24-05-2015, 16:37
Die beiden weltgrößten Religionen, Christentum und Islam, versprechen ihren den jeweiligen Geboten folgenden Gläubigen ein Leben nach dem Tod in ewigem Glück und drohen Ungläubigen, die ihre religiöse Botschaft kennen, und eigenen Gläubigen, die unbereut gegen ihre religiösen Vorschriften verstoßen mit Fegefeuer und Hölle (von moderner christlicher Theologie auch oft als Gottferne oder ewiger Tod verstanden).
Wie denkt ihr darüber?
Das Leben im Diesseits ist im Vergleich mit der Ewigkeit weniger als ein kurzer Augenblick. Gleich ob man hier durch ein Jammertal geht oder in der Lage ist, das Leben in vollen Zügen zu genießen – das Diesseits ist für fest an die Botschaft ihrer jeweiligen Religion Glaubende nicht relevant.
Diese Überzeugung rechtfertigte und rechtfertigt teils heute noch Zwangsbekehrungen (christlicherseits Muslime, Juden, Polytheisten, Animisten, islamischerseits Polytheisten, Animisten) und ließ die Teilnehmer des 1. Kreuzzugs nach der Eroberung Jerusalems (11. Jh) dessen Bevölkerung, gleich ob Muslime, Juden oder Christen, wahllos töten, mit dem Verweis darauf, dass Gott die Seinen schon erkennen werde und den IS der Gegenwart die Versklavung jesidischer Frauen rechtfertigen:
Als Sklavinnen hätten Frauen die Möglichkeit, beim IS hart zu arbeiten und im Islam die wahre Erkenntnis zu erlangen - "was sie bei den Ungläubigen trotz Slogans wie 'Freiheit' und 'Gleichberechtigung' nicht finden konnten."
Quelle nachzulesen in Spiegel_online unter Politik, Titel: „IS-islamischer Staat rechtfertigt Versklavung von Jesiden“
Auch kann der Wunsch, das versprochene Leben nach dem Tod in ewigem Glück zu erreichen, zur Missachtung des Selbsterhaltungstriebs führen. Diese Vorstellung erzeugt Märtyrer, christlicherseits als Bekenner der eigenen religiösen Überzeugung (was allerdings niemandem außer dem Märtyrer selbst und ggfs. dessen Familie schadet), islamischerseits auch als Gefallener in einem Dschihad, der im Paradies von 72 Jungfrauen (warum eigentlich Jungfrauen? Frauen mit Erfahrung wären mir lieber
)betreut wird, und nach der Interpretation nicht gerade weniger Muslime auch als Selbstmordattentäter im Namen des Glaubens.

Der Wunsch, das jenseitige Leben in ewigem Glück zu erreichen, kann auch zu anderer selbst verursachter Schädigung führen. Dem Keuscheitsgebot zuliebe war im frühen Christentum Selbstkastration eine nicht ganz seltene Praxis (signifikant: Kirchenvater Origines, 3. Jh) und die geforderte Buße führte und führt noch immer zu selbstfeindlichen Auswüchsen mancher Christen und Muslime (früher auch mancher Juden und Polytheisten). Im Mittelalter zogen Selbstgeißler (Flagellanten genannt) durchs Land und heute geißeln sich die Numerarier des kath. Opus Dei regelmäßig und tragen schmerzende sog. Bußgürtel. Auch Millionen islamischer Schiiten praktizieren noch heute jährlich Selbstgeiselung im Gedenken an den durch Sunniten verursachten Märtyrertod des Imans Hussein (8. Jh), eines Enkels Mohammeds. Sie büßen damit die Schuld ihrer Vorfahren, die Hussein und seinem Gefolge nicht zu Hilfe eilten.
Auch in Anbetracht dieser Gegebenheiten verzichte ich darauf, mir zu suggerieren, dass irgendeine Religion Wahrheit verkündet und verzichte damit auch auf die m.M.n. eh vollkommen irreale Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod.
Wie denkt ihr darüber?