang beschert, .... Für was soll denn z.B. (der) Handlangerdienst() des Staates zu Gunsten der beiden privilegierten christlichen Konfessionen wie z.B. der Kirchensteuereinzug (gut sein)? Religion bringt der staatlichen Gemeinschaft schließlich nix und sollte ausschließlich Privatsache sein – imho.
Das ist nur zum Teil richtig. Die Ausbreitung des Christentums mit Gewalt, war eine politisch-kriegerische Ausbreitung im Sinne der Fortsetzung des römischen Imperiums unter staatstragender, christlicher Prägung. Der Ein-Reich-Gedanke stand dabei im Vordergrund. Das Christentum war Staatsideologie, um die divergierenden Machtinteressen zu bündeln.
Sicher. Konstantin, z.Z. des Konzils zu Nicäa noch Heide, dem das Christentum seine spätere politische Macht zu verdanken hat, war wohl eher weniger von der christlichen Botschaft überzeugt als von der Idee, seinem Vielvölkerreich eine ähnliche verbindend wirkende Ideologie zu verschreiben wie die der Göttlichkeit seiner Vorgänger auf dem Caesarenthron. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass erst Gewalt und Sinnverfälschung – u.a. signifikant: christliche Symbole auf den Schilden der Legionen Konstantins bei der Schlacht an der milvischen Brücke, später: Taufe des Franken Chlodwigs und seiner Gefolgsleute, weil sie Jesus quasi mit dem germanischen Kriegsgott Tyr gleichsetzten - den Triumph des Christentums in Europa ermöglichten. Das Wort des Evangeliums war`s sicher nicht, was Europa bekehrte. Hätten die Christen nach dem Wort gelebt, hätte sich das Christentum niemals über den Kontinent ausgebreitet und würde wahrscheinlich heute nicht mehr existieren. Seine Feinde zu lieben fördert nicht gerade eigene Macht. Dazu ist das AT-Gebot „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ und AT-Vorbilder wie die Vernichtung der Kalbsanbeter und der Genozids an den Medianitern schon eher geeignet, Macht zu gewinnen und zu erhalten – und diesen Geboten wurde eifrig gefolgt, sowohl von der West- als auch von der Ostkirche.
Ekkard schrieb:Die Aufklärung kam teilweise von Personen, die fest mit dem christlichen Glauben verbunden waren. Die Aufbrüche nach der Reformation waren zunächst innerchristlich.
Das stimmt wohl, ändert aber nichts daran, dass sich die großen christlichen Konfessionen gegen ihren Machtverlust solange wehrten wie es irgend ging, und sie krallen sich z.T. heute noch an die Reste ihres politischen Einflusses (signifikant: Homoehe, Scheidungsverbot in Malta, Verbot aktiver Sterbehilfe).
Ekkard schrieb:Auch heute gibt es durchaus Christen, die mit den Kirchen nichts mehr zu tun haben wollen, weil diese mythische Vorstellungen (teilweise mit Herrschaftsansprüchen) als Realität „verkaufen“.
Ich bin mir da nicht so sicher, ob man die sich selbst Christen nennende Menschen mit Fug und Recht noch zum Christentum gehörend sehen kann, wenn sie nicht wenigstens z.T. an das glauben, was das ökumenische Glaubensbekenntnis beinhaltet.
Ekkard schrieb:Die sozialen und seelsorgerischen Dienste werden jedoch gerne angenommen, sogar dann, wenn sie privat bezahlt werden müssen. Wenn der Staat soziale Aufgaben delegiert, ist es doch selbstverständlich, dass diese Dienste bezahlt werden. Nebeneffekt: Mitsprache!
Naja, die „sozialen Dienste“ werden weitestgehend von den Nutzern bzw. von Öffentlichen Händen und Versicherungen bezahlt. Und für die „Seelsorge“ scheinen mir Psychologen besser qualifiziert als Theologen. Auch ist es mit der „Mitsprache“ nicht gerade weit her, wenn man das Arbeitsrecht der Kirchen ein wenig näher betrachtet (signifikant: Wiederverheiratung nach Scheidung – RKK - christlicher Glaube oder wenigstens die Erwägung der Konversion bei Angestellten auch sozialer Dienste)
Ekkard schrieb:Umgekehrt erhält die staatliche Kirchensteuerverwaltung eine Vergütung für ihre Dienstleistung. Ich könnte mir vorstellen, dass mit anderen Religionsgemeinschaften genau so verfahren wird. Meines Wissens nach sperren sie sich jedoch gegen die staatliche Mitsprache, vielleicht weil sie dem „christlich geprägten“ Staat hierzulande misstrauen.
Es mag ja sein, dass die Vergütung die Kosten für den Einzug der Kirchensteuer deckt. Zahlen dazu sind mir nicht bekannt und selbst untersuchen kann ich das nicht. Aber einen Anlass für den Staat, Kirchensteuer einzuziehen, kann ich so ganz und gar nicht erkennen und einen staatlichen Einfluss auf die Kirchen genausowenig. Zudem erkenne ich in den meisten Staaten Westeuropas insoweit keine christlich geprägte Staaten, weil sie sich in ihren Verfassungen nicht auf speziell christliche Gottesvorstellungen berufen, was ich ausdrücklich begrüße. Und auf die Erwähnung Gottes in der Präambel des GG könnte m.E. auch gut gern verzichtet werden. Die sich ständig vergrößernde Zahl von Atheisten werden durch die gegenwärtige Präambel ebensowenig repräsentiert wie z.B. Buddhisten, soweit Letztere der ursprünglichen Lehre Buddhas anhängen.
Ekkard schrieb:Erich schrieb:Für was soll denn z.B. Religionsunterricht an öffentlichen Schulen gut sein ...Kontrolle dessen, was da gelehrt wird! Ich würde es begrüßen, wenn die Lehrpläne alle im jeweiligen Ort relevanten Religionen umfassten. Schafft man Religionen-Unterricht völlig ab, wird die Lehre in private Zirkel verlagert, die fast selbstverständlich die Öffentlichkeit heraus halten.
Naja, der Besuch des Religionsunterrichts ist freiwillig. Daran werden z.B. Kinder der 12 Stämme, selbst wenn sie gezwungenermaßen der Schulpflicht nachkommen, nicht teilnehmen dürfen und ähnlich würde es vielen Muslimen ergehen, die ja schon ein Problem mit Ausbildern von Religionslehrern wie z.B. Khorchide haben. Ich würde es begrüßen, würde das Fach Religion entfallen und dafür Ethik Pflichtfach und dessen Lehrinhalte um „Religion allgemein“ einschließlich eines Überblicks über Geschichte und Wirken der Religionen sowohl im Positivem als auch im Negativen angereichert. Das würde die eigene Entscheidungsfähigkeit auch in Sachen "Religion" fördern.

