13-02-2015, 16:30
Sarandanon schrieb:Erich schrieb:Du sprichst von „Wahrnehmung“. Ich kann das „Jenseits“ aber so ganz und gar nicht wahrnehmen. Aber unterstellt, es gäbe ein Leben nach dem Tod
Ich meinte eher die Wahrnehmung des Glaubens an das Jenseits. Wahrnehmen kann ich es natürlich auch nicht.
Den Glauben an das Jenseits nehme ich schon wahr. Er ist ja in Menschen meiner nächsten Umgebung verankert. Religionen behaupten auch die Existenz des Jenseits seit vielen 1000 Jahren. Ihre Vorstellungen, wie dieses Jenseits ausgestaltet ist, variiert aber stark – vom Hades der antiken Griechen bis zu den vielstufigen Paradiesen und Höllen des Islam. Ich habe mich früher gefragt, ob und ggfs. welche dieser vollkommen unbeweisbaren, stark variierenden Vorstellungen Realität sein könnte, und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie einst aus auf dem Selbsterhaltungstrieb basierendem Wunschdenken kreiert wurden (naja, vielleicht vom nicht gerade paradiesisch gedachten Hades und ähnlichen Vorstellungen, übrigens auch frühen jüdischen, abgesehen).
Sarandanon schrieb:Erich schrieb:– wie sähe das aus?
Sicherlich nicht so, wie unsere Altvorderen sich das vorgestellt haben. Also zB ähnlich wie das irdische Dasein, nur ohne Leid, Not, Krieg und Gewalt, sondern eher ein Schwelgen im Überfluss wie im Schlaraffenland. Oder zB das Schweben auf Wölkchen mit einer Harfe in der Hand.
Wie der Münchner Gepäckträger Loisl (Ludwig Thoma), dem das ständige Harfenspielen und Lobpreisen auf einer Wolke zu viel wurde: „A Lujah soag i`, a Bier will i` hoam.“, weshalb ihn Gott mit einer Botschaft nach München zurücksandte, welche er im Hofbräuhaus schnell vergaß, weshalb die bayrische Staatsregierung bis heute vergeblich vergeblich auf Gottes Erleuchtung wartet.

Sarandanon schrieb:Man kann das Ewige Leben wohl nicht wirklich richtig erfassen. Vielleicht werden wir in diesem zB nur noch eine Form von Energie sein mit einer Form von Bewusstsein und einer Fähigkeit, Gefühle wie Glück und Frieden wahrzunehmen. Das ist aber alles kein Wissen, sondern Glaube.
Das ist eine relativ moderne Auffassung, die heute wohl von vielen Christen geteilt wird. Aber an Beweiskraft gewinnt sie dadurch natürlich auch nicht. Aber Du willst ja auch nicht das Unmögliche wahr machen und Unbeweisbares beweisen. Aber ich kann nicht nur keinen Beweis für die Wahrheit irgendeiner religiösen Botschaft erkennen, ich sehe noch nicht `mal den geringsten Hinweis, der darauf hindeutet, dass wahr sei, was einst verkündet wurde – weder in den wohl von weltfremden Philanthropen verfassten Evangelien noch im Koran noch ...
Sarandanon schrieb:Erich schrieb:Ich denke, in manchen Gemeinschaften harmonisieren die Partner besser als in anderen, was einfach Zufall ist, und u.a. sicher auch Folge der gegenseitig entgegengebrachten Achtung und des bewussten Einräumens ausreichender Freiräume für den Partner. Sind dazu noch Kinder vorhanden, wie im Fall meiner Frau und mir, so ist das ein zusätzliches Bindemittel. Jedenfalls sind religiöse Gebote nicht erforderlich, um eine dauerhafte Verbindung zu führen – ...
In einer Ehe muss man all seine Kraft und Bemühen auf das Gelingen der Ehe konzentrieren. Und das fängt mit der Entscheidung zur Heirat an. Wenn diese dann aber trotzdem scheitert und es besteht keine Chance mehr, sie zu retten, muss man als Glaubender mit seinem Gewissen vereinbaren, die Scheidung zu vollziehen. Klar muss danach aber auch sein, dass eine weitere Heirat nach dem Gebot Jesu nicht mehr möglich ist.
Also mir sind solche Gebote aus dem NT nicht bekannt. Aber ich kann das vergessen haben.
Sarandanon schrieb:Noch nicht einmal das Zusammenleben mit einem Partner. Tut man es trotzdem ist es nach katholischer Lehre eine schwere Sünde. Ob Jesus das allerdings genauso formalistisch sieht (der Formalismus ist ja menschengemacht), bezweifle ich allerdings. Ich glaube darüber hinaus an seine Gnade, der ich mich zB am Ende aller Tage unterwerfe. Das erstmal aus meiner Sicht, die Du natürlich nicht teilst, aber das soll in diesem Absatz mal nicht Thema sein.
Naja, ich kann da nur anmerken, dass der Katholizismus m.M.n. Sexfeindlichkeit lehrt. Man könnte schon zu dem Schluss kommen, dass der irreale Versuch, Sex auf eine einzige, auf Lebenszeit geschlossene Ehe zu beschränken, ein wesentliches Identifikationsmerkmal des Katholizismus ist. Keuschheit wird glorifiziert. Gäbe es Gott und hätte er das gewollt, er hätte zumindest die katholischen Priester mit mehr Widerstandskraft gegen sexuelle Versuchungen ausgestattet.

Sarandanon schrieb:Du schreibst nun, dass Du kein Gebot für das Führen einer guten und (das unterstelle ich jetztmal) monogamen Partnerschaft brauchst. Das glaub ich Dir sogar, denn das Führen einer solchen Partnerschaft beruht auf jahrhundertealter gesellschaftlicher Empirie, für die Du nicht unbedingt religiösen Vorgaben benötigst. A Priori wäre eine solche Annahme aber wohl kaum möglich. In diesem Fall könnte es zB so sein, dass Du Dir nach Lust und Laune eine Partnerin suchst, eine zeitlang mit ihr eine Beziehungführst und Dich dann wieder umorientierst. Und keiner würde das uU sonderlich stören, es sei denn eine gehörnte Partnerin. Das Leben in einer dauerhaften, vielleicht sogar lebenslangen monogamen Ehe entspringt ja unserer Wertegemeinschaft. Und da hat das Gebot Jesu bis heute einen zumindest entscheidenen Anteil daran. Du folgst also irgendwie trotzdem einem Gebot.
Naja, ich lebe monogam – heute – und das problemlos, nicht nur, weil ich mein altes Mädchen ehrlich gern habe (sie hielt auch in Problemzeiten stets zu mir) und nicht nur unserer beiden schon längst außer Haus lebenden Töchter zuliebe, sondern heute auch, weil meine „Sturm- und Drangzeit“ Vergangenheit ist und ich mich auch nicht mehr gezwungen sehe, z.B. von einer Sekretärin verursachten Versuchungen (was dann besonders Ehe gefährdend wirkt, wenn diese Sekretärin sich nach Bindung sehnen würde) zu widerstehen.
Im Übrigen ist Monogamie in Europa beträchtlich älter als das Christentum. Sie war bereits bei den heidnischen Römern, Germanen und Kelten Brauch. U.a. berichtet Tacitus darüber.
Aber ich hätte auch nichts gegen Polygamie oder Polyandrie einzuwenden oder einfach eine promiske Lebensweise, die heute, dank künstlicher Verhütungsmittel und auch dank geänderter Geschlechterrollen möglich ist. Ich habe halt einen anderen Weg gewählt und dem alten Rollenverständnis entsprochen, welches Schiller in „die Glocke“ so darstellte:
„... Der Mann muß hinaus
Ins feindliche Leben,
Muß wirken und streben
...
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise ...“

Ich war Alleinverdiener, bis unsere Töchter aus dem Haus waren. Und dann wollte meine damals 45-jährige Frau eine neue Aufgabe. Sie lernte einen für sie neuen Beruf „Altenpflegerin“ mit allem drum und dran (Lehrzeit, Schule), in dem sie noch heute, kurz vor Rentenbeginn, tätig ist. Ich bin richtig stolz auf sie.
Aber unser Lebensmodell muss natürlich nicht Vorbild für Dritte sein, ebensowenig wie die binden wollenden Vorstellungen der RKK oder anderer christlicher Konfessionen oder die anderer Religionen. Auch das sexuelle Leben sollte jeder gestalten können, wie er mag.
Sarandanon schrieb:Erich schrieb:Aber auch in der Ächtung der homosexueller Praxis kann ich so ganz und gar keinen Sinn erkennen. Homosexuell Aktive schaden schließlich weder Dritten noch der Gesellschaft. ...
Das sehe ich vom Prinzip her genauso. Wir beide haben das glaube ich auch schon mal diskutiert, auch wie das in meiner Kirche gehandhabt wird.
Aus katholischer, vornehmlich römischer, Sicht steht und fällt hier alles mit dem Thema Sexualität. In der Bibel wird an mehreren Stellen die Unzucht erwähnt. Unzucht bedeutet jegliche Sexualität außerhalb der Ehe. Ist eine Ehe einmal rechtlich geschieden, bleibt sie nach katholischem Recht immer noch bestehen. Bei mir auch jetzt noch, wo ich doch schon wieder verheiratet bin. Ich lebe also theologisch in einem Dauerehebruch inklusive Unzucht. Damit sitze ich theologisch mit den praktizierenden Homosexuellen in einem Boot. Auch diese sind nur deswegen von den Sakramenten ausgeschlossen, weil sie Unzucht treiben und nicht weil sie homosexuell sind. Denn nichts anderes ist der Sex mit ihrem gleichgeschlechtlichen Partner, weil sie es außerhalb der sakramentalen Ehe tun. Eine sakramentale Ehe können sie aber nicht miteinander eingehen, weil das nur Mann und Frau können.
Ich plädiere für die Gewissensentscheidung. Wenn also der gläubige Homosexuelle, der ansonsten ein herzensguter und grundehrlicher Mensch ist, sich für eine Partnerschaft mit Sexualität entscheidet (mit der er ja keinen Dritten schadet), sonst aber frei von schwerer Sünde ist, sollte aus meiner Sicht kein Formalismus einer katholischen Sündendefinition eine Vorentscheidung der Gnade Gottes treffen. Das muss man Gott überlassen und keiner von uns weiß, wie er sich entscheiden wird. Deswegen darf man diesen auch nicht die Sakramente vorenthalten.
Die beiden Absätze kann man aber nur auf Gläubige beziehen, imho. Allen anderen wird es sowieso schnurz sein und diese auch in keiner Weise beeinflussen.
Nun, wie ich sinngemäß oben und anderswo sagte, die RKK fordert m.M.n. eine Keuschheit, die der menschlichen Natur widerspricht. AKK und EKD sehen das realistischer. Sex ausschließlich auf die Erzeugung von Nachwuchs zu beschränken, würde auch die drohende Überbevölkerung der Welt in die nähere Zukunft rücken.